286 Molekulare Allergiediagnostik


Institut für Medizinische Diagnostik Berlin  Potsdam MVZ GbR
Laboratoriumsmedizin " Mikrobiologie " Infektionsepidemiologie " Humangenetik " Transfusionsmedizin
Diagnostik-Info 286
Molekulare Allergiediagnostik 
Was ist schon praxisrelevant?
Kreuzreaktivität ist das Problem aller Allergietest´s Pollensensibilisierung  Worauf macht man die Spezifi-
sche Immuntherapie?
Die klassische Allergiediagnostik, d.h. der Pricktest, wie
auch die Bestimmung spezifischer IgE-Antikörper im Blut, Birke
verwendet Allergenextrakte (native Allergene). Nativ t 215 rBet v1 Hauptallergen
bedeutet, dass die Testallergene z.B. aus nativen Pol- t 221 rBet v2, rBet v4 Nebenallergene
len, Nahrungsmitteln, Tierhaaren oder Schimmelpilzen
Gräser
durch aufwändige Gefriertrocknungsverfahren gewon-
g 213 rPhl p1, rPhl p5b Hauptallergene
nen werden. Die Allergenextrakte enthalten zwangs-
g 214 rPhl p7, rPhl p12 Nebenallergene
läufig alle Bestandteile und somit eine ganze Reihe
Beifuß
von Proteinen und allergenen Determinanten die sehr
w 231 nArt v1 Hauptallergen
unterschiedliche allergologische Potenz inne haben.
Die Folge ist, dass IgE-Antikörper auf Haupt- und Neben-
Ambrosie
allergene mit gleicher Wertigkeit nachgewiesen wer-
w 230 nAmb A1 Hauptallergen
den und daher Kreuzallergien von  echten Allergien
Erkenntnisgewinn:
nicht zu trennen sind.
Nebenallergene aus den Gruppen der Polcalci-
ne und Profiline sind weit verbreitet in der Natur
Ausweg  Diagnostik auf rekombinant hergestellte Aller-
und in Birken-, Gräser-, Beifuß- und auch Ambro-
gen-Komponenten
siapollen enthalten. Das erklärt, dass im Pricktest oder
Durch Einsatz gentechnisch hergestellter Allergen auch spezifischen IgE gegen die Nativallergene häufig
-Komponenten ist nicht nur eine höhere Spezifität in gegen mehrere oder sogar alle vier Allergene positiv
der Allergiediagnostik möglich, sondern auch die ge- getestet wird. Die molekulare Allergiediagnostik erlaubt
trennte Bestimmung spezifischer IgE-Antikörper gegen die Differenzierung zwischen echten Mehrfach-Sensibi-
Haupt- und Nebenallergene. Bei den nachfolgend lisierungen (IgE gegen Hauptallergene sind positiv) und
genannten Allergenen hat dieses bereits praktische Kreuzreaktivitäten. Dieses ist wichtig für die Auswahl
Konsequenzen. der individuell erfolgversprechendsten Spezifischen Im-
muntherapie (SIT), da diese gegen das Hauptallergen
gerichtet ist. Zudem kann bei Verwendung der IgE-Anti-
körper gegen die Hauptallergene im Rahmen einer Ver-
laufskontrolle der Therapieerfolg besser beurteilt wer-
den als bei Verwendung der IgE-Titer gegen das Aller-
genextrakt.
Bei positiven Ergebnissen auf Bet v 1 sollte immer nach-
träglich auch auf das kreuzreaktive Allergen aus Soja
(Gly m4, f353) und Erdnuss (Ara h8, f352) getestet wer-
den, da im positiven Fall ein Risiko für allergische Reak-
tionen von Birkenpollenallergikern bei Verzehr von Soja
und Erdnüssen vorliegt.
War es die Biene oder die Wespe?
© Thermo Fisher Scientific, Phadia GmbH
Die Abbildung demonstriert, dass in der Erdnuss verschiedene Protein- i 208 rApi m1 Phospholipase A2, Bienengift
strukturen enthalten sind (dargestellt durch die verschiedenen Farben)
i 209 rVes v5 Antigen 5, Wespengift
die bei der Molekularen Allergiediagnostik jetzt einzeln diagnostiziert
i 211 rVes v1 PhospholipaseA1, Wespengift
werden.
Erkenntnisgewinn:
Die Firma Phadia gilt mit ihrem  ImmunoCAP"! -Test-
In 40% der Fälle zeigt der Pricktest und auch die Be-
system als  Goldstandard für die Diagnostik des spe-
stimmung der spezifischen IgE gegen die nativen
zifischen IgE nicht nur gegen die herkömmlichen Aller-
Bienen- und Wespengiftallergene (i1, i3) doppelt positi-
genextrakte, sondern auch in der Molekularen Aller-
ve Ergebnisse. Ursächlich sind kreuzreagierende Protei-
giediagnostik.
ne die zwar allergologisch wenig bedeutsam sind aber
Die Bestimmung der angegebenen Allergendetermi- positive Testergebnisse induzieren. Die Einzeldiagnostik
nanten ist im Normalfall als Folgediagnostik nach posi- auf die Hauptallergene der Biene (Api m1) und der Wes-
tivem IgE-Test auf das Gesamtallergen (z.B. t3 Birke, f2
pe (Ves v1 und Ves v5) zeigt in vielen Fällen das tat-
Kuhmilch usw.) oder positivem Pricktest zu empfehlen. Bis
sächlich relevante Allergen an wogegen dann die SIT
auf wenige Ausnahmen (z.B. É5-Gliadin) ist die Sensitivi- geplant werden kann.
tät der Molekularen Allergiediagnostik geringer im Ver-
gleich zur konventionellen Allergenextraktdiagnostik.
Berlin Potsdam
Nicolaistraße 22, 12247 Berlin (Steglitz) Friedrich-Ebert-Straße 33, 14469 Potsdam
Tel (030) 77 001 220, Fax (030) 77 001 236 Tel (0331) 28095 0, Fax (0331) 28095 99
info@imd-berlin.de, www.imd-berlin.de info@imd-potsdam.de, www.medlab-pdm.de www.inflammatio.de
Weizen  induzierte Anaphylaxie? Echte Apfelallergie oder nur Kreuzreaktivität zu Birken-
pollen?
f 416 rTri a 19 É-5-Gliadin
f 98 Gliadin (Ä…, ², Å‚-Gliadin) f 434 Mal d1 (PR10)
f 435 Mal d3 (SpPr)
Erkenntnisgewinn:
Eine Sensibilisierung auf É-5-Gliadin ist diagnostisch weg- Erkenntnisgewinn:
weisend für ein Weizen-abhängiges Anstrengungs-in- Mal d1 ist das verwandte Allergen zu Birkenpollen
duziertes Anaphylaxie-Syndrom (WDEIA), welches le- Bet v1. Mald1 ist anfällig gegen Hitze und Verdauung.
bensbedrohend sein kann. Die Spezifität dafür beträgt Wer nur IgE auf Mal d1 hat, verträgt gekochte oder
96%, die Sensitivität 78%. Die Analyse auf Gesamt-Wei- gebackene Äpfel und hat  nur ein Orales Allergiesyn-
zenextrakt (f4) kann beim WDEIA negativ sein. Daher drom. Anders bei Mal d3. Patienten mit IgE gegen Mal
sollten f4 und f416 immer parallel getestet werden. d3 sind  echte Apfelallergiker. Hier sind schwere sys-
temische Reaktionen möglich, sogar gegen Hitzebe-
Erdnuss  lebensgefährlich oder nicht?
handelte Äpfel.
f 422 rAra h1 aus Erdnuss (SpPr )
Wie wird das abgerechnet ?
f 423 rAra h2 aus Erdnuss (SpPr)
f 424 rAra h3 aus Erdnuss (SpPr) Die Abrechnung der IgE-Bestimmungen gegen mole-
f 427 rAra h9 aus Erdnuss (LTP) kulare Allergenkomponenten unterscheidet sich nicht
f 352 rAra h8 aus Erdnuss (PR10) vor der konventionellen IgE-Diagnostik. Die Diagnostik
kann sowohl über die Gesetzliche Krankenkasse
Erkenntnisgewinn:
(EBM-Ziffer 32427) als auch über Privatkassen (GOÄ
Eine Sensibilisierung auf eines der hitzeresistenten Spei-
3891) abgerechnet werden.
cherproteine Ara h1, Ara h2, Ara h3 oder Ara h9 (LTP) ist
oft mit schwereren systemischen Reaktionen assoziiert.
Wo kann ich mehr erfahren?
Dagegen zeigen Patienten die  nur auf das PR10-Pro-
tein Ara h8 reagieren in der Regel lediglich ein Orales
Weiterführende Informationen erhalten Sie über unser
Allergiesyndrom (oft Patienten mit bekannter Birken-
Allergielabor oder als Übersichtsvortrag im Archiv der
pollenallergie). Patienten mit Ara h9-Sensibilisierung zei-
IMD Online-Fortbildung. Kostenfrei können Sie sich im
gen eine Kreuzreaktivität zu Pfirsich.
Internet die Vorträge aus der Reihe  Allergiediag-
nostik auf Allergenkomponenten  Welche Zusatz-
Gefährliche Sojaallergie nur bei Gly m5 und Gly m6-IgE
aussagen sind für die Praxis relevant? von PD Dr. J.
Huss-Marp, dem Medizinischen Leiter von Thermo Fis-
f 353 Gly m4 aus Soja (PR10)
her Scientific, Phadia GmbH ansehen.
f 431 Gly m5 aus Soja (SpPr)
f 432 Gly m6 aus Soja (SpPr)
" Pollenbedingte Nahrungsmittelallergien - Neue dia-
gnostische Möglichkeiten (5.3. 2013)
Erkenntnisgewinn:
Die Speicherproteine Gly m5 und Gly m6 sind  echte
" Bienen- und Wespengiftallergie: Ist es wirklich eine
Sojaallergene. Sie sind hitze- und verdauungsresistent
Doppelsensibilisierung? (19. 3.2013)
und können schwere anaphylaktische Reaktionen aus-
" Lebensgefahr  Erdnuss- und Sojaallergie besser be-
lösen. Gly m4 ist als Mitglied der PR10-Familie verwandt
urteilen (2.4.2013)
mit Bet v1 der Birke und induziert  nur das Soja-indu-
zierte Orale Allergiesyndrom. Gly m4 wird durch Hitze
" Weizen, Hühnerei und Kuhmilch - Nahrungsmittelall-
und Verdauung zerstört.
ergien auf dem Prüfstand (16.4.2013)
Die Vorträge finden Sie unter:
Ist gekochte Kuhmilch verträglich?
http://www.inflammatio.de/nc/fortbildung/archiv.html
f 78 Bos d8 Kasein
f 76 Bos d4 a-Laktoglobulin
f 77 Bos d5 b-Laktoglobulin
e 204 Bos d6 Serumalbumin BSA
Erkenntnisgewinn:
Bos d8 ist das Kasein der Kuhmilch und gilt auf Grund sei-
ner Hitze- und Verdauungsstabilität als Risikomarker.
Bos d4, Bos d5 und Bos d6 sind dagegen hitzelabil, wes-
halb hitzebehandelte Milch vertragen wird.
Diag-Info: 286 Version: 2


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