47. Georg Büchner.
† 19. Februar 1837 in Zürich;
deutscher Schriftsteller, Naturwissenschaftler und Revolutionär;
des Distriktsarztes Ernst Büchner und dessen Ehefrau Louise Caroline Büchner;
1816 siedelte die Familie nach Darmstadt über, wo der Vater die Stelle des Bezirksarztes antrat;
1821 begann für den achtjährigen Georg der Elementarunterricht bei seiner Mutter;
Am intensivsten widmete er sich der Geschichte, vor allem der Geschichte der Französischen Revolution;
Am 9. November 1831, im Alter von 18 Jahren, schrieb sich Georg Büchner in die medizinische Fakultät der Universität Straßburg ein;
1832 verlobte er sich heimlich mit Wilhelmine Jaeglé (1810-1880). Sie ist die Empfängerin des sogenannten „Fatalismus-Briefs“, in dem Büchner sein Programm des Menschen als Subjectum der Geschichte formuliert. (Der Mensch könne nicht aktiv in den alles verschlingenden Prozess der Geschichte eingreifen, er werde zum „Schaum auf der Welle“, zum Spielball.);
Zum November 1833 wechselte Georg Büchner an die Universität in Gießen,;
er gründete zusammen mit ehemaligen Schulkameraden aus Darmstadt, und weiteren Studenten - darunter August Becker - sowie ein paar Handwerkern die „Gesellschaft für Menschenrechte“, eine Geheimorganisation nach französischem Vorbild, deren Ziel ein Umsturz der politischen Verhältnisse war. Es schlossen sich aber insgesamt nur wenige Mitglieder an;
Juli 1834 der Hessische Landbote; eine Flugschrift, die unter der Parole „Friede den Hütten! Krieg den Palästen!“ die hessische Landbevölkerung zur Revolution gegen die Unterdrückung aufrief; Verwendung von Statistiken aus, die der Landbevölkerung vor Augen führten, dass sie mit ihrer Steuerlast den überzogenen Hof finanzierten;
1835 verfasste er Dantons Tod; Er brauchte Geld für die geplante Flucht. Dantons Tod beschreibt das Scheitern der Französischen Revolution. Im Gegensatz zum historischen Danton, der aufgrund taktischer Fehler scheiterte, erkennt der literarische Danton von Beginn an die Sinnlosigkeit seines Unternehmens;
Am 9. März floh er über Weißenburg nach Straßburg;
Im Winter 1835 widmete er sich wieder der Wissenschaft. Er erforschte das Nervensystem der Fische und vollendete im folgenden Jahr seine Dissertation „Abhandlung über das Nervensystem der Barbe“;
Gesellschaft für Naturwissenschaft in Straßburg; Lustspiel Leonce und Lena; Das Lustspiel "Leonce und Lena" unterscheidet sich stark von Büchners anderen Werken. Es ist eher romantisch geprägt, obwohl Büchner sonst einen materialistischen Realismus vertritt;
Doktorwürde der Universität Zürich; Am 18. Oktober 1836 zog er dorthin und begann mit seiner Lehrtätigkeit als Privatdozent;
Woyzeck - das Werk blieb ein Fragment;
2. Februar 1837 erkrankte er an Typhus;
Georg Büchner starb am 19. Februar im Beisein seiner Braut und des Ehepaares Schulz; Er wurde auf dem Stadtzürcher Friedhof „Krautgarten“ auf dem Zeltberg beerdigt;
Werke: Der Hessische Landbote, 1834 - zusammen mit Friedrich Ludwig Weidig (Flugschrift), Dantons Tod, 1835 (Drama), Lenz, 1835 (Erzählung), Leonce und Lena, 1836 (Lustspiel), Woyzeck, 1837 (Fragment), Übersetzungen: Lucretia Borgia, 1835 (Übersetzung des Dramas von Victor Hugo) und Maria Tudor, 1835 (Übersetzung des Dramas von Victor Hugo);
Woyzeck ist ein Dramenfragment;
Der einfache Soldat Franz Woyzeck, der seine Freundin Marie und das gemeinsame uneheliche Kind, die genau wie er am Rande der Gesellschaft leben, zu unterstützen versucht, arbeitet als Laufbursche für seinen Hauptmann. Außerdem lässt er sich von einem skrupellosen Arzt als Versuchsperson auf Erbsendiät setzen, um einen zusätzlichen Verdienst zu seinem mageren Sold zu erhalten, den er jedoch restlos an Marie (und sein Kind) abgibt. Hauptmann und Arzt nutzen Woyzeck physisch und psychisch aus und demütigen ihn in der Öffentlichkeit. Marie beginnt eine Affäre mit einem Tambourmajor. Woyzecks aufkeimender Verdacht wird durch ihm nicht freundlich gesinnte Mitmenschen geschürt, bis er Marie und den Nebenbuhler beim Tanz im Wirtshaus ertappt. Er hört Stimmen, die ihm befehlen, die treulose Marie umzubringen. Er kauft ein Messer, da das Geld für eine Pistole nicht reicht, und ersticht Marie in einem Wald nahe einem See.
Besonderheiten von Büchners Stil:
Im Gegensatz zu dem klassischen Drama, ist in Woyzeck die Umgangssprache vorherrschend; „WOYZECK: Aber mit der Natur ist's was anders, sehn Sie; mit der Natur, das ist so was, wie soll ich doch sagen, zum Beispiel …“
Durch bewusst eingebaute grammatische Fehler, Satzabbrüche und Ausrufe vermittelt Büchner Authentizität;
Gleichzeitig dient die Form der Umgangssprache als Spannung steigerndes Mittel. Sie wird verwendet, um Inhalt zu vermitteln;
So versinnbildlicht das aneinander Vorbeireden der Menschen, die Einsamkeit Woyzecks und vor allem seine zerfallende Beziehung zu Marie;
durch das Niveau der Sprache den gesellschaftlichen Rang des Sprechers zu zeigen. Der Doktor spricht Hochdeutsch, während die Sprache Woyzecks und Maries, die den untersten Gesellschaftsschichten angehören, mit Fehlern gespickt ist;
So sprechen die sozial höher Stehenden zwar grammatikalisch korrekter, ergehen sich aber mitunter in hohlen; Woyzeck dagegen spricht, wenn er aus sich herausgeht, sehr konkret und anschaulich; manchmal entsteht fast der Eindruck, dass er in Bildern denkt ;
Auch die Betitelung der Rollen ist hervorzuheben. Die fünf Personen, die den niedrigsten Gesellschaftsschichten entstammen, Woyzeck, sein Stubenkamerad Andres, Marie, das Mädchen Käthe und Maries Nachbarin Margret, werden mit Namen bezeichnet und erscheinen als Charaktere;
Die übrigen Rollen werden lediglich mit ihren gesellschaftlichen Funktionen bezeichnet, ohne jemals einen Namen zu haben. Es gibt den „Tambourmajor“, den „Hauptmann“, den „Doktor“, aber auch den „Juden“, die „Großmutter“ oder den „Budenbesitzer“. Diese Rollen erscheinen nicht menschlich, sie sind nur eine Art Schema. Es handelt sich also um eine Mischung aus Charakteren und Typen;
Woyzecks Motive:
Bemerkenswert ist, dass das Drama verschiedene Mordmotive Woyzecks anbietet, die je nach Ausgabe und Abfolge der Szenen unterschiedlich gewichtet werden:
Das Eifersuchtsmotiv: Das offensichtlichste Mordmotiv ist die Eifersucht auf den Tambourmajor, da Marie mit ihm ein Verhältnis hat, obwohl Woyzeck sich für sie und das gemeinsame Kind gleichsam aufopfert;
Die psychische Störung: Woyzeck hört immer wieder Stimmen, welche ein Symptom für Schizophrenie sind. Hervorgerufen oder zumindest in starkem Maße unterstützt wird seine Krankheit durch den Vertrag mit dem Arzt. Anstatt Woyzeck heilen zu wollen, ermahnt er ihn im Gegenteil, seine extrem einseitige Ernährung (Erbsen-Diät) beizubehalten, um so die Mangelerscheinungen zu verschlimmern. Sein egoistisches Motiv ist der Erfolg seiner wissenschaftlichen Arbeit, deren Ergebnisse möglichst deutlich zu erkennen sein sollen. Somit erscheint der Mord zum Teil als Folge der Fehlernährung verbunden mit der psychischen Instabilität Woyzecks, die sich schon seit Beginn des Dramas abzeichnet;
Die Befreiung von der Gesellschaft: Woyzeck wird von der Gesellschaft, vor allem in Person des Hauptmanns, des Doktors und des Tambourmajors ausgenutzt beziehungsweise gedemütigt. Der Mord an Marie erscheint somit als Protest gegen bestehende Verhältnisse, als Ausbruch seiner aufgestauten Aggression gegen die etablierten Klassen, denen er nichts anhaben kann.
Der Kern des Dramas:
Um den Kernpunkt des Dramas Woyzeck zu erfassen, ist es wichtig, auf das Mordmotiv einzugehen. Es reicht jedoch nicht, sich auf Woyzecks Eifersucht gegenüber dem Tambourmajor zu beschränken. Eine große Rolle spielen ebenfalls die gesellschaftlichen Hintergründe, ganz besonders die ständische Gliederung der Gesellschaft. Deutlich wird dies vor allem mit einem Blick auf die Personenkonstellation und die Sprache von Büchners Figuren;