Urlaub im Weltall
Statt im Meer zu schwimmen oder in den Bergen zu wandern, könnte demnächst der Sommerurlaub im Weltraum verbracht werden. Was das britische Unternehmen Virgin Galactic initiiert hat, stößt auf geteilte Meinungen.
Ab 2010 soll es mit dem privaten Flug in den Weltraum losgehen. Für derzeit 200.000 US-Dollar (rund 136.000 Euro) kann sich ein jeder schon jetzt schon für den Höhenflug anmelden. Und das für einen nur wenige Minuten langen Ausflug in eine Höhe von über hundert Kilometern.
Das Raumschiff soll von einem speziellen Trägerflugzeug, das sogenannte "WhiteKnightTwo", zunächst in eine Höhe von über 15 Kilometern gebracht werden. Von dort aus soll das raketengetriebene Fluggerät SpaceShipTwo seine Reise ins Weltall dann selbstständig fortsetzen. An Bord: zwei Piloten und sechs Passagiere. Durch den Eintritt in die Atmosphäre sollen die Anwesenden fünf Minuten lang das Gefühl Schwerelosigkeit erleben. Danach soll das Raumschiff wieder zur Erde zurückkehren und wie ein Flugzeug landen.
Auch Raumfahrtexperten nehmen Meldung positiv auf
Der britische Unternehmer Richard Branson, Chef der Fluglinie Virgin Galactic, schwärmt von seinem Raumschiff SpaceShipTwo: "Das Design des Mutter- und des neuen Raumschiffs ist wunderschön und übersteigt die Erwartungen für die Zukunft der kommerziellen Raumfahrt." Der US-amerikanische Designer Burt Rutan, der bereits für das Vorgängermodell, das 2005 die Fahrt ins All startete, verantwortlich zeichnete, entwickelte erneut für Virgin Galactic ein Raumfahrzeug. Auch bei den Experten der Raumforschung findet das private Projekt großen Anklang.
Thomas Reiter, der achte deutsche Astronaut im All und seit 2007 Vorstandsmitglied beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt, sagt beispielsweise: "Ich würde mir sogar wünschen, dass früher als später ein möglichst großer Personenkreis einen Blick auf unseren Planeten werfen kann. Da bin ich mir sicher, solch ein Erlebnis würde unser Zusammenleben etwas verändern."
Allerdings glaubt Reiter nicht, dass das jetzige Modell von Virgin Galactic schon vollends ausgereift ist: "Das ist jetzt erstmal ein erster Schritt. Und die Entwicklung wird noch etliche Jahre in Anspruch nehmen. Ich will den Durchbruch auf diesem Gebiet nicht ausschließen, ich würde mich sogar riesig darüber freuen, aber bisher hat das noch keiner geschafft. So ein Vorhaben bedeutet einen enormen Aufwand und immense Kosten."
2008 sollen Testflüge beginnen
Von kritischen Stimmen unbeeindruckt, möchte Branson schon dieses Jahr erste Testflüge beginnen. Das neue Fluggerät sei hundertmal sicherer als traditionelle Raumschiffe, versicherte Rutan. Ein gewisses Risiko bleibe gleichwohl. Das Projekt hatte sich verzögert, nachdem in Rutans Firma bei einer Explosion während eines so genannten Kalttests im vergangenen Sommer drei Mitarbeiter ums Leben kamen.
Unverständnis erntete Virgin Galactic auch bei der Umweltschutzorganisation Greenpeace. "Aus Klimagesichtsgründen sind wir dagegen. Die Belastung des Trägerflugzeuges aufs Klima ist etwa mit der eines Langstreckenfluges vergleichbar. Da wird von der Politik ein vollkommen falsches Signal gesendet. Sonst heißt es von ihr immer, dass energiesparende Elemente benutzt oder Emissionen gesenkt werden sollen und jetzt so etwas", kritisiert Christian Bussau, Klimaexperte von Greenpeace Deutschland. Auch aus moralischen Aspekten spricht einiges dagegen. So könne man Spaß und Abenteuer auch auf andere Weise erleben, sagt Bussau.
Privatpersonen wollen sich Lebenstraum verwirklichen
Unterdessen absolvierte mit Sonja Rohde voraussichtlich die erste deutsche Frau im Weltraum die notwendigen Belastungstests für einen Flug ins All erfolgreich. Den Start ins Weltall kann die 31-jährige Haagenerin kaum abwarten: "Diese Reise wird mein Leben verändern." Rohde wird aber nicht die erste Weltraumtouristin sein.
Vor ihr gab es schon zahlreiche Personen, die sich ihren Kindheitstraum erfüllt haben: Alles hat mit dem US-Amerikaner Dennis Tito angefangen. 2001 wurde für etwa 23 Millionen Euro sein lang gehegter Wunsch wahr. Der damals 60-Jährige Multimillionär gelangte mittels einer Sojus-Kapsel zur Internationalen Raumstation ISS. Nach rund einer Woche war für den Raumfahrtingenieur und Finanzmakler das Abenteuer beendet. Erste Frau im All war die gebürtige Iranerin Anousheh Ansari. Auch sie zahlte mehr als 20 Millionen Dollar für das Vergnügen.
Neben australischen, britischen und kanadischen Reisveranstaltern ist seit fast einem Jahr auch der Reiseanbieter Deluxe Travel Europe aus Österreich auf den Zug der Kommerzialisierung des neuen Freizeitangebotes aufgesprungen. Bernhard Stingl, der Geschäftsführer von Deluxe, erklärt, aus welchen Beweggründen seine Firma ihre Angebotspalette mit dem Weltall-Erlebnis erweitert hat. "Wir sind immer auf der Suche nach Neuem. Zudem passt es sehr gut zu uns, weil wir sehr auf den Abenteuer-Bereich wie etwa Ferrari-Reisen oder Motorschlittenfahrten in Skandinavien fokussiert sind." Die Bilder, die man im All sehen werde, seien unbezahlbar. "Bei dem jetzigen Dollar-Kurs sollten die Europäer sofort zuschlagen", meint Stingl.
Der Markt des Weltraumtourismus boomt
Rund um das Thema Weltall wird zurzeit einiges Neues entwickelt. So sind sogenannte Weltraumbahnhöfe, von denen aus Orbitflüge gestartet werden, entstanden. Auch Raumschiffsimulatoren, Museen und Parabelflüge, durch den man simulativ Schwerelosigkeit erreichen kann, sind neu auf den Markt gekommen.
Weltraumtourismus könnte die Zukunft sein. Dieser Meinung ist auch Gereon Uerz vom Essener Forschungsunternehmen Z-punkt. "Es kann schon sein, dass einige wenige, sehr reiche Menschen in Zukunft dort hinfliegen. Und wenn man mal die lange Frist betrachtet, könnte es sogar sein, dass man sich auf dem Mond in einem Hotel einmietet, dass womöglich sogar eine Auswanderung von wenigen Menschen auf den Mond stattfindet oder auch andere Ansiedlungspunkte gesucht werden, falls die Erde irgendwann mal nicht mehr für uns Menschen bewohnbar sein sollte. Das ist aber alles reine Spekulation."
In jedem Fall sei ein Aufenthalt im Weltall eine wahre Bereicherung für die Erdbevölkerung. "Menschen, die im Weltall waren, zeigen ein stärkeres Bewusstsein für die Fragilität der Erde. Unsere Erde ist ein kleiner, blauer, verletzlicher Planet und dieser ist sehr schützenswert", sagt Uerz.
Christian Gies