Vorlesung 2
Morphologie und ihre Untersuchungsbereiche. Das Wort als Gegenstand der Morphologie. Kriterien der Wortarteneinteilung.
1. Morphologie (Griech. Morphe - Gestalt) - Formenlehre, die Lehre von der Bildung und Veränderung der grammatischen Wortformen. Insbesondere beschäftigt sich die Morphologie mit der Flexion der Wörter.
Was ist ein Morphem? Welche Morpheme unterscheiden wir?
Morphem - die kleinste bedeutungstragende Einheit der Sprache.
Morpheme
frei gebunden
lexikalisch grammatisch lexikalisch grammatisch
(z.B. Schule) (z.B. dass, auf, in) (Schul-)
Grundmorpheme Grundmorpheme
(=Basismorpheme) Wortbildungsmorpheme Flexionsmorpheme Suffixe
Präfixe
Zirkumfixe
Ein freies Morphem kann alleine (z.B. als Wort) funktionieren.
Ein gebundenes Morphem kann nie alleine stehen (z.B. Endungen -lich, -los).
Lexikalische Morpheme tragen eine semantische Bedeutung.
Grammatische Morpheme verbinden die Wörter oder bilden neue Wörter.
Grundmorpheme (Basismorpheme) - z.B. sagen
Flexionsmorpheme - z.B. sagst, gesagt
Wortbildungsmorpheme: Suffixe (z.B. verständlich)
Präfixe (z.B. verarbeiten)
Zirkumfixe (z.B. Zusage, gelaunt)
Besondere Morpheme:
Unikale Morpheme: Morpheme, die nur einmal als gebundene Morpheme vorkommen (z.B. Him- in Himbeere, Boll- in Bollwerk (bastion), -gall in Nachtigall)
Pseudomorpheme: gebundene Morpheme (z.B. plötz- in plötzlich) (-ginn- in beginnen)
Verschmolzene Morpheme (z.B. übers aus über und das)
Konfixe: fremdsprachliche Morpheme (z.B. -thek in Bibliothek)
Wort - ein sprachliches Zeichen, eine Grundeinheit der Sprache. Ein Wort hat immer eine Form und eine Bedeutung.
Wortart - eine Menge von Wörtern einer Sprache mit bestimmten gemeinsamen Merkmalen
Kriterien der Wortarteneinteilung
das semantische Kriterium- entscheidend für dieses Kriterium ist die Bedeutung der Wörter - es geht um die Art und Weise, in welcher ein Inhalt durch die Sprache ausgedrückt wird.
das morphologische Kriterium - hier richtet sich die Klassifikation nach der Flexion der Wörter.
das syntaktische Kriterium - bei diesem Kriterium wird die Stellung und Umgebung der Wörter im Satz untersucht.
Methoden der syntaktischen Bestimmung der Wortarten:
Substitution (Ersatzprobe)
Der Vater geht zur Arbeit. (Lexikalische Substitution)
Onkel
Opa
Der Vater kommt nach Hause. (Grammatische Substitution)
kam
Umformungsmethode
Der Vater kommt schnell nach Hause. - Das schnelle Kommen
gesund - Der gesunde Vater
Fragemethode
Er kommt vermutlich zu uns. Kommt er zu uns?
morgen Wann kommt er?
Helbig unterscheidet zwischen Formklassen (Verben, Substantivwörter, Adjektive, Adverbien) und Funktionswörtern (Artikelwörter, Präpositionen, Konjunktionen, Partikeln, Modalwörter, Satzäquivalente, Negationswörter)
Wort
Flektierbar Nicht flektierbar
Konjugierbar Deklinierbar Syntaktisch integriert Syntaktisch isoliert
Komparierbar Nicht komparierbar Kann Satzglied (SG) sein Kann nicht SG sein
Artikelfähig Nicht artikelfähig Fügteil Nicht Fügteil
Kann SG sein Kann nicht SG sein Mit Kasusforderung Ohne Kasusforderung
Verb Adjektiv Substantiv Pronomen Artikel Adverb Präposition Konjunktion Partikel Satzäquivalent