Bertolt Brecht
Das Tanzfest
oder
Der Augenblick der ewigen Verdammung
(Aus den Gesichten )
Ich sehe viele Menschen in einem niedern Saal, der braun getäfelt ist. Sie sind groß und starkknochig und sie tanzen in steifen Haltungen, denn ihre Gewänder sind von schwerem Brokat mit viel Gold, das in Blättchen aufliegt. Sie biegen sich in den allzu schmalen Hüften beim Tanzen wie Seerosen ab, und ihre Arme klammern sich lasziv um ihre Hälse. Sie sehen alle geradeaus mit ernstem Ausdruck, ihre Gesichter sind auch sehr mager, mit dunklen traurigen Augen. Sie sagen sicher nichts, sondern haben sich ihren Gliedern ausgeliefert, und die tanzen. Handbreit über ihnen ist trübes Gewölk; sie könnten es jederzeit langen. Dicht über diesem Gewölk sitzt Gottvater, umgeben von seinen mächtigsten Engeln. Diese stehen völlig bewegungslos um ihn, in solcher Masse, daß sie den ganzen oberen Raum in ganzer Tiefe und Breite ausfüllen. Sie stehen zur Schlacht bereit, sie tragen große Schwerter in Händen. Wenn man sieben Schritte nach links und zwei Schritte vorwärts geht, kann man finden, daß Gott traurig und hart aussieht. Gleichfalls geht von den Engeln etwas Schreckliches aus. Es ist der Augenblick, wo Gott die Sünder unten zur ewigen Verdammnis verurteilt hat. Der Himmel hält seinen Atem an, und die Engel erzittern vor unendlichem Mitleid. Jene unten aber schwingen sich steif und rhythmisch und unwissend in ihren Kreisen und strecken nicht die nackte Hand aus zur Bitte und Ihn zu halten, der schon sich entfernt, oder zum Einspruch, der jetzt nie mehr gehört wird.