len selbst im zugeknópften bzw. verschniirten Zu-stand einen schmalen Streifen des darunter getra-genen Hemdes sichtbar. Wegen des fehlendcn Ubcrtritts sind die Knopflbcher eng an den Stoff-rand gesetzt. Damit dieser nicht ausreiBt, ist er meist durch eine schmale Einfassung aus demsel-ben Materiał oder eine angewebte schmale Brett-chenborte verstarkt.59 Dic Knopfe sind sowohl beim Steppwams des Grafen von Blois ais auch bei den englischen Bodenfunden direkt auf die Stoffkante aufgemiht, so daB sie weniger nach oben stehen ais vielmehr zur Seite liegen.
Was die Anbringung der Knopf- bzw. Ne-stellócher an einem Wams mit mehr oder weniger dicker Polsterung betrifft, so ist ein Delail erwah-nenswert, das Harmand bei seiner Untersuchung des pourpoint von Charles VI. aus der Kathedrale von Chartres entdeckt hat und welches dem nor-malen Betrachter entgeht, da es von auBen un-sichtbar ist. Da die Polsterung im Brustbereich zu dick ist, um die Anbringung von Knopflochern zu-zulassen, ist entlang der vorderen Óffnung der Deckstoff nicht mit der Polsterung vernaht. Statt-dessen ist an dereń Vorderkante ein Stoffstreifen angeniiht, der am UuBeren Rand mit der AuBen-schicht des Wamses vernaht ist und so ais Doppc-lung der Knopflochleiste dient, wodurch diese ausreichend stabilisiert wird. Beide noch erhalte-nen franzósischen Wamser weisen auf der Vorder-seite zwei unterschiedliche Knopfarten auf. Der jeweils obcrste Knopf ist flach; es folgt eine Reihe von 15 bzw. 11 halbkugeligen Knopfen, die bis zur Taille reicht, wahrend die 16 bzw. 15 unterhalb der Taille wieder flach sind. Der genaue Grund hierfiir ist unbekannt. Man kann lediglich vermu-ten, daB flachę Knopfe beim Silzen und vor allem
beim Rciten weniger storend waren ais rundę.
Neben dem „einfachen44 vierteiligen Wams exi-sticrte seit ea. 1360 ein Modeli, welches man in Frankreich pourpoint a grandę s assiettes nannte, ein Ausdruck, der sich auf die iibergroBen Ar-mellocher und den dadurch bedingten Zuschnitl der Oberarmel bezieht, welehcr die Schulterblatter und die halbe Brust bedeckt. Das beruhmte Wams des Grafen Charles de Blois im Seidenmuseum von Lyon weist diesen extrem aufwendigen und komplizierten Schnitt auf (vgl. s/w-Tafel III). Harmand, der dieses Gewand anscheinend hat nach-schneidem lassen, behauptet, daB die PaBform mit keinem anderen Schnitt zu erreichen ist, was nicht zu widerlegen ist, solange kein anderer sein Expe-riment nachvollzicht. Hingegen ist Harmands These, die Modę der Spatgotik kenne keinen aus zwei Langsteilen geschnittenen engen Armel ahn-lich unserem modemen Jackenarmel, sondern nur einen, der in Hohe des Ellenbogcns quergeteilt sei wic beim o. g. Wams, ein unzulassiger Analogie-schluB, da es bei einem normal geschnittenen engen Armel fur ein pourpoint a qnatrę ąuartiers keine schnittechnisch bedingte Notwendigkeit gibt, diesen quer zu teilen, um die gewiinschte Kriimmung zu erzielen.
Ein nicht gepolstertes Wams besland aus min-destens zwei Lagen (daher auch die frz./engl. Be-zeichnung doublet) Leinen, Baumwolle oder sa-rock.m Dabei handelte es sich meist um sogenann-te Unterwamser. Bei gepolsterten Excmplaren waren es drei Stoffschichten: zwei Schichten, zwi-schen denen die Polsterung lag, und eine Deck-schicht aus besserem Stoff (Wolltuch, Seidenda-mast, Brokat) oder Leder. Die Wattierung konnte aus unverarbeiteter Baumwolle, Wollc und sogar
1 PourpointAVams zu 4 Vierteln, ca. 1350 a rcchtcs Vordcrteil
b linkes Vorderteil mit Knopflochverstarkung c linkes Ruckcnteil d zweiteiliger Armel e Polsterung des linken Yorderteils
2 Schnittmuster des Pourpoint von Charles de Blois, vor 1364, „a grandes assiettes44 (s. Foto Seite 29) a linkes Vorderteil b oberes Ruckcnteil c unteres Riickenteil d Obcriirmel, siebenteilig e Unterarmel, dreiteilig
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