Ein Plattenrock ist ein Kórperpanzer, bei dcm Eisen- bzw. Stahlplatten auf der Innenseite eines kurzeń Rockes aus Leder und Stoff festgenietet sind. Von diesem Panzertyp gibt es im 14. Jahr-hundert eine Vielzahl von Varianten, die sich von-einander durch die GroBe und Anordnung der Plat-ten und die Art des Verschlusses unterseheiden. Thordeman unterscheidet nach Art der Panzerplat-ten zwischen zwei Grundtypen: denen mit aus-schlieBlich hochrechteckigen Platten und denen mit sowohl senkrechten ais auch waagerechten Platten.112 Bei den Wisby-Riistungen sind diejeni-gen zahlenmaBig starker vertreten, die ausschlieB-lich mit vertikalen Platten versehen sind. In dieser Gruppe stellen wiederum diejenigen den groBten Anteil, bei denen Bauch und Riicken lediglich durch eine einzige Reihe relativ langer und groBer Platten geschUtzt werden. Diese Art ist aber sehr altertumlich und war zur Zeit der Schlacht von Wisby 1361 technisch langst uberholt und auf dem europaischen Festland nicht mehr anzutreffen. Bei dieser Panzerart ist ein Beugen des Rumpfes kaum moglich und ein Einsatz zu Pferd fast ausgeschlos-sen.
Unter Einbeziehung der deutschen und schwei-zerischen Bodenfunde sowie kunstgeschichtlicher Erkenntnisse aus dem Studium von Plasliken und Buchmalereien ergibt sich aber ein anderes Bild. Danach werden beim Plattenrock in der Regel Bauch und Unterleib durch mehrere Halbreifen oder Spangen - mindestens zwei, meistens vier bis sechs - geschUtzt und lediglich die Biust durch zwei bis drei leicht gewblbte senkrcchte Platten.
Wegen der waagerecht angeordneten (Bauch-) Spangen spricht man beim Plattenrock in der ein-schlagigcn Fachliteratur auch vom „Spangenpan-zer“. Die Seiten und der Riicken sind entweder (wie bei den Wisby-Funden) durch eine Reihe hochrechteckiger, von vorne nach hinten uberlap-pender oder (wie bei den Funden aus Kussnacht) durch mehrere Reihen kleinerer ąuerrechteckiger, von oben nach unten und von vorne nach hinten uberlappender Platten gepanzert. Zahl und GrdBe der Platten bei den Wisby-Plattenrocken sind sehr unterschiedlich. Ziihlt man in einem Fali lediglich acht groBe Platten mit einer maximalen GroBe von 50 x 15 cm, so komml man in einem anderen Fali auf mehr ais 200 kleine Platten mit einer maxima-len GroBe von 4x10 cm.113 Ist die Schutzwirkung eines Spangenpanzers unabhiingig von der GroBe der einzelnen Platten, so crhoht sich mit der An-zahl der Platten die Beweglichkeit und der Tragc-komfort - aber auch der Preis, welcher in nicht uncrheblichem MaBe von Anzahl und Materiał der verwendeten Nieten bestimmt wird.
Wahrcnd die Platten der Wisby-Panzer mit einer Ausnahme von einfachen Eisennieten gehal-ten werden, sind die Platten oder Plattchen bei den Plattcnroeken auf Rittergrabmalern aus dieser Zeit mit Ziemageln aus Bronze oder Edelmetall so auf-genietet, daB die Zierkopfe von auBen sichtbar sind. Aus Rechnungsbuchern franzosischcr Fur-sten aus dem 14. Jahrhundert weiB man, daB diese groBe Mengen massiv silberner oder vcrgoldeter Nieten fur ihre Plattenrócke und Panzerhandschu-he geordert haben. Lagę und Menge der Nieten
1-3 Panzerrekonstruktionen nach Wisby-Funden 4 nach einer Darstellung auf dem Vcrdener Chorgestiihl (vgl. Foto) 5-8 Panzenekonstruktionen nach Wisby-Funden
80