28 GRUPPE III,
Von dieser Hauptserie zweigen sich nun einige Nebenenlwicklungen ab, die eine mehr begrenzte Verbreitung haben und vor allem aus-schliesslich nordeuropaisch sind.
Diese ausschliesslich in Livland und Estland (s. Beilage 1,8) vor-kommenden Fibeln zeichnen sich vor allem dadurch aus, dass sie immer sweigliederig und ofters von uugewohnlicher Grosse sind. Die alteste hierhergehorige Form ist zweifelsohne die in Fig. 55 abgebildete, und diese schliesst sich ja, wie auf den ersten Blick hervorgeht, un-mittelbar an die Form Fig. 49 der Hauptserie an. Die Ahnlichkeit ist sehon in der allgemeinen Erscheinung auffallend1) und zeigt sich dann ganz unwidersprechlich in den beiden von Kreisen umgebenen Lochem, in den rudimentaren Seitenknopfen des Biigelkopfes, in dem breiten, etwas profilierten Sehnenhaken und endlich in dem Dreieek-ornamente am Fuss. Aber der grosse Unterschied ist, wie sehon gesagt, der, dass die voriiegende Fibel zweigliederig geworden ist
Die weitere Entwicklung geht dann ziemlich gleichartig wie die der Hauptserie vor sich, indem aus den zwei Lochem Grilbchen werden, die aber hier ganz klein sind, Fig. 56 a—b. Auch die Kon-struktion iindert sich; die Fig. 56 b zeigt die bei oslbaltischen Fibel-formen so haufige Gharniereinrichtung »mit eingehangter Óhma-del aus Eisen» (Hausmann) ; iiber eine andere Konstruktion s. die Beilage.
Die Grosse dieser Fibeln, die bei einigen der altesten noch nicht die ihrer Vorbilder iiberschreitet (6,5—7 cm.), nimmt dann rasch zu und erreicht bei einern Exemplare von der Form Fig. 56 b das unge-heure Mass von 17 cm,(f)
Fiir weitere Einzelheiten in Betreff dieser Fibeln s, die Beilage I, 8 sowie die dort naher citierten Arbeiten von Grewingk und Hausmann.
Mit Hausmann, Grabfunde aus Estland S. 28 (vgl. S. 47), konnen wir vielleicht diese Fibelserie hauptsachlich dem zweiten Jahr-hundert n. Chr. zuzahlen; da sie indessen offenbar sehon von der Mittelstufe der Hauptserie ausgeht, miissen wohl die altesten Formen wenigstens bis ins Ende des ersten Jahrhunderts zuruckgeschoben werden.
Eine Variante der Serie liegt in zwei Exemplaren aus Kuekers (Hausmann a. a. O. Taf. II, 1, 2; vgl. S. 15 und 24) vor. Es sind kfeine, eingliedeńge Fibeln mit Spirale aus rundem Dralit in vielen
Auch diese Fibeln sńnd immer aus Bron ze.
Windungen, die aber sonst den Haupteharakler von Fig. 53 haben. Die eine (a. a. 0. Fig. 2) zeigt indessen am Kopfe zwei sehr kleine Grubchen etwa wie die der Fig. 56 b; bei der anderen sind diesel-ben versehwunden.
3) Die preussisehe Nebenserie: Fig1. 57—61 (mit den Varian~ ten Fig. 62—64).
Das Hauptmerkmal dieser Fibelserie ist die Verzierung des Biigel-fusses mit gewohnlich 6 (bisweilen nur 4) eingestempeUen1} Doppel-kreisen (»WiirfeIaugen»), die ganzlieh den bei der Fig. 52 am oberen Biigelende vorkoramenden ahneln und aucii bei einigen der kier1 2 hergeborigen, wie Fig. 57, am letztgenannten Piatze auftreten. Diese Form, Fig. 57, verkntipft somit die jetzt zu behandelnde Serie mit der Stufe Fig. 52 der Hauptserie. Man hat bei der Form Fig. 57 einfach die Doppelkreisc, fur dereń Herstellung man ja einen Stempel angefertigt hatte, auch auf dem Fusse in 2—3 Paaren angebracht; und diese Neuerung gewinnt eine grosse Beliebłheit, wogegen dic Augen am Kopfende bald verschwinden. Wie wir oben S, 24 sahen, kommt eine ahnliche Verzierung des Biigels mit Doppelkreisen sehon bei einigen der fruhen Stufe Fig. 46 angehórigen Fibeln vor; jedoch waren die Kreise dort viel kleiner. Nun kenne ich ein Exemplar aus Veehten (Mus. Utrecht V 466), das im iibrigen der Fig. 52 sehr Shnelt (mit ovaler Scheibe u. s. w.), aber mit Paaren von grossen Doppelkreisen nicht nur am Kopfende, sondern auch weiler unten am Biigel verziert ist, und zwar an eben denselben Stellen, w o bei der Fig. 46 die Kreise auftreten, namlich ein Paar dicht oberhalb der Scheibe und drei Paare am Fuss. Es ist also dasselbe Ornament-motiv wie bei Fig. 46, aber in etwas anderer Gestalłung.
Ein ganz abnliches Exemplar wie das eben bescliriebene (jedoch mit nur zwei Kreispaaren am Fuss) ist bei Ladekopp in Weslpreussen gefunden und in den Danziger Schriften N. F. VI, 3, Taf. IV. Fig. 17 abgebildet2’). Wir finden also diese Form in den beiden reichsten Fundgebieten der Hauptserie. Desto auffallendcr isL dann die Tatsache, dass die Yechtener Fibel das eituige mir bekanie Ex-emplar dieser Form aus den romischen Bheinprovinzen ist, und dass die aus derselben entwiekelten Fig. 57 < ic. daselbst ganzlieh fehlen. wahrend sie dagegen in West- sowie in OsLpreussen ganz massenhafl
') Ober das technische s. Tischler, Gewandnadetn S. 7 3 f.
Man beachte noch die ganz nahe Verwandtschaft dieser Fibel mit der ebenda Fig. 16 abgebildeten, die von der Form Fig. 52 ist.