198. Mnnncrtiirbim mit Sendelbinde, Goldcnes Vlics-Ro-gier van der Wcj/dcn: Bildnis Philipps des Guten, Herzogs m Burgund (WerksM* kopie) ■ Berlin, SM liche Musecn
schmelzen beziehungsweise riickte um die Jahrhundertmitte ihre Weite vom Haiid: gelenk zu den Schultern hinauf, wo sich die Armel zu den fiir die spatburgundische Modę so charakteristischen Schulterpuffen, den Mahoitres, erweiterten, dereń Breite die Taillc noch schmaler erscheinen liefi.
Abb.:
Neben den Armelrócken gab es noch eine Reihe armelloser gegiirteter und ungegiirtetei Obergewander, teils capeartige, teiJs an einer oder an beiden Seiten offene Uberwiirfe, die gleichsam eine Mittelstellung zwischen Rock und Mantel einnahmen. In der Herolife tracht lebten die an beiden Seiten offenen Gewander noch Jahrhunderte fort. Das Wams, der Pourpoint, kam bei den langen Gewandern nur unter dem Halsausschnitt beziehungs* weise unter den Armeln zur Geltung; spater nahm es die gleiche Entwicklung wie das Obergewand — es verkiirzte sich ebenfalls bis zur Taille und erhielt vorn einen tiefen Ausschnitt, auch die Wamsarmel wurden vom Ellenbogen bis zum Handgelenk aufge= schnitten. Unter dem Dekollete und den Armelschlitzen aber wurde nunmehr das Hemd sichtbar, das in der Modę — im wesentlichen allerdings erst zu einer Zeit, ais der burgun-
199- Dildnis cincs Ritlers vom Coldenen Vlics mit Ordcnskcttc und Brokatgcwand von Inn vnn Eyćk, um 14.37' Berlin, Stnnllichc Musccn
dischc Hof seine modische Fulirung bcrcits cingcbiiGt halle (siehe S. 252) — eine immer wichtigere Rolle spielen soli te. Das Wams konnte jetzt auch ais einziges Gewand gc« tragen werden. Ein wenn auch durftiger Ersatz fur das fehlcnde Obergewand scheint das kleine Manłelchen gewesen zu sein, das gem zu den dekolletierten Wamsem getragen y ; wurde, jedoch so knapp war, daS es den Korper mehr entbloSte ais verhiillte. Im allge* meinen Kat der Mantel in der burgundischen Modę nur eine untergeordnete Rolle ge« spielt; meist begniigle man sich mit den mantelartigcn Obergewiindern. Der lange Schultermantel fand nur noch ais fiirstliches Zeremonialgewand Verwendung, in welcher Funktion er stets mit einer langen Schleppe versehen war.
Die Vorliebe fur schlanke Formen liefi auch die Hose nach der Jahrhundertmitte so eng werden, dafi die Herren — wollten sie sich nicht der Gefahr aussetzen, daS die Nesteln oder gar die Hosen rissen — bei starkerer Korperbewegung die Nesteln vom Wams losen mufiten, an dem die Hosen noch immer befestigt wurden. Die seltsam gespannte HaU tung, die viele Menschen auf den Kunstwerken dieser Zeit zeigen, dtirfte wohl nicht
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