Das Fundmaterial aus Neubau
In den Jahren 1989/90 fanden zwei private Metallsucher im Zuge wiederholter Begehungen des freien Gelandes in der Umgebung der Ortschaft Neubau (Gem. Hórsching, BH Linz-Land) neben anderen Objekten1) insgesamt 49 keltische Miin-zen, davon 7 Goldstiicke, 41 Silbermiinzen sowie 1 Potin. Weiters wurden eine ptolemaische Kupfermiinze sowie vier rómische Miinzen vorgelegt, die aufgrund ihrer Provenienz ebenfalls in den Katalog aufgenommen wurden.
Das gesamte Fundmaterial wurde vorschriftsgemaG dem Archaologen des Stadt-museums Nordico sowie der Numismatischen Abteilung des O.O. Landesmu-seums zur Dokumentation und Bearbeitung vorgelegt und befindet sich im Besitz der Finder, wo es auch bei Bedarf eingesehen werden kann.
Die Fundstellen der Miinzen liegen in einem Umkreis von etwa einem Kilometer in der Welser Heide westlich der Stadt Traun; in diesem Bereich, etwa einen Kilometer óstlich der Ortschaft Neubau, trennt eine Gelandestufe die Traunniederung von der eigentlichen Schwemmebene der Welser Heide (Abb. 1).
Das Gebiet, bis in die vierziger Jahre des 20. Jahrhunderts reines Bauemland, war seit der Anlage des Flughafens Hórsching im zweiten Weltkrieg und verstarkt seit den fiinfziger Jahren vielen Veranderungen unterworfen, die fur die Fundlage der Miinzen bedeutsam sind; vor allem die Anlage grofier Schottergruben und die da-mit veibundene grofiflachige Zerstórung der originalen Landschaftsoberflache, aber auch die Vergrófierung und Neuanlage von Strafień sowie die rasch fort-schreitende Industrialisierung und Besiedlung haben in den letzten vierzig Jahren diesen Bereich stark in Mitleidenschaft gezogen. Diese Ta tsache mufi in Rechnung gestellt werden, wenn man die Ftmdstellen der Miinzen betrachtet.2) Hauptfundort der keltischen Miinzen ist die freie Flachę (Abb. 2) nórdlich der Bundesstrafie 1, die im Norden vom Umfassungszaun des Flughafens, im Westen von einem schmalen Jungwaldstreifen und im Osten von einem im stumpfen Winkel von der Bundesstrafie abzweigenden Weg begrenzt wird. Die Objekte fanden sich in weitgehend gleichmafiiger Streuung, niemals in Gruppen in relativ ge-ringer Tiefe im Humus. Die genaue Fundlage einzelner Stiicke ist nicht mehr nachvollziehbar, lediglich der Platz des ptolemaischen Kupferstiickes konnte ge-nauer ermittelt werden (vgl. Kartę). Noch vager sind Fundangaben aus dem óstlich anschlieSenden Areał zu machen, da hier eine grofie Schottergrube die Ver-haltnisse vóllig verunklart. Einige Stiicke konnten aus der naheliegenden Ab-raumhalde dieser Schottergrube geborgen werden, auf der man den Humusbelag des gesamten Areals versammelte, die genaue Ausdehnung des Einzugsbereiches dieser Deponie ist jedoch nicht mehr zu ermitteln. Damit mufi die Frage offen-bleiben, ob das Fundgebiet sich iiber den ehemaligen Lauf des Hórschingerba-ches, der das Areał urspriinglich diagonal durchfłofi, nun jedoch durch den Schot-terabbau vóllig zerstórt wurde, hinaus erstreckt hat. In der erwahnten Humusde-ponie fanden sich auch einige „grófiere rómische Kupfermiinzen", also wohl Se-sterzen, Dupondien und Asses der Kaiserzeit, die jedoch in den Sammlungsbe-standen des Finders nicht mehr identifiziert werden kónnen.3)
Zwei kcltische Silberkleinstiicke fanden sich schliefilich in Streulage sudlich der Bundesstrafie, hart an der Gelandestufe zur Traunniederung. Bereits in dieser liegt der Fundort der rómischen Miinzen, die man vielleicht in Verbindung mit den zahlreichen rómischen Fundmiinzen aus dem Bereich des Mitterfeldes zwi-schen Traun und Oedt sehen mufi.4)
Der in Frage stehende Bereich ist fiir die Archaologie kein unbekanntes Terrain. Bereits seit dem Jahr 1939 kamen im Gebiet sudlich der Trasse der Bundesstrafie 1 (Abb. 2, punktierte Flachę) latenezeitliche Fundę zutage, im Zuge des forderten Schotterabbaues der Wiederaufbauzeit und der damit verbundenen Veranderung der Kleinlandschaft fuhrten im Fruhjahr 1955 Herbert Jandaurek unter Mithilfe Wilhelm Góttings und des Ghepaares Brosch Notgrabungen durch, die die Exi-stenz einer spatlatenezeitlichen „Grofisiedlung" auf diesem Platz nachwiesen, der in verkehrsgiinstiger Lagę am Kreuzungspunkt von mindestens zwei Altstrafień lag.5) Im Herbst desselben Jahres wurden durch Eduard Beninger weitere Gra-bungen auf einer Parzelle sudlich der Bundesstrafie durchgefuhrt, die vorwie-gend der Rekonstruktion von Hausbau ten dien ten. Zur Topographie der Siedlung konnte Beninger lediglich feststellen, dafi sich die Grabung an der Aufiengrenze der Siedlung bewegte.6) Ebenso wie die Grabung Jandaureks ergab auch die mi-nu tiós arbeitende Kampagne Beningers keinerlei Munzfunde.
In Erganzung zu den Untersuchungen Jandaureks und Beningers kann nunmehr aufgrund der Munzfunde eine Erstreckung der Siedlung uber die heutige Strafientrasse nach Norden ais sicher angenommen werden, wenn auch eine Ab-grenzung wegen der derzeitigen topographischen Gegebenheiten (Flughafen-areal, Schottergrube) nicht móglich ist. Jedenfalls mufi die Tatsache hervorgeho-ben werden, dafi sich auf dem Areał der Keltensiedlung ausschliefilich keltisches Munzmaterial fand, sieht man von den erwahnten „grófieren rómischen Kupfer-munzen" auf der Deponie ab, wohingegen das anschliefiende Gebiet der Traunniederung nicht ein einziges keltisches Stiick enthielt, wohl aber zahlreiche rómische Fundę. Das weitere archaologische Fundmaterial scheint diese Differenzie-rung zu bestatigen.7) Das einzelne ptolemaische Stuck ist bis zum Auftauchen weiterer Belege schwer zu beurteilen, da es sowohl ais rómerzeitlicher Beifund -das vereinzelte Vorkommen agyptischen Kupfers im rómischen Geldumlauf ist verschiedentlich dokumentiert -, ais auch von seiner Zeitstellung her ais unmit-telbar dem keltischen Bereich zugehórig anzusprechen ware. Sollten Jandaureks Angaben zum Altstrafiennetz stimmen, ist jedenfalls ein Streufund entlang einer Strafie auszuschliefien.8)
Umfang und Zusammensetzung des Fundma teriales aus Neubau bieten eine we-sentliche Erweiterung des Wissensstandes zum keltischen Geldumlauf auf dem Gebiet des heutigen Oberósterreich, wobei alleine die Stuckzahl des Neubauer Materials fast doppelt so hoch ist wie alle bisher aus Oberósterreich bekannt ge-wordenen keltischen Fundmiinzen. Unter den insgesamt 49 Stiicken dominieren gewichtsmafiig die Goldstiicke, die sowohl im Nominale des Vollstaters (ca. 7,30 g) ais auch seiner Teilstiicke auftreten, wohingegen zahlenmafiig die Gruppe des
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