NACHWORT
„Jedes Dichtwerk verrichtet eine vernichtende Nieder-lage der Geborgenen.“ Dieser Satz klingt wie aus dem Munde eines Existentialisten. Doch er entstammt der Fe-der Georg Kaisers, des bedeutenden Reprasentanten der expressionistischen Dramatik. Es wurde zu Recht ge-sagt, dafi ohne Georg Kaiser das moderne Drama nicht denkbar sei. Bertolt Brecht war ehrlich genug, sich ais sein Schiiler zu bekennen. Wer den kritischen Blick wagt, entdeckt perspektivische Linien, die von der Kaiserschen Dramatik bis zu John Osborne, Samuel Bedcett, Jean Anouilh, Friedrich Diirrenmatt und Max Frisch fiihren.
Georg Kaiser war nicht nur, wie Bernhard Diebold es einmal formulierte, „die Sphinx unter den modernen Dramatikern", sondern auch ein Ulysses der ersten Halfte dieses Jahrhunderts, beladen mit einem grofien Sdticksal und voller Unruhe des Intellekts. In Magdeburg am 25. November 1878 geboren, ais fiinfter von sechs Sohnen eines tiichtigen Kaufmanns, verliefi er, schon ais Knabe revoltierend, mit Secunda-Reife das Gymnasium, wurde Kaufmannslehrling, schrieb mit sieb-zehn Jahren semen ersten dramatischen Versuch, den Einakter Schellenkonig, entfloh 1898 dem Familiennest ais Schiffsjunge auf einem Frachtdampfer nach Obersee, arbeitete ais Angestellter eines AEG-Buros in Buenos Aires und kehrte nach Ritten durch die Pampas malaria-krank iiber Spanien und Italien nadl Deutsdlland ZU-riick. Auf der Oberfahrt notierte er Gespraćhe mit Ne-gern, die er leider zerrifi. Wieder in Magdeburg, brach nach Jahren der Lethargie und der Krankheit der Didl-ter in ihm durch. Seine Bruder halfen lhm finanziell. Er schrieb Drama um Drama. Doch erst dem Achtunddrei-
fhgjahrigen gelang m Frankfurt a. M. mit der Urauffiih-
rung (29. Januar 1917) des bereits klassisch gewordenen