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JANUSZ KRUK
DIE GESICHTSURNEN AUS DER FRUHEN EISENZEIT IN POLEN. PROBLEME
IHRER KLASSIFIZIERUNG, CHRONOLOGIE UND GENESE
Die Gesichtsurnen haben seit jeher in wissenschaftlichen Kreisen Interesse erweckt. Schon im Jahre 1724 veróffentlichte Ch. F. Reusch einen Aufsatz, der u. a. auch Besehreibungen und Zeichnungen von zwei Gesichtsurnen enthalt!*. Analy-siert man das umfangreiche tiberlieferte Materiał, so lasst sich bei den Gesichtsurnen eine verhaltnismassig grosse Verschiedenheit der Form, der Verzierung und der Gesichtsdarstellung feststellen. Deshalb gehen die Bemiihungen dahin, die Gesichtsurnen in Typen einzuteilen. Die neueste Konzeption auf diesem Gebiet ist das typologische Schema der Gesichtsurnen, das kiirzlich von W. La Baume dar-gelegt wurde2. Die Anschauungen dieses Verfassers wurden von J. Kostrzewski und L. J. Łuka kritisch beurteilt3. Die negative Bewertung dieser bisher gróssten, den Gesichtsurnen gewidmeten Veróffentlichung beweist, dass es notwendig ist, eine Neubearbeitung Liber Klassifizierung, Chronologie und Genese der auf polnischem Gebiet auftretenden Gesichtsurnen vorzunehmen.
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Die obige Feststellung in bezug auf die Verschiedenartigkeit der Gesichtsurnen beruht auf einer einfachen Vergleichsanalyse. Jedoch selbst eine genaue Unter-suchung vieler einzelner Fundstucke gibt kein vollkommenes Bild der analysierten Gesamtheit. Wir wissen dann zwar alles Liber jedes einzelne Fundstuck im beson-deren, gleichzeitig aber erschwert die Fulle von Einzelheiten, die fur die gesamte Population charakteristischen Wesensmerkmale zu erfassen. Bei der Erforschung grosser Gesamtheiten versprechen statistische Methoden den besten Erfolg. Eine von diesen, die Differenzdiagnose, wurde bei archaologischen Forschungen schon oft mit gutem Erfolg angewandt5.
Die Erforschung der Gesichtsurnen wurde in drei Etappen durchgefLihrt. In der ersten wurden unter Beriicksichtigung der Analyse des gesamten uberlieferten Materials 25 Merkmale hervorgehoben, die fur den Bau und die Verzierung der Gesichtsurnen charakteristisch sind. In der zweiten Etappe wurden Konvergenzen der hervorgehobenen Merkmale analysiert. Dabei wurde der Yulesche Assoziations-faktor ais ihr Massstab angewandt6. Die dritte Forschungsetappe beruht darauf, die erhaltenen Zahlenwerte (Abb. 2) durch entsprechende graphische Symbole zu ersetzen und diese zu Diagrammen zusammenzustellen (Abb. 3, 4), um schliesslich eine Analyse der erhaltenen Ergebnisse durchzufLihren.
Die Merkmale gliedern sich auf den Diagrammen in drei Hauptgruppen. Diese bilden die Grundlage einer Klassifizierung der Gesichtsurnen. Obgleich sie die Unterschiede veranschaulichen, geben sie jedoch keine vollstandige Charakteristik der einzelnen Typen. Daher wurden die Ergebnisse der Differenzdiagnose durch eine gewohnliche Materialanalyse erganzt. Diese gestattete es, einige Erganzungen vorzunehmen und innerhalb der Grenzen, die mit Hilfe der Differenzdiagnose gezo-gen wurden, eine umfassende Charakteristik der einzelnen Typen zu geben.
T y p u s A (Abb. 5). Hierzu gehoren die „klassischen” Gesichtsurnen. Diese sind gewóhnlich von schlanker, birnenartiger Form und schwarzglanzender Oberflache; sie weisen vollstandige naturalistische Bildnisse auf. Diese Art von Urnen haben hohe, miitzenfórmige Deckel. Der Bauch der Gefasse ist oft mit geometrischen Ornamenten oder figuralen Darstellungen verziert.