unter die Politik einer grofien Staatsmacht vor allem. Auf welche Klassenposition beruft sich der Stalinismus, kann er sich berufen oder seitens einiger erhoben werden, wo er ais zeitgenóssisches Phanomen nicht erst seit gestem die Klassenfrage in der Tagesordnung unmóg-lich gemacht Hat?! Er konnte dies tun, wenn er zunachst im eigenen Land (also im »Zentrum«) das soziale Klassenproblem gelost hatte und damit reell den Weg zum Befreiungsprozeft der Arbeiterklasse und des Menschen geóffnet hatte. Dies hat er aber noch nicht getan.
Was nun den Stalinismus allgemein angeht (und wie schon bekannt ist, besteht gerade er radikalst auf dem Staat, der Staatlichkeit und dem daraus entstandenen Etatismus, also auf einer totalen Unterwer-fung aller gesellschaftlichen und geistigen Interessen dem Staat!), so konnte man eher sagen, dafi sein Geist immer noch nicht aus einzel-nen Kdpfen »verraucht« ist, ohne Rucksicht darauf, was fur und welche Kampfer fur das Wohlergehen und den Fortschritt ihrer Nation das sind, wenn sie in ihrer nationalen Euphorie nicht die moglichc Reichweite und Bedeutung ihrer Thesen sehen: »Ganz im Emilianę, mit dem Geist der modernen Politologie schreibt er (Antę Starćević. Anm. d. A.): »In unserer Zeit konnte vielleicht der Staat am besten, vielleicht auch nicht am genauesten so bezeichnet werden: die Gc-samtheit der Personen und Dinge unter einer und derselben menschli-chen Macht stehend, und die Politik: die Wissenschaft, die es lehrt, diese Gesamtheit zu erhalten«,12
Diese Gesamtheit der Personen und Dinge, die unter einer und derselben menschlichen Macht stehen, konnte gerade Josif Visarionović Stalin sehr gut erhalten, und so ware unserem Theoretiker zufolge die Politik Stalins (oder die stalinistische Politik) und Herrschaft »ganz im Einklang mit der modernen Politologie«. Aber auch wenn wir Starćevićs Formulierung »iibersetzen« und sie im Sinne einer Guthei-fiung eines burgersich-demokratischen Staates, einer Macht und Herrschaft in diesem Sinn begreifen, wonach sollte es aber heute und fur uns so sehr und vóllig im Einklang mit dem Geist der modernen Politologie stehen: Fur wen modern? Fur welches politische Konzept »modern«, wenn Hegel dasselbe (vor 150 Jahren) ais biirgerlicher »Politologe« par excellence besser und tiefer formuliert hatte? Wozu wird hier der Horizont der formellen biirgerlichen Demokratie einge-engt, wenn sie ais historische Kategorie in ihrem wesentlichen Konzept universalgeschichtlich, also giiltig fur die ganze bisherige biirger-liche Ordnung ist. Das sozialistische Konzept kampft aber nicht um eine »Macht uber Personen«, setzt sich nicht dafiir ein, da es um keine, am wenigsten um die politische Macht kampft, sondern um As-soziierrung, also Verbindung der unmittelbaren Produzenten und aller Glieder einer gesellschaftlichen Gemeinschaft. Dies konnte vielleicht heute in diesem Sinn »modern« und etwas Neues sein; namlich: der Weg zur Realisierung des Selbstverwaltungsprinzips ais eines neuen Typs des gesellschaftlichen Derhdltnisses (in der Sphare der Gesell-schaft selbst), nicht aber der polilischen Macht (im Staat ais schem-
“ Ivan Babić: Antę Slartević »hrvatskog pruvu zuloćnik« i klusik hrvatske l>oli-tiike znunosli, Hrvatsko svcućiliStc, 8. Aprił 1971. S. 11 (unscr Kursiv).
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