HIV id 205103 Nieznany

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457

Schweiz Med Wochenschr 2000;130:457–70

Peer reviewed article

A. J. Radziwill

a

, L. Kappos

a

, M. Battegay

b

,

A. J. Steck

a

a

Neurologische Universitätsklinik
und Poliklinik;

b

Medizinische Universitätspoliklinik;

Universitätskliniken, Kantonsspital Basel

Neurologische Komplikationen
der HIV-Infektion

Aktuelle Übersicht: neue diagnostische, therapeutische
und prognostische Aspekte

Summary

Übersicht

Korrespondenz:
Dr. A. J. Radziwill
Neurologische Universitätsklinik
und Poliklinik
Kantonsspital
Petersgraben 4
CH-4031 Basel
e-mail: aradziwill@uhbs.ch

Neurological complications of HIV infection

About one third of patients with HIV infection
show neurological complications with consid-
erable morbidity and high mortality. This is an
actualised review of the most important neu-
rological manifestations resulting from pri-
mary HIV infection, from secondary oppor-
tunistic infections, or as complications of anti-
retroviral therapy. The primary neurological
manifestations, including HIV-associated de-
mentia complex, myelopathies, peripheral neu-
ropathies and myopathies, the more common
opportunistic infections, primary central ner-
vous system lymphoma and cerebrovascular
diseases, are discussed in the light of new evi-
dence in diagnosis, therapy and prognosis.
Cognitive and psychiatric symptoms, visual
changes, headache, seizures, dizziness, invol-
untary movements, gait disturbances, cranial
neuropathies and focal deficits are the common

neurological symptoms in HIV infection which
are described under the aspect of differential
diagnosis. It is important to bear in mind that
nearly all information available to date on this
subject concerns HIV patients in the period be-
fore combination therapies (including protease
inhibitors).The introduction of highly active
antiretroviral therapy (HAART) with protease
inhibitors in 1995, and non-nucleoside reverse
transcriptase inhibitors, have opened up new
therapeutic modalities with a new emphasis on
earlier detection and treatment of neurological
complications. The prognosis of different HIV-
associated neurological diseases has consider-
ably improved, as recently shown in the case,
for example, of progressive multifocal leuco-
encephalopathy.
Keywords: HIV infection; neurological com-
plications; diagnosis; differential diagnosis;
therapy; prognosis; highly active antiretroviral
therapy (HAART)

Zusammenfassung

Die HIV-Infektion führt in einem Drittel der
Patienten zu neurologischen Komplikationen,
die mit einer beachtlichen Morbidität und ei-
ner hohen Mortalität verbunden sind. Ziel die-
ser Arbeit ist eine aktuelle Übersicht über die
wichtigsten neurologischen Manifestationen
der HIV-Infektion, die als Folge einer primären
Infektion, einer sekundären opportunistischen
Infektion oder als Komplikation der antiretro-
viralen Therapie beobachtet werden können.

Wir möchten vor allem die primär neuro-
logischen Manifestationen der HIV-Infektion
hervorheben: Die HIV-Enzephalopathie, die
Myelopathien, die Neuropathien und die
Myopathien. Es sollen aber auch die opportu-
nistischen Infektionen, das primäre ZNS-Lym-
phom (PZNSL), die zerebrovaskulären Er-
krankungen und neuere Daten bezüglich Dia-
gnostik, Therapie und Prognose besprochen
werden. Die wichtigsten neurologischen Sym-

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Übersicht

Schweiz Med Wochenschr 2000;130: Nr 13

ptome werden in ihrer differentialdiagnosti-
schen Bedeutung diskutiert: mentale und psy-
chische Veränderungen, Visusstörungen, Kopf-
schmerzen, Anfälle, Schwindel, unwillkürliche
Bewegungen, Gangstörungen, Hirnnervenaus-
fälle und fokale Defizite. Wichtig ist die Tat-
sache, dass die meisten Daten hinsichtlich
Symptomatik noch aus der Zeit vor den Kom-
binationstherapien stammen: Die neuen The-
rapiemöglichkeiten vor allem in Form der 1995
eingeführten Proteinaseinhibitoren oder der
non-nukleosidartigen Hemmer der reversen
Transkriptase im Rahmen einer hochaktiven

antiretroviralen Therapie (HAART) eröffnen
neue Behandlungswege, die einer Früherken-
nung und einer frühzeitigeren Behandlung neu-
rologischer Komplikationen eine neue Bedeu-
tung geben und die Prognose verschiedener
neurologischer Krankheitsbilder, wie z.B. der
progressiven multifokalen Leukoenzephalo-
pathie, nachhaltig verbessern.
Keywords: HIV-Infektion; neurologische Kom-
plikationen; Diagnose; Differentialdiagnose;
Therapie; Prognose; hochaktive antiretrovirale
Therapie (HAART)

Einführung

Aids war 1994 in den USA in der Altersgruppe
der 25–44jährigen die zweithäufigste Todes-
ursache bei Männern nach einem Trauma, die
fünfthäufigste Todesursache bei Frauen [1].
Ungefähr 10–20% der HIV-Infizierten zeigen
als erstes Symptom eine neurologische Krank-
heit, und etwa 30% der Aids-Kranken leiden an
neurologischen Störungen [2]. Die Überlebens-
zeit nach der Diagnose von Aids war ohne
potente antiretrovirale Therapie etwa 3 bis 5
Jahre, ist jedoch nach Einführung der hoch ak-
tiven antiretroviralen Therapie deutlich länger
[3]. Vor allem bei fortgeschrittener Immun-
defizienz sind Demenz, Myelopathien oder
sensorische Neuropathien die häufigen neuro-
logischen Störungen bei jungen Patienten. Die

Inzidenz des HIV-assoziierten Demenz-Kom-
plexes oder der HIV-Enzephalopathie beträgt
zum Beispiel ähnlich wie bei der Multiplen
Sklerose etwa 3% [3]. Im Gegensatz zu gros-
sen Zentren wie in den USA, in Frankreich oder
Grossbritannien werden die neurologischen
Probleme von HIV-Kranken im deutschspra-
chigen Raum trotz deren häufigen Auftretens
noch relativ selten von neurologischer Seite
mitbetreut. Wünschenswert wäre daher eine
multidisziplinäre Erfassung von neurologi-
schen Komplikationen der HIV-Infektion zur
Durchführung einer möglichst raschen und da-
mit wahrscheinlich effizienteren Behandlung
bei den heute verbesserten Therapiemöglich-
keiten [4].

Epidemiologie

Im Dezember 1999 lebten weltweit etwa 33,6
Millionen Menschen mit einer HIV-Infektion
und/oder Aids [5]. Etwa 95% dieser Infizierten
und/oder Erkrankten fanden sich in den Ent-
wicklungsländern. Man rechnet mit etwa
8–10 000 neuen HIV-Infektionen pro Tag welt-
weit. In Westeuropa rechnet man mit einer
Prävalenz von 0,065% (80% Männer, 20%
Frauen) mit etwa 480 000 HIV-Infektionen
oder Aids-Fällen, wobei die heterosexuelle
Übertragung mindestens so wichtig wie der
Geschlechtskontakt zwischen Männern ist.
Ungünstigere Prävalenzzahlen findet man in
Zentralafrika und Südostasien mit 5,6% und
einem über 50% grossen Anteil bei den Frauen,

wo die Hauptübertragung im Geschlechtskon-
takt zwischen Frau und Mann besteht [5]. Ei-
nen explosiven Anstieg beobachtet man in Ost-
europa, wo z.B. in der Ukraine 1994 noch 44
HIV-Infektionen und bereits 1995 1600 HIV-
Infektionen gemeldet wurden. In der Schweiz
registrierte man seit 1983 bis Dezember 1999
6742 Aids-Fälle, wovon 4889 verstorben sind,
seit 1985 verzeichnete man bis Ende 1999
24 270 HIV-Infektionen [6]. Ungefähr ein Drit-
tel der Kinder von HIV-infizierten Frauen wer-
den infiziert, von diesen entwickeln etwa 50%
innerhalb von 3 Jahren Aids. 50% der infizier-
ten Erwachsenen entwickeln Aids innerhalb
von 8 bis 10 Jahren [2].

Neurobiologie der HIV-Infektion

Das HIV ist im Liquor, im Hirn und auch im
Rückenmark nachweisbar. Ein Befall des
Nervensystems findet bereits sehr früh im Ver-
lauf der Infektion statt. So konnte anlässlich

einer Autopsie ein Befall des zerebralen Kortex
mit HIV bereits 15 Tage nach einer nuklear-
medizinischen Untersuchung mit fälschlicher-
weise HIV-infizierten weissen Blutkörperchen

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Übersicht

Schweiz Med Wochenschr 2000;130: Nr 13

nachgewiesen werden [7]. Nicht nur die CD4-
Lymphozyten, sondern unter anderem auch
das Nervensystem sind Ziel der Infektion mit
dem HIV (Neurotropismus). Der Befall des
Nervensystems (Neuroinvasion) geschieht
hauptsächlich über infizierte Monozyten oder
Makrophagen, welche die neuronalen Struktu-
ren direkt oder indirekt mit verschiedenen neu-
rotoxischen Substanzen (virale Proteine, pro-
inflammatorische Zytokine usw.) und hier vor
allem die Mikroglia infizieren und schädigen
können (Neurovirulenz). Zeichen einer aktiven
ZNS-Infektion sind positive oligoklonale Ban-
den und eine intrathekale Produktion von IgG.
Zwei Jahre nach einer Serokonversion findet
man im Liquor von asymptomatischen Patien-
ten in einem Drittel eine Pleozytose, in der

Hälfte positive Viruskulturen und in zwei Drit-
teln eine spezifische intrathekale IgG-Produk-
tion [8].
Die verschiedenen Krankheitsbilder und spezi-
fischen Infektionen hängen dabei von der CD4-
Zahl (Abb. 1) und von der Virusmenge ab [2].
Für bestimmte ZNS-Infektionen bestehen auch
bestimmte Risikofaktoren: Z.B. entwickeln
Schwarze und i.v.-Drogenkonsumenten ver-
mehrt eine Kryptokokken-Meningitis [2]. Die
klinische Symptomatik ist auch vom Stadium
der HIV-Infektion abhängig (Abb. 2). Wichtig
ist auch die Möglichkeit einer Koinzidenz von
mehreren Krankheitsbildern, und klinische
Präsentationen können sich überlappen (Tab.
1) [9].

Abbildung 1

CD4-Zahl und spezifische Infektionen.

Abbildung 2

HIV-Stadium und klinische Präsentation.

Präsentation

Bewusstsein

Fieber

fokaler Ausfall

Toxoplasmose

<2 Wochen

vermind./no.

+

+++

Lymphom

2–8 Wochen

vermind./no.

0

+

PML

Wochen–Monate

no.

0

++

Kryptokokkose

<2 Wochen

vermindert

+++

0

HIV-Demenz

Wochen–Monate

no.

0

0

CMV-Enzephalitis

<2 Wochen

vermind./no.

+

0

Tabelle 1

Differenzierung von Aids-
Komplikationen des Zentral-
nervensystems.

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Neurologische Symptomatik der HIV-Infektion

Die neurologische Symptomatik der HIV-In-
fektion ist sehr vielseitig und kann manche
Krankheiten imitieren [27]. Neben kognitiven
und psychiatrischen Veränderungen finden

sich Visusstörungen, Kopfschmerzen, Anfälle,
Schwindel, unwillkürliche Bewegungen, Gang-
störungen, Hirnnervenausfälle und fokale
Defizite (Tab. 2).

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Übersicht

Schweiz Med Wochenschr 2000;130: Nr 13

Serokonversion und asymptomatische HIV-Infektion

Die primäre HIV-Infektion kann unbemerkt
oder mit einer milden, unspezifischen Sympto-
matik ablaufen. Man findet aber auch ein Mo-
nonukleose-ähnliches Bild mit einer Lymph-
adenopathie, Müdigkeit, Lethargie und einem
Hautausschlag, das von neurologischen Sym-
ptomen begleitet sein kann [10]: Wahrschein-
lich aufgrund eines postinfektiösen autoimmu-
nen Mechanismus entweder im Sinne einer un-
gebremsten überschiessenden Immunantwort
oder im Sinne einer «Bystander»-Schädigung
neuronaler Strukturen auf dem «Kampffeld»
HIV-Immunsystem kann eine Meningoen-
zephalitis auftreten. Sie äussert sich mit
Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen,
Anfällen, Hirnnervenausfällen und Persönlich-
keitsveränderungen und weist meistens eine
gute und prompte Erholung auf [11, 12]. Des
weiteren können eine Myelopathie mit einer
Paraparese [13], eine Radikulopathie mit
Sphinkterstörungen [2], ein Guillain-Barré-
Syndrom [14] oder eine asymmetrische bilate-
rale Plexusneuritis [15], eine Ganglioneuritis
mit progressiver sensorischer Ataxie [16], ein
zerebelläres Syndrom [17] oder eine Rhab-
domyolyse [18] auftreten. Erste messbare Pa-
rameter im Serum und im Liquor sind das p24-
Antigen und die HIV-1-RNS, eine HIV-Sero-
konversion findet zwischen 2 bis 6 Monaten
statt, ein Zeitfenster bis 48 Monate ist möglich
[19]. Die asymptomatische Periode bis zum

Auftreten einer symptomatischen Aids-definie-
renden Krankheit kann zwischen 8 bis 10 Jahre
andauern [20]. Ein Guillain-Barré-Sydrom ist
klinisch von einem HIV-negativen Guillain-
Barré-Syndrom nicht zu unterscheiden, ausser
durch die meist neben der Eiweisserhöhung
vorhandene diskrete Pleozytose um etwa 20
Zellen im Liquor [21]. Auch eine chronische
Meningitis kann ausser durch den Liquor-
befund mit einer leichten Pleozytose von
Spannungskopfschmerzen kaum abgegrenzt
werden.
Wiederholt wird in der Literatur diskutiert, ob
im asymptomatischen Stadium eine erhöhte
Prävalenz neuropsychologischer Defizite be-
steht. Eine Metaanalyse von 40 Studien konnte
diese Vermutung nicht belegen [22]. Eine
kognitive Verschlechterung gehört nicht zur
asymptomatischen Phase. Erst bei einer CD4-
Zahl unter 200 sind kognitive Veränderungen
mit einem um 3,45fach erhöhten Risiko zu er-
warten (Aids-definierendes Stadium bei CD4
<200) [23]. Auch der Neurostatus ist im asym-
ptomatischen Stadium normal. Die evozierten
Potentiale sind weitgehend normal mit eventu-
eller Ausnahme bei der Erfassung einer subkli-
nischen Myelopathie [24]. Auch das EEG ist im
asymptomatischen Stadium unauffällig [25].
Neuroradiologische Untersuchungen wie das
MRI oder die MR-Spektroskopie zeigen keine
signifikanten Veränderungen [26].

Primäre neurologische Komplikationen der HIV-Infektion

Hierzu zählen der HIV-assoziierte Demenz-
komplex oder kurz die HIV-Enzephalopathie,
die Myelopathien, die Neuropathien und die
Myopathie.

HIV-Enzephalopathie

Der HIV-assoziierte Demenzkomplex oder
die HIV-Enzephalopathie tritt vorwiegend im
Spätstadium der HIV-Infektion auf. Eine japa-
nische Untersuchung fand kürzlich für die
HIV-Demenz eine Prävalenz von etwa 12%,

womit die Häufigkeit aufgrund der antiretro-
viralen Therapie gegenüber früher deutlich
zurückgegangen ist [43]. In bis zu 3% ist sie die
erste Manifestation der Aids-Krankheit. Die
Klinik ist charakterisiert durch eine subkorti-
kale Demenz mit Störungen des Verhaltens, der
Kognition und der Motorik mit den Kardinal-
symptomen Depression, Gedächtnisverlust,
mentale Verlangsamung und Gangunsicherheit
[44]. Im Spätstadium der Demenz bestehen
eine starke psychomotorische Verlangsamung,
globale kognitive Defizite, eine fehlende
Krankheitseinsicht und mutistische Zustände.

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Übersicht

Schweiz Med Wochenschr 2000;130: Nr 13

kognitive Veränderungen

CD4-Zahl >200

Medikamentennebenwirkungen: (Foscarnet, Amphotericin B,
trizyklische Antidepressiva, Opiate, Nukleosidanaloga), Wernicke-Enzephalopathie,
Tbc-Meningitis, Neurosyphilis, Subarachnoidalblutung, HIV-assoziierte Demenz

CD4-Zahl <200

opportunistische Infekte: CMV-Enzephalitis, Kryptokokkus-Meningitis,
primäres ZNS-Lymphom, zerebrale Toxoplasmose, HIV-assoziierte Demenz

Abbruch der antiviralen Therapie, akute Enzephalopathie [28]

psychiatrische Veränderungen

Diagnose der Serokonversion oder von Aids: Angststörungen, Anpassungsreaktionen, Depression usw.

neu aufgetretene Manie: mögliches Zeichen einer HIV-assoziierten Demenz

beachte: «Risikogruppen» haben erhöhte Lebensprävalenz für Angststörungen (38%), Depression (30%),
Alkohol- oder Nicht-Opiat-Abusus (38%) [29]

Visusstörungen [30]

Gesichtsfeldausfälle

fokale zerebrale Läsionen bei PML, Toxoplasmose, Lymphom, Ischämie

Augenmuskelparesen

Kryptokokkus-Meningitis, Meningeosis lymphomatosa, Tbc-Meningitis,
CMV-Ventrikuloenzephalopathie

Optikusneuropathie

Neurosyphilis, lymphomatöse Infiltration

Retinopathie

CMV-Retinitis, Toxoplasmose, Histoplasmose

Kopfschmerzen [31]

in 55% präsentierendes Symptom von Aids

CD4 >500

Spannungskopfschmerzen, Migräne, chronische Meningitis
(Pleozytose im Liquor mit >20 Lc/mm

3

), Sinusitis

«HIV-Kopfschmerz» Indikator

für systemische Infektion?

CD4 <500

Kryptokokkus-Meningitis (häufigste Kopfschmerzursache), Toxoplasmose (in 60%),
Lymphom (in 40%) [32–34]

Medikamente

Migräne durch AZT

epileptische Anfälle [35, 36]

20% der Aids-Patienten, 50% ohne Ursache (Rolle des HIV?)

fokale Ursache

Toxoplasmose (häufigste Ursache in 23%), Lymphom, Abszess, PML

opportunistischer Infekt, systemische Erkrankung, Medikamenten- oder Alkoholabusus

Meningitis, Enzephalitis: Herpes simplex, Herpes zoster, CMV, JC-Virus

metabolische Störung

zerebrovaskulärer Insult

Interaktion Antiepileptika und antiretrovirale Therapie (s. [37])

unwillkürliche Bewegungen [38, 39] Prädilektion der HIV-Infektion für Basalganglien und Hirnstamm:

Hemydystonie, Hemichorea, Hemiballismus, Akathisie, Tremor oder Verstärkung
eines essentiellen Tremors, Myoklonus

Toxoplasmoseabszesse, Lymphom, PML, Zostervaskulitis

systemische Infektion

Medikamente

Foscarnet, Neuroleptika, Pyrimethamin

Gangstörung

intrakranielle Massenläsion, HIV-Enzephalopathie, Myelopathie, CMV-Radikulitis, Myopathie, sensorische Neuropathie

Schwindel [40, 41]

orthostatische Hypotension, Anämie, Infektion mit Mycobacterium-avium-Komplex, HIV-assoziiert (?),
Nebenniereninsuffizienz bei CMV-Adrenalitis, Herzinsuffizienz bei HIV-induzierter Kardiomyopathie, autonome Neuropathie,
Medikamente (Foscarnet, trizyklische Antidepressiva, Amphotericin B)

Hirnnervenausfälle [42]

VII >N. VI >N. III >N. XII >N.V

Meningitis, Massenläsion, Vaskulitis, Otitis externa maligna, lokale Entzündung

in 15% keine Ursache (Rolle des HIV?)

fokale Ausfälle

opportunistischer Infekt, Tumor, zerebrovaskuläres Geschehen

Tabelle 2

Neurologische Differential-
diagnose der HIV-Infektion.

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Zusätzlich finden sich als Ausdruck einer En-
zephalopathie eine Hyperreflexie, Enthem-
mungszeichen, Anfälle, Myoklonus, Ataxie,
Sphinkterstörungen und Halluzinationen in
Kombination mit einer Myelopathie und einer
sensorischen Neuropathie (daher der Begriff
Demenzkomplex). Aphasie, Apraxie oder an-
dere fokale Defizite sind nicht typisch und soll-
ten den Verdacht auf andere Differentialdia-
gnosen lenken. Wenn die Demenz in einem
frühen Stadium der HIV-Infektion auftritt, ist
der Verlauf häufig langsamer und weniger aus-
geprägt. Die Diagnose beruht auf dem Aus-
schluss anderer Ursachen einer Demenz im
Rahmen der HIV-Infektion: Kryptokokken-
Meningitis, progressive multifokale Leukenze-
phalopathie (PML), CMV-Enzephalitis, tuber-
kulöse Meningitis, Neurosyphilis, zerebrale
Toxoplasmose oder ZNS-Lymphom. Es müs-
sen daher eine Bildgebung der Gehirns (vor-
zugsweise ein MRI), entsprechende Labor-
untersuchungen und eine Lumbalpunktion
durchgeführt werden. Der Liquor kann eine
leichte Pleozytose, eine Proteinerhöhung oder
oligoklonale Banden aufweisen. Neuere Arbei-
ten weisen auf eine Korrelation zwischen dem
«viral load» (HIV-RNA) im Liquor und dem
Schweregrad der Demenz hin [45]. Während
die Frühphase der Bildgebung unauffällig ist,
findet man in der Spätphase unspezifische Zei-
chen der zentralen und kortikalen Atrophie mit
Veränderungen der weissen Substanz unter
Aussparung der subkortikalen Fasern im Ge-
gensatz zur progressiven multifokalen Leuken-
zephalopathie [46]. Das EEG zeigt eine unspe-
zifische Verlangsamung des Grundrhythmus
[47]. Neuropsychologische Untersuchungen
sind hilfreich für die Diagnose und Abgrenzung
gegenüber einer allfälligen somatoformen
Störung. Die HIV-Enzephalopathie gilt als
Aids-definierende Krankheit, und es sollte eine
potente antiretrovirale Therapie mit einer
Dreierkombination eingeleitet werden [48].
Eine Wirksamkeit wurde bisher nur für hohe
Dosen von AZT beschrieben, welche jedoch
häufig nur transient ist, und zudem besteht das
Problem der Resistenzentwicklung [49]. Die
anderen nukleosidartigen Hemmer der rever-
sen Transkriptase (ddI, ddC, 3TC, d4T usw.)
sind bisher nicht systematisch bezüglich ihres
Einflusses auf die Demenz geprüft worden.
Auch die Wirksamkeit der anderen Therapie-
modalitäten (non-nukleosidartige Hemmer der
reversen Transkriptase, Proteinaseinhibitoren)
wurde bisher noch wenig untersucht. Eine ef-
fiziente Reduktion der Virusmenge im Liquor
ist unter einer AZT-Monotherapie, einer 3TC-
AZT-, einer 3TC-D4T-Kombination und unter

anderen nukleosidhaltigen Kombinationsthe-
rapien beschrieben worden, so dass indirekt ein
Einfluss auf die HIV-Enzephalopathie bestehen
könnte [50]. Von den non-nukleosidartigen
Hemmern der reversen Transkriptase scheint
Nevirapin und von den Proteinasehemmern In-
dinavir die besten Konzentrationen im Liquor
zu erzielen [50]. Die Prognose des fortgeschrit-
tenen Stadiums war mit einer mittleren
Überlebenszeit von etwa 6 Monaten vor der
HAART-Ära sehr ungünstig. Kürzlich be-
schrieben Filippi et al. jedoch eine Regression
der HIV-Enzephalopathie unter dem Einsatz
von Proteinaseinhibitoren im Rahmen einer
HAART [51]. Ebenfalls weist die drastische Re-
duktion der Inzidenz der HIV-Enzephalopathie
unter Therapie auf deren Wirksamkeit hin.

HIV-assoziierte Myelopathie

Myelopathien können als direkte Folge einer
primären HIV-Infektion in Form einer va-
kuolären Myelopathie oder einer transversen
Myelitis im Rahmen einer Serokonversions-
reaktion, aber auch als Folge eines opportunisti-
schen Infekts, einer Neurosyphilis oder eines
Lymphoms auftreten [52]. Die vakuoläre My-
elopathie tritt normalerweise im Spätstadium
in bis zu 4% der Aids-Erkrankungen auf,
während autoptisch in etwa 20% Zeichen
einer Myelopathie gefunden werden [43, 53].
Auch hier liegt ein deutlicher Rückgang der
Prävalenzzahlen gegenüber früher vor. Man
findet vor allem eine progressive Gangstörung,
Paresen der unteren Extremitäten, Gleichge-
wichtsstörungen und Sphinkterstörungen. Die
neurologische Untersuchung zeigt eine spasti-
sche Paraparese, eine sensorische Ataxie mit
vermindertem Lagesinn bei erhaltener Ober-
flächensensibilität und eine Hyperreflexie vor
allem der unteren Extremitäten. Ein sensibles
Niveau ist unüblich. Die Diagnose beruht auf
dem Ausschluss opportunistischer Infektionen
(CMV, Herpes zoster, Herpes simplex, Toxo-
plasmose, Kryptokokkose, PML, HTLV-1, Tu-
berkulose), eines Vitamin-B

12

-Mangels, einer

kompressiven Myelopathie oder eines Lym-
phoms. Ist vor allem in der Frühphase eine
Myelonaffektion nicht klinisch zu sichern (z.B.
bei gleichzeitig bestehender Neuropathie oder
Myopathie), können die evozierten Potentiale
(motorisch und somato-sensorisch) hilfreich
sein [54]. Eine spezifische Behandlung besteht
nicht, die antiretrovirale Therapie übt wenig
Einfluss auf den Verlauf aus, ein eventueller
Vitamin-B

12

-Mangel sollte substituiert und der

Einsatz von Antispastika erwogen werden.

462

Übersicht

Schweiz Med Wochenschr 2000;130: Nr 13

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Übersicht

Schweiz Med Wochenschr 2000;130: Nr 13

Neuropathien

Je nach Krankheitsstadium können verschie-
denartige Neuropathien beobachtet werden
[55]: Bei der Serokonversion treten vor allem
eine inflammatorisch demyelinisierende Poly-
neuropathie in Form eines Guillain-Barré-
Syndroms oder einer chronisch inflammato-
risch demyelinisierenden Polyneuropathie oder
eine sensorische ataktische Neuropathie (sog.
Ganglioneuronopathie) auf. In jedem Krank-
heitsstadium beobachtet man auch isolierte
Nervenläsionen oder iatrogene, d.h. meist me-
dikamentös bedingte Neuropathien. Erst im
Rahmen einer definitiven Aids-Erkrankung
manifestieren sich die klassische distale, senso-
motorische Neuropathie, eine Mononeuritis
multiplex, eine autonome Neuropathie, eine
lumbale CMV-Polyradikulopathie oder eine
lymphomatöse Neuropathie. Bis zu 30% der
Aids-Patienten entwickeln eine Neuropathie,
welche häufig mit schweren systemischen
opportunistischen Infekten und einer schweren
Immunsuppression einhergeht [56].
Bei der häufig vorkommenden distalen senso-
motorischen Neuropathie

können neben

Parästhesien, Dysästhesien, einer Berührungs-
überempfindlichkeit vor allem in den Füssen
und verminderten oder fehlenden distalen
Muskeleigenreflexen auch in einem Drittel der
Fälle einschiessende, teilweise funktionell stark
einschränkende Schmerzen vorhanden sein. In
einem Drittel findet man auch distale Muskel-
paresen. Die oberen Extremitäten bleiben nor-
malerweise verschont. Bei längerem Verlauf
kann das Krankheitsbild unter Hinterlassen
einer Resttaubheit und einer Berührungs-
überempfindlichkeit ausbrennen (burn out).
Die propriozeptive und thermale Sensibilität ist
gewöhnlich nicht betroffen [57]. Differential-
diagnostisch müssen neben häufigen Ursachen
einer Polyneuropathie, wie z.B. Diabetes oder
Alkoholkrankheit, auch ein Vitamin-B

12

-Man-

gel oder ein Pyridoxinexzess gesucht werden.
Neurotoxische Medikamente wie Isoniazid,
Vincristin oder die meisten Hemmer der re-
versen Transkriptase (ddI, ddC, d4T) können
ebenfalls ursächlich beteiligt sein, wobei dort
typischerweise auch die oberen Extremitäten
betroffen sind. Die CMV-Polyradikulitis ver-
ursacht vor allem Sensibilitätsstörungen auf
Höhe der Oberschenkel mit einer Reithosen-
symptomatik. Die elektroneuromyographische
Untersuchung hilft bei der Differenzierung der
verschiedenen Polyneuropathieformen weiter,
im Liquor zeigt sich eine leichte Proteiner-
höhung mit eventuell diskreter Pleozytose von
5 bis 10 Zellen. Bei Vorhandensein von poly-

morphkernigen Leukozyten muss eine CMV-
Polyradikulitis in Betracht gezogen werden. Bei
milder Symptomatik hilft das Vermeiden von
engem Schuhwerk und von langem Stehen, pe-
riodische Eiswasserbäder, lokale Applikation
von Capsaicin-Salbe oder von Lidocain-
Creme, die Anwendung von transkutaner elek-
trischer Nervenstimulation (TENS) oder die
systemische Gabe von NSAR, z.B. Ibuprofen
600–800 mg 3mal pro Tag. Bei stärkerer
Symptomatik muss der Einsatz von trizykli-
schen Antidepressiva erwogen werden, z.B.
Amitriptylin in niedriger Dosierung einschlei-
chend (10–25 mg) und dann langsam steigernd
bis 100–150 mg pro Tag. Bei Versagen eines
Antidepressivums sollte man ein anderes ver-
suchen. Andere Möglichkeiten sind lokale
Anästhetika wie Mexiletin, Antiepileptika wie
Carbamazepin, Phenytoin oder Lamotrigin
und schliesslich auch Spasmolytika wie z.B.
Baclofen. Bei schwerster Symptomatik kom-
men narkotische Analgetika in Frage, wobei
bei richtiger Indikation das Problem der
Abhängigkeit zu vernachlässigen ist. Wichtige
Regeln sind das regelmässige Dosieren, eine
Kombination mit Antidepressiva, das Vor-
aussehen einer Toleranz und das Festlegen von
klaren Richtlinien für die Patienten. Hier emp-
fiehlt sich z.B. der Einsatz von Methadon
3–4mal 20 mg pro Tag oder Fentanyl TTS
25–100

µ

g jeden zweiten Tag [58].

Bei der neurotoxischen Neuropathie treten die
Beschwerden erst nach mehreren Wochen un-
ter hochdosierter Therapie mit den nukleosid-
artigen Hemmern der reversen Transkriptase
auf (ddI >750 mg/d; ddC >2,25 mg/d). Der Be-
ginn der Beschwerden ist häufig akuter und ex-
plosiver als bei der HIV-assoziierten Neuropa-
thie, und es kommt auch zu einer Beteiligung
der oberen Extremitäten. Nach Therapiestop
können die Symptome noch während 3 bis 6
Wochen eskalieren [59].
Die Mononeuritis multiplex besteht in einer ty-
pischerweise fleckförmigen, asymmetrischen
sensorischen und/oder motorischen Neuropa-
thie eines oder mehrerer peripherer Nerven
[21]. Auch die Hirnnerven können befallen
sein, wo sich z.B. auch eine Heiserkeit bei
laryngealer Neuropathie findet. Im frühen Ver-
lauf der HIV-Infektion ist der Verlauf gutartig
mit guter Remissionstendenz, bei fortgeschrit-
tener HIV-Infektion mit CD4-Zellen unter 50
können Krankheitsbilder auftreten, die dem
Guillain-Barré-Syndrom oder einer progressi-
ven CMV-Polyradikulopathie gleichen. Histo-
logisch findet sich das Bild einer Vaskulitis, als
deren Ätiologie eine Infektion der Endothel-
zellen, Hepatitis-B- oder HIV-induzierte Im-

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Übersicht

Schweiz Med Wochenschr 2000;130: Nr 13

munkomplexe oder eine Dysregulation der
Zytokine und der Adhäsionsmoleküle disku-
tiert werden [60, 61]. Diagnostisch sollte da-
her wegen den therapeutischen Konsequenzen
eine Nervenbiopsie in Betracht gezogen wer-
den. Die Therapie besteht in der Verabreichung
von Steroiden oder Immunoglobulinen, even-
tuell muss auch eine empirische Therapie gegen
eine CMV-Infektion mit Ganciclovir erwogen
werden [61]. Differentialdiagnostisch kommt
auch eine Kompressionsneuropathie bei Bett-
lägrigkeit, Kachexie, eine Lymphominfiltra-
tion oder ein Kaposi-Sarkom in Frage.
Die CMV-Radikulitis, eine progressive Poly-
radikulopathie, erscheint vor allem im Spät-
verlauf einer HIV-Infektion mit CD4-Zahlen
unter 100. Damit verbunden sind häufig eine
Retinitis, eine Pneumonie und eine Gastro-
enteritis. Neben einer schlaffen Paraparese der
unteren Extremitäten mit sakralen oder ischias-
artigen Schmerzen kommt auch ein Befall der
Hirnnerven vor. Selten findet man ein thora-
kales Niveau. Sphinkterstörungen werden in

2

/

3

der Fälle berichtet. Klinisch ist eine Über-

lappung mit einer Mononeuritis multiplex
möglich, des weiteren müssen auch ein Cauda-
equina-Syndrom wegen Lymphominfiltration,
eine Neurosyphilis und andere infektiöse Ur-
sachen ausgeschlossen werden. Unbehandelt
zeigt diese Krankheit einen fatalen Verlauf mit
sehr hoher Mortalität. Typischerweise ergibt
die Liquoruntersuchung eine polymorphker-
nige Pleozytose mit bis zu 2000 Zellen, eine
Proteinerhöhung und eine tiefe Glukose. CMV-
Kulturen sind im Liquor in 50% negativ,
während die PCR mit über 80% eine hohe Sen-
sitivität aufweist. Die Behandlung besteht in
der Verabreichung von Ganciclovir oder Fos-
carnet, eine Stabilisierung oder Verbesserung
ist nach etwa 3 Wochen Behandlung zu erwar-
ten [62].
Kompressionsneuropathien bei Bettlägrigkeit
werden vor allem in Form einer Ulnarisneuro-
pathie am Sulcus ulnaris, einer Peronaeusneu-
ropathie, einer Meralgia paraesthetica oder
eines Tarsaltunnelsyndroms beobachtet. Hier
helfen vor allem entsprechende Schienung und
Polsterung.

Myopathien

Hierzu zählen die HIV-assoziierte Polymyosi-
tis, die toxische Myopathie bei AZT-Behand-
lung, die Pyomyositis, die Kardiomyopathie
und das Wasting-Syndrom bei fortgeschritte-
ner Aids-Krankheit. Die HIV-assoziierte Poly-
myositis
ist eine immunologisch vermittelte
Störung, die vor allem in der asymptomati-
schen Phase mit polyklonaler Hypergamma-
globulinopathie auftritt [63]. Man findet akute
proximale Paresen, eine Erhöhung der Kreati-
ninkinase bis zu 10mal über den Normwert,
eine Myalgie, welche jedoch weniger ausge-
prägt ist als bei der toxischen Myopathie. Elek-
trophysiologische Untersuchungen und die
histologische Untersuchung stützen die Dia-
gnose. Steroide führen zu einer Verbesserung
der Myalgie und der Kreatininkinase-Werte
[64]. Andere Therapieverfahren sind die Plas-
mapherese und die Immunoglobuline [65].
Die AZT-assoziierte toxische Myopathie ent-
steht nach langdauernder hochdosierter AZT-
Therapie mit Dosen um 1000 bis 1500 mg pro
Tag. In etwa 30% der AZT-Dauertherapien
sieht man diese schmerzhaften proximalen
Myopathien, welche mit einer CK-Erhöhung,
einem Gewichtsverlust und einem erhöhten Se-
rumlaktat einhergehen können. Das Absetzen
der Medikamente führt zu schneller Reduktion
der Myalgie innert einer Woche, die CK-Werte
normalisieren sich innerhalb von 4 Wochen
und die Paresen verbessern sich innert 8 bis 10
Wochen [66]. Zu einer Pyomyositits kommt es
durch lokalen Befall mit gram-negativen Bak-
terien oder Staphylokokken bei intravenösem
Drogenkonsum. Typischerweise liegt ein loka-
ler Schmerz mit lokaler Schwellung und Fieber
vor. Differentialdiagnostisch muss jedoch auch
eine Toxoplasmose des Skelettmuskels erwo-
gen werden [67]. Eine kongestive Kardiomyo-
pathie
kann bei fortgeschrittenem Aids-Leiden
zum Herzversagen führen. Neben einer direkt
HIV-assoziierten Myokarditis muss auch eine
toxische Genese bei langzeitiger Zidovudin-
Behandlung in Betracht gezogen werden [68].
Schliesslich sei noch das Wasting-Syndrom
erwähnt, welches möglicherweise mit einer
Myopathie zusammenhängt [69]. Die Muskel-
kraft bleibt proportional zur Muskelmasse er-
halten, die Kreatininkinase ist normal. Ursäch-
lich wird eine vermehrte Produktion von «tu-
mor necrosis factor» (TNF) diskutiert.

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Schweiz Med Wochenschr 2000;130: Nr 13

Fokale ZNS-Manifestationen der HIV-Infektion

Die häufigste fokale zerebrale Läsion des HIV-
Patienten ist die Toxoplasmose, gefolgt vom
primären zerebralen Lymphom und der pro-
gressiven multifokalen Leukenzephalopathie
[1]. Die klinische Unterscheidung ist oft schwie-
rig, sie kann aufgrund des zeitlichen Verlaufs,
der Bewusstseinslage, des Vorhandenseins von
Fieber und der Ausprägung der fokalen Aus-
fälle vorgenommen werden (Tab. 1).

Toxoplasmose

Die Toxoplasmose ist die häufigste Ursache ei-
ner fokalen neurologischen Läsion bei der
HIV-Infektion. Sie macht je nach geographi-
scher Lage bis zu 40% der neurologischen
Komplikationen bei der Aids-Krankheit aus
[70]. Der Erreger ist eine intrazelluläre Proto-
zoe, Toxoplasma gondii. Ungefähr 95% der
Fälle werden durch eine Reaktivierung einer la-
tenten Infektion bei Verlust der zellulären Im-
munkompetenz ausgelöst (normalerweise bei
einer CD4-Zellzahl <100). Es handelt sich ty-
pischerweise um eine fokale Störung bei einer
globalen Enzephalopathie mit Kopfschmerzen,
mentaler Veränderung oder Verwirrtheitszu-
ständen, wobei das enzephalitische Bild teil-
weise überwiegen kann. Am häufigsten sieht
man eine Hemisymptomatik, einen Hirnner-
venbefall, Gesichtsfeldausfälle, eine Aphasie
oder fokale Anfälle. Es kann auch ein Hirn-
stamm- oder Kleinhirnbefall vorliegen. Eine
Chorea ist beinahe pathognomonisch für eine
Toxoplasmose bei Aids-Patienten. Kompli-
zierend kann ein Panhypopituitarismus oder
ein Syndrom der inadäquaten Sekretion des
antidiuretischen Hormons (ADH) auftreten.
Schliesslich werden auch eine Myelitis, ein Ko-
nus-Syndrom oder ein erworbener Hydroze-
phalus beobachtet [71]. Die Diagnostik stützt
sich auf die zerebrale Bildgebung mit einzelnen
oder multiplen, teilweise ringförmig Kontrast-
mittel anreichernden Läsionen, welche schwie-
rig von einem ZNS-Lymphom abgrenzbar
sind. Der Liquor zeigt eine unspezifische Pleo-
zytose, eine Proteinerhöhung, positive Kultu-
ren in weniger als 40%, Antikörper gegen
Toxoplasma gondii mit einer Sensitivität und
Spezifität von 63 bzw. 68% und eine positive
PCR-Analyse mit einer Sensitivität und Spe-
zifität von 50–60% bzw. 97–100% [72]. Bei
fehlenden IgG-Antikörpern im Serum ist die
Diagnose einer zerebralen Toxoplasmose un-
wahrscheinlich. Schliesslich muss bei fehlen-
dem Ansprechen auf eine zweiwöchige Probe-

therapie die stereotaktische Hirnbiopsie in
Erwägung gezogen werden. Die Behandlung ist
Pyrimethamin und Sulfadiazin zusammen mit
Folsäure während 6 Wochen [73]. Die Pro-
gnose vor der HAART-Ära war ungünstig mit
einer Überlebenszeit von etwa 120 bis 260
Tagen, neuere Arbeiten berichten über eine
längere Überlebenszeit unter adäquater Toxo-
plasmosetherapie und HAART und stellen die
Sekundärprophylaxe im Fall einer Wiederher-
stellung der Immunlage in Frage [74].

Primäres ZNS-Lymphom

Das primäre ZNS-Lymphom ist ein Non-
Hodgkin-Lymphom, das in 2% aller Aids-Fälle
auftritt und in autoptischen Studien in bis zu
10% vorkommt. In 0,6% kann es die Erstma-
nifestation der Aids-Krankheit sein [31]. Es
manifestiert sich innerhalb von Wochen und
kann sowohl zerebrale oder intradurale fokale
als auch diffuse meningeale oder periventri-
kuläre Läsionen aufweisen. Die Klinik besteht
aus Verwirrtheitszuständen, Gedächtnisver-
lust, Kopfschmerzen, fokalen Defiziten, Anfäl-
len, Hirnnervenausfällen, und es kann eine Au-
genbeteiligung vorhanden sein [75]. Sehr häu-
fig besteht eine assoziierte EBV-Infektion, wel-
che mit einer Sensitivität und einer Spezifität
von 50 bis 100% bzw. 94 bis 100% auf das
primäre ZNS-Lymphom hinweist [72]. Die
Liquoranalyse zeigt maligne Zellen in bis zu
30% der Fälle. Bildgebende Verfahren zeigen
solitäre oder multiple, Kontrastmittel aufneh-
mende Läsionen mit Masseneffekt, die schlecht
abgegrenzt sind und die differentialdiagno-
stisch von der Toxoplasmose unterschieden
werden sollten. Eine Prädilektion besteht für
die Basalganglien, den Thalamus, das Corpus
callosum, die periventrikuläre Region und den
Kleinhirnwurm, es kann jedoch überall im
Zentralnervensystem auftreten. Die Rolle des
Thallium-SPECT und der Hirnbiopsie mit
ihrer relativ hohen Morbidität und Mortalität
für die Diagnosestellung ist noch nicht defi-
niert. Therapie der Wahl ist eine Ganzhirn-
bestrahlung dieses sehr strahlenempfindlichen
Tumors über 2 bis 4 Wochen. Die Prognose galt
vor der HAART-Ära als sehr schlecht mit einer
Überlebenszeit von einem Monat in unbehan-
delten und von 4 bis 6 Monaten in behandel-
ten Fällen [76]. McGowan und Shah haben
jedoch kürzlich über eine verbesserte Prognose
mit einer Langzeitremission unter adäquater
Lymphomtherapie und HAART berichtet [77].

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Schweiz Med Wochenschr 2000;130: Nr 13

Progressive multifokale
Leukenzephalopathie

Die progressive multifokale Leukenzephalo-
pathie (PML) ist eine opportunistische Infek-
tion der Oligodendrozyten, die zu einer ZNS-
Demyelinisierung führt. Verursacht wird sie
durch die Reaktivation des latent vorkommen-
den JC-Virus (Initialen des erstbeschriebenen
Patienten), eines doppelsträngigen DNA-Virus
aus der Papovavirengruppe. Die primäre In-
fektion findet in der Kindheit statt. Ungefähr
85% der Bevölkerung entwickeln im Alter von
9 Jahren Antikörper gegen das JC-Virus. Die
PML tritt normalerweise bei CD4-Zahlen
unter 100 auf. Ungefähr 4 bis 7% der HIV-
Infizierten entwickeln eine PML während der
Aids-Krankheit [78]. Die Klinik wird domi-
niert durch unspezifische oder fokal neurolo-
gische Defizite. Es finden sich eine progressive
Demenz, eine Hemisymptomatik, Dysarthrie,
Koordinationsstörungen und Anfälle. Ein Be-
fall der hinteren Schädelgrube liegt in einem
Drittel der Fälle vor. Die Bildgebung enthüllt
solitäre oder multiple fleckförmige, meistens
nicht Kontrastmittel aufnehmende Läsionen
an der Grenze von weisser und grauer Hirn-

substanz, vor allem parieto-okzipital. Der Li-
quor zeigt unspezifische Befunde mit einer
leichten Pleozytose (<10 Zellen), einer leichten
Proteinerhöhung oder oligoklonalen Banden.
Das JC-Virus ist im Liquor nicht kultivierbar,
intrathekale Antikörper sind nicht bekannt.
Die PCR-Analyse für das JC-Virus im Liquor
weist eine Sensitivität von mehr als 65% mit
falsch negativen Resultaten in 20–30% auf.
Die Spezifität der PCR-Analyse im Liquor ist
allerdings 92–100% [72]. Die Sensitivität wird
durch wiederholte Liquorpunktionen erhöht.
Diagnosesichernd bleibt letztlich die Hirn-
biopsie. Eine konventionelle Therapie existiert
nicht. Studien sprechen für eine Wirksamkeit
von intravenös und intrathekal verabreichtem
Cytarabin [79] oder von Cidofovir [80], das bei
der Behandlung der CMV-Retinitis anerkannt
ist. Die bisher einzige kontrollierte Studie von
Hall et al. sprach gegen die Wirksamkeit von
Cytarabin [81]. Die mittlere Überlebenszeit be-
trug vor der HAART-Ära ungefähr 4 Monate.
Clifford et al. berichteten jedoch kürzlich von
einer wesentlich verbesserten Prognose unter
HAART mit einer mittleren Überlebenszeit
von mehr als 46 Wochen [82].

Meningitiden bei einer HIV-Infektion

Aseptische Meningitis

Eine aseptische Meningitis tritt in 5–10% der
HIV-Patienten auf. Sie ist vor allem die Mani-
festation einer Serokonversion, wo sie in 30
bis 40% der Fälle im Zusammenhang mit
einem Mononukleose-ähnlichen Bild beobach-
tet werden kann. Der Liquor zeigt eine mässige
Pleozytose mit 20–80 Zellen/mm

3

und eine

leichte Proteinerhöhung [83]. Die Prognose ist
gut, selten kann eine chronische Form mit einer
persistierenden Pleozytose vorliegen.

Kryptokokken-Meningitis

Der Erreger dieser Krankheit ist Cryptococcus
neoformans
, ein nicht-kontagiöser, opportu-
nistischer Pilz, der zu einer Lungeninfektion
führen kann. Gelegentlich verursacht eine
hämatogene Dissemination einen Befall der
Meningen bei immunsupprimierten Indivi-
duen. 1,6% der Aids-Kranken entwickelten
1997 in der schweizerischen Kohortenstudie
eine Kryptokokken-Meningitis bei einer durch-
schnittlichen CD4-Zellzahl unter 200 [84]. In
25% kann sie die Erstmanifestation von Aids

sein. Neben den Zeichen einer Meningitis fin-
den sich eine kognitive Verschlechterung über
Wochen oder Monate, ein Hirnnervenbefall
mit Bevorzugung des II. und VIII. Hirnnerven
mit Blindheit und Taubheit. Ein erhöhter in-
trakranieller Druck mit einem Papillenödem
entsteht durch ein Hirnödem oder einen kom-
munizierenden Hydrozephalus. Die Diagnose
wird durch den Nachweis des Pilzes im Liquor
gestellt. Bildgebende Verfahren können normal
sein oder ein Enhancement der Meningen oder
eine Hirnatrophie zeigen. Gelegentlich zeigt
sich ein Kontrastmittel aufnehmendes Krypto-
kokkom. Der Liquor weist in mehr als 50%
einen erhöhten Eröffnungsdruck auf. Typisch
sind eine Pleozytose, ein normales Protein und
eine erniedrigte Glukose. Die Kulturen im
Liquor sind in 95% positiv. Die Antigen-
Bestimmung ist im Liquor in 91% und im
Serum gar in 99% positiv [85]. Die Therapie
besteht in einer intravenösen Behandlung mit
Amphotericin B und Flucytosin während 6 bis
8 Wochen [86]. Eine sekundäre Langzeitpro-
phylaxe mit Fluconazol muss wegen des hohen
Rezidivrisikos durchgeführt werden.

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Schweiz Med Wochenschr 2000;130: Nr 13

CMV-Meningoenzephalitis

Das Zytomegalie-Virus (CMV) ist ein DNA-
Virus der Herpesvirengruppe. Die primäre In-
fektion erfolgt entweder perinatal oder wäh-
rend der 2. bis 4. Lebensdekade. 80% der
Bevölkerung haben nach dem 40. Altersjahr
Antikörper gegen das CMV [87]. Bei immun-
supprimierten Patienten kommt es zur Reakti-
vation mit der Entwicklung einer Meningo-
enzephalitis oder einer Radikulomyelitis. Es
kommt zum Bild einer diffusen oder fokalen
Symptomatik mit einer subakuten Enzepha-
lopathie mit Verwirrtheitszuständen und
Apathie. Im Vergleich zur HIV-Demenz ist der
Verlauf schneller. Es finden sich Hirnnerven-
ausfälle und Anfälle, in 10% liegt eine Ventri-
kulitis mit einer kranialen Neuropathie, Ny-
stagmus und progressiver Ventrikelerweiterung
vor. Selten kommt es zum Hypopituitarismus.
Eine Hirnstammenzephalitis kann sich mit
einer internukleären Ophthalmoplegie, Tetra-
parese, Ataxie und Abduzensparese manife-
stieren. Eine Vaskulitis kann zur zerebralen
Ischämie, zu Subarachnoidalblutungen und
zur intrazerebralen Hämorrhagie führen [70].
Eine periphere multifokale Neuropathie oder
eine Polyradikulomyelitis kann zusätzlich mit
der CMV-Enzephalitis assoziiert sein [62, 88].
Bildgebende Verfahren können ein meningea-
les oder ventrikuläres Enhancement zeigen.
Der Liquor zeigt eine leichte Pleozytose, eine
diskrete Proteinerhöhung und eine vermin-
derte Glukose. Die Kulturen für CMV im
Liquor sind häufig negativ, man kann jedoch
eine intrathekale Produktion von Antikörpern
nachweisen; die PCR-Analyse im Liquor zeigt
eine Sensitivität und Spezifität von mehr als

80% [72]. Die Therapie ist Ganciclovir oder
Foscarnet, eine lebenslange Erhaltungstherapie
ist wichtig für die Rezidiv-Prävention [89].

Tuberkulöse Meningitis

Ungefähr 10% der Aids-Kranken sind auch
mit Tuberkelbakterien infiziert [90]. Alle
asymptomatischen HIV-Infizierten mit einem
reaktiven Tuberkulin-Test sollten eine Prophy-
laxe mit Isoniazid erhalten, da die Tuberkulose
hauptsächlich durch eine Reaktivation einer la-
tenten Infektion mit Mykobakterien entsteht.
Der Beginn der tuberkulösen Meningitis ist
subakut innerhalb von wenigen Wochen. Die
häufigsten Symptome sind Kopfschmerzen,
mentale Veränderungen, Fieber, fokale Aus-
fälle, Hirnnervenausfälle, im fortgeschrittenen
Stadium Koma. Gelegentlich tritt ein Hydro-
zephalus oder ein Syndrom der inadäquaten
ADH-Sekretion auf. Manchmal entwickelt
sich ein Tuberkulom, das fokale neurologische
Ausfälle bewirkt. Je nach Studie findet man in
50–64% positive Liquorkulturen, die Sensiti-
vität der PCR-Diagnostik im Liquor schwankt
zwischen 48 und 100% mit einer guten Spezi-
fität über 94% [72]. Andere immunodiagno-
stische Verfahren im Liquor wie Antikörper-
Bestimmung, Suche nach Mykobakterien-An-
tigen usw. zeigen wegen Kreuzreaktionen eine
tiefe Spezifität. Die Behandlung besteht in ei-
ner Dreier- oder Viererkombination mit Iso-
niazid, Rifampicin, Pyrazinamid und Etham-
butol während 3 bis 6 Monaten und einer Er-
haltungstherapie mit Isoniazid und Rifampicin
[73].

Neurosyphilis

Mit der Aids-Epidemie wird die Neurosyphilis
wieder vermehrt beobachtet, sie tritt bei den
HIV-Infizierten früher und häufiger mit dem
Bild einer syphilitischen Meningitis oder einer
meningovaskulären Syphilis auf [91]. Eine
akute syphilitische Meningitis manifestiert sich
innerhalb von 2 Jahren nach der Infektion mit
Kopfschmerzen, Meningismus und Hirnner-
venbefall (v.a. N. II und VIII), es kann eine My-
elitis oder eine Uveitis assoziiert sein. Die
meningovaskuläre Form tritt in bis zu 10 Jah-
ren nach der Infektion auf und zeigt sich mit
dem Bild eines zerebrovaskulären Insults. Die
Diagnose wird mit der Analyse des Serums und
des Liquors gestellt. Screening-Tests im Serum
sind der VDRL-Test (veneral disease research
laboratory) und der RPR-Test (rapid plasma

reagin), eine Bestätigung erfolgt mittels des
MHA-TP-Test (microtreponemal hemaggluti-
nation treponemal pallidum) oder des FTA-
ABS-Test (fluorescent treponemal antibody-
absorbed). Im Liquor wird die Neurosyphilis
mit einem positiven VDRL-Test nachgewiesen,
dessen Sensitivität bei HIV-negativen Patienten
zwischen 20 und 70% schwankt [72]. Andere
Verfahren wie die Treponema-pallidum-Häm-
agglutination (TPH) oder die Fluoreszenz-
Treponema-Antikörper-Absorption (FTA-Abs)
weisen im Liquor eine schlechte Spezifität
wegen Durchwanderung von Antikörpern
durch die Blut-Hirn-Schranke auf. Die PCR-
Analyse im Liquor für die Neurosyphilis ist mit
einer Sensitivität von weniger als 30% un-
genügend und daher keine Routinemethode.

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Übersicht

Schweiz Med Wochenschr 2000;130: Nr 13

Die Serologien können jedoch trotz histolo-
gisch nachgewiesener Lues negativ sein, so dass
eine Behandlung bei entsprechendem Verdacht

vorgenommen werden muss. Therapie der
Wahl ist Penicillin G [92].

Zerebrovaskuläre Krankheiten

Die Häufigkeit von zerebrovaskulären Krank-
heiten ist bei Aids im Vergleich zu HIV-negati-
ven Kontrollgruppen erhöht. Bei einigen Pati-
enten fand man autoptisch eine Vaskulitis, so
dass die zerebrovaskulären Krankheiten als di-
rekte Folge der HIV-Infektion und von Aids an-
gesehen werden. Embolische Ischämien entste-
hen aufgrund einer dilatativen Kardiomyopa-
thie, einer Endokarditis, einer Herzklappen-

krankheit und anderer Herzkrankheiten, die
bei Aids-Patienten häufiger vorkommen. Eine
andere Ursache sind die Antiphospholipid-An-
tikörper, welche bei Aids-Patienten vorkom-
men, die an transient ischämischen Attacken
oder zerebralen Infarkten leiden [93, 94].
Klinik, Diagnostik und Therapie sind gleich
wie bei HIV-negativen Patienten mit einem
Stroke.

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