Otokar II vs Rudolf


1. Vorwort:

Die geographische und darum auch politische, wirtschaftliche und kulturelle Nachbarschaft des böhmischen Staates und Österreichs hat einen sehr bewegten, spannenden, gegenseitig inspirierenden und befruchtenden Charakter und Ge-schichtsverlauf gehabt.

Das Gebiet der heutigen böhmischen und österreichischen Länder ist einst von keltischen Stämmen besiedelt worden. Später ist das Gebiet der heutigen österreichischen Länder und der südliche Teil des heutigen Mährens ein Bestand-teil des Römischen Reiches gewesen. Im IX. Jahrhundert ist das Gebiet des heuti-gen Österreichs ein Bestandteil Altmährens und später des Großmährischen Reiches gewesen.

Das Přemyslidenböhmen, ohne Mähren ist kirchlich und politisch auf Sachsen und Bayern orientiert gewesen. Erst im XI. Jahrhundert dank der Eingliederung Mährens in den Staat des böhmischen Herzogs Udalrich vertieft sich die direkte staatliche Nachbarschaft. Ab jetzt beginnen öfter die schriftlichen Quellen, die diese Kontakte dokumentieren, aufzutreten. In den Vordergrund tritt das nach Süden offene Mähren. Im Laufe der Zeit wurden die böhmischen Länder vom Gebiet des heutigen Österreichs regiert und umgekehrt.

Der erste intensive Kontakt zwischen den Přemysliden und den Babenbergern ist mit dem böhmischen Fürsten Bořivoj verbunden. Er hat Gerpirk, die Schwester Leopolds III. (des Heiligen), von Österreich geheiratet, und sein Vetter Lipold von Brünn hat dann die zweite Schwester desselben Leopolds, Ida, geheiratet. Eine der Früchte dieser Verbindungen ist das militärische Bündnis gegen Ungarn im Jahre 1118 gewesen, das große Verwüstungen der mit Ungarn benachbarten Regionen beider Länder beendet hat. Zu engen Familienkontakten ist es auch in den adeligen Kreisen, hauptsächlich in den Grenzregionen gekommen. Z. B. können die Kuenringer und Thürnhauer auf der österreichischen und die Witigonen auf der böhmischen Seite erwähnt werden.

Aber die Zeit der innersten und tieferen, in mancher Hinsicht schicksalshaften Nähe, sollte erst kommen. Das ist in mehreren Wellen geschehen, die von unter-schiedlicher Intensität gewesen sind. Die erste Welle beginnt zur Zeit nach dem Aussterben der Babenberger. Diesen Zeitabschnitt habe ich zum Thema meiner Diplomarbeit gewählt. Ich lebe nämlich im mährisch-österreichischen Grenzgebiet und habe eine enge Beziehung zum Ort in dem ich lebe, zu dessen Umgebung und dessen Geschichte. Die österreichische Hauptstadt Wien befindet sich eine Stunde Autofahrt von meinem Hause. Der Weg führt über das Marchfeld, auf dem sich eine der berühmtesten und auch schicksalhaften Schlachten des Mittelalters abspielte, in der der goldene und eiserne König, Přemysl Otakar II. von Böhmen und der deutsche König, Rudolf I. von Habsburg gegeneinander gekämpft hatten, und in der Přemysl II. gefallen war. Die Folgen dieser Schlacht hatten das Schick-sal so der österreichischen als auch der böhmischen Länder für lange Jahrhunderte beeinflusst.

Dieser berühmten Schlacht und den Persönlichkeiten der beiden Kontrahenten haben sich in der Vergangenheit mehrere böhmische, deutsche und andere Histo-riker und Chronisten gewidmet. Trotzdem es sich um dieselbe Schlacht und immer diejenigen Akteure handelt, unterscheiden sich die Historiker und Chronisten in der Beschreibung und Bewertung ihrer Leben, ihrer Persönlichkeiten und ihrer Bedeutungen sehr. Und nicht nur nach deren Nationalität, sondern auch nach der Zeit in der sie lebten.

Deshalb nahm ich mir als Ziel meiner Arbeit vor, festzustellen, was für Men-schen jene zwei Gestallten wirklich waren.

Ich habe viele Quellen durchgelesen. Es war nicht schwer Materialien über Přemysl Otakar II. zu besorgen, sei es tschechische oder ausländische, haupt-sächlich in deutscher Sprache geschriebene. Spürbar schwerer war es Materialien zu besorgen, die sich mit der Persönlichkeit Rudolf I. beschäftigen. Besonders schwer war es einige von tschechischen Autoren verfasste Bücher zu finden. Der Grund liegt höchstwahrscheinlich darin, dass die Habsburger in den böhmischen Ländern einen, nicht eben guten Ruf haben. Sie werden bis heute bei vielen Leu-ten als Unterdrücker tschechischer Nation, gewalttätige Rekatolisatoren, Usurpa-toren oder Germanisatoren wahrgenommen.

2. Einleitung

2. 1. Die Přemysliden

Přemysl Otakar II.,1 der fünfte böhmische König, ist ein Mitglied des Geschlech-tes der Přemysliden gewesen. Die Přemysliden sind ein altertümliches böhmisches Geschlecht gewesen. Einer Sage nach, hat Libuše (Libus), Tochter des Fürsten Krok, Přemysl Pflüger dazu berufen, sie zu heiraten und dadurch ein neues Ge-schlecht zu gründen. Das erste historisch beurkundete Mitglied des Geschlechts ist Fürst Bořivoj gewesen, der angeblich im Jahr 874 mit dessen Frau, Fürstin Ludmila im mährischen Veligrad von Erzbischof Method getauft worden ist. Das Přemysliden Geschlecht hat bei der Entstehung des böhmischen Staates im IX. - X. Jahrhundert gestanden, und es hat über die böhmischen Länder mehr als 400 Jahre geherrscht. Die Macht des Přemyslidenhauses hat langsam zuge-nommen. Sie haben nicht nur in der mitteleuropäischen Region, sondern auch in ganz Europa eine immer größere Rolle gespielt. Die Fürsten Vratislav II. im Jahre 1085 und Vladislav II. im Jahre 1125 haben sogar die Königswürde erreicht. Die erbliche Königswürde hat für das Přemyslidenhaus im Jahre 1212 durch die sog. Goldene Bulle von Sizilien Přemysl Otakar I. erhalten. Das Přemyslidengeschlecht starb am 3. 8. 1306 durch den Mord an Wenzel III. aus.

Die Přemysliden haben Böhmen und Mähren regiert, die damals zum Heiligen Römischen Reich gehört haben. Im Laufe der Zeit haben sie auch Schlesien, Po-len, das Egerland, Österreich, die Lausitz und andere Länder regiert. Ihre Macht haben sich die Přemysliden bemüht u. a. auch durch Heiratspolitik zu sichern und zu verstärken. Trotzdem ist es oft zu Kriegen gegen die Nachbarnländer um die Macht, den Boden und die Leute gekommen. Der Boden ist in der damaligen Zeit die Quelle des Reichtums und der daraus folgenden Macht gewesen. Die Erobe-rung des Grenzgebietes der Nachbarn hat auf der Tagesordnung gestanden.

__________________________________________________________________1 Přemysl Otakar ist die international übliche Schreibweise des Namens. Die Deutschen bezeichnen ihn oft Ottokar, die Tschechen wiederum Přemysl.

2.2 Die Habsburger

Römischer König, Rudolf I. (als der Habsburgische Graf Rudolf IV.), stammte aus dem Geschlecht der Habsburger. Die Habsburger herrschten jahrhunhdertelang über Österreich, Böhmen und Ungarn. Im 16. Und 17. Jahrhundert herrschten sie sogar in Amerika, Afrika und Asien. Was ihren Ursprung betrifft, die ersten be-kannten Vorfahren Rudolfs hießen Guntram, Radbot und Lanzelin. Graf Guntram der Reiche, (+973) und sein Sohn Lanzelin lebten auf der Altenburg zwischen Aare und Reuss. Radbot, einer der Lanzelins Söhne, soll um 1020 die Habichts-burg errichtet haben. Es war kein weitlaufiges, respektgebietendes Schloss mit Palast, Kemenaten und Ringmauern. Sie hatte nur einen schlichten Turm, der allein zur Verteidigung dienen sollte. Als der erste Habsburger, der öster-reichisches Gebiet betrat, gilt Otto, Radbots Enkel. Er begleitete den Kaiser Hein-rich V. auf einem Kriegszug gegen Ungarn.

Otto´s Nachkommen herrschten über wehrhafte Burgen und einträgliche Bauern-gehöfe. Sie wirkten als Klostervögte und Landgrafen im oberen Elsass.

Die Habsburger hatten gute Beziehungen zu den Staufern, der mächtigsten Fami-lie Schwabens. Die Staufer waren die Konstante ihres politischen Handelns und sie brachten ihnen meistens Vorteile. Im Schatten der Staufer kamen die Habsburger empor und waren bereit für diesen Aufstieg auch Opfer zu bringen. Sie gehörten jedoch nicht zu den reichsten Familien. Sie waren ein Adelsgeschlecht, wie es deren viele gab in Deutschland. Sie kämpften oder schacherten Güter. So schlugen sie sich durchs Leben. Die Habsburger hatten keine höheren Ambitionen, sie be-mühten sich nur, ihren Besitz in Schwaben und im Elsass zu erweitern.

Die Eigenschaften der Habsburger sollen Frömmigkeit, Gelassenheit im Unglück, eine gesunde Portion Habsucht, und Mut gewesen sein. J. Galandauer u. M. Honzík2 führen an: ,,Habsburgische Beharrlichkeit und Ausdauer ist sprichwört-lich. Sie konnten auf ihren Anlass warten. Sie überlebten glücklich die Hussiten-kriege im benachbarten Böhmen und überlebten auch die Luxemburger.“

__________________________________________________________________2 vgl.: ,,Osud trůnu Habsburského“ S. 25

3. Eigene Arbeit

3.1 Die Jugend von Přemysl Otakar

Přemysl Otakar wurde als der Zweitgeborene wahrscheinlich im Jahr 1230 geboren. Er war also um etwa 12 Jahre jünger als sein späterer Kontrahent Rudolf. Er hatte einen älteren Bruder Vladislav, der später zum Markgrafen von Mähren wurde, und zwei Schwestern: Božena (Beatrix) und Anežka (Agnes).

Bei der Erziehung der Söhne aus fürstlichem Hause hat es im 13. Jahrhundert an den europäischen Höfen wohl keine wesentlichen Unterschiede gegeben. Die Kleinkinder blieben bis zum fünften oder sechsten Lebensjahr in der Obhut der Mutter und ihrer Hofhaltung. Das Bildungsniveau der Fürstentöchter, die von eigenen Lehrmeistern in Gesang und Dichtung, religiösen Betrachtungen und der Herstellung kunstvoller Handarbeiten unterwiesen wurden, war zu dieser Zeit dem männlichen Nachkommen häufig überlegen. Deshalb besaßen aufgeweckte heranwachsende Söhne sicher die Möglichkeit, prägende Eindrücke aus der Geborgenheit im mütterlichen Hofstaat in die eigentliche Ausbildungszeit hinüberzuretten. Seit der Zeit Boleslavs II. haben die böhmischen Fürsten und Könige oft deutschsprachige Bräute geheiratet. Dadurch haben sich die dy-nastischen Beziehungen zu den deutschsprachigen Fürstenhäusern intensiviert. Auch die Ehefrau von Wenzel I., Přemysl Otakars Mutter, Kunigunde war keine Ausnahme, sie stammte von Staufen, ebenso wie der Kaiser Friedrich II. Dadurch wurde der deutsche Einfluss am Prager Hof stark ausgeprägt. Daher ist nicht auszuschließen, dass Přemysl Otakar neben Tschechisch, wenigstens passiv Deutsch lernte.

Přemysl ist als zweitgeborener Sohn durchaus für die geistliche Laufbahn bestimmt gewesen und daher hat er keine gründlichere Ausbildung als seine Altersgenossen erhalten. Im Přemyslidenhaus hatte die weitverbreitete Praxis eine gewisse Tradition, nachgeborenen in den geistlichen Rängen eine Sinekure mit ausreichendem Einkommen und politischen Aufstiegsmöglichkeiten zu verschaffen. Dies sollte auch Přemysls Schicksal sein. In Prag hat es zu dessen Zeit die Prager Kathedralschule für den böhmischen Priesternachwuchs und die Kollegiatsschule auf dem Vyšehrad gegeben. Eine dieser beiden Bildungseinrich-tungen könnte Přemysl besucht haben. Otakar ist fromm gewesen, hat die kirchlichen Vorschriften streng beachtet und an den Messfeiern und Beichte regelmäßig teilgenommen.

Er ist auch in den Fertigkeiten unterwiesen worden, deren Beherrschung nach den Vorstellungen der Zeit den wirklichen Ritter kennzeichneten. Seine große Aufmerksamkeit hat sicher die Perfektionierung im Reiten und Schießen, im Beizen und Falkenzähmen gefunden. Seine erworbene Geschicktlichkeit hat er im Kampfspiel vorgeführt. Přemysl hat auch dem Ideal der Treue und Beständigkeit, Ehre, das zur Vollkommenheit notwendige standesgemäße, ausgewogene Verhalten, verbunden mit der Bereitschaft das Leben für höhere Ziele, allen voran im Kampf um das Recht, in der Verteidigung der kirchlichen Belange und bei selbstlosem Eintreten für die Schwachen einzusetzen, nachgeeifert.

Auf Vaters Hof hat es für ihn die günstigsten Bedingungen gegeben, die führenden Vertreter der höfischen Lyrik und Spruchdichtung persönlich kennenzulernen und ihre Werke in sich aufzunehmen. Das Vorbild des Vaters hat später jedenfalls den eigenen Zugang zu Kunst und Kultur prägend beeinflusst.

Přemysl Otakars Aussehen: In der offizielen Hofchronik, den Annales Otakariani, erwähnt der Autor, unter anderem, dass: ,,Přemysl Otakar ein schlanker, nicht sonderlich großgewachsener Jüngling gewesen ist, von ,einnehmendem und edlem´ Aussehen, mit einem braungetönten Gesicht und einem kräftigen Brustkorb.“

Seine Freundlichkeit und Zurückhaltung wurden wohl ebenso geschätzt wie seine rasche Auffassungsgabe und ein breiter Wissensfundus, der ihn, obgleich er als schweigsam galt, auch in die Lage versetzte, seine Zuhörer mit beeindrucktender Beredsamkeit zu überzeugen.

Es ist nicht bekannt, ab welchem Alter Přemysl den Vater auf die Jagd oder bei seinen häufigen Umritten im Land begleiten durfte, ob und in welchem Ausmaß er bei Staatsgeschäften beteiligt war. Bei der Fülle der Ereignisse, die das Königreich Böhmen während der Jugendjahre Přemysl Otakars tangierten, ist anzunehmen, dass er früh mit politischen und militärischen Fragen, mit juri-stischen und sozialen Problemen, mit kirchlichen und kulturellen Angelegenheiten in Berührung kam.

3.2. Die Jugend von Rudolf

Rudolf, der zukunftige König der Römer, wurde am 1. März oder 1. Mai 1218 wahrscheinlich auf der Limburg geboren.

Man weiß nicht, wie Rudolf seine Kindheit verbrachte, wo er aufwuchs und was er lernte. Über seine ersten zwei Jahrzehnte schweigen die Quellen. Für seine Zeitgenossen war seine Gestalt nicht wesentlich, nicht wichtig. Welch ein Unterschied zu seinem berühmteren zukunftigen Kontrahenten Přemysl, über den man ziemlich viel weiß.

Was Rudolf in seiner Freizeit machte, die ihm übrig blieb, wissen wir nicht. Rudolf veranstaltete selten ein Turnier. Er stieg aber nicht in den Sattel und verfolgte das Kampfgeschehen von der Tribüne aus. Im Unterschied zu Přemysl Otakar, der persönlich auf dem Turnierplatz teilgenommen hat. In Rudolf´s nüchterner Seele gab es kaum einen Platz für schöngeistige Dinge. Er war fremd feinerer Bildung, den Dichtern wollte er nichts geben. Sie interessierten ihn nicht. Přemysl war ein Gönner von Kultur und Kunst. Die Habsburger Intentionen als Bauherren waren gering. Um die Architektur zu pflegen, die kostspieligste aller Künste, fehlten ihm ganz gewiss das Geld und wohl auch das rechte Verständnis. Es kam ihm nicht in den Sinn z. B. eine Kathedrale zu errichten. Er ließ nur ein Kloster erbauen. Er stiftete das Kloster in Tulln für die Dominikanerinnen, als Dank am Gott für den Sieg über Přemysl Ottakar. Přemysl stiftete im Unterschied zu ihm mehrere Kloster und viele Städte.3

Rudolf´s Aussehen: Der Chronist von Colmar schreibt: ,,Er war also groß gewachsen, sieben Fuß, schlank und hatte einen kleinen Kopf. Das Antlitz mag in jüngeren Jahren noch nicht so bleich gewesen sein, der Haarwuchs üppiger und ins Rötliche spielend. Dem hageren Gesicht gab die lange, nach unten gebogene

__________________________________________________________________3 Z. B. Kolín, Čáslav, Domažlice, Louny, Kadaň, oder Uherské Hradiště, Břeclav und Marchegg

Nase 4 - das charakteristsiche Aussehen. Er war stark und bei guter Gesundheit - und er war fromm.“

Seine Eigenschaften: Er war gewiss fromm. Nach seinen Zeitgenossen soll er ein inniger Verehrer der Jungfrau Mariä gewesen sein. Trotzdem er ab und zu ein Kloster angezündet hat, ist dies kein Widerspruch. Frömmigkeit und Grausamkeit schlossen einander in jener wilden Zeit nicht aus.

Dass Rudolf wie ein richtiger Habsburger habsüchtig war, beweist uns der Bischof von Basel. Als er die Nachricht von der Wahl Rudolf´s erhielt, soll er ausgerufen haben: ,,Lieber Gott, halte deinen Thron fest, sonst wird dieser Rudolf ihn dir nehmen.“

Den größten Teil seines Lebens verbrachte Rudolf am Oberrhein. Er ist entweder auf der Limburg, die damals den Übergang über den Rhein bewachte, der damals Deutschlands Strom, nicht Grenze war, oder auf der Habichtsburg aufgewachsen. Da die Burg wehrhaften Zwecken diente, müssen die dortigen Verhältnisse eng gewesen sein. Für Bequemlichkeit war da wenig Platz. Zumeist hauste man in enger Nachbarschaft mit Pferden, Hühnern und Schweinen. Es war nichts Angenehmes, unter solchen Umständen zu leben. Soweit man weiß, lebten die Habsburger lieber in ihrem Stadthaus in Brugg, an der Aare, unweit von Habichtsburg, als auf ihrer kahlen Stammburg.

Im Winter 1236 reiste Rudolf mit seinem Vater Albrecht an den Hof Kaiser Friedrichs II. nach Hagenau. Es ist höchstwahrscheinlich, dass Rudolf da seinen hohen Taufpaten zum ersten mal gesehen, und über den Kaiserhof gestaunt hat. Es ist ganz möglich, dass er an den staufischen Kriegszügen nach Italien und Öster -reich teilgenommen hat, bei denen er sich in der Welt umgesehen hat. Es lässt sich auch nicht ausschließen, dass der junge Rudolf mit dem Kaiser auf die Jagd zog und zuschauen durfte, wie Friedrich seine geliebten Falken steigen ließ, wie er das Verhalten dieser Vögel studierte und sich aufschrieb.5 In Friedrich´s Person konnte

__________________________________________________________________ 4 Taktvolle Chronisten haben sie als ,,aquileum nasum“, Adlernase, bezeichnet

5 Friedrich hat sogar ein Buch über die Falkenjagd verfasst.

Rudolf die abgrundtiefe, hinterlistige Grausamkeit sehen, oder den weltgewandten Staatsmann und Lenker vieler Reiche bewundern. Im Jahr 1239 ist Albrecht auf einer Kreuzfahrt ist Heilige Land gestorben. Dem ältesten Sohn Rudolf, der nicht viel über 20 Jahre alt war, hinterließ er ein stattliches Erbe und die Sorge für Mutter und vier unmündige Geschwister. Er wurde Herr über Grafschaften und Bauernhöfe, Ritter und Leibeigene. Rudolf konnte nun selbst entscheiden, planen, neigen wozu er wollte, und streben danach, wonach er wollte.

Der Kaiser ist in viele Probleme in Italien verstrickt und konnte sich um Deutschland nicht kümmern. Seine Macht wurde zugunsten der Fürsten immer geschwächt. Man konnte sich mehr auf das Schwert als auf Tinte und Federkiel verlassen. Diese Regel hat auch Rudolf begriffen. Er hatte sich bei seinen gräflichen Nachbarn umgesehen und fand, dass sie reicher sind als er.

Rudolf wird es mit Gewalt versuchen, reich zu werden. Er begann das Handwerk, die Nachbarn zu bekriegen, erfolgreich zu üben. Er strebte nach mehr und mehr. Es machte ihm viel Spaß die Erträge seiner Meierhöfe zu genießen, ihn lockte das Abenteuer. Er hat seinen Besitz oft mit List und Mord bis an sein Lebensende vermehrt. Das war aber nichts besonderes in jener Zeit, die Ritter waren in erster Linie Krieger und Mord oder Todschlag kamen häufig vor. Ein Anlass für einen Streit wurde rasch gefunden.6

Im Mai 1241 war Rudolf am Hofe Kaiser Friedrich´s in Faenza in Italien, um seine Reichslehen, vor allem die Landschaft im oberen Elsass von ihm persönlich zu empfangen. So erforderten es das alte Herkommen und die Satzungen des Reiches. Der Lehensmann nahm aus der Hand des Lehensherrn ein Banner entgegen als Symbol für die Rechte und Pflichten, in die er nun eintrat. Dies war eine Rechtsansicht, dass ohne eine solche Zeremonie, der Bewerber sein Anrecht auf das Reichslehen binnen Jahr und Tag verwirkt hatte.7

Im Jahre 1243 soll er in Basel zum Ritter geschlagen worden sein. Im Jahre 1245 _______________________________________________________________________________________________

6 Es waren z. B. ein paar Fässer Wein, ein strittiges Jagd - oder Weiderecht.

7 Dieses hat im Jahre 1273 Přemysl Otakar abgelehnt durchzuführen.

hat der Papst Innozenz IV. über den Kaiser den Kirchenbann verhängt8 und ihn abgesetzt. Das war bisher etwas nicht Gesehenes. Niemand war schuldig dem Kaiser zu gehorchen.

Dies haben mehrere deutsche Fürsten ausgenutzt und haben dem Kaiser den Gehorsam aufgesagt. Je schwächer die Zentralgewalt ist, desto stärker würden die Fürsten selber sein. Sie nahmen kaiserliche Regalien in Besitz, hoben Zölle ein, haben Burgen errichtet, wo es ihnen beliebte, oder gar eine reichsunmittelbare Stadt dem eigenen Territorium einverleibt.

Trotzdem Rudolf ein frommer Mann war, entschied er sich, dem Kaiser treu zu bleiben.9 Das brachte viele Probleme mit sich: kirchliche Strafen und Sanktionen, Einfall seiner päpstlichen Nachbarn und Schaden an Land und Leuten. Nachdem Friedrich II. im Jahr gestorben war,10 unterstützte der Habsburger seinen Sohn Konradin IV. in seinem Kampf gegen den Papst. Rudolf überfiel und plünderte Städte und Güter, die den päpstlichen Anhängern gehörten. Kein Wunder, dass der Papst ihn exkomunizieren ließ. Im Jahr 1254 starb Konradin und der Sieg neigte sich dadurch dem Papste zu.

Für Rudolf war es an der Zeit, Bilanz zu ziehen. Fast ein Jahrzehnt galt er für sein Einsetzen für die Staufer als Feind der Kirche. Er hat nun anerkannt, dass es keinen Sinn mehr hat, für Ideen zu kämpfen, Idealen nachzujagen, Illusionen zu nähren, die nicht zu verwirklichen sind. Er lehnte sie ab und begann für seine eigenen Interesse zu kämpfen, die ausschließlich im materiellen Bereich lagen. Die Staufer waren tot und Rudolf erkannte nun noch als letzte und einzige Autorität sich selbst an. Er fühlte sich allen Verpflichtungen los und ledig, keinem _______________________­___________________________________________

8 In jenen Gebieten durfte nirgends Gottesdienst gehalten werden, die Kirchenglocken blieben stumm, und kein Geistlicher waltete mehr seines Amtes. Kinder wurden nicht getauft, Ehen nicht eingesegnet, und die Sterbenden mussten ohne die Tröstungen der Kirche ihren letzten Weg antreten.

9 Wenzel I. neigte im Gegenteil zur Päpstlichen Seite

10 Friedrichs Tod bedeutete das Ende der kaiserlichen Gewalt. Nach seinem Tod ist die Kaiser-würde immer mehr eine bloß formale Angelegenheit.

Kaiser oder König mehr untertan. Er hatte die Herrschaften an Aare und Reuss, und die Landvogtei im Elsass im Besitz. Sie waren aber kein geschlossener Herrschaftsbereich. Das bildete die Grundlage für seine künftigen Unternehmen.

3.3 Österreich

Südlich von den böhmischen Ländern erstreckten sich die österreichischen Länder, die ein Bollwerk gegen den Osten bildeten. Sie wurden von dem letzten Babenberger Friedrich II. dem Streitbaren regiert. Die Babenberger haben mit ihrer Untertanen für Wohlstand und Prosperität allerhand geleistet. Wenzel I., Vater von Vladislav und Přemysl, wollte sie für das Přemyslidenhaus erwerben. Aber auch der Kaiser Friedrich II., wollte diese Länder für sein Haus gewinnen. Er hatte im Sinn diese strategisch so wichtigen Territorien den Nachkommen aus der Ehe seines Sohnes Heinrich mit Margerete von Babenberg zu verleihen. Deshalb hat König Wenzel dem Kaiser Friedrich das politische Einvernehmen gekündigt, und näherte sich langsam dem vom Papst geführten Lager an. Zu Wenzels Wende kam es vor allem auch deswegen, dass der Papst Gregor IX. im Jahre 1238 den abermaligen Bann über den Kaiser ausgesprochen hatte.11 Der päpstliche Legat Albert Behaim hatte in demselben Jahr einen Ausgleich zwischen König Wenzel und Herzog Friedrich dem Streitbaren vermittelt, wobei die böhmische Hilfe bei der Wiedergewinnung der österreichischen Länder mit der Abtretung der nördlich der Donau gelegenen Gebiete honoriert werden sollte.12 Wenzel bekam die Sperrfestung Laa an der Thaya in Besitz. Aber bedeutsamer war die Vereinbarung die Nichte des Herzogs und voraussichtliche Erbin Gertrud mit dem böhmischen Thronfolger Vladislav zu verloben. Herzog Friedrich der Streitbare war nämlich ohne legitime Erben. Für solch einen Fall sollte man die Bestimmung des Privilegium __________________________________________________________________

11 Zwischen dem Papst und dem Kaiser lief ein Kampf über die Herrschaft im Reich. Sie beide wollten zum Obersten im Reich werden. Darum haben sie alle ihnen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten benutzt, um den anderen zu besiegen. Die Reichsfürsten haben einmal zu jener, einmal zur anderen Seite geneigt, wie es für sie im angegebenen Moment günstiger gewesen ist. 12 Es ist nämlich oft zu Kämpfen zwischen Friedrich und Béla IV. von Ungarn gekommen.

minus13 benutzen. Die bisher Babenbergerischen Länder sollten an die Přemysliden kommen.

In den Jahren 1240-42 haben alle Zwiste wegen der mongolischen Streifzüge zeitweilig aufgehört. Die Mongolen plünderten Russland, Galizien, Schlesien, Siebenbürgen und Mähren. Besonders Mähren wurde durch Raub, Mord und Feuer fast vollständig verwüstet. Im Frühjahr 1242 kehrten die Tataren nach Zentralasien zurück. Im Jahr 1246 musste sich der Babenberger gegen einen ungarischen Angriff zu Wehr setzen. Am 15. Juni fand er den Tod in der Schlacht im Burgenland. Weil der Herzog kinderlos verstarb, war mit ihm das Geschlecht der Babenberger in direkter männlicher Linie erloschen. Es blieben aus dem Geschlecht nur seine Schwester Margarete, Tochter Leopolds VI., die seit 1242 verwitwet war,14 und die ledige Nichte Gertrud. Der älteste Sohn von König Wenzel I., Vladislav, schloss mit Gertrud eine Ehe und erlangte die jahrelangen böhmischen Versuche, Österreich in Besitz zu nehmen. Er wurde von einem Großteil des österreichischen Adels als neuer Herzog akzeptiert. Doch noch ehe er in Österreich wirklich Fuß zu fassen vermochte, verstarb er bereits am 3. Jänner 1247. Österreich fiel danach an den zweiten Gemahl Gertruds, Markraf Herman V. von Baden.15 Der unerwartete Tod des Thronfolgers bot nun dem zweitgeborenen Přemysl Otakar die Chance, sein Durchsetzungsvermögen und seine politischen Fähigkeiten unter Beweis zu stellen. Mit ihm betritt eine der eindruckvollsten Herrscherpersönlichkeiten des Mittelalters die europäische Szene, die er in den Folgejahren mit seinen weitgespannten Konzeptionen und konkreten Aktionen bedeutsam beeinflussen und umgestalten sollte.

__________________________________________________________________ 13 Das Privilegium minus hatte Kaiser Friedrich I. Barbarossa im Jahre 1156 an Herzog Jasomirgott verliehen. Durch das Privilegium wurde Österreich zum Herzogtum erhoben. Außerdem hatte es den Babenbergern auch die weibliche Erbfolge zugestattet. Es war aber strittig, ob dieses Prinzip auf die Schwester (Margarete) oder die Nichte (Gertrud) des Herrschers Anwendung finden könnte. Das Papstum hat den Erbanspruch von Gertrud verteidigt.

14 Ihr Gatte Heinrich war von dessen Vater Kaiser Friedrich II. wegen einer Revolte gegen ihn im Jahre 1235 gefangen genommen. Im Gefängnis kam er 1242 zu Tode.

15 Herman v. Baden starb 1250

3.4 Přemysl in Mähren

Nach dem Tod seines Bruders Vladislav wurde Přemysl Otakar von König Wenzel I. zum Markgrafen von Mähren erhoben und in dieses durch die Folgen des Mongoleneinfalls und die ständigen Konflikte mit Österreich und Ungarn schwer gezeichnete Land entsandt. Die schweren Zerstörungen im Lande erforderten gebieterisch den raschen Wiederaufbau der Städte, Klöster und Kirchen sowie die Ansiedlung neuer Bürger und Bauern.

Der junge Markgraf musste in den nächsten Monaten sein besonderes Augenmerk diesen Aufgaben widmen. Er konnte keine Aufmerksamkeit der Entwicklung in Österreich widmen, wo sowohl Margarete als auch Gertrud unter Berufung auf das Privilegium minus das Erbe Friedrichs des Streitbaren für sich beanspruchten. Přemysl reiste durch seine Markgrafschaft, lernte ihre Probleme kennen und ergriff gezielte Maßnahmen zur Konsolidierung des Landes.

König Wenzel gab sich seit 1245 immer ungezügelter seiner Jagdleidenschaft und einem ausschweifenden Lebenswandel hin, widmete sich den Regierungsgeschäften nicht. Die Verwaltung des Landes überließ er seinen Favoriten, die sich schamlos bereicherten, und keine Anstalten trafen, gegen die zunehmende Rechtlosigkeit und die Besitz, Gewerbe und Handel bedrohenden Übergriffe einzelner Ritter und organisierter Räuberbanden einzuschreiten. Der hohe Klerus auch Přemysl wandte sich vom König ab. Der Konflikt König - Adel brach im Frühjahr 1248 offen aus, als sich große Teile der Herren weigerten, sich an einem Zug nach Österreich zugunsten der Bewerberin Gertrud zu beteiligen, den König Wenzel I. nach massiven Vorstellungen Papstes Innozenz IV. angeordnet hatte. Přemysl scheint den Aufstand weder ausgelöst noch sich an-fangs aktiv an der Revolte beteiligt zu haben. Als er aber sah, dass den Aufständischen fast kampflos große Teile Böhmens zufielen, Wenzel sich weitgehend untätig mit seinem kleinen Anhang auf Schloss Klingenberg (Zvíkov) am Zusammenfluss von Moldau und Ottawa zurückzog und nur wenige Burgen in königlicher Hand verblieben, (Elbogen / Loket, Pfraumberg / Přimda, Brüx / Most) ließ er sich überreden, offen gegen den Vater vorzugehen. Am 31. Juli 1248 ließ er sich in der Prager Burg von der ghibellinisch gesonnen Adelspartei zum rex iuvenus Boemorum - jüngeren König wählen. Wenzel warb das Heer an und es gelang ihm, seinen Sohn zu besiegen und ihn am 20. September auf der Burg Pfraumberg gefangenzusetzen. Aber bereits am 17. November 1248 wurde Přemysl wieder als Markgraf von Mähren in Brünn erwähnt. Zwischen dem Vater und dem Sohn herrschte nun ein enges Einvernehmen; der Sohn war zugleich der letzte Erbe im Mannesstamm der Přemysliden. 1250 gab sich Wenzel I. wieder stärker seiner Jagdleidenschaft hin und zog sich weitgehend aus dem tages-politischen Geschäft zurück. Diese Haltung eröffnete Přemysl Otakar die willkommene Möglichkeit selbst in Böhmen souveräne Regierungsakte zuvollziehen.

3.5. Regnum Ottocarianum

Nach dem Tod seines Bruders Vladislav, am 3.Jänner 1247, hat Přemysl die Kontakte zu den im mährisch-österreichischen Grenzgebiet ansässigen österreichischen Herren nicht abgerissen und die Entwicklung im Nachbarland mit Aufmerksamkeit verfolgt. Für die österreichischen Länder interessierten sich aber auch Ungarn, Bayern und andere. Am 13. Dezember 1250 starb Kaiser Friedrich II, der in einer letztwilligen Verfügung seinem Enkel Friedrich, dem Sohn Heinrichs VII. und der Margarete von Babenberg, die Herzogtümer Österreich und Steiermark als Lehen zugedacht hatte. Doch Friedrich kam bereits im Folgejahr zu Tode. Ende Jänner 1251 zog Přemysl nach Bayern. Da Otto von Bayern nur geringen Widerstand leistete, konnten die Verbände des Markgrafen ganz Niederbayern durchstreifen. Otakars Truppen haben geplündert, gesengt und gebrannt und anderen Schaden angerichtet. Die schon zum zweiten Mal verwitwete Herzogin Gertrud lehnte es ab, sich nach dem päpstlichen Wunsch zu vermählen. Dadurch verlor sie die Gunst der Kirche. Die für Österreich und Steiermark zuständigen Bischöfe auch die österreichischen Landesstände, die den Abbruch der ungarischen und der bayerischen Einfälle den böhmischen diplomatischen und militärischen Interventionen zu denken hatten, entschieden sich, Přemysl zum Herzog zu erheben. Mit einem beträchtlichen Gefolge überschritt er im November 1251 die böhmisch-österreichische Grenze und zog mit einer stetig wachsender Zahl östterreichischer Herren als Begleitung die Donau entlang in Richtung Wien. Die auf dem Weg liegenden Städte und Burgen öffneten sich. Er schlug in der alten Wiener Herzogsburg seine Residenz auf. Es gelang ihm den Adel, die Geistlichkeit und die bedeutendsten Städte, Wien und Wiener Neustadt, auf seine Seite zu ziehen und die wenigen verbliebenen Anhänger seiner ehemaligen Schwägerin Gertrud zu isolieren. Um die Regierung zu legitimieren, heiratete Přemysl Otakar mit auffäliger Eile bereits im Februar 1252 die ehemalige römische Königin Margarete. Damit legte er den Grundstein zu jenem regnum Ottocarianum. Er bereitete langsam seinen Plan der Inbesitznahme von der Steiermark vor. Aufgrund des Privilegiums minus erklärte Papst Innozenz IV., dass die beiden Herzogtümer rechtmäßig in den Besitz der Neuvermählten übergegangen seien. Přemysl musste sich verpflichten, jederzeit der römischen Kirche beizustehen und seinen neuen Herrschaftsbereich von König Wilhelm zu Lehen zu nehmen. Přemysl Otakar hat dies versprochen, aber der Auflage, sich beim machtlosen Wilhelm von Holland um die Belehnung mit Österreich und der Steiermark zu bemühen, ist er jedoch nicht nachgekommen. Das zeigte sich später ein fataler Fehler gewesen zu sein.

Seine Gemahlin Margarete war um 25 Jahre älter als er. Sie konnten auf keine Nachkommen hoffen. Přemysl hat mit seiner Eheschließung mit Margarete nur einem Zweck verfolgt: die österreichische Herrschaft zu gewinnen und abzu-sichern. Aussagekräftige Zeugnisse über das Zusammenleben und die Bezie-hungen der Ehegatten zueinander fehlen. Nach dem Chronikbericht des Pulkawa,16 war Margarete zeugungsunfähig. Přemysl nahm bereits 1252 ein Mädchen, wahrscheinlich aus dem Geschlecht der Kuenringer,17 zur Geliebten, die ihm neben drei Töchtern auch einen Sohn, den späteren Herzog Nikolaus von Troppau gebar. Zu jener Zeit widersprach es nicht, neben einer kirchlichgültigen Ehe mehrere freie Verbindungen zu haben.18 Die Übergangene Herzogin Gertrud, _______________________________________________________________________________ 16 Přibík Pulkawa war ein Chronist im XIV. Jahrhundert

17 Kuenringer: ein niederösterreichisches Geschlecht

18 Der Papst hat sogar seine Zustimmung erteilt, damit ihre Kinder als anständige Erben anerkannt worden wären. Jedoch nicht für die königliche Würde.

Nichte Friedrichs II., die weiterhin den Titel ducissa Austrie et Stirie führte, verbündete sich jetzt mit dem Ungarnkönig Béla IV., dessen Schwager Roman von Galizien sie 1252 in dritter Ehe heiratete. Béla IV. sah Gertruds Ansprüche als einen willkommenen Vorwand, seine aktive Westpolitik fortzuführen. Přemysl musste sich in die Steiermark begeben. Die von Béla aufgebotenen umherschweifenden Kumanenverbände waren in Přemysls Ländern, wo sie schwere Menschenverluste und beträchtliche Sachschäden verursachten. Am Karfreitag, dem 3.April 1254 kam es zur Aufteilung der Steiermark. Béla IV. erhielt den Teil südlich der Wasserscheide des Flusses Mur, während Přemysl den nördlichen Teil der Wasserscheide erhielt.

3.6. Das Interregnum

Bischof Bruno von Olmütz, ein kluger, verständiger Mann, stellte die Verhält-nisse im Heiligen Römischen Reiche folgenderweise dar:

,,Deutschland war in viele kleine Einheiten zersplittert. Von einem einheitlichen, straff organisierten Staatswesen konnte man gar nicht reden. Norddeutschland begann eine Hansa zu bilden, ein Stück weiter östlich unterwarf der Deutsche Ritterorden die heidnischen Preußen und kolonisierte das Land um Danzig und Königsberg, im Südosten regierte Přemysl Otakar II. sein gewaltiges Reich und kümmerte sich gar nicht darum, wer sich in Deutschland gerade König nannte.“

Die Verhältnisse in Deutschland waren nach dem Tode Kaiser Friedrich II., am 13. Dezember 1250 sehr verworren. Es gab keinen Herrscher mehr, der das Recht geschützt, den Frieden gewärt hätte. Der König Wilhelm von Holland (1248-56) vermochte sich nicht durchsetzen. Nach ihm gab es im Reich sogar zwei Könige, die von verschiedenen Fürstenkliquen erwählt und zur Machtlosigkeit verdammt wurden. Der eine, Alfons von Kastilien (1257-84), war ein gelehrter Mann. Er kam nie nach Deutschland. Er erließ nur papierene Proteste und Manifeste, mit denen er noch mehr Verwirrung stiftete. Der andere, Bruder des englischen Königs, Richard von Cornwall, (1257-72) fand nicht allgemeine Anerkennung, zog nach England zurück und überließ Deutschland sich selbst. In Deutschland herrschte überall Willkür, Gewalt und Anarchie.

Kein Kaufmann mehr war seiner Habe und seines Lebens sicher, die Klöster fürchteten sich vor den Überfällen ihrer ritterlichen Nachbarn und die Bauern lebten im Elend, weil ihre Felder verwüstet und ihre Hütten niedergebrannt waren. Es galt das Faustrecht des Stärkeren. Jeder konnte tun und lassen, was er wollte, solange er nicht einem Mächtigeren in die Quere kam. Jeder Fürst, Graf, Ritter, Herr oder Bischof, der ein paar Bewaffnete hatte, wurde zum Rauber und bemühte sich seinen Nachbarn um jedes strittige Recht, um jede Ackerkrumme, um jeden Zipfel Land zu bestehlen. Der Grund dafür war einfach, Grund und Boden waren zu jener Zeit die einzige Quelle des Reichstums. Wer es zu etwas bringen wollte, der musste Land besitzen. Je mehr, desto besser, mit vielen Leibeigenen, hörigen Bauern darauf. Gab es irgendwo ein paar Friedfertige, dann mussten sie sich ihrer Haut wehren, wenn sie ein Interesse hatten, dass ihr Besitztum ungeschmälert erhalten blieb. Die Sitten verwilderten, immer weniger Leute ernährten sich von redlicher Arbeit. Straßenräuber ritterlichen und nichtritterlichen Standes, beherrschten das trostlose Bild, das Deutschland in jenen Tagen bot. Auch Rudolf von Habsburg hat sich auch in jenen wilden Jahren bereichert, wobei seine Mittel nicht immer rechtens waren und schon gar nicht moralisch einwandfrei.

3.7. Krieger Rudolf

Auch Rudolf hat in jenen verworrenen Jahren der Zwischenzeit unzählige Fehden ausgefochten, wie andere Fürsten und Grafen. Es galt das Recht des Stärkeren, der Schwache blieb auf der Strecke. Diesen Verhältnissen hat sich auch Rudolf angepasst. Er war ein typischer Vertreter dieser wirren Zeit des Zwischenreiches. In seiner Person spiegelten sich Vorzüge und Schwächen seiner Zeit wider: Grausamkeit, Habsucht und skruppelloser Egoismus, jedoch auch Heldentum, Bereitschaft sich zu überwinden, nüchterner wacher Sinn für die Erfordernisse des Lebens. Seinen Rivalen hatte der Habsburger voraus, dass er meist klüger war als sie, bisweilen aber auch weitaus skrupelloser.

Das Privatleben des Habsburger´s

Im Jahre 1253 oder 1254, mit 35 Jahren, hat Rudolf geheiratet. Mit diesen Jahren wurde einem großen Herrn empfohlen, eine Familie zu gründen und für legitime Nachkommenschaft zu sorgen. Er hatte bereits einen unehelichen Sohn, Albrecht von Schenkenberg, er musste jedoch natürlich auch legitime Erben haben. Seine Braut, die etwa 15 jährige Gertrud von Hohenberg soll ein ,,schönes und holdseliges Fräulein“ gewesen sein. In Verlauf von 20 Jahren ihrer Ehe sind dutzend Kinder zur Welt gekommen.

Im Frühjahr 1260 kam es zum Konflikt zwischen den Straßburgern und ihrem Bischof, Walter von Geroldseck. Er plante ein mächtiges geistliches Fürstentum am Oberrhein zu bilden, die Straßburger wollten ihm nicht mehr unterliegen, sondern wollten eine freie Reichsstadt werden. Es kam zum Krieg zwischen dem Bischof und der Bürgerschaft. Rudolf nahm an dem Krieg auch teil. Dafür erhielt er die Oberhoheit über die Städte Colmar, Mühlhausen und Kaisersberg. Nach dem Recht sollte er sie an das Reich zurückgeben. Er behielt sie lieber für sich selber, ohne den König um die Belehnung aufzufordern. Přemysl hat das selbe mit den Alpenländern gemacht, er wurde aber im Gegensatz zu Rudolf, dafür bestraft .

Im Jahr 1264 starb Hartmann von Kyburg, der Onkel von Rudolf. Rudolf nahm gewaltsam in Besitz, was ihm sein Onkel versprochen hatte. Trotzdem Rudolf einen heiligen Eid geschworen hatte, Besitzungen seiner Tante Margareta nicht anzutasten, hat er sich an ihrem Wittum vergreift. Dem ritterlichen Ideal, Witwen und Waisen zu schützen, war er weit entfernt. Er verlässt sich lieber auf sein schar-fes Schwert als auf scharf geschliffene juristische Argumente. Nicht nur durch die-ser Erbschaft, sondern auch durch energisches Handeln am rechten Ort und zur rechten Zeit hat der Habsburger seinen Machtbereich binnen weniger Jahre ver-doppelt und legte dadurch den Grundstein zu seinem und seines Hauses Aufstieg. Seine Nachbarn bekamen Angst vor seinem unersättlichen Landhunger. Was haben aber alle die Gebiete im Vergleich zu der Herrschaft von Přemysl Otakar bedeutet? Er hatte zu jener Zeit bereits sein regnum Ottocarianum gebildet.

3.8. Rex feereus et aureus

Am 22.September 1253 starb Wenzel I. an den Folgen eines Jagdunfalls. Přemysl Otakar übernahm die Regierung in Böhmen und musste jetzt, gerade 20 Jahre alt beweisen, ob er die Fähigkeit besaß, sein Reich zu verteidigen und ihm eine zeitgemäße feste Basis zu geben. In der Zwischenzeit konnte Přemysl Otakar ungehindert am Ausbau seines Reiches wirken.

Přemysl hatte in seiner Umgebung diejenigen Herren, die aktiv bei seiner Berufung mitgewirkt und seine Herrschaftsübernahme erleichtert hatten. Unterstützt während seiner mehrmonatigen Abwesenheit konnte sich Přemysl auf diese Herren ganz verlassen. Im ersten Regierungsjahrzent vergab Přemysl Otakar die Landesämter in Österreich ausschließlich an Mitglieder des einheimischen Adels. Durch die Bestätigung alter und die Vergabe neuer Privilegien machte sich Přemysl die Landesklöster und - stifte geneigt. Österreich war in der zweiten Jahreshälfte 1254 pazifiziert und Přemysl konnte sich dem Ausbau seiner Herrschaft in Böhmen widmen.

1255 nahm Přemysl an dem Kreuzzug mit dem Deutschen Orden gegen die heidnischen Preußen teil. Die Kreuzritter gründeten dort eine Burg, die sie zu Přemysl Otakars Ehre castrum de Coningsberg in Sambia, Königsberg in Preu-ßen,19 nannten.

Im Jahre 1260 hatte Přemysl in der Schlacht bei Groißenbrunn auf dem Marchfeld auch als Kroissenbrunn erwähnt) den Ungarnkönig Béla IV. besiegt und vernichtet. Jetzt konnte er endlich den steirischen Herzogstitel führen. Um den Frieden zu sichern, suchte Přemysl eine dynastische Verbindung zu Béla IV. Papst Urban IV. stimmte im Herbst 1261 der Scheidung von Margarete zu. Přemysl heiratete statdessen noch im Oktober in Pressburg eine Enkelin des ungarischen Königs, Kunigunde (Kunhuta). Als Roman von Galizien gesehen hatte, dass er keine Chancen hat, sich in Österreich durchsetzen zu können, verließ er seine Frau Gertrud und ihren gemeinsamen Sohn Friedrich und kehrte nach Ungarn zurück. Im Jahre 1261 wurde Přemysl zum König gekrönt. Er hieß nun __________________________________________________________________

19 Heute Kaliningrad in Russland

rex Boemorum. Přemysl Otakar II. bemühte sich, durch großzügige Gnaden-beweise und die Bestätigung von Privilegien die vorbehaltlose Unterstützung der Kirche zu gewinnen. Danach zögerte er nicht, gegen diejenigen Herren vorzu-gehen, die unrechtmäßig Krongüter in Besitz genommen hatten. Er hatte den für eine straffe Regierunsführung unverzichtbaren Kronbesitz ohne Rücksicht auf den Rang der Betroffenen eingezogen. Přemysl Otakar regierte nicht von einem Ort, aber er hielt sich in allen seinen Hauptländern, in Böhmen, Mähren und in Öster-reich auf. Auf seinem Hof war so der böhmische als auch der österreichische Adel vertreten. Die Einhaltung guter Beziehungen zwischen dem König und dem Adel war eine Bedingung der weiteren Existenz des Staates in seinem großen Bereich. Diese Aufgabe war aber schwerer als der Herrscher zugab. Nicht nur der öster-reichische, sondern auch der böhmische Adel erwarben wirtschaftlich und politisch immerhin eine bedeutsamere Stelle. Zum Ende von Přemysls Regierung kam es sogar zu einem großen Widerstandskampf des Adels.

Přemysl widmete sich der Stiftungstätigkeit. Er war sich der Bedeutung des unmittelbaren Besitzes von Grund, Menschen, Burgen und Städten als Quellen des Reichstums und der Macht bewusst. Er gründete z. B. die Städte Marchegg, Budweis, Königsberg. Er nützte darum die verlaufende große Kolonisationswelle . Während seiner Regierung wurde der Grundrahmen der königlichen Macht gebildet. Die königlichen Städte wurden zu wirtschaftlichen Stützen. Die wurden von erfahrenen deutschen Kolonisten, Geschäftsleuten, aber auch Lokalhand-werkern kolonisiert. Die Städte bildeten ein planmäßig gebautes Verwaltungs - und Verteidigunssystem. Sie waren eine Quelle von großen Einkünften, stabilisierten die königliche Macht und Autorität des böhmischen Staates im Ausland. Weitere Stützen der königlichen Macht waren die Burgen, die das Herrscherseigentum und Interesse schützten. Der Ausbau von königlichen Domänen und Städten geriet von Zeit zur Zeit in Konflikte mit den Interessen des Adels, der oftmals von den günstigen Orten verdrängt wurde, und kam um den Boden, auf den der Herrscher Anspruch aufgehoben hatte. Dadurch geriet Přemysl in immer größere Streitigkeiten mit Adelsinteressen.20 Gegen den gemeinsamen Adelswillen hatte auch selbst der mächtige Přemysl keine Chancen.

3.9 Erste Probleme von Přemysl Otakar

An der Neige der 60-er Jahre beginnt der zweite Zeitraum der Regierung von Přemysl Otakar II., der durch weiteren Machtaufstieg, aber auch durch die ersten Schattenseiten in den Beziehungen zum Adel charakterisiert ist. Die starke könig-liche Macht braucht nun den Adel scheinbar weniger als früher. Es kommt auch zur Interessenentfremdung zwischen dem König und den Witigoten.

Im Jahre 1268 hatte Ulrich Spannheimer, Herzog von Kärnten in einem Vertrag von Poděbrady Přemysl Otakar als seinen Erben bestimmt, ohne Rücksicht auf den berechtigten Anspruch seines Bruders Philip zu nehmen. Ein Jahr später nach dem Tod Ulrichs, entbrannte zwischen Přemysl und Philip der Kampf um diese Länder.

Das Prestige von Přemysl wurde durch diese raubgierige Expansion beschädigt. Es hatte eine neue Kriegswelle gegen Ungarn begonnen, die wesentliche Opfer auf beiden Seiten forderte und keinen eindeutigen Sieger hatte, obwohl der Böhmen-könig aktiver war. Schließlich ist Přemysl zum Besitzer der Spannheimischen Länder geworden, aber ohne zuverlässige Rechtssicherung von dessen Nachbarn und dem Reiche, und ohne hinreichende Unterstützung des einheimischen Adels. Seine Macht reichte allerdings bis zur Adria und wurde auch von einigen norditalienischen Städten anerkannt.

In Deutschland verlief inzwischen ein ganz unterschiedliches Verfahren, und zwar eine Überwindung der Epoche des Interregnums. Fürsten, Reichsstädte und Kirche bemühten sich die anwachsenden Schwierigkeiten zu beseitigen, die sich aus der Abwesenheit der kaiserlichen Autorität für das Machtgleichgewicht in Mitteleuropa ergaben, unter anderem auch gegen die böhmische Expansion.

______________________________________________________________________________20 Erklärung zur Seite 20: In Südböhmen stiftete er in der Mitte des Witigonenbesitzes die Stadt Budweis und das Kloster Vyšší Brod (Hohenfurt) und Zlatá Koruna (Goldkrone), was den Witigonen nicht gefallen hat.

3.10. Die Königswahl

Im Jahr 1272 starb einer der Schattenkönige, Richard von Cornwall. Der andere, Alfons von Kastilien war vergessen. Der Papst Gregor X. musste die Kurfürsten energisch auffordern, endlich einen König zu wählen. Er brauchte nämlich einen Kaiser, der die ganze Christenheit vereinigen und einen Kreuzzug zur Befreiung des Heiligen Landes leiten wurde. Sollten die Kurfürsten dieser Aufforderung nicht nachkommen, dann werde der Papst selbst einen geeigneten König auswählen. Weil die Fürsten keinen Pfaffekönig wollten, begannen sie schnell zu handeln. Im Jahre 1273 hatte in Frankfurt die Wahl des deutschen Königs stattgefunden. Es gab einige Fürsten die sich gern aufs Haupt die Reichskrone gesetzt hätten. Z. B. der mächtige Böhmenkönig. Přemysl brachte nicht ohne Aussicht auf Erfolg zeitweilig sich selbst als den würdigsten Kandidaten ins Spiel. Jedoch der Papst Gregor X. (1271-76) hat sich gegenüber der Werbung Otakars taub gestellt. Er sah keinen Grund, warum man das Imperium einem Slawen überantworten soll, wenn es genug deutsche Fürsten gäbe.

Auch die Kurfürsten wollten den Böhmenkönig nicht. Er war den anderen zu mächtig. Vorbei wäre es mit all der schönen fürstlichen Libertät gewesen, wenn erst der Böhme mit harter Hand über ganz Deutschland regiert hätte. Er hatte unlängst in der Steiermark die Burgen der unzufriedenen Adeligen gebrochen und einen der Aufführer sogar hinrichten lassen.

Ein anderer Kandidat, Ludwig von Wittelsbach, war für die Fürsten auch zu mächtig und zu reich. Ein weiterer Kandidat war Philipp, der Sohn des frommen Königs Ludwig von Frankreich, er würde dem französischen König gehorchen.

Die sieben Wähler waren unter sich nicht eins. Keiner von den Kandidaten hatte die Chance, zu dem König gewählt zu werden. Angeblich der Burggraf von Nürnberg stellte den Namen Rudolf von Habsburg zur Diskussion. Rudolf war den Kurfürsten nicht unbekannt. Seine Kriegstaten forderten Respekt. Für die Wahl Rudolfs sprachen etliche Gründe:

Er war nicht so mächtig wie der Böhmenkönig, so dass er die kurfürstliche Libertät kaum würde gefährdern können. Außerdem war er, schon ein Mann von 55 Jahren, ein Alter, das damals viele gar nicht erreichten. Mann hat erwartet, dass er bald stirbt. Er war also eine Kompromisslösung, ein Übergangskandidat, der jetzt einmal ein paar Jahre unter der Aufsicht der Kurfürsten sein Glück versuchen sollte. Wählte man einen jüngeren zum König, würde man mehrere Jahrzehnte mit ihm auskommen müssen. Bei Rudolf schien die Natur der Dauer seiner Regierung engere Grenzen zu setzen. Es war nicht abzusehen, dass er fast zwei Dezennien Zeit haben würde, um seine Herrschaft zu konsolidieren.

Zu jener Zeit hat Rudolf gegen den Baseler Bischof Krieg geführt. Es ist ihm fast gelungen, Basel zu erobern, jedoch das Schicksal wollte es anders. Um 20. September erscheint Burggraf Friedrich von Nürnberg in Rudolfs Lager mit dem Angebot von Kurfürsten, das Amt des Königs zu übernehmen. Rudolf hat dieses Angebot ohne Zögern angenommen. Er schließt mit dem Bischof einen Waffenstillstand. Der Bischof kann es kaum fassen.

Die Wahl hatte jedoch eine Bedingung: Rudolf sollte seine Töchter mit dem Pfalzgrafen bei Rhein und dem Herzog von Sachsen verheiraten. Diese Bedinung hatten ihm die Kurfürsten gestellt, um ihn leichter lenken zu können. Sie wollten nämlich einen König, der ihnen das in der Zeit nicht eben rechtlich erworbene Reichsgut nicht wieder strittig machte. Als königliche Schwiegersöhne brauchten sie keine Angst zu haben. Den mächtigen Böhmen sollte er in die Schranken weisen, sie, die Kurfürsten, aber in Ruhe lassen.

Am 1. Oktober wurde also Rudolf von Habsburg zum rex Romanorum gewählt. Der hagere, asketische Habsburger verkörperte plötzlich die Sehnsucht Tausender und Abertausender nach Frieden und einem geordneten Zusammenleben. Es spielte nun keine Rolle mehr, dass er selber dazu beigetragen hatte, dass diese Zeit so schrecklich war. Am 24. Oktober 1273 ist er in Aachen feierlich gekrönt wor-den. Sofort beim Krönungsmahl gab es erste Probleme. Es ist kein Schenker einge-troffen. Das Schenkenamt gehörte nämlich dem Böhmenkönig, der den neuen König nicht anerkannt hatte. Přemysl fühlte sich durch diese Wahl sehr gekränkt, weil sie dessen Wahlstimme auch Autorität ignoriert hatte.21 Der Schenker wurde natürlich durch einen anderen Fürsten ersetzt, jedoch Rudolf wurde daran erinnert, dass sein Königtum nicht nur begeisterte Zustimmung, sondern auch erbitterte Feindschaft hervorrufen wird.

Rudolf war kein absoluter Herrscher in Deutschland. Er konnte kaum wesent-liches ohne Willen der Kurfürsten unternehmen. Seine finanizielle Basis war schmal. Mit einigem Recht durfte der Böhmenkönig über den ,,armen Grafen“, den ,,der Bettelsack“ drückte, sprechen. Seine schwäbischen und elsässischen Territorien konnten für einen Grafen genügen, sie konnnten aber die gewaltige Mittel, die ein König brauchte, nicht aufbringen. In der Zeit der Wirren waren alle einträglichen Dinge dem Königtum verlorenggangen.22 Längst hatten sich die Herren angeeignet, was dem Reich zustand. Das erste Ziel des neuen Königs war daher die Revindikation, Rückforderung, des entfremdeten Reichsgutes. Dem Reiche sollte wieder alles zufallen, was zu ihm im Jahr 1245 gehört hatte. In diesem Jahr ist Friedrich II. ein rechtsmässiger Herrscher gewesen, darum konnte niemand die Rechtsgültigkeit solcher Revindikation anzweifeln. Das Habsburger Königtum sollte ein neuer Anfang, eine Wende zum Besseren werden. Das Volk jubelte ihm zu, doch diese anfängliche Begeisterung hielt nicht lange vor. Rudolf brauchte Geld, darum hat er den Reichsstadten die Steuern hinaufgesetzt. Er hat eine neue, Vergnügunssteuer aufgeschrieben. Jeder sollte 3% von seinem Vermö-gen abliefern. Das verdross die Reichen gewaltig. Die Widerstände wuchsen.

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21 Erklärung zur Seite 20: Die Wahl des römischen Königs verlief im XIII. Jahrhundert folgenderweise:

Über den neuen König hat eine Versammlung von 7 Wählern, die Kurfürsten genannt wurden, entschieden. (Vom deutschen Wort küren = wählen) Vier von den Wählern waren Personen des weltlichen Standes: der Böhmenkönig, der Pfalzgraf vom Rhein, der Herzog von Sachsen und der Markgraf von Brandenburg. Drei Kurfürsten waren geistlichen Standes: die Erzbischöfe von Trier, Köln und Mainz.

Es ist oft passiert, dass die Kurfürsten nicht zu einer eindeutigen Entscheidung kamen und sich der eigenen Meinung nach in zwei Gruppen teilten, von denen jede Gruppe deren Favoriten durchsetzte. Daraus entsprangen schwere Konflikte.

Die Teilnahme des böhmischen Königes, dem bei dem Krönungfestmahl des römischen Herrschers seit 1114 die Ehrenfunktion des Reichsmundschenkenamtes gehörte, zeugt von der wichtigen Stellung des böhmischen Staates.

22 Die Regalien, die Zölle, Mauten und Ungelder, Reichsgüter

3.11. Der Revidikationsprozes

Der ganze Abschnitt des Interregnums wurde als rechtlich strittig kundgegeben. Mit der Rückforderung hätte der neue König am besten bei seinen eigenen Schwiegersöhnen anfangen sollen. Sie hatten nämlich einen erheblichen Teil auf die Seite geschafft. Der neugewählte König tat es natürlich nicht. Er wandte sich lieber dem Osten zu. Er war seinerseits verpflichtet, die Frage des seit bald 20 Jahren entfremdeten Reichslehengutes der ehemals babenbergerischen Länder, für deren Inanspruchnahme der böhmische König nur die schriftliche Belehnung König Richards vorweisen konnte, umgehend zu lösen. Diese Verpflichtung deckte sich zudem mit einem der Hauptpunkte seines politischen Programms der Revindikation, also der Rückgewinnung der im Interregnum dem Reich entfremdeten und verlustig gegangenen Güter und Rechte. König Přemysl kümmerte sich weder um den Revindikationsbeschluß noch um die Aufforderung, zur Belehnung zu erscheinen.

Im Jahr 1273 stand der Böhmenkönig auf dem Machtgipfel. Sein Reich, erstreckte sich von dem Riesengebirge bis an die Gestade der Adria. Dieses Reich hätte niemals entstehen können, hätte in Deutschland ein starker König geherrscht. Wie Přemysl, als auch Rudolf haben sie die Schwäche der Reichsgewalt zu ihren Gunsten genutzt. Jedoch hatte Přemysl Pech, weil Rudolf, nun das Reichsoberhaupt war und nicht umgekehrt. Rudolf wartete, bis die einjährige Frist nach seiner Wahl, während deren Přemysl zu ihm kommen sollte und er die Alpenländer von ihm als Lehen übernehmen sollte, ablief. Dann hat er einen Reichstag nach Nürnberg einberufen. Da wurde beschlossen, dass er, weil er über Jahr und Tag die Belehnung vom römischen König nicht eingeholt hatte, aller Reichslehen verlustig ging. Außerdem wurde der Böhmenkönig für den Januar nächstens Jahres nach Würzburg vorgeladen. Dies war eine bloß formelhafte Prozedur, weil niemand damit rechnete, dass er da wirklich erscheint. Přemysl hat nur erklärt, dass er diese Länder, die Rudolf von ihm begehrt, besitzt , und Rudolf wird sie nie besitzen. Die Zukunft zeigt jedoch, wie tief er sich geirrt hat. Sein Standpunkt war aber verständlich. Immer schon hatte Ottokar lieber auf die Macht vertraut als auf das Recht und naturgemäß auch recht behalten, solange seine Macht intakt war. Rudolf entschied sich, der Lösung der österreichischen Frage zu widmen. Er begann geheime Verbindungen zu den österreichischen und steierischen Adeligen, das harte Joch der böhmischen Herrschaft abschütteln wollten, anzubauen.

Die Bürger und Bauern fühlten sich unter Přemysls strengem Regime wohl, die Adeligen jedoch nicht. Und diese Adeligen, nicht die Bürger waren der bestimmende Faktor. Dazu noch, hausten die Böhmen in der Steiermark und Kärnten wie eine Besatzungsmacht. Die steirischen Herren waren grimmig entschlossen, das böhmische Joch bei nächster Gelegenheit abzuschütteln. Die Österreicher waren gemäßigter, jedoch auch sie erhofften sich vom deutschen König ein bequemeres Leben. Sie wollten wieder Burgen nach Belieben bauen dürfen und da und dort an einem Wegzoll mitkassieren. Das alles konnte dem Rudolf eigen sein. Přemysl war einerseits wirklich grausam, anderseits förderte er in seinen Ländern den Wohlstand, er sorgte für Sicherheit und war ein Mäzen von Kunst und Wissenschaft, ein Freund von Poesie und Minnesang.23 Während die fleißigen und gehorsamen Bürger mit dem straffen Regiment zufrieden sein konnten, erschien es den Adeligen immer drückender und unerträglicher. Vor etwa Zwanzig Jahren hatten sie ihn ins Land gerufen, nun wollten sie ihn gern loswerden. Obwohl Přemysl bei den Adeligen verhasst war, war er in den Städten beliebt. Die Bürger waren ihm dankbar, dass im Land durch seine strenge Regierung Ordnung und Sicherheit herrschten. Přemysl hat jeden Aufstand mit härtester Brutalität geschlagen. Der Hass, der stets angewachsen war, kam Rudolf zugute, er hat jedoch den Aufständischen außer trostreichen Worten nichts geboten.

3.12. Erster Krieg

Rudolf war entschlossen, streng nach den Regeln des Lehensprozesses vorzugehen. Für den Mai 1275 hatte er den Böhmenkönig unter Androhung der __________________________________________________________________

23 Als im Jahr 1276 drei Feuerbrünste Wien fast völlig einäscherten, schenkte Ottokar der Bürgerschaft einen Wald, verlieh ihr einen zusätzlichen Markt und befreite sie für fünf Jahre von allen Steuern und Abgaben.

Acht nach Augsburg geladen. Er hat mittels seines Boten ausrichten lassen, dass Rudolf im Kirchebann gewesen sei und darum die Wahl nicht rechtsgültig sei. Daher habe Přemysl von Rudolf keine Befehle zu erhalten, ja die Kurfürsten hätten den Habsburger gar nicht wählen dürfen. Der Habsburger war fest entschlossen, den verhassten und großmütigen Přemysliden in die Knien zu zwingen. Dem Böhmenkönig wurden seine Reichslehen Böhmen und Mähren aberkannt, dazu, Österreich, Steiermark, Kärnten, Krain, die Windische Mark und das Egerland als dem Reiche heimgefallenes und entfremdetes Gut. Ferner verlor Otakar sein Reichsschenkamt und damit die Kurwürde.

Přemysl hörte auf den König geringzuschätzen und begann ihn tief zu hassen. Rudolf wusste gut, dass er Přemysl nur mit Hilfe der deutschen Fürsten brechen kann. Er begann mit ihnen zu verhandeln, um einige Verbündeten zu gewinnen. Er hatte damit viel zu tun und es war natürlich nicht umsonst. Er musste sie auf verschiedene Art und Weise bestechen. So gewann er Schritt für Schritt neue Alliierte. Es gelang ihm auch, den Ungarnkönig Ladislaus, den Kumanen24 auf seine Seite zu ziehen. Er hat ihm vorgeschlagen, den Böhmen in die Zange zu nehmen und ihm von Osten und Westen zu zermahlen. Ladislaus, einen heimtückischen, listigen und veschlagenen Mann, störte es nicht, dass er ein Jahr davor dem Přemysl versprochen hatte, ihn gegen alle Feinde zu unterstützten, und wechselte die Partei.

Am 24. Juni 1276 verhängt Rudolf die Aberacht über Přemysl.25 Dem Přemys-liden wurde der Reichskrieg erklärt. Schließlich ist über ihn auch der Kirchen-bann verhängt worden, und das regnum Ottocarianum verfiel dem Interdikt. Rudolf hat mit seinen Freunden einen Angriffsplan entworfen. Der Plan sah drei Schwerpunkte vor:

Im Norden sollte Rudolf selber gemeinsam mit dem Pfalzgrafen von Rhein gegen __________________________________________________________________

24 Seine Mutter war eine heidnische Kumanin

25 Niemand durfte ihm helfen, ihn beherbergen, Essen geben. Solch ein Mensch war vogelfrei. Er durfte von jedermann getötet von niemandem geschützt werden. Seine Frau galt als Witwe, seine Kinder als Waisen.

den Böhmen vorgehen, im Süden Graf Meinhard das benachbarte Kärnten und die Steiermark besetzen. Ein drittes Kontingent, vom jungen Albrecht von Habsburg gefürt hatte in das von den Verteidigern entblößte Österreich einzudringen. Die Zeit war knapp, die Vorbereitungen haben sofort angefangen. Ottokar hat nicht gezögert und traf auch seine Vorbereitungen. Er sammelte seine Streitkräfte bei Tepl, südlich von Eger. Er kannte sich hier sehr gut aus., wusste um die Schwierigkeiten des Geländes Bescheid, das schier undurchdringliche Dickicht der Wälder. Er fühlte sich ganz sicher und vergnügte sich an den Freuden der Jagd und ahnte nicht, dass sein Gegner seine Dispositionen plötzlich von Grund auf geändert hatte. Der goldene König erkannte nicht die Zeichen der Zeit und überschätzte seine Macht.

In der Zwischenzeit hatte der klug kalkulierende Rudolf sein Heer nicht zuletzt auch mit bayerischer Hilfe verstärkt und nahm schließlich den Kriegszug gegen den Böhmenkönig auf. Přemysl unterschätzte, dass sich die Entwicklung gefährlich gegen seine Domäne wendet. Er vertraute auf dessen Kriegs - und Wirtschaftsmacht, die Rudolfs unmittelbare Möglichkeiten überragte. Selbstbewusst lehnte er Rudolfs Autorität ab, (er sandte ihm sogar einen Bettelsack), obwohl nicht nur mehrere Fürsten im Reich, aber auch böhmische politische Anhänger (brandenburgische Askanen) Rudolf als König anerkannten. Unter diesen für Přemysl ungünstigen Umständen trat König Rudolf im Jahre 1276 gegen ihn in den Krieg. Rudolf ist nach außen als ein Beschützer der Reichsrechte und Landesfreiheiten aufgetreten. Das hat ihm große Popularität unter dem deutschen Adel verliehen. Přemysl hat einen Strafzug nach Böhmen erwartet, aber Rudolf, der mit den Bayern vereinbart war, hat unerwartet das Donaubecken angegriffen. Am 1. September 1276 erhob sich Rudolf von Nürn-berg nach Süden, der Donau entgegen. Er stieß seinen Feldzugsplan um und marschierte nach Österreich und hatte dort den Adel als Befreier auf seine Seite. In Regensburg hat sich sein Heer eingeschifft. Er selber zog auf dem Landwege am rechten Ufer donauabwärts. In Passau sind Rudolf neue Kontingente seiner Alliierten zugezogen. Aus Kärnten und der Steiermark sind gute Nachrichten gekommen. Schon Mitte August war Graf Meinhard und dessen Bruder Albrecht in Kärnten und Krain einmarschiert. Sie fanden fast keinen Widerstand vor. In der Steiermark erhob sich der Adel wider die böhmische Tyrannei. Nur die Städte Graz und Judenburg versuchten vergebens Widerstand zu leisten. Die Adeligen haben die böhmischen Besatzungen vertrieben. Die Steiermark, Kärnten und Krain sind für das regnum Ottocarianum endgültig verloren. König Ottokar sieht in seinem Lager bei Tepl hilflos zu, wie sein Reich auseinanderfällt. Er hatte es vor, von hier aus Rudolf in der Flanke zu fassen. Stattdessen muss er sich nach Süden wenden um dem Habsburger den Weg nach Österreich abzuschneiden, während die österreichischen Adeligen von ihm abfallen und in Rudolfs Lager wechseln. Ottokar kam zu spät. Er kam am 6. 10. in Freistadt, einen Tagemarsch nördlich von Linz an, das Rudolf einen Tag früher bereits besetzt hat. Přemysl entschloss sich, nach Wien zu ziehen, dessen Bürger ihm gewogen waren. Dort soll die Entscheidung fallen. Der Weg ist jedoch durch Rudolfs vorausschauende Dispositionen versperrt. Přemysl muss mit seinem Heer durch die dichten Wälder Südböhmens nach Drosendorf ziehen, von dort durch das Marchfeld nach Wien. Seine Truppen müssen einen Marsch durch unwegsames Gebiet erdulden. Dies hielt sie aber nicht ab, unterwegs zu plündern. Inzwischen setzt Rudolf seinen Siegeszug durch Österreich fort. Er reist auf bequemerer Straßen als sein Gegner, die Donau stromabwärts nach Enns, Ybbs und Tulln, begeistert empfangen vom Adel, der ihm seine Burgen öffnet. Es wurde die Befreiung Österreichs von der böhmischen Tyrannei gefeiert. Unterwegs auf dem kahlen Lande hausten die Befreier in furchtbarer Weise. Die Gegend von Enns soll vollständig verwüstet worden sein, die Ernte vernichtet. Viele Leute starben an Hunger. Zwei Könige in ihrem Wettlauf nach Wien zogen eine blutige Spur hinter sich her. Rudolfs Route nach Wien war kürzer und bequemer als die von Ottokar. Aber knapp vor dem Ziel stand auf einem Hügel die Hoffnung Ottokars, die Stadt Klosterneuburg. Es war Festung und geistliches Zentrum in einem. Die Stadt versperrte den Zugang nach Wien. Přemysl konnte doch noch den Wettlauf nach Wien gewinnen. Vor Ottokars Hauptheer zog Bischof Bruno von Olmütz, um die Besatzung zu verstärken. Seine Ankunft war avisiert, und als in der Tat eine kleine Reiterschar vor der Stadt auftauchte, wurde sie von der Besatzung eingelassen. Man hielt sie nämlich für die Vorhut des Bischofs. Es waren jedoch Ritter des Pfalzgrafen Ludwig, die die Wächter überwältigten und dem Pfalzgrafen mit seiner Hauptmacht freien Zugang verschafften. Rudolfs Weg nach Wien war frei. Wien ließ den Mann aus Schwaben nicht ein. Rudolf musste trachten, die Stadt so rasch wie möglich in seine Gewalt zu bekommen, die ihm, dem römischen König, trotzig den Zutritt verweigerte. Den Wienern war es gut gegangen unter König Ottokar, sie hatten keinen Grund, eine Änderung der Regierung herbeizuwünschen. Sie hatten ihre Stadt mit Energie und Tatkraft verteidigt. Rudolf lagerte gegenüber dem Kärtner Tor bei dem Dorfe Wieden.26

Seine Kräfte reichten nicht aus, um Wien wirksam zu blockieren. Der Winter stand schon vor der Tür und die Nahrungsmittel wurden knapp. Darum hatte er keine Zeit, die Festung aushungern zu können. Das schwergeprüfte Wien unlängst von den Feuerbrünsten und jetzt von den Fackel des Krieges heimgesucht, hielt trotzdem mehr als einen Monat tapfer aus und wartete auf den Böhmenkönig, der in der Nähe war. Der lagerte auf dem Marchfeld bei Gänserndorf, einen halben Tagesmarsch entfernt, aber konnte nicht helfen. Sein Heer befand sich in Auf-lösung. Österreichische Ritter schlichen bei Nacht und Nebel davon und wechselten in Rudolfs Lager. Manche böhmische Herren zogen lieber heim. Am schwersten war Ottokar durch den Verrat der mächtigen Wittigonen und Riesemburger betroffen. In Südböhmen brach ein Aufstand aus und bedrohte Ottokar im Rücken. Der Führer der Wittigonen, Zawisch von Falkenstein, fühlte nun die Chance, die rivalischen Přemysliden zu besiegen und selber zum böhmischen König zu werden. In solch einer Situation konnte Ottokar Wien nicht helfen. Im Gegenteil, das Heer des römischen Königs wuchs von Tag zu Tag an. Es waren die Überläufer gekommen, Zuzüge aus Kärnten, aus der Steiermark, und die Ungaren standen unweit. Dennoch fühlte sich Rudolf noch nicht stark genug. Zwischen Rudolf und Ottokar entstand eine eigenartige Pattstellung. Ganz Österreich nördlich der Donau stand unter Přemysl´s Kontrolle. Wien lag als Brückenkopf zwischen beiden Kontrahenten. Es blieb ihnen nichts anderes übrig, als Verhandlungen zu beginnen. Das Verhandlungergebnis klang so: Přemysl hatte auf Österreich, Steiermark, Kärnten und Krain, Reichsstädte Parderone und Eger verzichten müssen. Dafür belehnte ihn Rudolf mit dem Königeich Böhmen und der Markgrafschaft Mähren. Der Přemyslide behielt noch die Kontrolle über Niederösterreich nördlich der Donau, als Mitgift der Habsburgertochter. Es wurde __________________________________________________________________ 26 Heute der 4. Wiener Gemeinde Bezirk

eine Wechselheirat zwischen einer Tochter Rudolfs und Ottakars Sohn Wenzel. Umgekehrt wird des Habsburgers Sohn Hartmann die Tochter des Böhmenkönigs, Kunigunde ehelichen. Die Stadt Wien wurde von dem römischen König in Gnaden aufgenommen, und ihre Freiheiten und Rechte wurden anerkannt.

Am 25. November begab sich Přemysl ins Rudolfs Lager. Da nahm er seine Lehen in Empfang. Sein ganzes Leben ist er seinen eigenen Weg gegangen, nur seinem eigenen Willen gefolgt und hat andere zum Gehorsam gezwungen. Jetzt musste er die Überlegenheit eines Stärkeren anerkennen. Ottakar musste mit gebrochener Seele und gekrümmten Knien um Verzeihung bitten. Am nächsten Tag ratifizierten sie gemeinsam den Friedensvertrag. Rudolf sicherte zu, die bis-herigen Freunde der Přemysliden zu schonen. Přemysl musste zurück nach Böhmen ziehen, Rudolf zog in Wien ein, dessen Bewohner ihm mit Feindschaft gegenüberstanden.

3.13. Ein trügerischer Frieden

Weder der stolze Böhmenkönig, noch Rudolf waren bereit, sich mit solch einer Sachlage abzufinden. Sie beiden bereiteten sich auf eine endgültige Entscheidung vor. Sie waren entschlossen, die Situation bei nächster Gelegenheit zu ihren Gunsten zu revidieren. Wären sie in der rechten Form gewesen, hätten sie wohl schon 1277 wieder Krieg miteinander geführt. Jedoch Ottakar hatte die Rebelion der Wittigonen niederzuschlagen, und Rudolf musste trachten, seine Herrschaft in dem eroberten Österreich zu festigen. Rudolf versuchte die Sympatien bei dem Adel wie beim Bürgertum durch verschiedene Privilegien zu gewinnen. Er erklärte Wien wieder zur freienReichsstadt, und wählte es zu seiner Residenz. Die Gunst der Wiener gewann Rudolf aber nicht. Den reichen Handelsherren, den Bürgern und Handelswerkern war es gutgegangen unter Přemysl. Sie sahen keinen Vorteil in dem radikalen Umsturz der Verhältnisse. Die Wiener empfanden die Anwesenheit Rudolf als Belastung denn als Auszeichnung. Manche arbeiteten ins geheim daran, die Herrschaft des Böhmenkönigs in Österreich zu restaurieren.

Die Autorität Přemysl Otakars´ war durch die Rebellion erschüttert. Es war nicht klar, ob sich auch andere Geschlechter der Rebellion nicht angeschlossen hätten, und ob der König von seinem eigenen Adel zur Kapitulation gezwungen worden wäre. Der heimliche Aufstand konnte aber kein durchdachtes Programm gehabt haben. Er war vor allem eine Reaktion auf die königliche Politik, die die führenden Geschlechter des Landes isoliert und ihre Besitze gefährdet hat. Das Versagen des Prinzips der Treue war jedoch in der gegebenen Situation ernst. Der rebellische Adel hat wenig Rücksicht auf die augenblickliche Bedürfnisse des böhmischen Staates genommen. Im Jahre 1277 hat Přemysl den Aufstand unterdrückt. Rudolf forderte Přemysl auf, die Wittigonen wieder in ihre alten Rechte einzusetzen. Sie zählten zu Rudolf´s ,,Dienern und Helfern“ und nach dem Abkommen vom Mai 1276 musste Přemysl sie freisprechen. Es interessierte Rudolf gar nicht, dass diese südböhmischen Herren gegen den rechtmäßigen König gekämpft hatten. Jede Möglichkeit, den gefürchteten Přemysliden zu schwächen, war ihm willkommen. Der Forderung ist der Böhmenkoenig natürlich nicht nachgekommen. Boresch von Riesemburg ist für den Verrat hingerichtet und sein Besitz konfisziert worden. Zawisch von Falkenstein ist ins Ausland geflüchtet.27­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­

3.14. Suche nach Verbündeten

Im Reich liefen Gerüchte über eine Verschwörung gegen den König, die im November ein großes Ausmaß erreichten. Dem Böhmenkönig wurde von mehreren Chronisten ein von großzügigen Geldschenken begleitetes Werben für seine Sache und gegen Rudolf unterstellt. Für ihn bot sich hier ein erfolgversprechender Ansatz, um Sympathisanten und vielleicht sogar aktive Mitstreiter zu gewinnen.

Rudolf belehnte seine Söhne mit geistlichen Lehen in Österreich und der Steiermark. Das wurde als Vorstufe für die endgültig Machtübernahme des Hauses Habsburg aufgefaßt. Das im Adel wenig populäre Bündnis mit dem ungarischen „Erbfeind“, die strenge Landfriedenspolitik, sowie Reibereien und Eifersüchteleien zwischen den mit Rudolf ins Land gekommenen und offensichtlich von ihm ______________________________________________________________________________ 27 Zawisch wurde von Přemysls Sohn Wenzel II. 1290 als Verbrecher hingerichtet werden.

bevorzugten „Schwaben“ und den „Einheimischen“ haben das politische Klima in den Herzogtümern beeinträchtigt und mit einer anwachsenden Wehmut über den Verlust der böhmischen Oberherrschaft auch die Bereitschaft aufkommen lassen, sich ernst Přemysl Otakar anzunähern. Manche Adligen haben wieder die Partei gewechselt und sich dem Böhmenkönig unterstellt. Auch im Klerus wuchs die Unzufriedenheit mit Rudolf. Aber dessen Verhältnisse zu dem Papst, dem am 25. November 1277 gewählten Nikolaus VI., entwickelten sich völlig unproble-matisch.

Beide Kontrahenten suchten nach Bundesgenossen. Der Böhmenkönig bemühte sich vor allem um eine Intensivierung der durch frühere verwandschaftliche Beziehungen bereits vorgezeichneten Kontakte zu den Askaniern, zu den Wettinern sowie zu den schlesischen und polnischen Piasten. Er verhandelte auch mit dem Markgrafen von Brandenburg, Meißen und Thüringen, die ihm Hilfe gegen Rudolf versprachen.

Přemysl räumte den Absprachen mit den Piasten Priorität ein. Zu diesem Anlass wurde ein „Manifest Přemysl Otakars an die Polen“ verfasst. Es ist bis heute nicht möglich zu sagen, ob es kursierte, oder als Einladungsschreiben diente. Das Schreiben kennen wir nur in einer Abschrift aus dem Formularbuch Heinrichs von Isernia. Dieser Italiener besaß eine Rhetorikschule auf dem Vyšehrad und verfasste für Přemysls Staatskanzlei Schriftsätze. Deswegen meinten manche Forscher, dass der Brief lediglich als Stilübung eines gewandten Rhetors abgefasst ist. Eines ist sicher, ein Gegensatz zwischen Slawen und Deutschen bestand offenbar. Diesen hat Heinrich von Isernia wohl schwerlich erfinden können. Es ist schwer sich vorzustellen, dass Ottokar, der weltoffene Förderer deutscher Kolonisation und Kultur, ein slawischer Nationalist gewesen war. Auch seine Mutter, Kunigunde, war eine Deutsche. Im Jahr 1278, als er gegen den deutschen König gezogen war, kämpften und starben in seinem Heer deutsche und slawische Ritter gemeinsam Seite an Seite. Es handelte sich nicht um eine Schlacht zwischen Slawen (Böhmen, Mährer und Polen auf einer Seite, und den Deutschen an der andere Seite). Dies ist ein Erfundniss der Nationalisten auf beiden Seiten im 19., und der tschechoslowakischen komunistischen Historiker im 20. Jahrhundert.

Přemysl soll an die slawiche Solidarität appeliert haben. Im Schreiben steht: ,,von allen Nationen stehe die polnische der böhmischen am nächsten durch Gleichheit der Sprache, durch unmittelbare Nachbarschaft und Verwandschaft des Blutes. Böhmen sei Polens Vormauer. Unterliege es, dann wäre Polen dem unersättlichen Rachen der Deutschen, schutzlos preissgegeben, dann würden diese ihre gierigen Hände auch nach Polen ausstrecken, ,,sie werden sich nicht damit begnügen, euch zu unterwerfen, sondern euch eure Gütter entreißen, euch mit unerträglichen Bedrückungen quälen, euer menschenreiches Land mit der Schärfe des Schwertes entvölkern und in elende Knechtschaft zwingen.“ Rudolf habe es mit seinen Bündnisangeboten allein darauf angelegt, Verwirrung zu stiften und Zwietracht zu säen, nur durch gemeinsame Verteidigungsanstrengungen unter Führung Přemysl Otakars könne die Unabhängigkeit behauptet werden.

Die piastischen Fürsten, außer Herzog Boleslaw von Liegnitz haben die böh-mischen Bemühungen um die Errichtung einer gesamtslawischen Abwehrfront akzeptiert.

Auch der König der Römer begann seine Treuen zusammenzurufen. Er durfte jedoch auf eine tatkräftige Hilfe aus dem Reiche nicht hoffen. Aus dem Reich durfte er nun auch keine finanzielle Unterstützung erwarten, denn er verlor auch die Gunst der Kurfürsten, denen er zu mächtig geworden schien. Sie wünschten ein starkes Reich unter einem starken König Rudolf nicht. Ihnen gefiel die Situation, die nach 1276 entstand. Die beiden stärksten Männer, Přemysl Otakar und Rudolf waren im Gleichgewicht. Darum wollten sie nicht Přemysl gänzlich vernichten. Der Habsburger saß in Wien und die Fürsten regierten und intrigierten nach eigenem Gutdünken.

Es gelang Rudolf jedoch, den König Ladislaus von Ungarn zu gewinnen. Sie beide verpflichteten sich, einander gegen den Böhmenkönig beizustehen und keinen Separatfrieden zu schließen.

In Österreich und der Steiermark brach 1277 solch eine furchtbare Hungersnot aus, dass den Menschen in ihrer Verzweiflung nicht anderes überblieb, als Leichen zu verzehren und andere Dinge. Die Leute glaubten, dass Gott einen solch radikalen Umsturz der Machtverhältnisse nicht wünschte. Dazu noch hat Rudolf eine allgemeine Grundsteuer und eine einmalige Kriegssteuer ausgeschrieben, mit der die Österreicher ihre ,,Befreiung“ dem römischen König entgelten sollten. Der König und seine schwäbischen Gefolgsleute wurden mehr als Eindringlinge als als Befreier empfunden. Der Zugang zu der düstreren Wiener Burg, in der er wie ein Gefangerer residierte, war streng überwacht. Rudolf konnte in Wien niemandem vertrauen. Er fühlte, dass der Krieg nicht mehr zu vermeiden ist.

3.15 Richtung Marchfeld

Přemysl Otakar hatte stets seine Anhänger in Österreich und darum entschied er sich im Frühjahr 1278 zu einem fatalen Schritt, noch einmal sein Glück zu versuchen und die Situation durch einen neuen Krieg gegen Rudolf umzukehren. Er wollte die spürbar wachsende Unzufriedenheit sowohl in den Herzogtümern als auch im ganzen Reich mit der effizienten aber Opfer abverlangenen Regierung des Habsburgers in sein Kalkül einbeziehen. Der Avanturismus dieser Aktion war auch dem böhmischen Adel klar, aber er hat ihm mit dem Mut imponiert. Seine Voraussetzungen für einen Sieg waren günstiger als 2 Jahre zuvor. Rudolf war in Österreich unbeliebt, unter der Bevölkerung hatte er Feinde. Er schrieb hohe Steuern aus, dadurch entstand Elend, es erfasste nicht nur das arme Volk, sondern auch Teile des Adels und Geistlichkeit. Dazu noch verfügte er über kein Heer. Es hatte sich längst verlaufen.

J. Franzl führt an:28 ,,Der Habsburger wusste gut, dass ihm aus Böhmen Gefahr drohte. In diesem Mannes nüchternem, praktischem Denken war kein Platz für wirklichkeitsfremde Illusionen. Auch im Sommer 1277, als die Botschaften aus Böhmen versöhnlich klangen, hat er Ottokar als seinen Feind betrachtet, der nur auf eine günstige Gelegenheit wartete, ihm seinen schwer errungenen Gewinn zu entreißen. Man kann einem Menschen nicht das Lebenswerk zerstören, das was er sich in Jahrzehnten erkämpft und aufgebaut hat, man kann ihm nicht mehr als die Hälfte des Besitzes nehmen, auf den er glaubt, berechtigten Anspruch zu haben, und sich dann der frommen Täuschung hingeben, dass er in das vermeintliche __________________________________________________________________ 28 Rudolf I. Seite 144

Unrecht willig sich fechten werde.“

Zu Jahresbeginn 1278 wuchsen im Klerus, bei dem Adel und Bürgern in den Herzogtümern weiterhin die Vorbehalte gegen Rudolf an. Unweit der Burg wohnte Rudolfs ärgster Feind, der Ritter und Handelsherr Paltram vor dem Freithofe. Er agitierte und korrespondierte unermüdlich, empfing Gleichgesinnte und sandte seine Boten an Přemysls österreichische Anhänger aus. Wegen einem Verrat musste er fliehen und fand Asyl bei Heinrich von Niederbayern. Rudolf rächte sich grausam. Paltram selber, sein Bruder und seine sechs Söhne verurteilte er in öffentlichem Landgericht in Abwesenheit zu Tode. Ihre Güter wurden konfisziert, ihre Nachkommen sollten rechtslos für ewige Zeiten sein. Dies hat Rudolf in den Augen der Österreicher keinen Nutz gebracht. Es sind von ihm andere Leute abgefallen. Unter ihnen auch Marschall Heinrich d. J. von Kuenring-Weitra, Přemysl Otakars Schwiegersohn. Rudolf begann die Verteidigungsfähigkeit der befestigten Grenzstädte zu verbessern und wartete den Anmarsch seiner Verbündeten ab. Papst Nikolaus III. belegte alle Feinde des rechtsmäßigen römischen Königs mit dem Kirchenbann.

Přemysl sandte ungewöhnlich früh im Jahr, schon im Mai, seine Boten aus, die das Heer zusammentrommeln sollten. Nach Angabe Arnold Bussons27 zog Přemysl am 27. Juni von Prag aus zum Kriege gegen den König Rudolf. Klerus und Volk gaben ihm das Geleit und nahmen unter Tränen und Klagen von ihm Abschied. In Brünn machte Přemysl Otakar Halt, um hier die Zuzüge aus Schlesien und Polen, aber auch das Eintreffen der übrigen Herren von Böhmen und Mähren abzuwarten. Es beweist, dass Přemysl Otakar bei weitem noch nicht fertig war, als er die Aktion begann. Es hat fast einen Monat gedauert, ehe er selbst mit seiner Hauptmacht den Krieg gegen Österreich eröffnete. Es zeigt, dass Přemysl selbst gar noch nicht zu einem ernsten Krieg gerüstet war. Indessen wurden die Feindseligkeiten durch böhmische Streitparteien an der böhmisch-österreichischen und der mährisch-österreichischen Grenze wahrscheinlich schon Anfang Juli eröffnet. Přemysl Otakar war am 15. Juli von Brünn aufgebrochen. Ohne Krieg zu erklären, rückte er in Österreich ein. Rudolf charakterisierte diese Feind-___________________________________________________________________________

27 ,,Der Krieg von 1278 und die Schlacht bei Dürnkrut“, S. 28

seligkeiten als einen Raubkrieg. Von diesem Raubkrieg wurde besonders die Gegend an der Thaya schwer heimgesucht. So wurde in Waidhofen an der Thaya von den Böhmen die Marienkirche in Brand gesteckt, was sich zu einer furchtbaren Kathastrophe gestaltete, da hier hunderte Leute den Tod fanden. Auch Gmünd mit der Kirche des Heiligen Stephans wurde eingeäschert.

Přemysl Otakar selbst brach mit dessen Hauptmacht, die er um sich gesammelt hatte, erst um Jacobi (25. Juli), beinahe einen Monat nach dem Auszug aus Prag, in Österreich ein. Er stellte sich seinen Einmarsch in Österreich vor, als eine Art triumphalen militarischen Spaziergang.

J. Franzl 28 schreibt dazu: ,,Armer, verblendeter Ottokar! Immer noch hatte er nicht begriffen, dass der Habsburger ein ganz anderer Gegner war als die heidnischen Pruzzen oder die wetterwendischen Magyaren, ein Mann großen Formats, gestählt durch die Leiden und Erfahrungen eines 40-jährigen Kriegerdaseins, geübt, auch die heikelsten Situationen zu meistern.“

Obwohl Rudolf im Frühsommer 1278 militärisch hoffnungslos unterlegen war, hatte er aber nicht einmal daran gedacht, seine Sache als verloren zu betrachten. Er hatte in seinem Leben schon viele Gefahren bestanden, oft male war er am Rande des Abgrundes gestanden und dennoch hatte am Ende triumphiert! Er vertraute an Gott, die heilige Jungfrau und auf seine eigene Tüchtigkeit.

Přemysl führte einen großen Belagerungspark mit sich. Er wandte sich jedoch nicht südwärts gegen das schwach verteidigte Wien, sondern nach Südwesten, und belagerte das Städtchen Drosendorf an der mährischen Thaya. Vor Drosendorf wurde er 16 Tage aufgehalten, denn das Städtchen leistete mit einer kleinen Besatzung der Belagerung des böhmischen Heeres Widerstand. Přemysl versuchte auch Laa an der Thaya 12 Tage erfolglos zu erobern. Es ist unklar, was Přemysl Otakar mit dessen Vormarsch gegen das westliche Niederösterreich bezweckt, und weiter, welchen Kriegsplan er überhaupt gehabt hatte. Die ergriffene Offensive scheint ein schwerer Fehler gewesen zu sein. Warum marschierte er nicht gegen Wien. Die Wiener Bürger waren ihm gewogen. Er hätte den __________________________________________________________________ 28 ,,Rudolf I.“ S. 145

römischen König überraschen oder gar in seine Gewalt bringen können. Wir wissen bis heute nicht, warum Přemysl Zeit und Kräfte bei der Belagerung dieses unbedeutsamen Ortes vergeudete, anstatt die Festung Wien zu belagern. Während der Belagerung ließ er dem Gegner Zeit, seine Kräfte zu sammeln. Es wäre viel besser gewesen, am schnellsten nach Österreich vorzudringen und das zu vereiteln, was für seine Gegner das wichtigste gewesen war - Rudolfs Streitkräfte mit den ungarischen zu vereinigen. Rudolf hatte Wien und die Übergänge über die Donau in Besitz. Das gab ihm die Möglichkeit, die Streikräfte der österreichischen Länder rechts von der Donau an sich zu ziehen und auch auf dem rechten Ufer seine Verbindung mit den Ungarn herzustellen. Unter diesen Verhältnissen wäre es für Přemysl das einzig richtige gewesen, dem Gegner die Offensive zu überlassen. Rudolf wäre dadurch in große Verlegenheit geraten. Es ist zu bezweifeln, ob die österreichischen Landherren in böhmisches Gebiet einmarschiert wären. Laut des österreichischen Landrechtes waren sie nur zum Kriegsdienst innerhalb der Grenzen verpflichtet gewesen. Der ganze lahme Gang der böhmischen Operationen bestätigt die Ansicht, dass die Offensive Ottokars überhaupt ein Grundfehler war. Andreas Busson29 bezweifelt ,,ob Ottokar im Kriege von 1278 einen klar im Ganzen und in seinen Einzelheiten entworfenen Plan gehabt hat.“ Und: „Es scheint mir wohl möglich, dass widerstreitende Gefühle Ottokar beherrscht haben, dass es Momente für ihn gegeben hat, wo die Vorstellungen vom „Armen Grafen“ ihn wieder beherrschten und ihm der Gedanke kam, Rudolf werde sich nicht zu offenem Kampfe stellen, er ihn etwa in Wien hätte belagern müssen.“ Přemysl Ottakar hatte ein großes Belagerungsgerät mitgenommen, was könnte darauf deuten, dass er sich auf eine große Belagerung Wiens vorbereitet hatte. Weil die Quellen dazu schweigen, können wir nur vermuten, dass der Marsch Ottakars mit seinem ganzen Heere gegen Drosendorf den Zweck gehabt hatte, auf der Straße über Horn nach Krems vorzudringen, so die Donaulinie zu gewinnen, dadurch die aus Deutschland etwa ankommenden Zuzüge am Weitermarsch zur Vereinigung mit Rudolf zu hindern, und selbst dann weiter donauabwärts gegen Rudolf zu operieren. Die Ausführung dieses Planes hätte dann auf ein erstes Hindernis gestoßen durch den Widerstand, den das kleine __________________________________________________________________

29,,Der Krieg von 1278 und die Schlacht bei Dürnkrut“, S. 32

Drosendorf sechzehn Tage lang leistete. Der weitere Verlauf, das Abschwenken des böhmischen Heeres nach der Einnahme von Drosendorf wäre natürlich gleichbedeutend mit dem Aufgehen dieses ursprünglichen Planes. Es ist nicht bekannt was diese Änderung des vermuteten ursprünglichen Planes veranlasst haben könnte. A. Busson vermutet weiter,30 dass ,,Přemysl erfahren hatte, dass aus Deutschland nicht zahlreiche Zuzüge für Rudolf kommen. Darum hatte er den Vormarsch an die Donau zu dem angegeben Zweck für überflüssig gehalten und in die alte, mehrmals betretene Bahn eingelenkt.“ A. Busson schreibt: ,,Es war nicht das erste Mal, dass Ottokar an der Spitze eines Heeres die Gegend von Drosendorf betrat. Im Feldzug von 1276 hatte er sein Heer zuerst bei Tögel aufgestellt, um dem erwarteten Einbruch des römischen Königs, der sein Heer bei Nürnberg zusammenzog, begegnen zu können. Als dann Rudolf südwärts abzog, bei Regensburg über die Donau setzte und nun flussabwärts weiter marschierte, zog Ottokar südostwärts quer durch Böhmen und sammelte sein Heer bei Drosendorf an der Thaya. Von hier ging sein weiterer Zug ostwärts nach Laa und ins Marchfeld. Im Kriege gegen Ungarn 1260 hatte Ottokar seinem Heer Laa an der Thaya zum Sammelpunkt bestimmt, ebenso im Jahre 1273. Dieses stereotype Vorgehen Ottokars in mehreren Kriegen könnte lediglich seinen Grund in den mangelhaften Kommunikationsmitteln des Mittelalters haben, welche für die böhmischen und mährischen Kontingente eine Vereinigung an der oberen Thaya, bei Drosendorf im Jahre 1276, und den Weitermarsch längst des Flusses ins Marchfeld bedingt haben könnten.“

A. Busson 31 fügt noch eine andere Vermutung hinzu: ,,Es ist bekannt, dass die spärlichen deutschen Zuzüge nicht auf dem kürzesten Wege, auf der Straße entlang der Donau, zu Rudolf gelangten, sondern auf Umwegen - durch salzburgisches und tirolisches Gebiet. Herzog Heinrich von Niederbayern hat den Deutschen, die zu Rudolf wollten, Hindernisse in den Weg gelegt. Er verwehrte ihnen den Durchzug durch Straubing und sperrte ihnen damit den Weitermarsch auf der Donaustraße. Es kam auch zu weiteren Schwierigkeiten bei dem ___________________________________________________________________________

30 ,,Der Krieg von 1278 und die Schlacht bei Dürnkrut“, S. 34

31 ,,Der Krieg von 1278 und die Schlacht bei Dürnkrut“, S. 35

Durchzuge durch Bayern. Die Soldaten mussten List anwenden, um ihn zu be-werkstelligen. Unter diesen Umständen, kann man vermuten, dass Přemysl Otakar von der Sperrung der Donaustraße für die deutsche Hilfe, und über deren geringe Stärke Kunde erhalten habe. Das kann ihn veranlasst haben, sich zu wenden, um aufs Marchfeld zu gelangen. Das böhmische Heer war von Drosendorf ostwärts, entlang der Thaya nach Laa marschiert. Diese Stadt hatte Otakar 12 Tage vergeblich belagert. Přemysl verspielte den aus seinen geheimen Rüstungen resultierenden Zeitvorsprung. Er sollte geradezu nach Wien marschieren, um die gegenüber Rudolf feindliche Stadt zu belagern.“

Nach 12 Tagen einer erfolglosen Belagerung von Laa hatte sich Přemysl zum Abmarsch auf das Marchfeld entschlossen. Es ist unbegreiflich, warum er neuerlich seine Kräfte und Zeit vergeudete, während sein Gegner von Tag zu Tag stärker wurde. Am 20. August schlug er sein Lager bei Jedenspeigen auf. Während bei Rudolf täglich weitere Verstärkungen eintrafen, verharrte Přemysl untätig bis zu dem als Schlachttag vereinbarten St.- Rufus - Tag, Freitag dem 26. August 1278.32

Am 6. August hatte das ungarische Heer bei Pressburg die Donau überschritten und sich rasch dem erneut als Schlachtfeld ausersehenen Marchfeld genähert. Rudolf verweilte in Wien noch am 12. und 13. August. Er wartete das Vorgehen der Ungarn ab, auf deren Hilfe er seinen ganzen Kriegsplan gebaut hatte. Der junge ungarische König Ladislaus zog mit seinem Heer von Stuhlweißenburg (Stoličný Bělehrad) heran und ging bei Pressburg über die Donau. Es ist leider nicht möglich festzustellen, an welchem Tage.

Die Bewegungen des ungarischen Heeres veranlaßte Rudolf auch seinerseits die Aktion zu beginnen. Am 14. August brach er von Wien auf, zog auf dem rechten Donauufer nach Hainburg, passierte da den Fluss und zog dann weiter nach Marchegg, wo er die Streitkräfte aus den österreichischen Ländern sammelte. Hier konnte er sich mit seiner Hauptmacht - den Ungarn vereinigen. Unter dem Schutz __________________________________________________________________

­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­32 Rudolf soll Vorliebe für Freitag als Schlachttag gehabt haben, er soll ihn für seinen Glückstag gehalten haben. Das könnte Einfluss auf diese Verzögerung der Entscheidung gehabt haben.

der halbasiatischen Kumanen dünkte er sich sicherer als bei den widerspenstigen Bürgern von Wien. Es beweist wie sehr sich Rudolf auf die Ungarn verlassen hatte. Diese Stadt hatte einst Přemysl als ein guter Stratege angelegt. Sie beherrschte trutzig den Übergang über die Donau und March. Jetzt diente sie seinem Feinde als Stützpunkt.

Die deutschen Zuzüge kamen nach Marchegg erst später. Hier wartete Rudolf bis zur Octav von Mariä Himmelfahrt am 21. August, bis alle Zuzüge angerückt waren. Rudolf begann unmittelbar nach dem Donauübergang die Aktion mit Hilfe der Avantgarde des ungarischen Heeres. Er schickte ein Korps von beiläufig 8000 Mann Ungarn und Kumanen marchaufwärts, um eine forcierte Aufklärung gegen das böhmische Heer, das noch mit der Belagerung von Laa beschäftigt war, anzuführen. Zweitausend leichte Ritter, welche diese Abteilung als Avantgarde vorausschickte, brachten Gefangene mit, die wertvolle Aussagen machen konnten über die Stärke, Bewaffnung und Absichten des Feindes, außerdem beunruhigten sie zwei Tage hindurch durch rasche Angriffe die Böhmen dermaßen, dass Přemysl sich am dritten Tage entschloss, die Belagerung aufzuheben, und mit seiner ganzen Macht aufbrach, um dem feindlichen Hauptheer entgegenzuziehen. Die böhmische Macht verbrachte die Nacht bei Prinzendorf und rückte von da am nächsten Tage an die March vor. Přemysl Otakar erreichte die March, indem er, von Laa südostwärts ziehend, dem Lauf der Thaya folgte, bei Drösing. Am 20. August schlägt er bei den Dörfern Jedenspeigen und Drösing ein festes Lager auf. Dieses Lager ist von drei Seiten durch eine Schlinge des Flusses geschützt. Die vierte Seite wird durch Wall und Graben gesichert. Er hat auch Vorposten gebaut, die ihn vor Gefahr warnen sollten. Hier lagerte das böhmische Heer bis zur Entscheidunsschlacht - sechs Tage lang. Während dieser Zeit vestärkte der Böhmenkönig sein Heer.

Die Initiative ergreift Rudolf. Auf dessen Seite begannen sofort nach der Zurückkunft der Aufklärungsabteilung die Vorbereitungen zum entschei-denden Hauptschlag. Die ungarische Hauptmacht war mit König Ladislaus inzwischen an der March eingetroffen. Am 22. August ordneten die beiden Könige ihre Heere zum Kampfe und bereiteten sich auf die nähernde Schlacht vor. Am folgenden Tage setzte das ungarische Heer vom linken auf das rechte Ufer der March über, und es begann der Vormarsch des vereinigten östrerreichisch-ungarischen Heeres stromaufwärts auf dem rechten Marchufer, Přemysl entgegen. Zwischen Stillfried und Dürnkrut schlug man das Lager auf.

3.16 Bei Dürnkrut

Dienstag, Mittwoch und Donnerstag - 3 Tage vor der Schlacht blieb Rudolf in dieser Stellung, indem er sich, sowie sein Gegner, der sich immer in Drösing befand, zur Schlacht vorbereitete. Beide Seiten hatten das Terrain aufgeklärt, dessen Beschaffenheit für den Reiterkampf, aus dem damals die Schlachten ausschließlich bestanden, sehr wichtig war. Am Dienstag haben die Kumanen Přemysl´s Vorposten angegriffen und viele Ritter, die sich vor das Lager gewagt haben, getötet. Sie hatten keine Zeit Beute zu machen. Darum schnitten sie den Getöten in aller Eile die Hälse durch und nahmen die Köpfe mitsamt den Helmen mit ins eigene Lager.

Am Donnerstag bewegte sich das österreichisch-ungarische Heer weiter vorwärts und näherte sich den Böhmen so weit, dass man ihr Lager gut überblickte. Přemysl saß in seinem prächtigen Zelt und wartete, was der Habsburger nun tun werde. Er hat es versäumt, seinen Vorsprung auszunutzen.

Zwischen den Orten Dürnkrut und Jedenspeigen dehnt sich eine fruchtbare Ebene. Sie gleicht einem rieseigen von der Natur geschaffenen Turnierplatz. Vom Westen wird sie durch Hügel, vom Osten durch die March vermarkt. Sie liegt wie eine Arena vor den beiden Kontrahenten. Hier soll die Entscheidung fallen, ob Österreich habsburgisch oder přemyslidisch wird. Die Waffen werden es endgültig entscheiden. Der Schlacht ist nun nicht mehr auszuweichen.

Über die Stärke der beiden Heere, die sich am Vorabend der Schlacht zwischen Přemysls Lager bei Drösing und Rudolfs Lager zwischen Dürnkrut und Stillfried gegenüberstanden, gibt es sehr abweichende Nachrichten. Über die Stärke und Bewaffnung der Heere, über den Verlauf der Schlacht und die Umstände des Todes von Přemysl Otakar gibt es widersprüchliche Quellenangaben. Archäo-logische Quellen haben sich von dieser Schlacht trotz intensiver Suche nicht erhalten. Darum fällt es schwer, die Vorgänge an diesem Schicksalstag eindeutig zu rekonstruieren. Die widersprüchlichen Quellen reichen nicht aus, um zu einer zuverlässigen Schätzung der Stärke beider Heere zu gelangen. Sie wer-den aber darüber einig, dass die Habsburger und ungarischen Heere die böhmischen überragten. Sicher scheint es nur, dass Otakar Rudolf bedeutend an ,,verdeckten Rossen“ überlegen gewesen ist. Dagegen muss man misstrauisch alle die Angaben aufnehmen, die im Allgemeinen von einer kolossalen Übermacht Otakars berichten. Es waltet gewöhnlich eine Neigung des Siegers, durch möglichst hohe Schätzung, die Stärke des geschlagenen Gegners zu übertreiben und den errungenen Erfolg noch glänzender erscheinen zu lassen.

Die Anzahl der böhmischen Truppen betrug 25 000.33 Der Böhmenkönig hatte wahrscheinlich 5000 leichtere Reiter auf ungeschützten Pferden, tausend verdeckte Rosse, mehrfach gepanzerte Reiter auf gepanzerten Hengsten, eine Abteilung von berittenen Bogenschützen und Fusstruppen. Rudolfs Heer bestand aus über 500 verdeckten Rossen, über 4000 Mann leichterer Reiterei und aus mindestens eben so vielen kumanischen Bogenschützen. Auf jeden Ritter dürften bis zu drei Knappen gekommen sein. Die eigentlichen Kampfverbände bestanden also aus etwa 20 000 Mann. Jeder Tross hatte aber rund 50 000 Teilnehmer.34 Die Steirische Reimchronik schreibt,35 dass die Böhmen vier Kämpfer gegen einen auf Rudolfs Seite gehabt hatten. Andere Quellen führen noch andere Mengeangaben an. Was den ungarischen Anteil betrifft, die bezüglichen Angaben stammen fast ausschließlich von den Deutschen,36 bei denen eine Geringschätzung der ungari-schen Hilfe merklich ist. Es erscheinen auch Bemühungen, diese ungarische Hilfe als wenig bedeutend in den Hintergrund zu drängen. Man kann das teilweise so erklären, dass das ungarische Heer zum größten Teil aus der leichten ungarischen und kumanischen Nationalkavallerie entstand, die als Hauptwaffe den Bogen führte und für die Melée gegen die geharnischten Reiter auf verdeckten Hengsten nicht verwendet werden konnte. Darum wurde sie von den deutschen Bericht-_______________________________________________________________________________

33 Žemlička Jan, ,,Století posledních Přemyslovců“, S. 150

34 Hoensch Jörg, ,,Přemysl Otakar II von Böhmen, Der goldene König.“, S. 245, 246

erstattern bei ihren Angaben über die Stärke der Heere nicht beachtet. Aber was dem ungarischen Heere an Qualität fehlte, ersetzte es durch Quantität. Die niedrigste Angabe beziffert die Ungarn auf 14 000, an aderen Stelle auf 15 000 Mann,37 andere Gewährsmänner auf 30 000 oder 40 000. Ein aus Rudolfs Lager-burg vor der Hauptschlacht geschriebener Brief (von Bodmann geschrieben) spricht von 40 000 Ungarn und 16 000 Kumanen. Es ist schwer zu bestimmen, welche Ziffer die entscheidende ist, aber die größere Wahrscheinlichkeit spricht für die höheren Zahlen. Die ungarische Hilfe war an Zahl den anderen Truppen Rudolfs unendlich überlegen. Daraus kann man verstehen, wie auf ungarischer Seite offiziell der Krieg ausschließlich als ein Krieg Ungarns gegen Böhmen behandelt werden konnte.

Jede Schlacht hatte zu jener Zeit ungeschriebene Gesetze. Es ging um ein festes Ritual, das von beiden Parteien beachtet wurde. Wie beim Turnier reiten die Ritter auf ihren verdeckten Rossen in langer Reihe gegeneinander und versuchen, mir der langen, spitzen Lanze ihren Gegner aus dem Sattel zu stechen. Wer herunterfällt, wird zertrampelt oder erschlagen. Falls er den Sieger um Gnade bittet, wird die ihm meistens gewährt. Der Besiegte gilt als Gefangener und darf nicht mehr kämpfen. Er schaut der Schlacht von Ferne zu und wartet ab, wie sich die Dinge entwickeln werden. Der ritterliche Ehrenkodex erlaubt ihm nicht, zu flüchten oder an dem Kampf wieder teilzunehmen. Nach dem Kampf siegt jene Partei, die das Schlachtfeld behauptet. Auch der Böhmenkönig hat sich den Verlauf des Kommenden vorgestellt, Rudolf jedoch nicht. Er ließ die Gesetze der Fairness auf der Strecke bleiben, ihm ging es um Erfolg, nicht um das Fortschleppen erstarrter und überlebter Gewohnheiten.

Was den Verlauf unserer Schlacht betrifft, gibt es zwar ziemlich viele Quellen, die den Verlauf der Schlacht schildern, doch aufgrund der uns vorliegenden Berichte sind wir nicht imstande ein mindestens annähernd klares und __________________________________________________________________ 35 Die Steirische Reimchronik, Kapitel 152

36 Z.B. Annales S.Rudberti Salisb. S. 802, Ellenhard M.G. Scr. XVI, 123 oder Chronist Colmar S. 249, 250

37 Chronist Colmar S. 249

zuverlässiges Gesammtbild von dem Verlauf der Schlacht zu entwerfen. Über den Verlauf auch die Lokalisierung gab es viele Legenden und Vermutungen. Erst in der zweiten Hälfte des 19. Jh. begann man mit systematischer Quellenforschung. Den Forschern ist es nach vielen Irrtümern und Irrwegen gelungen, den Verlauf der blutigen Schlacht zu rekonstruieren, das Wahre vom Unrichtigen zu unterscheiden und ein relativ genaues Bild der Vorgänge zu machen. Alle Gruppierungen der einzelnen Züge ergeben nur ein Gesamtbild des Ereignisses, das eben nur richtig sein kann, aber gar nicht richtig sein muss. Das, was den Anspruch auf historische Wahrheit erheben kann, sind einige wenige Hauptzüge zum Gesamtbild. Es gibt eine Menge von einzelnen Zügen und Szenen. Es fehlt aber jede Möglichkeit, die einzelnen Züge zu verbinden, um von dem entstehenden Gesamtbild sagen zu können: ,,So ist es gewesen“. Wir versuchen sie hier zu zeichnen:

3.17 Am heiligen Rufus

Am frühen Morgen des 26. August begannen wie auf Rudolfs, so auch auf Otakars Seite die letzten Zurüstungen zum Kampfe. In der Zeit gab es eine fromme Sitte, in der die Sorge für das Jenseits eine Rolle spielte. Es wurde die Messe gelesen und Viele gingen zu den Sakramenten. Rudolf schlägt eine Reihe junger Edelknappen zum Ritter. Das soll ihnen im Falle der Gefangennahme bessere Verhandlung verheißen. Auf Rudolfs Wunsch nahm der 18-jährige König Ladislaus wegen seiner Jugend nicht an der Schlacht teil, sondern sah ihr von einem Hügel zu. Den Oberbefehl über das ungarische Heer führte der Palatin38 Meister Mathias von Trenschin.

Über die Schlachtordnung der beiden Heere haben wir keine eindeutigen Berichte. Es gibt auch keine rechte Vorstellung von den Verhältnissen des ungarischen Heeres zu Rudolfs deutschen und österreichischen Streitkräften. Die zahlreichen deutschen Berichterstatter zeigen für die ungarischen Bundesgenossen wenig Interesse. Sie haben teilweise die Tendenz, die Bedeutung der ungarischen __________________________________________________________________ 38 Palatin war ein Vertreter des ungarischen Königs für die heutige Slowakei.

Hilfe herabzusetzen. Der einzige ungarische Zeitgenosse, der über dieses Ereignis berichtet, schreibt, dass seine Landsleute alles taten, während Rudolf mit den Seinen aber von Weitem untätig zugeschaut hat. Daraus ergibt sich eine weitere Unklarheit, ob die kritische Lage, in die nach zahlreichen Berichten Rudolf und seine Sache geraten ist, das ganze verbündete Heer oder nur die deutsch-österreichischen Kräfte betroffen hat.

Die Schlacht hat etwa um 9 Uhr vormittags begonnen und bis zur vollständi-gen Entscheidung des Tages etwa 5 bis höchstens 6 Stunden gedauert. Den Kampf eröffenet Rudolf von Habsburg. Die Ungarn und Kumanen reiten an. Přemysl´s erstes Treffen, das von böhmischen und mährischen Ritter gebildet wurde, erwartet ihren Angriff gefaßt. Sie singen ,,Hospodine, pomiluj ny“. Ihre Melodie wird bald vom wilden Gebrüll der Kumanen übertönt. Sie schießen Pfeile, die Ritter können sich gegen sie nicht wehren, viele von ihnen stürzen nieder. Trotz ihrer erlittenen Verluste stellen sie sich den Ungarn zum Kampf. Die ungarische Übermacht beginnt sich allmählich durchzusetzen. Die Böhmen und Mährer wenden sich zur Flucht nach Nordwesten gegen Zistersdorf zu. Die Ungarn und Kumanen, die jetzt nur an Beute denken, folgen ihnen. Die Schlacht interessiert sie nicht mehr.

Nun wirft Přemysl sein zweites Treffen in die Schlacht, die deutschen Ritter. Sie stürmen auf ihren schweren Rossen den Österreichern entgegen. Sie nehmen den Kampf mit dieser Übermacht tapfer auf.

Erst jetzt beginnt die eigentliche Schlacht der schwergerüsteten Ritter. Sie reiten aufeinander zu in langen Reihe. Um sich Mut für ihr blutiges Werk zu machen, brüllen sie dabei ihre Schlachtrufe. Dabei prallen fürchterlich zusammen: Lanzen splittern, Pferde und Menschen stürzen, das Gewieher der erschreckten Tiere mischen sich mit den Schmerzenschreien der Verwundeten. Trotzdem die Österreicher tapfer fechten, können sie nicht lange standhalten. Ihre Zahl ist zu gering, ihre Verluste zu groß. Sie werden auf das dritte Treffen zurückgedrängt. Die Deutschen drängen sie wuchtig voran. Der Kampf steht nun auf des Messers Schneide. Die einen hauen und stechen mit furchtbarer Wut, die anderen wehren sich verbissen und mit dem Mut der Verzweiflung. Sie kämpfen mit Lanzen, solange alle nicht gebrochen sind. Dann greifen sie zum Schwert. Wenn auch das Schwert aus der Hand geschlagen oder zerbrochen ist, verteidigen sie sich mit dem ,,Misencord“ einem langen, dolchartigen Messer. Noch um diese Zeit werden Gefangene gemacht, später jedoch nicht mehr. Die Schlacht begann zwar als ehrlicher, ritterlicher Kampf, artete aber in eine blutige Hölle aus, von den ritterlichen Idealen weit entfernt.

Die Schlacht hat für die Österreicher schlecht gestanden. Die Lage von Rudolfs Heere scheint vorübergehend eine recht schlimme gewesen zu sein. Rudolf selbst ist während der Schlacht in größte Lebensgefahr gekommen. Trotzdem er 60 Jahre alt war, kämpfte er mitten unter den Seinen wie ein gewöhnlicher Ritter. Mitten im Schlachtgetümmel erkennt ihn einer seiner Gegner, der dazu eigens von Přemysl Otakar gewonnen worden sein soll, rannte König Rudolf im Getümmel an und beginnt auf ihn einzuschlagen. Der König wehrt sich, sein Streitross aber wird durch einen Lanzenstrich tödlich getroffen und stürzte mit ihm. Rudolf fällt aus dem Sattel in einen Bach, der südlich von Dürnkrut in die March mündet, und auf den Karten als Weidenbach bezeichnet wird. Die schwere Rüstung drückt ihn nieder, so dass er sich aus eigener Kraft nicht erheben kann. Seine Lage war verzweifelt. Er selbst befand sich in akuter Gefahr, er konnte erschlagen werden. Sein Heer befand sich in höchster Bedrängnis. Jedoch das Schicksal hat ihn begnadigt. Er hatte wieder einmal Glück. Es war rasch Hilfe bei der Hand. Ein Ritter, Walther von Ramswag, sah ihn wehrlos im Bach liegen. Er hat sich zu ihm durchgekämpft und ihn aufgehoben. Rudolf konnte unverzüglich ein neues Pferd besteigen.39 Auf der Seite der Ungarn hatte dem Oberbefehlshaber, dem Palatin Mathias von Trenschin, eine ganz ähnliche Lebensgefahr gedroht. Er wurde aus dem Sattel geworfen. Einer seiner Ritter stellte sich den Feinden entgegen und rettete den Palatin. Er selbst wurde verwundet. Der Unfall Rudolfs ereignete sich in einem Moment, als die Schlacht mindestens für die unter Rudolf fechtenden Truppen schlecht stand. Es ist wieder unklar, wann es zu diesem Unfall __________________________________________________________________

39 Diesen Sturz erwähnen mehrere Chronisten mit unterschiedlichen Details. Rudolf selbst hat aus Dankbarkeit für den Beistand Gottes das Dominikanerinnenkloster zum Heiligen Kreuz in Tulln gestiftet. Bei seinem schweizerischen Retter hat er sich fürstlich bedankt.

gekommen ist, aber nach den Angaben in Rudolfs Brief ist dazu unmittelbar vor dem letzten Zusammenstoß, der die Entscheidung zu Gunsten Rudolfs herbeiführte, gekommen. Man kann hier erkennen, wie das Bild der Schlacht in diesem kritischen Augenblicke ausgesehen, und wie viel Terrain Rudolf verloren hatte. Der Kampf, der jedenfalls viel weiter nördlich begonnen hatte, tobt jetzt südlich von Dürnkrut, bis wohin Rudolf mit seinen Reitern zurückgedrängt war. Darum ist dieses Treffen als „Schlacht bei Dürnkrut“ benannt worden. Hätte Přemysl die Lage rasch erfaßt und sein ausgeruhtes drittes Treffen in den Kampf geworfen, dann wäre es wohl um den Habsburger geschehen. Doch Přemysl hat wieder, diesmal zum letzten mal zu lange gezögert. Die Polen und Schlesier kamen den deutschen Gäste, die vom stundenlangen Fechten im Staub und Sonnenglut müde waren, nicht zur Hilfe. Nun soll es zur entscheidenden Wendung zu Gunsten Rudolfs gekommen sein. Am Anfang hatte Rudolf eine kleine Reserve Gewappneter auf verdeckten Rossen und Leichtbewaffeneten gebildet. Es war eine geringe, aber frische und ausgeruhte Schar. Erst nun im entscheidenden Moment beordnete er sie einzugreifen. Es scheint, dass der Angriff der kleinen Schar- 50 oder 60 verdeckte Hengste sollen es gewesen sein - im rechten Augenblick unternommen wurde. Sie fallen den drängenden Böhmen in die rechte Flanke. Indem sie die Böhmen hinterrücks überfallen hatten, richteten sie unter ihnen furchtbare Verwirrung an. Sie waren gewohnt, mit dem Gegner Auge in Auge zu kämpfen. Durch die schlichten Sehschlitze ihrer Topfhelme hatten sie nur ein sehr beschränktes Gesichtsfeld nach vorne. Darum konnten sie nicht erkennen, wie schwach die letzten Reserven Rudolfs sind. Der geschlossene Ansturm der schweren Reiter scheint die böhmische Kavallerie vollständig durchbrochen zu haben - zugleich drang wohl das dritte Treffen der Österreicher vor, und der Tag war für Rudolf entschieden. Es ist ohne Zweifel, dass dieser unerwartete Flankenstoss für die am weitesten nach Süden vorgedrungenen Scharen der Böhmen eine vollständige Katastrophe herbeiführte. Sie wurden da, wo zugleich die weichenden Scharen Rudolfs wieder vorgingen, geraden Wegs in die March geworfen. Sehr viele Böhmen, die auf ihrer wilden Flucht die March zu passieren suchten, fanden in ihren Fluten den Tod. Aber auch für die anderen böhmischen Abteilungen, die Rudolf gegenüber gestanden hatten, gab dieser entscheidende Flankenangriff das Signal zur Flucht gegen Norden, Marchaufwärts

in der Richtung gegen Drösing. Als das Rudolfs Gefolgsleute sahen, begannen sie zu schreien: ,,Sie fliehen, sie fliehen!“ Diejenigen Böhmen, die noch aushalten, hören diesen Ruf. Sie fühlen sich verraten und wenden sich ebenfals zur Flucht. J.Franzl40 beschreibt die Atmosphöre folgenderweise: ,,In der Staubwolke, die schwer über dem Schlachtfeld lastet, haben sie keinen Überblick mehr über das Geschehen. Sie sehen nur das Nächstliegende, das, was rings um sie vorgeht, wie der Nebenmann zur Rechten, im Rücken und in der Flanke zugleich angegriffen, ermattet vom Pferde stürzt, wie dessen Knappen, die ihren Herrn heraushauen sollen, lieber davonlaufen, um ihr eigenes Leben zu retten, wie auch der Kamerad zur Linken, der wohl schon seine fünfte Lanze zerbrochen hat, plötzlich sein Ross herumwirft und davongaloppiert.“

Ottokars Reihen lösen sich auf, in wilder Flucht stürmen sie nach Norden, dem Lager zu. Sie begegnen den Polen und Schlesiern aus dem dritten Treffen, frischen, ausgeruhten Truppen, auch Böhmen unter dem grimmigen Milota sollen dabei gewesen sein. Anstatt zu kämpfen, flüchteten sie auch. Sie wollen nordostwärts fliehen, weil sich im Norden die Kumanen befinden. Hinter sich hören sie das Geschrei der Verfolger. Sie suchen ihre Erlösung jenseits der March. Im September hat der Fluss ja nicht zuviel Wasser. Jedoch ihre müden und verwundeten Pferde brechen ein, werfen ihre Reiter ab. Die in ihrer schweren Rüstung versinken im Wasser wie Steine. So ertranken angeblich Tausende. Die March färbt sich von Blut der Unglücklichen rot. Als die Kumanen gehört hatten, dass das böhmische Heer auf der Flucht sei, kehrten sie zurück. Sie machen Gefangene und verschleppen sie nach Ungarn. Andere Kumanen ritten in Ottokars Lager. Sie fanden dort unermässliche Schätze. Trotzdem für die Böhmen alles bereits verloren war, kämpfte Otakar, ein tapferer Mann mit wenigen Getreuen noch fort. Warum rettete er sich durch eine Flucht nicht, solange es noch Zeit war? Dieses mutige Fechten hat ja keinen Sinn mehr. Rings um ihn befindet sich alles in Flucht und Auflösung. Endlich wendete auch er sich ermattet, ja halb von Sinnen durch die Anstrengungen des Kampfes zur Flucht gegen Drösing. Es ist jedoch zu spät. Man konnte ihn an seiner prächtigen Rüstung und an dem __________________________________________________________________

40 Rudolf I. S. 162

doppelschwänzigen silbernen Löwen, den er auf dem Schild führte, erkennen. Auf der Flucht wurde er eingeholt und vom Pferd gestoßen. Er lag im Staub, ihrer Rache preisgegeben, ohne sich wehren zu können. Es waren viele dabei, aber wir kennen nur einen Namen, Berthold von Emmerberg, den Truchsessen. Wir wissen nicht, wie Přemysl Otakar starb. Alle Teilnehmer schwiegen, keiner von ihnen hat der Nachwelt vom Königsmord berichtet. Man weiß darum nicht, ob er um sein Leben verzweifelt flehte oder stolz und trotzig den Todesstreich erwartete, oder gar sich noch bis zum letzten Atemzug wehrte. J.Franzl41 beschreibt den Tod: ,,Sie taten ihr Werk mit stummem, erbarmungslosem Hass, der ihre Sinne trübte und sie ihre ritterliche Erziehung vergessen ließ. Sie übten keine Gnade. Der Tyrann musste fallen.“

Jemand soll ihm die Lanze durch den Hals gestochen haben, die anderen sollen ihn mindestens zwölfmal hingechlagen haben, dann soll er noch mit einem Schwert durchbohrt worden sein. So ließen sie ihn liegen. Der goldene und eiserne König war tot. Besser gesagt, ermordet. Ermordet bezeichnet diese allen ehrlichen Rittersitten widersprechende Tat richtiger als getötet. Dann wurde er von umherstreifenden Troßbuben bis auf das letzte Hemd ausgezogen und bestohlen. Er lag auf der bloßen Erde, nackt und entstellt, verspottet und verhöhnt von denen, die einst auf Knien vor ihm gekrochen waren.

Die Reimchronik Continuatio Vindobonensis beschreibt den Tod von Přemysl Otakar wiederum folgenderweise: es sollen zwei Mörder gewesen sein. Der eine soll Otakar zuerst das Schwert in die Brust, der andere ein Messer in Hals gestochen haben. Danach ließen sie die Leiche liegen und ritten weg.

Eine andere Variante, die später von den Habsburgen nahestehenden Kreisen in Umlauf gesetzt wurde, spricht, dass Přemysl Otakar von dessen eigenen Leuten getötet worden sei. Aber an Otakars Grab aus dem 15. Jh. gibt es eine Anschrift, dass er ,,ab Australibus“ getötet worden sei.

Eines ist jedoch gewiss, Přemysl Otakar II. ist tot, die Schlacht war geschlagen. Nun kam es nur noch zum Schlachten, Morden, Plündern und Niederhauen.

__________________________________________________________________41 Rudolf I. S. 164

Ob auch noch Verrat auf der böhmischen Seite, wie die Berichte sagen, den Gegnern in die Hände gearbeitet hat, ist sehr fraglich. Um so begründeter erscheint die Annahme, dass die ganzen Abteilungen des böhmischen Heeres in feiger Flucht davon geeilt sind. Nach den Angaben einiger Chronisten42 scheint es höchstwahrscheinlich zu sein, dass eine Abteilung, die Otakar noch vor der Belagerung Laas voll zuzog, in eiligem Rückzug umgekehrt ist, ohne in den Kampf einzugreifen, ja wohl ohne das Schlachtfeld betreten zu haben. Besonders dem ungarischen Heere dürfte dieser Umstand seinen raschen Erfolg erleichtert haben. J. Franzl43 beschreibt das Schlachtfeld: Auf der zerwühlten Erde des Kruterfeldes lagen indes die Abfallprodukte dieses Sieges, schreiend und wimmernd die Verwundeten, die man achtlos zugrunde gehen ließ, denen kein Arzt oder Bader die klaffenden Verletzungen verband, kein barmherziger Samariter Trost und Hilfe spendete.“

Dazwischen die Gefallenen, die Glück hatten, und nicht mehr leiden mussten, verstümmelte Pferde, Hunde, die das Menschenfleisch und Vögel, die die Eingeweide der Gefallenen frassen. Es gab niemanden, der diese alle Helden begraben hat. Es breitete sich über dem Feld ein furchtbarer Gestank aus, auf dem Mensch und Tier in der heißen Augustsonne verwesten. Viele Bewohner Dürnkruts und Jedenspeigens wurden krank oder starben gar, wenn sie nicht den unheimlichen Ort verließen.

Der Sieger blieb nicht, wie es Brauch war, auf dem Kampfplatz stehen. Rudolf hatte die in die March nicht gesprengten, nach Norden fliehenden erschöpften Feinde erbarmungslos verfolgt, wodurch er dem ganzen Kriege definitiv Schluss gemacht hatte. Er verfolgte sie bis nach Feldsberg, das vom Schlachtfeld 30 Kilometer Luftlinie entfernt ist. Die ungarische Hauptmacht hatte ihre Gegner in Richtung nach Laa verfolgt. Bei dieser Hetzjagd auf die fliehenden Feinde haben gewiss überall die leichten ungarischen und kumanischen Reiter die besten Dienste getan. Aber auch Rudolf selbst mit einem guten Teil der österreichischen und __________________________________________________________________

42 Z. B. Chronik Sanpetrinum S. 114, oder Continuatio Vindobonensis S. 10

43 Rudolf I. S. 165

deutschen Krieger hat sich daran beteiligt. Nach einigen Anhaltspunkten scheint es, als seien sozusagen zwei getrennte Schlachten geschlagen worden. Die eine durch die Ungarn gegen den einen, die andere durch Rudolf mit den Österreichern und Deutschen gegen den anderen Teil des böhmischen Heeres. Für diese Ver-mutung spricht besonders der Umstand, dass die Ungarn nach der Schlacht deren Gegner auf der früheren Anmarschlinie des böhmischen Heeres, die Thaya aufwärts gegen Laa verfolgten, wo Ladislaus schon am 27. August erschienen ist, während Rudolf den Gegner nach Norden, marchaufwärts, verfolgt hat.

Nach der Verfolgungsrichtung und nach Angaben des ungarischen Königs, dass seine Ritter unter seinen Augen kämpften, scheint es, dass Ladislaus auf einem der Hügel im Westen seinen Stand genommen hatte, dass die Ungarn die westliche Hauptkolonne des verbündeten Heeres gebildet haben, während Rudolf selbst sich mit Österreichern und Deutschen in der rechten, östlichen Hauptkolonne an der March befand.

Nach dem Bericht von Simon de Keza könnte man vermuten, dass die Ungarn mit den ihnen gegenüberstehenden Teilen des böhmischen Heeres rascher fertig geworden sind und sich sofort an die Verfolgung derselben gemacht haben, während Rudolf mit den Seinen noch im harten Kampfe gegen die mit ihm fechtenden Haufen des böhmischen Heeres begriffen war, in dem er mit diesem Teil des verbündeten Heeres sich vorübergehend in einer überaus kritischen Lage befunden hat. Auch König Ladislaus ist seinen Leuten eilig vom Schlachtfeld ge-folgt, weil er sich auch schon am 27. August zu Laa befand. König Ladislaus hat in den zahlreichen Urkunden ungarische Kämpfer für die unter seinen Augen bei Dürnkrut bewiesene Tapferkeit belobt und belohnt. Dessen Urkunden nach, hat der ungarische Adel auch in der Schlacht tüchtig gefochten. Rudolf verdankt den Ungarn einen vollgemessenen, vielleicht sogar Löwenteil an dem Siege, der Österreich zum habsburgischen gemacht hat.

Es ist nicht bekannt, wie Rudolf sich so elegant seiner Verbündeten entledigen konnte. Aber die Tatsache, dass es ihm gelungen ist, zeigt von der gewaltigen Übergelegenheit, die seine Persönlichkeit in diesem ganzen Krieg von 1278 so überaus glänzend bestätigt hat.

Die Niederlage des böhmischen Heeres dürfte so ziemlich in eine Vernichtung des Heeres übergangen sein, besonders dank der ausdauernden Verfolgung von der Seite der ungarischen und österreichischen Kämpfer. Der Verlust auf Rudolfs Seite wird als sehr gering hervorgehoben. Die Ungarn können mehr als Rudolfs Abteilungen verloren haben. Rudolf schlug, nachdem er das Ziel seines Strebens erreicht hatte, sein Lager bei Feldsberg (Valtice), nahe der mährischen Grenze auf. Da hat er ihnen einige Rasttage gewährt, derer Sie nach den stattgehabten Anstrengungen dringend bedurfen. Nach ein paar Tagen brachen sie in Mähren ein. Ungarische und kumanische Reiterscharen brachen unverzüglich nach der Schlacht in Mähren ein, wo sie plünderten und Gefangene machten. Es scheint auch zu Auseinandersetzungen zwischen den Deutschen und den Ungarn gekommen zu sein. Auch darum wurden die Ungarn, nachdem sie Rudolf zum Sieg geholfen hatten, unbequem. Rudolf fühlte sich auch ohne deren Unterstützung jetzt stark genug zum Marsch nach Prag. Er entließ sie in ihre Heimat. König Ladislaus zog mit seinen Ungarn und Kumanen, mit den Gefangenen und der gemachten Beute nach Hause. Rudolf zog über Znaim, Brünn, Iglau, Olmütz. Alle Städte öffneten ihm seine Stadttore. Mähren war also in Rudolf´s Hand, jetzt sollte Böhmen folgen. Da herrschten nun Aufruhr, Anarchie und Räubereien. Die Truppen von Rudolf schreckten die Bewohner mit Mord, Todschlag und Brandschatz.

3.18 Nach der Schlacht

Der große Kampf war eindeutig entschieden. Přemysl Otakar war für immer verschwunden und konnte Rudolfs Existenz nie mehr bedrohen. Er hatte ihn nicht eigentlich gefürchtet, eher gehasst. Trotzdem konnte er nun ein Gefühl von Erleichterung verspüren. Er bestrafte die Königsmörder, die ihm einen großen Dienst erwiesen hatten, nicht. Der Schreiber der ,,Continuatio Vindobonensis“ be-schreibt den tiefen Fall Ottokars.: ,,Gestern noch habe er vielen Vornehmen Befehle erteilt, heute befehle ihm selber ein einziger, nämlich der Tod. Gestern noch habe er mit seinem Heer die Erde bedeckt, heute decke diese Erde ihn, gestern noch habe er andere mit Purpur umgeben, heute habe er nicht einmal mehr eine leinerne Decke.“ Dem gefallenen Gegner kann Rudolf Achtung und Aner-kennung nicht ganz verwehren. Ottokar war lange Jahre Freund und Gönner der Kurie gewesen. Darum musste Rudolf auch auf die Stimmungen der Kurie Rücksicht nehmen. Der tote König, nackt und bloß wurde auf einem Karren nach Wien gebracht und im Schottenkloster achtlos abgelegt. Ein König, ,,der von Meer zu Meer geherrscht, der andere mit Geschenken großartig überhäuft, hatte kein Kissen, wohin er sein Haupt betten und nichts, womit er seine Blösse bedecken konnte.“ Am nächsten Morgen wurde er zu den Minoriten hinübergetragen. Im Kreuzgang der Minoriten wurde der geschändete Leichnam dann öffentlich zur Schau gestellt. Niemand sollte mehr behaupten können, er sei gar nicht tot und werde später einmal wiederkehren. Dem toten Ottakar zahlte Rudolf die Demüti-gungen heim, die ihm der lebende angetan. Die Kirche, die er viele male reich beschenkt hatte, verweigerte ihm jetzt die geweihte Erde. Sie haben die Leiche 30 Wochen lang liegen lassen. Nur die Königin Anna erwies Pietät und Mitleid. Sie ließ den toten König in eine purpurne Decke hüllen, damit er nicht mehr länger den respektlosen Blicken neugieriger Gaffer ausgesetzt sei.

Erst im Frühjahr 1279 durften die Böhmen ihren gefallenen Herrscher heim-hollen. Aber auch der böhmische Klerus weigerte sich, ihn in geweihter Erde zu begraben. Sein Leichnam wurde im Minoritenkloster in Znaim deponiert. Erst nach 18 Jahren hat er heimkehren dürfen in seine Hauptstadt Prag, von der er einst so siegesgewiss ausgezogen war zum Kampf gegen Rudolf von Habsburg. Er fand eine würdige Grabstätte im Veitsdom auf dem Hradschin, wo er bis heute ruht. Die Nachwelt hat über Ottokar zwiespältig geurteilt. Die Skala der Gefühle, die der Tod dieses mächtigen Mannes bei den Menschen hervorrief, reicht von Erschüt-terung über Genugtuung bis zu unverhohlener Schadenfreude.

Die einen sagen, er sei ein hervorragender Fürst gewesen, die anderen nennen ihn hasserfüllt einen finsteren Tyrannen, der mit Gottes Hilfe sein verdientes Schicksal erlitt.44

__________________________________________________________________44 Der Bewertung dessen Person widme ich mich auf Seite 62.

Die Zeitgenossen kümmerten sich gar nicht um das Schlachtresultat. Sie waren in jener aristokratisch - feudalischer Geselschaft von jeglicher Mitsprache aus-geschlossen und darum hatten sie auch kein Interresse daran. In Rudolfs engerer Heimat, im Elsass wurde zwar sein Sieg gewürdigt, Begeisterung oder gar Jubel aber erzeugte er nicht.

Nach der verlorenen Schlacht ist der böhmische Staat in eine tragische Situation geraten. Der Thronfolger Wenzel ist noch ein Kind gewesen. Es hat niemanden ge-geben, der die höchste königliche Autorität hätte vertreten können. Über das Schicksal des böhmischen Staates entschied ein Rat von fremden Fürsten, der sich zwischen zwei Kriegslagern unweit von Kolín versammelt hatte. Rudolf erkannte, dass er eine eventuelle Schlacht nicht gewinnen kann und darum begann er zu ver-handeln. Otto von Brandenburg übernahm die Verwaltung Böhmens und die Vormundschaft über Wenzel, den er nach Spandau wegführte, und wo er ihn 5 Jahre hielt. Der Habsburger behielt nur Mähren auf 5 Jahre zum Ersatz der Kriegskosten. Jindřich Vratislavský (Heinrich von Breslau) erhielt Glatz, Königin Kunigunde erwarb die Gebiete um Troppau herum. Die Alpenländer erhielt Ru-dolf, dessen Geschlecht sie bis zum Jahr 1918 behielt. Sie wurden zum Grundstein der Habsburgischen Herrschaft in Österreich. In Iglau fand eine Doppelhochzeit statt. Der jüngste Sohn des Habsburgers, Rudolf heiratet die um ein paar Jahre ältere Agnes von Böhmen, der siebenjährige Wenzel heiratet die kleine Habs-burgerin Guta.

3.19. Das Geschehen in Böhmen

Nach dem Tode von Přemysl Otakar II. kam es zum Zerfall der Rechtsregeln, Besitznahmen, Kämpfen und Raubtaten. Es brachen Hunger und Not aus. König Rudolf bemühte sich, die traditionelle Staatlichkeit durch Durchsetzung der Reichsoberherrschaft zu zerbrechen. Jedoch erwarb er beim Adel keine Unter-stützung. Die Erneuerung des Staates hat nur von dem Adel abgehangen. Der Adel hat sich auf einer Versammlung in Prag im Jahre 1281 über der Beruhigung der Verhältnisse im Lande und über den Kampf gegen das Verbrechertum geei-nigt. Eine beträchtliche Rolle spielte Erzherzog von Troppau - Mikuláš (Nikolaus). Der böhmische Adel hat einen bedeutenden Betrag gesammelt um den Abgang der brandenburgischen Besatzungen und die Auslieferung des jungen Wenzels zu erzwingen. Wenzel II. kam in die Heimat im Jahre 1283 zurück. Dessen Gunst erwarb der zweite Ehemann seiner Mutter Kunigunde und angebliche Verräter Přemysl Otakars, Zawisch von Falkenstein. Er erneuerte die souveräne Stellung des Königshofes und der böhmischen Staatlichkeit. Die wiederholte Erneuerung der königlichen Besitztümer ging aber langsam. Die Macht von diesem Witigonen beschränkte die Möglichkeiten der selbstständigen Durchsetzung Wenzels. Falken-stein entfremdete sich auch von den Interessen des Adels. Der Adel erwartete von ihm nämlich die Ausdehnung seines Einflusses im Land. Guta, die Ehefrau von Wenzel, betrachtete Zawisch als primären Feinden ihres Geschlechts in Böhmen. Unter dem Druck von dessen politischen Gegnern wurde Falkenstein gefangen-genommen und wegen eines angeblichen Komplotts als Verbrecher gegen den König am 24. August 1290 hingerichtet.

3.20. Rudolf´s Weiterleben

Im Dezember 1278 zog Rudolf als Sieger nach Wien ein. Er galt nun als we-sentlicher Faktor in der Politik. Sogar die Könige und Päpste hatten mit dem ehemaligen armen Grafen zu rechnen. Er verheiratete seine Kinder mit den Sprös-slingen der vornehmsten Familien Europas. An den Ehebündnissen interesierte ihn nicht das Glück seiner Kinder, sondern neue Territorien, die er durch sie erwarb. Es ging ihm nicht um Rechte des ihm anvertrauten Reiches, sondern nur um das Wohl seiner Familie. Er bemühte sich den Rest seines Lebens lang, den Besitz seiner Familie zu vermehren. Rudolf ist dreimal fast zum Kaiser gekrönt worden. Jedoch das Schicksal hat es jedesmal anders gewollt. Im Jahr 1275 versprach der Papst Gregor X. dem König Rudolf die kaiserliche Krönung in Rom. Der König hat feierlich geschworen, Schirmherr der römischen Kirche, Erhalter und Mehrer ihres Besitzes zu sein, und dem Papst und seinen Nachfolgern unbedingt Gehor-sam zu leisten. Er versprach auch, persönlich ins Heilige Land zu ziehen. Das Schicksal wollte es aber anders. Nächsten Jänner ist der Papst gestorben und der neue, Innozenz V. hatte kein Interesse an einem starken Kaisertum. Im Jahr 1280 starb Papst Nikolaus III., 1287 starb der andere Papst, Honorius IV. Drei Päpste haben ihm die Kaiserwürde versprochen, dreimal reißt ihn der plötzliche Tod eines Papstes brutal aus allen Kaiserträumen.

Rudolf wählte Wien zu seinem Wohnsitz. Wenn ihn Kriege oder wichtige Staats-geschäfte anderswohin riefen, kehrte er so bald wie möglich in die Wiener Burg zurück. Er brauchte Österreich als Basis seiner Macht. Er sah aber Österreich und die Steiermark als seine Kriegsbeute an, und wie bloße Beutestücke hat er sie auch behandelt. Rücksichtlos haben die ersten Habsburger das Land ausgebeutet, ihm beträchtliche Mittel entzogen. Sie hatten die Herzogtümer fast als Kolonien betrachtet. Rudolf und sein Sohn Albrecht fühlten sich überhaupt nicht als Österreicher. Sie interessierten sich nicht für das Land und seine Bewohner, sondern für das Geld, das sie aus ihm herausgepresst hatten. 45 Das Herzogtum Österreich brachte ihm jährlich 18000 Mark ein, die Steiermark 6000 Mark. Dagegen das Einkommen aus der Habsburgischen Hausgütern brachte jährlich ungefähr 7000 Mark. Man kann es ihm nicht verärgern, dass er die Länder unter keinen Umständen hergeben wollte.

Die österreichischen und steirischen Herren hatten ihn ins Land geholt, um mit dessen Hilfe das Joch des tyrannischen Königs Ottakar abzuschüteln. Er hat anfangs auch alle Erwartungen erfüllt. Die Herren fühlten sich dem Reiche unmittelbar untertan und als gleichberechtigte, wenn nicht überlegene politische Kraft dem künftigen Herzog gegenüberstehend. Die ersten Maßnahmen Rudolfs deuteten auch in diese Richtung. Sie hatten keine Ahnung, dass Rudolf nur aus der Not eine Tugend machte und seine Zugeständnisse nur für den Augenblick gemeint waren. Bevor sie begriffen, worum es wirklich geht, waren ihre schönen Privilegien kassiert und der Traum von der Reichsunmittelbarkeit ausgeträumt. Sie fanden sich als geknechtete habsburgische Untertanen wieder. Der Adel hat die Habsburgische Herrschaft bald als eine Fremdherrschaft empfunden. Rudolf, auch sein Sohn Albrecht setzten ihre Interessen rücksichtlos durch, die meist den Interessen des Landes diametral entgegenstanden.

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45 vgl. J. Franzl, Rudolf I. S. 197

Im Feber 1281 stirbt seine wahrscheinlich 40 Jahre alte Gattin, Königin Anna. Weihnachten desselben Jahres entrinkt sein Sohn Hartmann. Im Jahr 1284 hat der alternde König eine Hochzeit gefeiert. Er war 66 Jahre alt, seine Braut Isabella, (Elisabeth) Schwester des burgundischen Herzogs, 14 Jahre alt. Diese, fast ein Kind, wurde auf dem Altar der Politk als Opfer dargebracht.

Rudolf verschluderte die Güter und Rechte des Reiches unter seinen Helfern und Günstlingen, während er es von seinen Gegnern rigoros einforderte, wobei er auch vor gewaltsamen Methoden nicht zurückschreckte. Er hat als König die Macht seiner Familie vervielfacht. In den Adelskreisen wuchs die Unzufriedenheit mit Rudolf. Die Fürsten hatten den ,,armen“ Grafen zum König gemacht, damit sie ein nominelles Oberhaupt hätten, eine Puppe, die nach ihren Wünschen tanzte und ihren Winken blind gehorcht. Statt dessen hatten sie jetzt einen Souverän, der eifersüchtig auf seine königlichen Vorrechte pochte, auf die materiellen vor allem, und unter dem Vorwand gerechtfertigter Revindikationen bedenkenlos die Interessen seiner Familie mit denen des Reiches verquickte und gleichsetzte und sich obendrein binnen weniger Jahre eine Hausmacht geschaffen hatte, die den Besitzstand anderer Fürsten merklich übertraf. Rudolfs Politik hat nicht nur dem Adel, sondern auch den Städten nicht gefallen. Er quälte sie mit Steuerforderungen. Er forderte von ihnen den dreißigsten Teil46 ihres Vermögens. Daraufhin erhob sich ein Sturm der Entrüstung, die meisten Bürgerschaften weigerten sich zu zahlen. Die Zahl seiner Feinde wurde zahlreicher. Viele seiner Feinde wünschten ihm den Tod. Er persönlich wurde allmählich älter und schwächer. Trotzdem er im 8. Jahrzehnt seines Lebens stand, fand er nicht Ruhe, er glaubte, er muss noch viel erledigen.

Im Sommer 1289 zog er nach Burgund. Er wollte den dortigen Pfalzgrafen Otto zwingen, die Oberhoheit des Reiches anzuerkennen. Otto, der sich auf französische Rückendeckung verlässt, weigert sich. Rudolf hat also zu den Waffen gegriffen. Er erklärte diesen Krieg zu einem Krieg, der nicht gegen Burgund, sondern gegen Frankreich geführt wird. Es soll in jenem Krieg um die Wiederher -

__________________________________________________________________46 Die Kirche verlangte den Zehent.

stellung der Ehre und guten Rufes ganz Deutschlands gegangen sein. Rudolf hat über eine sehr große Streitmacht verfügt. Er marschierte mit seinem Heer im Juli 1289 langsam durch Burgund und walzte das Land unter schrecklichen Plünderungen und Brandschatzungen nieder. Die Weinstöcke wurden ausgerissen, die Saaten zertreten, die Dörfer verbrannt, die Bewohner hingeschachtet. Die Folge dieser Tobsucht war eine schreckliche Hungersnot. Dieses Verhalten nahm den Soldaten viel von deren Angriffsgeist. Die Preise für Lebensmittel stiegen ins Astronomische. Sogar selber der König grub im Acker mit bloßen Händen nach einer Rübe. Es kam zu keiner Schlacht. Rudolf hatte unter anderen auch ein paar gebirgserfahrene Schwyzer als Hilfstruppe aufgeboten. Sie haben nicht auf des Königs Befehl gewartet und haben was aus eigener Initiative und auf eigene Faust unternommen. Sie stiegen in der Nacht den steilen Berg hinab, überfielen das Lager der Burgunder, töteten einige Männer, suchten sich noch rasch ein paar Beutestücke aus und stiegen dann ins eigene Lager hinunter. Dieser Überfall stiftete im burgundischen Heer große Verwirrung. Der Pfalzgraf hatte nicht den Mut gefunden, um sein Kriegsglück zu erproben und schloss einen Waffenstillstand und leistete dem König den Lehenseid.

Rudolf war klar, dass seine Feinde zahlreich sind und dass sie kaum erwarten können, wenn er stirbt. Nur wenn Albrecht König wird, kann er die Opposition der Fürsten in Schach halten. Sie wollten nicht Albrecht zum König machen, weil sie ihre im Interregnum erworbene Macht verlieren würden.

Im Juli 1291, als er sich in Straßburg befand, spürte er, dass sein Tod nah ist. Am 14. Juli setzte er sich mit Mühe aufs Pferd und ritt nach Speyer, wo er auch am nächsten Tag Abend starb. Da wurde er im Dom begraben. Trotzdem er sein ganzes Leben lang Kriege führte, ist er eines friedlichen Todes gestorben, was zu jener Zeit höchst verwunderlich schien. Die Könige pflegten im 14. Jahrhundert entweder durch Gift oder durch das Schwert umzukommen.

Nach seinem Tod brach in der Steiermark ein wilder Aufstand los gegen Herzog Albrecht. Auf der abgelegenen Rütliwiese am Ufer des Urner Sees versammelten sich Anfangs August 1291 die Vertreter der Talschaften Schwyz, Uri und Unterwalden und schlossen ihren ewigen Bund, aus dem später die Schweiz ent-stand. Die Schweiz verleibte sich später nach blutigen Kämpfen weitere habsbur-gische Territorien an Aare und Reuss, auch die Habichtsburg, ein.

Im Jahre 1292 wurde zum neuen König ein kleiner Graf, Adolf von Nassau gewählt. Weil er sich bemühte sich eine Hausmacht zu schaffen, geriet er bald in schroffen Gegensatz zu seinen Wählern. Er wurde abgesetzt und verraten. Im Jahr 1298 verlor er sein Leben in einer Schlacht bei Goellheim gegen Albrecht von Habsburg, der zum römischen König gewählt wurde. So ging der Wunsch Ru-dolf´s in Erfüllung. Albrecht wurde jedoch von seinem Neffen Johann, der auf der Prager Burg aufwuchs, ermordet. Die Habsburger traten wieder zurück ins zweite Glied. Jedoch Österreich konnten sie erfolgreich behaupten und sie sind allmählich selber zu Österreichern geworden. Ihre Stammlande im Westen sind nach und nach an die aufstrebende Eidgenossenschaft verlorengegangen.

Der Witwe Elisabeth hat niemand die Summe ausgezahlt, die ihr der verstorbene Gatte vermacht hatte, niemand gab ihr die Güter heraus, auf die sie ein Anrecht besass. Sie verkaufte ihre Juwelen und lebte bescheiden in Basel. Schließlich kehrte sie in ihre alte Heimat Burgund als Flüchtling zurück. Später heiratete sie einen französischen Ritter. Im Jahr 1323 ist sie in Paris gestorben.

4. Auswertung und Vergleich der Persönlichkeiten

Rudolf hatte Erfolg, er stieg vom kleinen Landgrafen zum mächtigsten Mann in Deutschland empor. Er hat eine starke Hausmacht geschaffen, die die Habsburger unter die reichsten Familien stellte. Sein Sohn hatte seinen Sitz als Kurfürst in Wien. Der Erwerb Österreichs ist Rudolfs bleibende Leistung. Als deutscher Herr-scher aber war er nicht frei von Misserfolg.

Rudolf wies der Geschichte von Österreich eine neue Bahn. Kaum einer hat auf dessen Schicksal so entscheidenden Einfluss gennomen wie er. Er kam nur zufällig nach Österreich, weil sich ihm dort Gelegenheit zur Gründung einer Hausmacht bot. Mit Österreich als solider Basis haben Rudolf´s Nachkommen schließlich ein Reich zusammengeheiratet, in dem die Sonne nicht unterging. Sie hätten nicht werden können, was sie waren, hätte nicht im 13. Jahrhundert ein kleiner schwäbischer Graf großen Ehrgeiz besessen, aber auch großen Mut und unwahr-scheinlich viel Glück.

Rudolf hat mehr Siege durch Klugheit als durch rohe Gewalt errungen, dabei hat er freilich auch Glück gehabt. Es wurde sein Bemühen anerkannt, in Deutschland wieder halbwegs geordnete Verhältnisse herzustellen. Es ist aber übertrieben, dass unter seiner Regierung Frieden geherrscht hat, dauerhaft und sicher, wie nie zuvor. Es geriet in Vergessenheit, dass er manchen bewaffneten Konflikt mutwillig und ohne Not vom Zaun gebrochen hatte, dass er ab und zu ein Kloster in Brand hat stecken lassen und bisweilen einen ganzen Landstrich in eine öde, trostlose Steppe verwandelt hat.

Er lebte nämlich in der Zeit beispielloser Anarchie, wo nur der Tüchtige, Gewalttätige, Entschlossene eine Chance hatte. Der Zaghafte, Schwache, Ängstliche blieb auf der Strecke. Zu seinem schrankenlosen, brutalen Egoismus gesellten sich Fleiß, Mut, Beharrlichkeit und ein erstaunliches Selbstbewusstsein. Er war überzeugt, dass Gott ihn zu Höherem berufen habe, dem Reich eine neue Form zu geben. Im 19. Jahrhundert wird ihm von manchen nationalen Historikern vorgeworfen, dass er das Reich vor dem Zerfall nicht bewahrte und dass er mehr Energie und Ausdauer auf seine Hausmacht verwendete als auf das ihm anvertraute Reich. Das Reich war auch dank der Fürsten geschwächt. Die Kurfürsten hätten niemals den Besten oder gar den Stärksten zum König gewählt, sondern immer nur einen, von dem sie annehmen durften, dass er zu schwach sein werde. Darum wählten sie im Jahr 1273 nicht Přemysl Otakar II., und in den 80-er Jahren haben sie mehrere Male es abgelehnt, Rudolf´s Sohn Albrecht zu wählen. Rudolf war nicht imstande, die Allgewalt des Papsttums und die expansio-nistischen Tendenzen des französischen Königtums zu beschränken. Er hatte keine Möglichkeit, die Reichsrechte in Italien durchzusetzen. Sie waren verloren bereits in den Tagen des Zwischenreiches.

Rudolf´s Leben war nicht frei von persönlicher Tragik. Vier seiner fünf Söhne sind gestorben, sein Enkel, der ein noch keine 16 Jahre alter Jüngling war, fiel im Turnier sogar vor seinen Augen.

J. Galandaer und M. Honzík,47 tschechische Schriftsteller, die die Habsburger nicht besonders lieben, schätzen Rudolf I. folgenderweise ein: ,,Er war ein realisti-scher Politiker, der sich in unrealen und phantastischen Projekten nicht verlor, je-doch trotzdem hat er seinen persönlichen Nutzen nie vergessen. Er verlor sich nicht in phantastischen und unrealen Projekten. Er vergaß nie seinen Nutzen. Durch das Erbe gewann er umfangreichen Besitz in der westlichen Schweiz und durch seine angeborene Sparsamkeit und durch gute Verwaltung seines Besitzes häufte er finanzielle Mittel an, für die er jedes mögliche Gehöft in der Nach-barschaft kaufte. War es nicht im Guten gegangen, führte er nach damaligen Sit-ten, Kriege mit seinen Nachbarn.“

Das Grab von Rudolf wurde im Jahr 1900 untersucht. Die Untersuchung der Ge-beine ergab, dass Rudolf von Habsburg ,,ein Mann von bedeutender Körpergröße“ gewesen ist. Das wird auch durch die zeitgemässische Beschreiburg bestätigt. An den Überresten des Skeletts wurden Altersdeformationen festgestellt, die auf eine Gichterkrankung schließen lassen.

Was die Bewertung der Persönlichkeit Přemysl Otakars II. betrifft, unterscheidet sie sich sowohl nach der Nationalität der Autoren, als auch im Laufe der Zeit. Die Ansichten der tschechisch - und deutschschreibenden Autoren, hauptsächlich kurz __________________________________________________________________ 47 Osud trůnu habsburského S. 19

nach Přemysls Tod, unterscheiden sich in der Auswertung Přemyls Regierung sehr. Tschechische Chronisten und Schriftsteller schildern ihn als einen Helden, deutsche Historiker verurteilen ihn als einen Usurpatoren.

Er ist zum bedeutendsten Herrschaftsträger des Reichsgebietes im drittem Viertel des XIII. Jahrhunderts geworden. Er wurde zu Lebenszeiten von den geist-lichen Chronikschreibern und Annalysten als rex magnificus und potentissimus, als hochherziger und einflussreichster Monarch gerühmt. Er wurde als rex aureus et feereus König bewundert.

In den ein wenig übertreibenden Nekrologen schwingt immerhin aufrichige Trauer und spürbare Betroffenheit über das Schicksal Přemysl Otakars II., be-sonders über die unwürdigen äußeren Umstände seines Todes in der Schlacht, die als eine Art von Gottesurteil empfunden wurde.

Doch bereits in den ersten Jahrzehnten des XIV. Jahrhunderts lösten zunehmend kritische, ja abwertende Stellungnahmane dieses insgesamt positive Urteil ab. Der sogenannte Dalimil, der Verfasser der tschechischen Reimchronik beklagte die deutschfreundschaftlichen Tendenzen des Monarchen und seinen die Rechte des Adels verletzenden autokratischen Regierungsstil.

Ein phantasiebegabter Dichter der Steirischen Reimchronik beschrieb ihn als einen unberechenbaren Tyrannen und unmoralischen Bösewicht und zählte einen ganzen Katalog schwerer Sünden auf, deren sich Přemysl Otakar angeblich schuldig gemacht haben soll.

Diese mit zahllosen Einzelheiten ausgeschmückte, durch eingeschlossene Reden dramatisierte, ungemein plastische Darstellung hat bis in das XIX. Jahrhundert alle nachfolgenden Deutungsversuche beeinflusst; selbst Franz Grillparzer48 hat in seinem oft zitierten Drama „König Ottakars Glück und Ende“ die Schilderung des Otacher ouzder Geul übernommen, und auf den Böhmenkönig zugleich aber Züge und Charaktereigenschaften des damals kurz zuvor gestützten Napoleon I. übertragen. František Zavřel, ein tschechischer Dramatiker, verschmolz in seinem _____________________________________________________________________________

48 Ein österreichischer Dichter, 1791-1872

Drama ,,Přemysl Otakar II.“ wiederum Rudolf und Napoleon zu einer Figur. Frühere Ansätze böhmischer Historiographen wie des Jesuiten Bohuslav Balbín im XVII. Jahrhundert und des Franziskus Pubitschka im XVIII. Jh., eine faktengerechte Interpretation der Geschichte des otakarischen Zeitalters vorzu-nehmen, besaßen offensichtlich keine allzu große Breitenwirkung.

Der tschechische Wiedergeburtler und Historiker František Palacký hat ihn in seinem monumentalen Werk 49 sehr positiv bewertet.

Die seit dem Jahr 1850 vorgenommenen wissenschaftlichen Editionen der Chronikberichte, Annalen „Codices und Regesten“ erlaubten die Aufklärung wei-terer Einzelheiten, so dass, gestützt auch auf die erfolgte Aufarbeitung der Geschichte Mährens durch B. Dudík, Václav Novotný und Josef Šusta in „České dějiny“, sie eine weitere Anlauf unternehmen konnten, die Regierungszeit Pře-mysl Otakars II. vor dem Hintergrund der böhmischen Verhältnisse und unter Be-rücksichtigung der außenpolitischen Verwicklungen abzuhandeln. Die tschecho-slowakische Nachkriegshistoriographie hat zwei Monographien über die Přemysli-denzeit, bzw. über die otakarianische Epoche vorgelegt. Ihre Autoren sind Zdeněk Fiala und Josef Žemlička gewesen.

In dem deutschen Sprachraum hat sich seit Ottokar Lorenz`,,Geschichte König Ottokars II. von Böhmen und seiner Zeit“ (herausgegeben 1866) kein Historiker gefunden, um eine von nationalen Wertungen freie, den neuesten Forschungsstand berücksichtigende Monographie über den Böhmenkönig zu verfassen.

Erst in einem von Max Weltin und Andreas Kusternig redigierten Band der „Ottokar - Forschungen“50 wurden auf hohem wissenschaftlichen Niveau alle relevanten Erkenntnisse der Herrschaft des Böhmenkönigs über die öster-reichischen Länder zusammengetragen. Das Bild der Persönlichkeit und des Lebenswerks des Königs wird durch das lückenhafte Itinerar, die wenigen Urkunden, Briefe und Zeugnisse der materiellen Kultur, häufig auch unpräzise oder widerprüchliche Chronikberichte erschwert. ___________________________________________________________________________________________________49,,Geschichte von Böhmen“, der zweite Band, veröfentlicht in Prag 1839

50 Herausgegeben 1978 zum 700. Jubliäum der Schlacht

In der modernen Zeit hat sich die Bewertung der deutschschreibenden Autoren zugunsten Přemysl verändert. Dazu, dass Přemysl auf die Alpenländer nicht ver-zichten wollte, führt J.Franzl an 51: ,,Wo waren der König, wo das Reich gewesen, als er Österreich und die Steiermark gegen die grausamen Überfälle der Magyaren verteidigte? Als gleichsam herrenloses Gut hatte er erst die Länder in Besitz genommen und dort Ordnung geschaffen, wenn diese bisweilen auch hart und grausam erscheinen mochte. Das regnum Ottocarianum war seine ureigenste, persönliche Schöpfung, die wollte er sich nicht von einem Fremden zertrümmern lassen, der sich König der Römer nannte und sich auf Recht und altes Herkommen berief.“

Die Frage, ob er ein bedeutender Herrscher war, ist eindeutig zu bejahen. Der Böhmenkönig präsentiert sich als eine der herausragenden politischen Persön-lichkeiten in der Umbruchzeit vom Hoch - zum Spätmittelalter. Der Zeitgenosse des Kaisers Friedrich II., des Papstes Innozenz`IV. und der Könige Ludwig IX. des Heiligen, Béla IV., Karl I. von Anjou und Rudolf I. von Habsburg besaß eindrucksvolle Führungsqualitäten, er war vor allem ein guter Administrator, der die finanzielle Leistungsfähigkeit der von ihm regierten Ländern zu steigern wusste, und er setzte sich unermüdlich für die Aufrechterhaltung der Rechts-sicherheit und der inneren Ordnung ein. Physisch und psychisch belastbar, einsatzfreudig, ausgestattet mit einem bisweilen überzogenen Selbstbewusstsein, ehrgeizig bis zur Machtgier, verfügte er über eine große Überzeugungskraft und eine gewisse Standfestigkeit, die mitunter - wie in seinem Bemühen, unter allen Umständen die guten Beziehungen zur Kurie aufrechtzuhalten - in opportunis-tisches Verhalten bis zur Prinzipienlosigkeit umschlagen und in eine anbiedernde Liebedienerei ausarten konnte. Obschon kein großer Diplomat, Stratege und Takti-ker, verstand es Přemysl Otakar dennoch, durch Auswahl und Einsatz seiner Rat-geber und seine unbestrittene persönliche Tapferkeit diese Mängel auszugleichen. Er war sicher kein nüchterner Rationalist oder ein kühler Rechner, sondern ein aufbrausender, jähzorniger Sanguiniker, den seine Ungeduld und sein unbedachtes Vorsprechen mehrfach in größte Schwierigkeiten stürzten, deren Bereinigung ihn ___________________________________________________________________________________________________ 51 Rudolf I. S. 109

dann viel Kraft und finanziellen Aufwand kosteten. Seine in Prunksucht und protzigem Zurschaustellen des immensen Reichstums ausartende Eitelkeit konnte seine Großzügigkeit, sein Mazänatentum und auch ein gewisses künstlerisches Empfinden nicht bedeutsam beeinträchtigen. Sein Gerechtigkeitssinn und sein herrscherliches Selbstwertgefühl haben seine gelegentlich bis zur Brutalität gesteigerte Grausamkeit nicht immer zu zügeln vermocht. Dennoch war er anscheinend in der Lage, Fehler einzusehen, und zeigte sich danach bestrebt, offenbares Unrecht wiedergutzumachen. Aussagen über sein Familienleben, seine Empfindungen, Gefühle und Leidenschaften lassen die Quellen nur ansatzweise zu. Sie vermitteln insgesamt den Eindruck von einem ,,modernen“, den technischen Entwicklungen und geistigen Strömungen seines Zeitalters aufgeschlossen gegenüberstehenden, seinen Einflussbereich und seine Macht konsequent, ja rücksichtslos erweiternden Pragmatiker, der keinesfalls ein genialer Staatsmann war, den aber die Einsicht in das Notwendige und Machbare in der Verfolgung seiner politischen Ziele leitete.

Dadurch hat er das Fundament errichtet, auf dem Kaiser Karl IV. in der Mitte des XIV. Jahrhunderts das Königreich Böhmen zum Kernland des erneuerten Reiches erheben konnte. Die Zeitgenossen, selbst die im Lager des Gegners Rudolf von Habsburg stehenden Chronisten, mussten Přemysl Otakar als vollendetes Beispiel ritterlicher Tugend zu preisen, bei dem sich ,,Frömmigkeit und Tapferkeit, Schutz der schwachen und Rechtlichkeit, feine Sitten und heiterer Lebensgenuss“ glücklich vereinigt hätten. Während der Zeit seiner Regierung kam es zum Durchbruch der Barrieren zwischen dem böhmischen und dem deutschen Milieu, es zeigte sich die Möglichkeit der Bildung einer breiteren Integration. In den Alpenländern war der tschechische Gruss: ,,Vítaj pane“ sehr populär.

Sein Sturz war nicht nur eine bloße Konspiration von dessen Feinden. Přemysl unternahm grundsätzliche Schritte zur Bildung einer starken Monarchie, aber er unterschätzte die unabhängig verlaufende Konsolidierungsprozesse, die zur weiteren Ausdehnung der Standesinteressen, zur Autonomie der Länder und Regionen führten. Přemysl hat vergessen, dass die territoriale Expansion, wenn sie zugesichert werden soll, auch eine vorsichtige und ideelle anspruchvollere Politik verlangt, und dass sie jedenfalls auf die geduldigen Kompromisse in der Bemühung um allgemeine Anerkennung (in diesem Fall von der Kurie, Fürsten und Adels), nicht verzichtet.

5. Zusammenfassung

Der stolze Böhmenkönig Přemysl Otakar II., der rex aureus et ferreus und der arme Graf aus Schwaben, Rudolf I. von Habsburg, hatten am Anfang nicht viel gemeinsam. Přemysl war ein bedeutsamer mächtiger Herrscher aus einem altertümlichen Geschlecht. Rudolf war ein bloser Graf, ein Emporkömmling aus Schwaben. Ehe Rudolf die Stufen zum Königsthron erklomm, war er nicht einmal ein Reichsfürst gewesen. Es ist wahrscheinlich, dass Přemysl Otakar von Rudolf bis dessen Königswahl nie gehört hatte. Přemysl Otakar II. ist ein sehr bedeutsamer Herrscher, der das Geschehen in Europa des XIII. Jahrhunderts sehr beeinflusst hat. Sein Reich erstreckte sich vom Riesengebirge im Norden bis fast zur Adria im Süden. Er stiftete neue Städte und befestigte die Macht des böhmischen Königs im Innenland auch die Stellung des böhmischen Staates im Reich. Um Österreich zu erhalten, war er bereit, eine um 25 Jahre ältere Frau zu heiraten. Leider lehnte er es ab, sich den in seiner Zeit geltenden Ordnung anzupassen. Er versprach dem Papst Österreich vom römischen König als Lehen zu übernehmen. Weil Wilhelm von Holland zu schwach war, kam Přemysl seinem Versprechen nicht nach. Die Weise, durch welche er Kärnten und Krain erwarb, brachte ihm mehr Schaden als Nutzen. Er verlor dadurch die Sympatien seiner zahlreichen Exbewunderer.

Rudolf dagegen ist ein fast unbekannter, armer Graf, er wurde darum gewählt, dass alle den starken Přemysl und seinen Staat fürchteten. Es war zu erwarten, dass er schwach herrschen wird, und dass die Fürsten weiterhin werden machen dürfen, was ihnen gefällig ist. Noch dazu war er auch alt, und alle erwarteten, dass er bald stirbt. Dieses dachte auch Přemysl und darum, als Rudolf zum König gewählt wurde, lehnte er es ab vor ihm zu erscheinen und die in der Zeit des Interregnums erworbenen Alpenländer von ihm als Lehen zu übernehmen. Dabei ist es aber nicht belegt, dass der neue König ihm diese Länder entzogen hätte. Durch die Ablehnung Rudolfs Autorität wollte der stolze Přemysl Otakar darauf hinweisen, dass die Přemysliden ein viel bedeutsameres Geschlecht als die fast unbekannten Habsburger sind. Leider nahm er nicht zur Kenntnis, dass sich die Verhältnisse im Reich langsam aber stets zu seinen Ungunsten änderten. Rudolf trat nämlich als Beschützer der Reichsrechte auf. Der stolze Přemysl lehnte es ab, sich Rudolfs Autorität unteruzordnen und entschied sich, die entstandene Situation durch Kraft zu lösen. So kam es zu jener Schlacht, die duch Přemysls Ermordung ein Ende nahm. Die Österreichischen Länder fielen endgültig an die Habsburger zu. Der böhmische Staat wurde von schweremn Verfall betroffen. Jedoch nach dem Antritt von Přemysls Sohn Wenzel II. an die Regierung begann er wieder an Stärke zu nehmen und aufzublühen. Přemysl hat Städte und Klöster gestiftet. Er führte auch einen Kreuzzug gegen die heidnischen Preußen, trotzdem hat ihm keiner der Päpste im Kampf gegen Rudolf geholfen. Bei dem Reichsadel hat ihm auch belastet, dass seine Mutter aus dem Geschlecht der Staufen stammte, weil über dieses Geschlecht eine Acht verhängt wurde.

Rudolf selbst hat nur ein bloßes Kloster gestiftet, und hat den Besitz von vielen Bischöfen geplündert. Wie viele Klöster er in Brand steckte, ist schwer zusammenzuzählen. Außerdem war er zu habgierig unersättlich. Jedoch, die Kirche stand auf dessen Seite.

J. Galandauer, M. Honzík:52 bewerten die Schlacht so: ,,Die Schlacht auf dem Marchfeld war für die Weiterentwicklung Mitteleuropas entscheidend. Die Habsburger haben in den Alpenländern festen Fuß gefasst“.

Aus der Schlacht hatte Rudolf von Habsburg einen bedeutsamen Gewinn. Er gewann die Anerkennung der Päpste und Fürsten und außerdem gründete er das Haus Habsburg in Wien.

G. Hödl 53 schreibt über die Schlacht dieses: ,,Die Marchfeldschlacht entschied damals nicht bloß die Zukunft Österreichs und der Steiermark, sondern die ganz Mitteleuropas, das wohl im Falle des Sieges eines böhmischen Königs eine völlig andere Konfiguration erhalten haben würde. An die Stelle Ottokars setzte sich die neue habsburgische Macht mit ähnlichen Tendenzen zur Gründung eines großen, viele Länder umfassenden Hausbesitzes und mit den allmählich sich herausbildenden Bestrebungen, ein in sich ruhendes Donaureich zu bilden. Vordergründiger liegt die epochale Bedeutung dieser Schlacht für die Geschichte __________________________________________________________________52 vgl. Osud trůnu Habsburského, S. 22

53 vgl. Habsburg und Österreich, S. 26

Österreichs darin, dass sie die Voraussetzung bot für die Belehnung der Söhne Rudolfs, die die 642 jährige Herrschaft der Habsburger im österreichischen Raum begründete. Die Schlacht hat aber auch eine Entwicklung verhindert, durch die Österreich zu einem Nebenland der böhmischen Krone wie etwa Mähren oder später Schlesien hätte worden können.“

6. Resumé

Během zpracovávání mé diplomové práce jsem pročetl a prostudoval několik knih, které se zabývají osobou Přemysla Otakara II. a jeho soka Rudolfa I., jejich vládou a dobou, ve které žili. Pročetl jsem i knihy, které se zabývaly samotnou bitvou, jejím průběhem, příčinami i důsledky, které z ní vyplynuly. Všichni autoři se shodují v tom, že šlo o událost, která ovlivnila historii na dlouhá staletí. Ovšem v hodnocení osobností obou hlavních aktérů jsou jejich názory rozporuplné.

Na jedné straně Přemysla čeští spisovatelé a kronikáři označují za hrdinu, který předběhl svou dobu, např. tím, že vytvořil v té době ne zcela obvyklý územní celek, v němž žili společně Češi a Němci. Na druhé straně ho německy píšící kronikáři a spisovatelé označují za uzurpátora. Čeští autoři vyzdvihují jeho sílu, statečnost, bohatství, zatímco německy píšící spisovatelé mu naopak vytýkají pýchu, ješitnost a touhu po moci.

Takto rozdílně hodnotili kronikáři Přemyslovu osobnost již v době jeho vlády. Ale i na české straně se našel kronikář, takřečený Dalimil, který mu ve své, první česky psané kronice, vytýkal přátelský přístup k Němcům a zejména fakt, že do českých zemí, do řídce osídleného pohraničí obvlášť, zval německé osadníky. Naopak, někteří tehdejší rakouští kronikáři zdůrazňují, že Přemysl nedostal šanci bránit se v čestném boji a byl přesilou nepřátel zákeřně zavražděn a poté okraden.

K růstu zájmu o osobu Přemysla Otakara II. dochází v 19. století v souvislosti se vznikem nacionalismu v Evropě. Čeští národní buditelé, např. historik František Palacký, jeho roli hodnotí kladně, snad ji až přecenují. Jeho němečtí protivníci ho naopak srovnávají s Napoleonem, který byl v té době považován za ztělesnění všeho zla.

Tak jak každý národ hledá a vyzvedává své hrdiny, aby dokázal, že právě on má slavnější a významnější historii nebo dokonce, že je lepší než národy ostatní, tak i po rozpadu Rakouska-Uherska nově vzniklá Československá republika zdůrazňovala Přemyslův význam. V době po II. světové válce se Přemyslovou osobností zabývali i socialističtí historikové, kteří také oceňovali některé ,,kladné stránky“ Přemyslovy osobnosti.

Koncem 70. let XX. století se významem Přemysla Otakara II. zabývali také rakouští historikové, např. Max Weltin a Andreas Kusternig, kteří ve svých dílech rehabilitovali Přemysla Otakara u německých čtenářů.

Dnes, po více než 700 letech, obdivují Přemysla Otakara pro jeho odvážné dílo čeští, rakouští i evropští historikové..

Přemysl se stal i vděčným námětem beletrie. Například česká spisovatelka Ludmila Vaňková píše své knihy na pozadí vlády Přemysla Otakara, např. ,,Král železný a zlatý“ a ,,Zlá léta“. Z německy píšících autorů je to např. již zmíněný rakouský historik a básník Franz Grillparzer zase použil Přemyslovu postavu, i když po svém, ke hře: ,,Königs Ottakar Glück und Ende“

Rudolfově osobě se čeští autoři věnují poskrovnu, většinou ho hodnotí záporně. Byl podlý, chamtivý a hrabivý. V německy mluvících zemích oceňují, že založil ,,Dům Habsburský“, oceňují jeho diplomatické schopnosti. V 19. století, v době vzrůstu nacionalismu mu neprávem vytýkali, že oslabil říši tím, že ji neuchránil před rozpínavostí Francie a papeže a nedokázal se prosadit v Itálii. Nebrali ovšem v úvahu, že říše byla již v době Rudolfovy volby králem oslabená díky rozpínavosti říšských knížat a nebylo v Rudolfově moci, vrátit poměry, které panovaly za vlády Friedricha II.

Jak hodnotí Rudolfa I. obyvatelé v místě, kde se ona osudová bitva odehrála, v obci Jedenspeigen? V místním zámečku se nachází muzeum, jehož stálá výstava je věnována právě bitvě z roku 1278. U vstupu do zámečku se nachází pamětní deska s nápisem: ,,Nach der Schlacht bei Jedenpeigen am 26. 8. 1278 begann der Aufstieg von Land und Haus Österreich.“

V roce 1978, k 700 výročí bitvy, byl v poli mezi obcemi Dürnkrut a Jedenspeigen zřízen památník, který má tuto událost připomínat. Každý rok v srpnu se na Moravském poli koná rytířská slavnost. Jednou ji pořádá obec Jedenspeigen, podruhé Dürnkrut. Účastní se jí milovníci historie z Čech, Moravy a Rakouska, ať už jako diváci či vystupující, kteří předvádějí ukázky dobového bojového umění, lovu, tanců, či stolování nebo odívání. Dnes je dění z této slavnosti přenášeno dokonce internetem, pomocí webové kamery ho může zhlédnout doma každý zájemce.

Já jsem navštívil jak muzeum a již zmíněný pomník, tak i rytířskou slavnost. Několik fotografií, které jsem zde pořídil, tvoří přílohu mé práce.

Můj názor je následující: pokud by na Moravském poli zvítězil Přemysl Otakar namísto Rudolfa, učebnice dějepisu dnešních školou povinných dětí by asi vypadaly trochu jinak. Osud přinejmenším českých a rakouských zemí by se byl odvíjel zcela jinak. Snad by Přemyslovci ovládali Rakousko z Prahy a ne Habsburkové České země z Vídně. Možná by potom byl Přemysl zvolen římským králem, možná .... Ale historie nezná žádná: ,,jak by to bylo, kdyby to tenkrát dopadlo tak a tak.....“

Co se týká mého názoru, já věřím, a mnou prostudované knihy to dokazují, že doba Přemyslova života a vlády byla významným obdobím evropských dějin, a že Přemysl Otakar II., král železný a zlatý, byl významná a slavná osobnost, která si plně zaslouží naši úctu a obdiv.

K Rudolfovi bych uvedl následující: byl to velmi schopný a navzdory počáteč-nímu handicapu, kdy byl jako téměř neznámý hrabě, dokázal rozmnožit svůj majetek a tím rozšířit moc svou a svého rodu způsobem dosud nevídaným. Že nepoužíval vždy pouze čistých prostředků, mu nelze zcela vytknout, neboť žil v době, kdy podvod a zrada patřily k taktice, ke každodennímu životu. Toto by bylo lze vytknout také Přemyslovi.

Osud tomu chtěl tak, že slavný Přemyslův rod vymřel nedlouho po této slavné bitvě, zatímco pro Rudolfa to znamenalo založení rodové moci v rakouských zemích a nejen v nich, a zrození tzv. domu Habsburského, jehož existenci ukončila až světová válka roku 1918.

7. Quellenverzeichnis:

Žemlička Jan, Století posledních Přemyslovců, Prag, Verlag Panorama, 1986

Payrleitner Alfred, Adler und Löwe, Wien, Verlag Böhlau, 2003

Hoensch Jörg K., Přemysl Otakar II. von Böhmen Der goldene König, Graz, Verlag Styria, 1989

Busson Arnold, Der Krieg von 1278 und Die Schlacht bei Dürnkrut, Wien, Verlag Archiv für österreichische Geschichte, 1881

Bláhová Marie u. Hlaváček Ivan, Böhmisch-österreichische Beziehungen im

13.Jahrhundert, Prag, Verlag Das Ősterreichische Kulturinstitut Prag, 1998

Reifenscheid Richard, Die Habsburger in Lebensbildern Von Rudolf I. bis Karl I., 3. Auflage, Graz, Verlag Studia, 1987

Franzl Johann, Rudolf I. Der erste Habsburger auf dem deutschen Thron, Graz, Verlag Studia, 1986

Hödl Günther, Habsburg und Österreich 1273-1493, Verlag Böhlau, Wien,

Galandauer Jan, Honzík Miroslav, Osud trůnu Habsburského, Panorama, Praha 1983

Rada Ivan, Dějiny zemí Koruny české, Prag, Verlag Paseka, 1993

Internetseiten: www.jedenspeigen.at, heruntergeladen am 20. 11. 2007

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