Fachverband Biogas e.V.
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Biogas in der Landwirtschaft
Stand 01/09
Aktuell stehen in Deutschland ca. 3.750 Biogasanlagen mit einer installierten elektrischen Leistung
von über 1.300 MW. Somit kann die Stromerzeugung aus Biogas bereits jetzt die Leistung eines
durchschnittlichen Kernkraftwerkes in Deutschland ersetzen. Über 90 % dieser Biogasanlagen werden
auf Basis landwirtschaftlicher Substrate betrieben. Zum Einsatz kommen neben Wirtschaftsdüngern
(Gülle, Mist, Kot) auch speziell für die Vergärung angebaute besonders ertragreiche
Energiepflanzen, wie:
- Getreideganzpflanzensilage
- Getreide
- Maissilage
- Acker- und Wiesengräser und deren Silagen
oder in Futterbau- und Marktfruchtbaufruchtfolgen anfallende Stoffströme, die für eine Verwertung in
einer Biogasanlage geeignet sind. Im Jahre 2007 wurden auf ca. 400.000 Hektar Biomasse für die
Vergärung in Biogasanlagen angebaut, was bezogen auf die gesamte deutsche Ackerfläche einen
Anteil von gerade mal 3,5 % ausmacht.
Ausschlaggebend für die Wahl der Energiepflanzen sind verschiedene anlagen- und
standortspezifische Faktoren:
-
Energieertrag
-
Produktionskosten
-
Verluste
- Gäreigenschaften (Rührfähigkeit, Verweilzeit, etc.)
-
Fruchtfolgen
- Rechtliche Rahmenbedingungen (Cross-Compliance, „Gute fachliche Praxis“, etc.)
Für Landwirte bietet der Betrieb einer Biogasanlage vielfältige Möglichkeiten und Vorteile. Durch den
Abbau von Kohlenstoff (Fette, Protein, Kohlenhydrate) zu Methan (CH
4
) werden die organisch
gebundenen Nährstoffe (N, P, K) mineralisiert und damit in eine pflanzenverfügbarere Form
umgewandelt (z. B. Ammonium-Stickstoff). Sämtliche Nährstoffe bleiben bei der Vergärung erhalten
und können somit im Kreislauf wieder auf den Flächen der Energiepflanzenerzeugung ausgebracht
werden. Im Rahmen der Vergärung werden nebenbei auch ätzende und geruchsintensive
Verbindungen der Gülle zu Biogas umgewandelt und in Ihrer Wirkung erheblich verringert. Die
Rückführung der Gärprodukte auf die Anbauflächen der Substrate schließt zudem die
Kohlenstoffkreisläufe (Humusbilanz).
Unkontrolliert entweichendes Methan aus der Gülle kann in der Vergärung aufgefangen und gezielt
energetisch verwertet werden. Die damit vermiedene Emission des Klimagases Methan ist ein
bedeutender Beitrag zum Klimaschutz.
Der Abbau von organischer Substanz bewirkt durch homogenere Fließeigenschaften außerdem eine
verbesserte Ausbringung der Gärprodukte. Nicht zu vergessen sind auch die hygienisierenden Effekte
in Bezug auf pathogene Keime und Unkrautsamen.
Der anaerobe Gärprozess (unter Luftabschluss) lässt sich grundsätzlich in vier Phasen unterteilen
und dauert je nach Substratzusammensetzung (Verdaulichkeit) zwischen 20 und 120 Tagen:
1. Hydrolyse: Mit Hilfe von Enzymen werden langkettige Verbindungen wie Kohlenhydrate,
Fette und Proteine in kleinere Verbindungen (Einfachzucker, Glycerin, Fettsäuren, etc.) zerlegt.
2. Versäuerung: In der zweiten Prozessstufe werden die Produkte der ersten Phase in
niedermolekulare Verbindungen wie Säuren, Alkohole, Wasserstoff und Kohlendioxid
umgewandelt.
3. Acetogenese: Die dritte Phase, auch Essigsäurebildung genannt, hat das Ziel aus den
Produkten der zweiten Phase kurzkettige Fettsäuren (vor allem Essigsäure) zu bilden.
Nebenprodukte sind hierbei auch Wasserstoff und Kohlendioxid.
4. Methanogenese: Die vierte und letzte Phase hat das Ziel aus den kurzkettigen Fettsäuren,
und hier vor allem aus der Essigsäure Methan zu bilden. Ca. ¾ des erzeugten Methans stammt
aus der Umwandlung von Essigsäure, das restliche Viertel entsteht aus der Verarbeitung des in
den vorherigen Phasen erzeugten Wasserstoffs und Kohlendioxids.
Die Gärprozesse in der Biogasanlage lassen sich mit den Verdauungsvorgängen in einer Kuh
vergleichen.
Aus folgenden Komponenten setzt sich üblicherweise das Gasgemisch Biogas bei einer
landwirtschaftlichen Anlage zusammen:
Komponente:
Gehalt:
CH
4
52
Vol.-%
CO
2
35
Vol.-%
H
2
S 60
ppm
O
2
0,5
Vol.-%
Der energetisch relevante Bestandteil im Biogas ist das Methan (CH
4
). Im Vergleich dazu liegt der
Methangehalt von Erdgas bei 85-98 %.
Alle Biogasanlagen sind vom Prinzip her gleich aufgebaut. Die zu vergärenden Substrate werden in
das eigentliche Kernstück der Biogasanlage, den Fermenter transportiert und dort unter
Luftabschluss und konstanter Temperatur durch mikrobiologische Prozesse zu Biogas umgewandelt.
Flüssige Substrate wie Gülle können direkt vom Stall oder über Vorgruben in den Fermenter gepumpt
werden.
Feststoffe wie Silagen oder Mist werden üblicherweise mit Hilfe von Feststoffeinbringsystemen in die
Gärbehälter
transportiert.
Fermenter
Gasspeicher
Gas-
zähler
BHKW
Wärmeleitung
Nachgärer
Gasspeicher
Endlager
Gasspeicher
Endlager
Stromnetz
Fahrsilos für Energiepflanzen
Einbringtechnik
für Feststoffe
Gasauf-
bereitung
Gasnetz
Stall
Trafo
Im Fermenter sorgen robuste Rührwerke für eine kontinuierliche Durchmischung des Inhaltes und
bringen somit das Futter (Energie) zu den Bakterien. Gleichzeitig sorgt die Durchmischung für eine
gleichmäßige Temperaturverteilung im Behälter und eine Freisetzung der Biogasbläschen. Die
Beheizung des Gärbehälters erfolgt entweder durch die an der Behälterwand montierten
Heizungsleitungen oder durch externe Wärmetauscher, in denen das Gärsubstrat im
Gegenstromprinzip auf Temperatur gebracht wird.
Üblicherweise werden Biogasanlagen entweder im mesophilen (32 – 42°C) oder thermophilen (50 –
57 °C) Temperaturbereich betrieben. Mit zunehmender Gärtemperatur erhöht sich die
Reaktionsgeschwindigkeit des Prozesses und verringert sich die notwendige Verweilzeit der Substrate
in den Gärbehältern. Da für die Beheizung im thermophilen Bereich sehr viel Wärme notwendig ist
bzw. die Stabilität des Gärprozesses unter Umständen instabiler werden kann, ist eine Betriebsweise
im mesophilen Bereich am häufigsten.
Derzeit erfolgt die energetische Nutzung von Biogas fast ausschließlich in Blockheizkraftwerken
(BHKW), die das Biogas in einem Verbrennungsmotor zu mechanischer Energie umwandeln. Ein
Generator erzeugt aus der mechanischen Energie Strom, der dann in das vorhandene Stromnetz
eingespeist wird. Die Abwärme des Verbrennungsmotors wird mit Hilfe von Wärmetauschern
aufgefangen. Ein Teil der Wärme wird gleich wieder zur Beheizung der Fermenter verwendet und der
restliche Teil kann externen Wärmeabnehmern zur Verfügung gestellt werden - beispielsweise zur
Wärmeversorgung von Häusern, Industriebetrieben oder zur Kühlung.
Biogas kann durch die gute Speicherfähigkeit zur flexiblen Grund- und Spitzenlastproduktion
eingesetzt werden. Im Zusammenspiel mit anderen Erneuerbaren Energien wie Wind und
Photovoltaik, die nicht immer kontinuierlich anfallen, kann mit Biogas eine gleichmäßige regenerative
Energieproduktion sichergestellt werden.
Aufgrund von neuen technischen Entwicklungen besteht inzwischen auch die Möglichkeit Biogas auf
das Qualitätsniveau von Erdgas aufzubereiten. Diese Aufkonzentrierung des Methangehaltes bei
gleichzeitiger Entfernung von Schadgasen eröffnet der Nutzung von Biogas neue Nutzungspfade als
Ersatz von Erdgas.
Wirtschaftliche Rahmenbedingungen
Die erfolgreiche Entwicklung der Biogastechnologie in Deutschland basiert größtenteils auf dem
Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG), das seit 2001 feste Einspeisevergütungen auf eine Dauer von
20 Jahren gewährt.
Abb. Vergütng nach EEG 2009
Anmerkung: Alle in der Übersicht angegebenen Boni gelten für Alt- und Neuanlagen sofern die
Anspruchs-voraussetzungen nach dem EEG eingehalten werden. Die Vergütungen werden bis auf
Nummer 3.a und 3 b nach Auskunft des Bundesumweltministeriums anteilig gewährt. Die Angaben
der Daten sind nicht rechtsverbindlich. Für Vollständigkeit und Richtigkeit der Angaben übernimmt der
Fachverband Biogas e.V. keine Haftung.
Für einen wirtschaftlichen Anlagenbetrieb ist neben der reinen Stromeinspeisung auch eine sinnvolle
Wärmenutzung notwendig. Hierbei sollte besonderer Wert auf eine möglichst gleichmäßige
ganzjährige Wärmeabnahme gelegt werden. Zukünftig bieten die Gasaufbereitung und die
Einspeisung ins Erdgasnetz bzw. die Nutzung als Kraftstoff für den mobilen Bereich weitere
wirtschaftliche Optionen. Parallel zur Bewertung der energetischen Produkte (Strom, Wärme,
Biomethan) stellt die Kreislaufführung der im Input zugeführten Nährstoffe einen zunehmend
wichtigeren Aspekt für den Betrieb von Biogasanlagen dar. Der Düngewert der Gärprodukte nimmt mit
steigenden Mineraldüngerpreisen kontinuierlich an Wert zu.
Den oben aufgeführten Einnahmemöglichkeiten stehen verschiedene Kostenblöcke
gegenüber. Den größten Umfang bei den Betriebskosten nehmen im Regelfall die Substratkosten mit
bis zu 50 % ein. Hinzu kommen Kapitalkosten für die Investition der Anlage (Zinsansatz und
Abschreibung), Wartungs- und Reparaturkosten, Lohnkosten, Prozessenergie (Strom und Wärme),
weitere Betriebsstoffkosten (wie z.B. Zündöl, Schmierstoffe, Gärhilfsstoffe etc.) und sonstige Kosten
(Laboranalysen, Beratung, Verwaltung, Pacht, Maschinenkosten, usw.).
Faustzahlen für landwirtschaftliche Biogasanlagen:
Boni nach dem EEG
2009/Leistungsschwellen
150 kW
500 kW
5 MW
1.a Grundvergütung
11,67 9,18 8,25
1.b Luftreinhaltungsbonus
1 1
2. NawaRo – Bonus
7 7 4
2.a Landschaftspflegebonus
2 2
2.b Güllebonus
4 1
3.a Technologiebonus (ohne Gaseinspeisung) 2 2 2
3.b Technologiebonus (Gaseinspeisung)
In Abhängigkeit von der Größe der
Gasaufbereitungsanlage 1 bis 2 Cent
5. KWK-Bonus
3 3 3
1 m³ Biogas
(abhängig vom Methangehalt)
5,0 – 6,5 kWh
gesamt
Investitionskosten
(abhängig von Technik)
2.000 – 5.000 €/kW
el.
1 m³ Biogas
1,5 – 3 kWh
el.
BHKW-Laufzeit
7.000 – 8.300 h/a
1 Großvieheinheit Gülle
(500 kg Lebendgewicht pro Tier)
0,15 – 0,20 kW
el.
1 ha Silomais
2 – 3 kW
el.
Gülleanfall 1 GV
(Milchkuh)
20 m³
Substratmenge 1 ha
Silomais
54 – 90 m³
Elektrischer Wirkungsgrad
– BHKW
30 – 44 %
Thermischer
Wirkungsgrad BHKW
40 – 60 %