Keesman Osemund aus der Museen der Stadt Altena (2001)

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Ingo Keesmann

Osemund aus den Museen

der Stadt Altena

Leicht überarbeitete Internetversion eines Untersuchungsberichtes
an das Museum der Grafschaft Mark, Altena.

Mainz, 28. März 2001

Anschrift des Verfassers:

Ingo Keesmann (

ingo@keesmann.de

)

Arbeitsgruppe Archäometallurgie
Institut für Geowissenschaften, Universität Mainz
55099 Mainz - Deutschland

http://www.uni-mainz.de/FB/Geo/Geologie/archaeo/

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I. Keesmann, Osemund Museen Altena 2

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Inhaltsverzeichnis

Zielsetzung ..................................................................................................................................... 3
Untersuchungsmethoden ............................................................................................................. 3
Materialstruktur ........................................................................................................................... 4
Rohmaterial, Vorprodukte ............................................................................................................... 5
Fertigprodukte ................................................................................................................................ 8
Halbfertigteile, etc. ....................................................................................................................... 13
Interpretation .............................................................................................................................. 21
Zusammenfassung ...................................................................................................................... 23
Anerkennungen ........................................................................................................................... 24
Literatur ...................................................................................................................................... 24

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I. Keesmann, Osemund Museen Altena 3

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Zielsetzung

Eisengewinnung und Eisenverarbeitung haben im märkischen Sauerland überÃurchschnittlich

lange Tradition. Aus den Untersuchungen insbesondere von M. Sönnecken und H.L. Knau ist

bekannt, welchen außerordentlichen Umfang die metallurgischen Aktivitäten in dieser Region

bereits in relativ früher Zeit hatten .

1

Das von A. Jockenhövel geleitete Gemeinschaftsprojekt zur

archäologischen und naturwissenschaftlichen Erforschung der Eisenmetallurgie im märkischen

Sauerland hat das bisherige Bild noch wesentlich erweitert : Aus dem Bereich der Kerspetal-

sperre kennen wir inzwischen die ältesten, wahrscheinlich aus dem 13. Jh. stammenden Öfen mit

Flußeisengewinnung

2

. Damit verdichten sich unsere Vorstellungen von der Eisengewinnung und

der Entwicklung der Eisentechnologie für die Zeit bis ins hohe Mittelalter. Demgegenüber steht

in derselben metallurgischen Provinz der sogenannte Osemund mit seiner vielgerühmten Qualität

als Werkstoff, ohne daß bisher eine auch nur annähernd präzise Aussage möglich zu sein schien,

worum es sich dabei wirklich handelt. Rennfeuereisen und kohlenstoffreiches Flußeisen sind die

Rohmetallqualitäten, die bei der Reduktion aus Erz gewonnen wurden. Wir können nach dem

bisherigen Stand unserer Kenntnis davon ausgehen, daß die Gewinnung von Flußeisen rasche

regionale Verbreitung fand. Andererseits bildete die alte Technik des Rennfeuerverfahrens eine

notwendige Voraussetzung, dieses neue Produkt zu brauchbaren Werkstoffen mit den bisher be-

kannten günstigen Eigenschaften umzuwandeln, die man von der Verarbeitung des Renneisens

kannte. In diesen Zusammenhang könnte der Osemund gehören. Er wird gemeinhin als beson-

ders qualitätsvolle Form von kohlenstoffarmem Eisen verstanden.

Die Museen der Stadt Altena verfügen über eine kleine Sammlung alter Eisenteile, Halbzeug und

Fertigteile, die nach Beurteilung von M. Sönnecken entweder Osemund oder damit zusammen-

hängende Qualitäten sein könnten. Zumindestens handelt es sich um wahrscheinlich lokal gefer-

tigte Produkte aus regionaler metalltechnischer Tradition. Diese Metallteile aus Altena wurden in

Mainz vorgelegt, dort Proben genommen und untersucht.

Untersuchungsmethoden

Die Präparation und Untersuchung erfolgte mit Methoden, die eigentlich für die Routineuntersu-

chung von Schlacken entwickelt wurden, die aber auch auf das hier vorliegende Untersuchungs-

material anwendbar sind.

Die Probenahme wurde mit der Diamantsäge und Wasserkühlung durchgeführt. Darauf folgte

einstufiges Läppen mit Siliciumcarbid (Körnung 800) sowie nachfolgend eine dreistufige

Diamantpolitur (6, 3, 1

µ

m) in 1"-Epoxygießlingen ohne Füllstoffe in jeweils 2 Parallel-

präparaten. Chemische Politur wurde nicht eingesetzt. Dadurch sind u.a. besonders gute Voraus-

setzungen für die Untersuchung auch der silikatischen Einschlüsse gegeben. Nach der polari-

sationsmikroskopischen Untersuchung der Einschlüsse und des Einschluß- sowie Metall- und

Rostgefüges wurden die Metallproben mit alkoholischer Salpetersäure („Nital“) bzw. nach

Beraha geätzt, erneut untersucht und fotografisch dokumentiert. Chemische Untersuchungen

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wurden bisher noch nicht durchgeführt, mikrochemische Untersuchungen und eine noch

eingehendere metallografische Bearbeitung sind in Vorbereitung.

Nach den bisherigen und den hier vorgelegten Befunden ist das Untersuchungsmaterial derart

heterogen, daß pauschalchemische Untersuchungen und Härtemessungen einen mehr als frag-

würdigen Wert im Hinblick auf Aussagen zu Einzelheiten des oder der Ferigungsprozesse hätten.

Folglich wird darauf verzichtet.

Materialstruktur

Das zur Untersuchung angelieferte Material enthielt einen Schlackenzapfen, der wahrscheinlich

auf Grund seiner Form und Farbe in die Probenauswahl geriet. Andererseits scheinen Schlacken

dieses Typs durchaus charakteristisch für die Schlackenabfälle der „Osemundschmitten“ zu sein

3

. Seine eutektische Zusammensetzung markiert mit einer Temperatur um ca. 1000

°

C die abso-

lut unterste Grenze, bei der eine Osemundluppe aus dem Reduktionsprodukt Flußeisen gezogen

werden konnte. Dies geschah in Gegenwart und mit Hilfe einer Schlackenschmelze (Woeste

1985).

4

Die untersuchten Eisenstücke gehören sicher unterschiedlichen Stoffgruppen an, wahrscheinlich

stammen sie darüber hinaus aus unterschiedlichen Zeiten. Nach dem Untersuchungsbefund kom-

men in Betracht:

geschmiedete Rohprodukte aus einem Rennfeuerverfahren

oder aus der Umschmelzung von Flußeisen (Abbildungen 1 bis 3);

Fertigprodukte (Abbildungen 4 bis 8);

Halbfertigprodukte, Arbeitshilfen (Abbildungen 9 bis 17).

Es handelt sich um eine Zufallskollektion mit einer eher geringen Stückzahl. Die Bandbreite der

unterschiedlichen Produkte ist beträchtlich, bei durchaus unterschiedlichen Befunden selbst in

vergleichbaren Stücken. Daraus ergibt sich ganz selbstverständlich, daß hier lediglich ein erster

Versuch unternommen werden kann ein Prinzip heraus zu filtern, das diesem zeitlich, regional

und qualitativ spezifischen Teil der Eisentechnologie zu Grunde gelegen haben könnte.

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1

Sönnecken 1971, Sönnecken und Knau 1994 a,b

2

Jockenhövel 1999, Jockenhövel und Willms 1998

3

Auch die Schlackenabfälle der „Osemundschmitten“ wurden bisher noch nicht systema-
tisch untersucht. Eine entsprechende Arbeit ist derzeit auf der Grundlage einer umfangrei-
cheren Probenaufsammlung von ausgewählten Fundpunkten im Gang (I. Keesmann und

A. Sveikauskaite)

4

Woeste 1985, Seiten 30-31

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Rohmaterial, Vorprodukte

Das Probenmaterial enthält zwei korrodierte kurze Stäbe von ca. 12x17mm bzw. 6x18mm Um-

fang, entsprechend einem Querschnitt von ca. 1 bzw. 2 cm

2

(Abb. 1.1 und 1.2). Beide Stäbe sind

in ihrer Textur jeweils sehr uneinheitlich, ebenso in der Zusammensetzung. Verteilung, Größe

und Menge der Einschlüsse charakterisieren das Material als sehr inhomogen, im Gegensatz zu

allen übrigen untersuchten Proben und ohne klar erkennbare Tendenz zur Homogenisierung. Es

handelt sich schlicht um relativ kohlenstoffarmes Eisen in Stabform, entweder Material aus dem

Rennfeuerprozess oder, was hier durchaus naheliegt, in Gegenwart einer dem Rennfeuer ähnli-

chen Schmelze stark entkohltes Flußeisen. Das Ausgangsmaterial enthielt glasige bzw. mikro-

kristalline Einschlüsse, vermutlich Reste der Verhüttungsschlacke oder aus dem Umschmelz-

prozeß. Die Bedingungen, unter denen diese Stäbe erzeugt wurden, waren leicht oxidierend.

Dem entsprechen die Zusammensetzungen der fayalitischen bzw. wüstitreicheren Einschlüsse,

die sich im Verlauf des Nachbearbeitungsprozesses bilden (Präparat 2818, Abbildung 2.2 bzw.

3.2). Im Schmiedeprozeß konnten sich daneben praktisch wüstitfreie Einschlüsse unter stärker

reduzierenden Bedingungen bilden, teilweise mit höheren Leucitanteilen (Präparat 2821, Abbil-

dung 2.1). Leucit weist hier auf einen erhöhten Aschegehalt in der Schlacke hin. Die mechani-

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Präparat 2821, ohne Nr. , Inv.Nr. 000510/14
Dünner Langstab, korrodiert, Querschnitt, Nital-Ätzung.
Die ferritsche Metallfläche enthält zahlreiche Einschlüsse (hell). Vorzugsrichtungen sind nicht zu
erkennen.

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Präparat 2818, Probe-Nr. R 3218a, Inv.Nr. 000510/14
Dünner Langstab, korrodiert, Querschnitt, Beraha-Ätzung
Material inhomogen in Korngrößenverteilung, Verteilung der Einschlüsse und Perlitanteil. Vor-
zugsrichtungen sind nicht zu erkennen.

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sche Bearbeitung erfolgte offenbar bei kontinuierlicher Drehung des Werkstückes. Als Folge ent-

wickelten sich wolkenförmige, gedrehte Strukturen von Einschlußfahnen, die durch mechanische

Zerkeinerung größerer Silikateinlagerungen und Umorientierung entstanden. Dieselben Struktu-

ren sind in Fertigprodukten wieder zu finden (s.u.). Woeste gibt einen Querschnitt von ca. 3 cm

2

für Drahtosemund-Flachstangen an

1

. Selbst wenn man einen größeren Volumenverlust durch

Rost berücksichtigt, erreichen nur beide Querschnitte zusammen diesen Wert. Dies entspräche

demnach „.... Flachstangen, die auf den Drahtschmieden im ersten Arbeitsgang der Länge nach

gespalten wurden ...“.

2

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A b b i l d u n g 2 . 1

A b b i l d u n g 2 . 1

A b b i l d u n g 2 . 1
Präparat 2821, Bild Nr. 3533
Leucitreicher Einschluß, teilweise mechanisch zu feindisperser Einschlußwolke abgearbeitet.
Auflicht, 1 Pol. Bildbreite ca. 0,47 mm.

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Präparat 2818, Bild Nr. 3516
Mikrokristalliner Einschluß (fayalitisch ?) mit wenigen und sehr feinen Wüstitdendriten.
Auflicht, 1 Pol. Bildbreite ca. 0,19 mm.

2.1 2.2

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1

Woeste 1985, Seite 35

2

Woeste 1985, Seite 36. Zum Alter der untersuchten Proben lagen während der Untersu-

chung keine Angaben vor. Stäbe aus möglicherweise sehr viel älterem Rennfeuereisen könnten
vergleichbare Zusammensetzung und Gefüge aufweisen !

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A b b i l d u n g 3 . 1

A b b i l d u n g 3 . 1
Präparat 2821, Bild Nr. 3531
Fayalitreicher Schlackeneinschluß ohne Wüstit, vermutlich mit Eisen-Neubildung innerhalb des
Einschlusses.
Auflicht, 1 Pol. Bildbreite ca. 0,47 mm.

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A b b i l d u n g 3 . 2
Präparat 2818, Bild Nr. 3520
Schlackeneinschluß mit Fayalit (feinkristallin), wüstitreich. Wüstit bildet sich im Kontakt mit me-
tallischem Eisen.
Auflicht, 1 Pol. Ölimmersion. Bildbreite ca. 0,09 mm.

Abbildungen 3.1 und 3.2 belegen verschiedene Redoxbedingungen bei der Berarbeitung der bei-

den Eisenstangen im Schmiedefeuer. Darüber hinaus sind auch innerhalb ein und desselben Pro-

duktes die Verarbeitungsbedingungen deutlich unterschiedlich (vgl. Abbildungen 2.2 und 3.2).

3.1 3.2

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Fertigprodukte

Von drei eisernen Ketten wurde je ein Kettenglied untersucht. Es sind eindeutig Fertigprodukte

ein und der selben Art. Überdies sind die Dimensionen der einzelnen Glieder der drei Ketten

durchaus miteinander vergleichbar. An ihnen sollte es deutlich werden, ob ein bestimmtes Prin-

zip ihre Herstellung charakterisiert. Wie die Abbildungen 4.1 bis 4.3 zeigen, kann der Unter-

schied der Gefügebilder an den drei Proben, die obendrein immer an etwa der gleichen Stelle der

Kettenglieder genommenen wurden, kaum größer sein ! Bei eingehenderer Untersuchung zeigt

sich jedoch, daß alle drei Proben trotzdem vergleichbar aufgebaut sind. Die im Querschnitt er-

kennbaren gemeinsamen Merkmale sind :

Aufbau aus vielen dünnen Lagen;

ungleichmäßig verteilter Kohlenstoffgehalt;

spiegelsymmetrisches Gefüge.

Der Lagenbau ist besonders an den geätzten Flächen sehr gut zu erkennen. Der Kohlenstoff-

gehalt ist in den drei Proben sehr unterschiedlich, aber in allen Fällen in einzelnen Lagen oder

Zonen angereichert: als „Girlande“, mehrwulstiger Kern oder parallele Bahnen mit etwas höhe-

rem Perlitanteil.

A b b i l d u n g 4 . 1

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A b b i l d u n g 4 . 1

A b b i l d u n g 4 . 1

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Präparat 2808, Probe-Nr. P 2177, Inv.Nr. 000510/1
Kettenglied, Querschnitt rechteckig - stark gerundet. Nital-Ätzung.
Ausgeprägtes Parallelgefüge aus dünnen, überwiegend ferritischen Lagen (dunkel) und eingela-
gerten gröberen Bereichen mit höherem Kohlenstoffgehalt (hell).

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Präparat 2809, Probe-Nr. Z 90/482 - P 882/34, Inv.Nr. 000510/2
Kettenglied, Querschnitt isometrisch - stark gerundet. Nital-Ätzung.
Ausgeprägtes Parallelgefüge aus dünnen, überwiegend ferritischen Lagen (dunkel) um einen
mehrteiligen Kern aus höher kohlenstoffhaltigem Stahl (hell, diffus).

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A b b i l d u n g 4 . 3

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Präparat 2810
Probe-Nr. Z 90/482 - P 882/35, Inv.Nr. 000510/3
Kettenglied, Querschnitt rechteckig - kantengerundet. Nital-Ätzung.
Ausgeprägtes Parallelgefüge in symmetrischen Bögen und einer lockenförmigen Einschlußfahne,
spiegelsymmetrisch, überwiegend ferritisch.

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In der kohlenstoffärmsten Probe (Abbildung 4.3) tritt mit der Perlitverteilung und insbesondere

mit einer deutlich erkennbaren Mittelnaht, zu der die Silikateinschlüsse beidseitig parallel orien-

tiert sind, der spiegelsymmetrische Aufbau besonders deutlich hervor. Einen ähnlichen Aufbau

zeigt Abbildung 4.1, wenngleich weniger scharf gefaltet und daher ohne eine so deuliche Mittel-

naht. Der symmetrische Aufbau in Abbildung 4.2 ist seitlich verschoben, bei gleichzeitig starker

Stauchung und Deformation sowohl der ferritischen Außenlagen wie des perlitischen Kerns.

Das Ausgangsmaterial ist durchaus mit den oben beschriebenen Rohprodukten vergleichbar:

hoher Anteil an eingeschmiedeten Einschlüssen;

gerollte Struktur von Einschlußfahnen;

stark wechselnder Gehalt an silikatischen und oxidischen Bestandteilen

der Einschlüsse von Glas bis nahezu ausschließlich Wüstit;

lagenweise wechselnder Kohlenstoffgehalt.

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A b b i l d u n g 5 . 1
Präparat 2808, Bild Nr. 3489
Zementitfilme auf Gleichgewichtskorngrenzen von Ferrit („Tertiärzementit“). Stark gerundete
bis kugelige (Schlacken-)Einschlüsse, teilweise von Ferrit überwachsen.
Nital-Ätzung, Auflicht, 1 Pol. Bildbreite ca. 0,19 mm.

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Präparat 2808, Bild Nr. 3574
Übergang zwischen Bereichen mit unterschiedlichem Kohlenstoffgehalt (Perlit: dunkel).
Nital-Ätzung, Auflicht, DIC. Bildbreite ca. 0,47 mm.

5.1 5.2

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Der Aufbau der drei Kettenglieder zeigt einerseits die Tendenz zu einer stofflichen Homogenisie-

rung, andererseits ein bewußt aufgebautes Schichtgefüge. Offen bleibt zunächst der Ursprung der

Mehrlagigkeit vor der Faltung. Eine symmetrische Kohlenstoffverarmung ist nicht zu erkennen.

Der stark unterschiedliche Kohlenstoffgehalt in benachbarten und zusammenhängenden größeren

Flächen kann das Ergebnis der Verschweißung unterschiedlich zusammengesetzter Werkstoffe

sein. Die deutliche Differenzierung in unterschiedlich zusammengesetzte dünne Lagen im Korn-

größenbereich (vgl. Abbildung 6.2) ist aber möglicherweise das Ergebnis der Segregation bei der

schmiedenden Heißbearbeitung. Die Kombination verschiedener Materialeigenschaften in ei-

nem mehrlagigen Gefüge führt zu einem formstabilen Werkstück hoher Festigkeit. Insbesondere

in den kohlenstoffärmeren Bereichen dürften die zahlreichen und orientierten Einschlüsse beson-

deren Anteil an den Materialeigenschaften haben.

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Präparat 2808, Bild Nr. 3485
Perlitreiche Schliere (hell) mit randlichem Übergang zu streifiger Anordnung.
Nital-Ätzung, Auflicht Dunkelfeld. Bildbreite ca. 1,90 mm.

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Präparat 2808, Bild Nr. 3576
Kohlenstoffarmer Bereich mit ausgeprägter Ausrichtung des interstitiellen Perlits (dunkel, ver-
mutlich Segregation) zwischen den Ferritkristallen (hell).
Nital-Ätzung, Auflicht, DIC. Bildbreite ca. 0,47 mm.

6.1

6.2

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A b b i l d u n g 7 . 1

A b b i l d u n g 7 . 1

A b b i l d u n g 7 . 1

A b b i l d u n g 7 . 1
Präparat 2808, Bild Nr. 3486
Im Randbereich des Kettengliedes eingeschmiedete Oxidkrusten (Zunder) in ferritischem Eisen.
Nital-Ätzung, Auflicht, 1 Pol. Bildbreite ca. 0,93 mm.

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A b b i l d u n g 7 . 2
Präparat 2810, Bild Nr. 3497
Grober Einschluß von Wüstit-Fayalit-Schlacke, oberflächengerundet, teilweise plastisch
zerschert, mit sehr deutlicher Einregelung. Daneben zahlreiche, ebenfalls oberflächengerundete
und orientierte kleine Einschlüsse.
Auflicht, 1 Pol. Bildbreite ca. 0,47 mm.

7.1 7.2

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I. Keesmann, Osemund Museen Altena 12

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A b b i l d u n g 8 . 1

A b b i l d u n g 8 . 1

A b b i l d u n g 8 . 1

A b b i l d u n g 8 . 1

A b b i l d u n g 8 . 1
Präparat 2809, Bild Nr. 3490
Zahlreiche kleinere Einschlüsse in paralleler Anordnung, teilweise scharf ausgezogen, andere kno-
tig mit Wüstiteinlagerungen.
Auflicht, 1 Pol. Bildbreite ca. 0,47 mm.

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Präparat 2810, Bild Nr. 3507
Einschlußschar aus Glas bzw. mikrokristalliner Schlacke mit Tyndall-Effekt („blaue Schlacke“). Die
Einschlüsse sind in der Hauptstreckrichtung orientiert, plastisch zerschert und schließlich senk-
recht dazu teilweise zerbrochen.
Auflicht, 2 Pol., Ölimmersion (Dunkelfeldeffekt). Bildbreite ca. 0,09 mm.

8.1

8.2

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I. Keesmann, Osemund Museen Altena 13

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Halbfertigteile, etc.

Die meisten der untersuchten Eisenteile sind nicht ohne zusätzliche Annnahmen einem bestimm-

ten Zweck oder einer bestimmten Zwischenstufe im Fertigungsprozeß zuzuordnen. Teilweise

handelt es sich wohl um einfach gestaltete Arbeitshilfen, mindestens in einem Fall um ein nicht

fertig gestelltes Produkt besonderer Güte. Die Zusammensetzung reicht von ferritisch bis

eutektoid, mit teilweise sehr stark unterschiedlichen Gefügen auch bei vergleichbarem

Kohlenstoffgehalt. Ein Merkmal ist allen Proben gemeinsam: das mehrlagige und streifige,

überwiegend sehr dünnschichtige Gefüge.

A b b i l d u n g 9 . 1

A b b i l d u n g 9 . 1

A b b i l d u n g 9 . 1

A b b i l d u n g 9 . 1

A b b i l d u n g 9 . 1
Präparat 2816, Probe-Nr. P 5735, Inv.Nr. 000510/9
Ende einer Eisenstange mit quadratischem Querschnitt. Nital-Ätzung.
Ausgeprägtes Parallelgefüge mit gleichzeitig sehr unterschiedlicher Zusammensetzung. Zusätzli-
che Fuge mit Rostbildung zwischen dem ferritischen (links) und den stärker aufgekohlten Antei-
len (rechts, heller). Es ist anzunehmen, daß an dem hier untersuchten Stangenende der ur-
sprünglich heterogene Schichtenaufbau am besten erhalten ist.

A b b i l d u n g 9 . 2

A b b i l d u n g 9 . 2

A b b i l d u n g 9 . 2

A b b i l d u n g 9 . 2

A b b i l d u n g 9 . 2
Präparat 2811, ohne Nr., Inv.Nr. 000510/4
Vierkantstange mit quadratischem Querschnitt. Nital-Ätzung.
Präparatefläche in Stabrichtung. Durch sehr viele Einschlüsse markiertes, sehr stark ausgepräg-
tes Parallelgefüge.

In den Abbildung 9.1 und 9.2 sind zwei Proben gegenübergestellt, die Unterschiede und Gemein-

samkeiten aufzeigen: Beide Proben sind sehr feinlagig aufgebaut. Probe Abbildung 9.1 besteht

aus drei Hauptlagen, die jede für sich sehr fein lamellar zusammengesetzt sind. Dabei weisen sie

aber sehr deutlich verschiedene Kohlenstoffgehalte auf.

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I. Keesmann, Osemund Museen Altena 14

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A b b i l d u n g 1 0 . 1

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A b b i l d u n g 1 0 . 1
Präparat 2811, Bild Nr. 3514
Parallel in Eisen eingelagerte Schlackeneinschlüsse mit sehr unterschiedlicher Zusammensetzung
unmittelbar nebeneinander : Fayalit-Wüstit-Schlacke neben Glas. Größere Einschlüsse sind zu-
nächst plastisch gestreckt und anschließend senkrecht zur Streckrichtung mehrfach spröde zer-
legt.
Auflicht, 1 Pol. Bildbreite ca. 0,19 mm.

A b b i l d u n g 1 0 . 2

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A b b i l d u n g 1 0 . 2

A b b i l d u n g 1 0 . 2

A b b i l d u n g 1 0 . 2
Präparat 2811, Bild Nr. 3583
Parallele Einschlüsse (Glas) in hypeutektoidem (?) Stahl, feinkörnig.
Nital, Auflicht, DIC. Bildbreite ca. 0,47 mm.

10.1 10.2

Die Kohlenstoffverteilung zwischen den drei Schichtpaketen und die zusätzliche Materialfuge

zwischen dem kohlenstoffärmsten Teil und den übrigen Bereichen können dahingehend interpre-

tiert werden, daß es sich ursprünglich um mindestens zwei, wahrscheinlich aber drei selbständige

Teile handelte, die im Feuer verschweißt wurden. Demnach handelt es sich um Schweißdamast.

Jede der drei Einzellagen kann ihrerseits wieder als das Produkt der Verschweißung mehrerer

Lagen verstanden werden. Das wird besonders an der heterogenen mittleren Lage deutlich. Probe

Abb. 9.2 besteht vermutlich aus mehr als 20 Einzelllagen, die jede für sich wiederum fein lamel-

lar ausgebildet ist. Aber alle Lagen haben in diesem Fall vergleichbar hohe Kohlenstoffgehalte.

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I. Keesmann, Osemund Museen Altena 15

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A b b i l d u n g 1 1 . 1

A b b i l d u n g 1 1 . 1

A b b i l d u n g 1 1 . 1

A b b i l d u n g 1 1 . 1
Präparat 2816, Bild Nr. 3599
Kohlenstoffreicher Stahl, isometrischer Großkristall, Einschlüsse sind nicht sichtbar.
Beraha-Ätzung, Auflicht, DIC. Bildbreite ca. 0,47 mm.

A b b i l d u n g 1 1 . 2

A b b i l d u n g 1 1 . 2

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A b b i l d u n g 1 1 . 2

A b b i l d u n g 1 1 . 2
Präparat 2816, Bild Nr. 3600
Einschlußbahnen mit orientierten Schlackenteilchen und davon weitgehend unabhängiges isome-
trisches Stahlgefüge.
Beraha-Ätzung, Auflicht, DIC. Bildbreite ca. 0,47 mm.

11.1

11.2

Im Ätzbild heben sich die einzelnen Schichtpakete durch sehr schmale, höher reflektierende

„Ätzschatten“ als Trennflächen voneinander ab. Zur Zeit wird untersucht, ob sich mit diesem

Erscheinungsbild signifikante Unterschiede in der chemischen Zusammensetzung ergeben. Die

Einschlußmuster entsprechen denen der anderen untersuchten Proben dieser und der übrigen

Stoffgruppen.

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I. Keesmann, Osemund Museen Altena 16

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A b b i l d u n g 1 2 . 1

A b b i l d u n g 1 2 . 1

A b b i l d u n g 1 2 . 1

A b b i l d u n g 1 2 . 1
Präparat 2813, Probe-Nr. P 5378/1, Inv.Nr. 000510/6
Damast-Stab Lamelle 1. Nital-Ätzung.

A b b i l d u n g 1 2 . 2

A b b i l d u n g 1 2 . 2

A b b i l d u n g 1 2 . 2

A b b i l d u n g 1 2 . 2

A b b i l d u n g 1 2 . 2
Präparat 2814, Probe-Nr. P 5378/2, Inv.Nr. 000510/7
Damast-Stab Lamelle 2. Nital-Ätzung.

A b b i l d u n g 1 2 . 3

A b b i l d u n g 1 2 . 3

A b b i l d u n g 1 2 . 3

A b b i l d u n g 1 2 . 3

A b b i l d u n g 1 2 . 3
Präparat 2815, Probe-Nr. P 5378/3, Inv.Nr. 000510/8
Damast-Stab Lamelle 3. Nital-Ätzung.

Alle drei Lamellenendstücke sind durch ein enges Parallelgefüge aus zahlreichen Einschlußbahnen
gekennzeichnet. Im Detail sind deutliche Unterschiede zu erkennen.

Die untersuchten Teil-Lamellen sind in sich ebenfalls einheitlich lamellar aufgebaut. Sie unter-

scheiden sich in ihrem Kohlenstoffgehalt und ihrem Gefüge zwar deutlich aber nicht grundsätz-

lich voneinander. Trotz des hohen Grades der Ausschmiedung sind die zahlreichen dünnen,

wahrscheinlich blättchenförmigen Einschlüsse ein wesentlicher Bestandteil des Produktes.

Ein Teil der Einschlüsse ist noch immer glasartig, teilweise mit deutlichem Hinweis auf flüssig-

flüssig-Entmischung.

1

Die fertig geschmiedete Stange dürfte in ihrem Gefüge dem Material der

Bei den Proben 1, 2, 3 der Abbildung 12 handelt es sich in der Tat um drei Lamellen eines mehr-

schichtigen Paketes, das stufenweise verdichtet und im fertig geschmiedeten, stark verjüngten

Teil eine Stange aus Schweißdamast mit quadratischem Querschnitt ist.

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I. Keesmann, Osemund Museen Altena 17

_____________________________________________________________________________________________

Abbildung 9.2 völlig entsprechen. Auch eine zusätzlich untersuchte 4x4 cm-Vierkantstange ist

sehr ähnlich aufgebaut (Abbildung 15.1). Möglicherweise hat diese Probe jedoch zumindest in

dem untersuchten Endstück eine stärkere Aufheizung oder eine mechanische Veränderung nach

dem Schmieden erlebt.

Ganz sicher war das Ende einer anderen Eisenstange mit quadratischem Querschnitt nachträglich

besonders hohen Temperaturen ausgesetzt (Abbildung 15.2). Das belegt die Anlagerung einer

kohlenstoffreichen Metallschicht über einer fayalitischen Schlackenzone. Im ursprünglichen

A b b i l d u n g 1 3 . 1

A b b i l d u n g 1 3 . 1

A b b i l d u n g 1 3 . 1

A b b i l d u n g 1 3 . 1

A b b i l d u n g 1 3 . 1
Präparat 2814, Bild Nr. 3546
Mechanische Rißbildung senkrecht und mit Versetzungen parallel zu den orientierten lamellaren
Einschlüssen.
Auflicht, 1 Pol. Bildbreite ca. 1,9 mm.

A b b i l d u n g 1 3 . 2

A b b i l d u n g 1 3 . 2

A b b i l d u n g 1 3 . 2

A b b i l d u n g 1 3 . 2

A b b i l d u n g 1 3 . 2
Präparat 2815, Bild Nr. 3596
Kohlenstoffreicher Stahl mit feinkörnigem, isometrischem Korngefüge, das die Bahnen parallel
orientierter Einschlüsse überwächst.
Beraha-Ätzung, Auflicht, 2 Pol. DIC. Bildbreite ca. 0,47 mm.

13.1 13.2

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I. Keesmann, Osemund Museen Altena 18

_____________________________________________________________________________________________

Ende der Eisenstange ist eine Zonierung im Kohlenstoffgehalt zu beobachten : er nimmt nach

außen hin zu. Dem entspricht auch der rasche Wechsel der Zusammensetzung der zahlreichen

kugeligen Einschlüsse. Die Anordnung dieser Einschlüsse läßt zwar ebenfalls eine gewisse Ori-

entierung erkennen, sie ist jedoch insgesamt stark gebogen bis wolkig (Abbildung 16.1). Das Ge-

füge des kalten Teiles der Stange ist nicht bekannt. Die Schlacke ist relativ sulfidreich und befin-

det sich im Gleichgewicht mit metallischem Eisen. Es bildet sich kohlenstoffarmes Eisen in situ.

Der kohlenstoffreiche Überzug könnte darauf hinweisen, daß es sich z.B. nicht um ein Werkzeug

aus dem Puddelprozeß handelt. Als Stoßstange zum Schlackenabstich wäre vielleicht mehr

Wüstit oder gar Zunderbildung mit Magnetit (

±

Hämatit) zu erwarten. Nach dem Befund ist ein

Kontakt des Stangenendes mit flüssigem kohlenstoffreichen Flußeisen dagegen als wahrscheinli-

cher anzunehmen.

A b b i l d u n g 1 4 . 1

A b b i l d u n g 1 4 . 1

A b b i l d u n g 1 4 . 1

A b b i l d u n g 1 4 . 1

A b b i l d u n g 1 4 . 1
Präparat 2814, Bild Nr. 3595
Parallelorientierte, glasreiche Einschlüsse mit Anzeichen von Entmischung (?) in isometrischem
Korngefüge, feinkörnig.
Beraha-Ätzung, Auflicht, 2 Pol. DIC. Bildbreite ca. 0,19 mm.

A b b i l d u n g 1 4 . 2

A b b i l d u n g 1 4 . 2

A b b i l d u n g 1 4 . 2

A b b i l d u n g 1 4 . 2

A b b i l d u n g 1 4 . 2
Präparat 2813, Bild Nr. 3588
Kohlenstoffreicher Stahl mit besonders grobkörnigem, isometrischem Korngefüge und
silikatischen Einschlüssen.
Nital-Ätzung, Auflicht, 2 Pol. DIC. Bildbreite ca. 0,47 mm.

14.1 14.2

background image

I. Keesmann, Osemund Museen Altena 19

_____________________________________________________________________________________________

A b b i l d u n g 1 5 . 1

A b b i l d u n g 1 5 . 1

A b b i l d u n g 1 5 . 1

A b b i l d u n g 1 5 . 1

A b b i l d u n g 1 5 . 1
Präparat 2812, ohne Nummer, (Altena, ca. 1880?), Inv.Nr. 000510/5
Ende einer quadratischen Vierkantstange, Präparatefläche in Stabrichtung.
Enge parallele Einschlußbahnen, zum gerundeten Ende der Stange (Trennstelle ?) konvergent
gebogen.

A b b i l d u n g 1 5 . 2

A b b i l d u n g 1 5 . 2

A b b i l d u n g 1 5 . 2

A b b i l d u n g 1 5 . 2

A b b i l d u n g 1 5 . 2
Präparat 2817, Probe-Nr. P 5736, Inv.Nr. 000510/10
Überschmolzenes Ende einer Stange mit quadratischem Querschnitt. Nital-Ätzung.
Aus metallischen und einer schlackenreichen Lage (blasig) schalig aufgebaut. Vom Kern der
Stange über den Rand in die Außenzone zunehmend kohlenstoffreiches Metall (in der Aufnahme
heller diffus reflektierend).

Ein unmittelbarer Beweis fehlt, daß diese Stange im Anlaufverfahren zum Ziehen einer

Osemundluppe verwendet worden sein könnte. Dies gilt auch für eine untersuchte Rundstange,

deren Ende kolbenartig verdickt ist. Die Verdickung wurde im Rahmen einer früheren Untersu-

chung als „Osemundluppe“ angesprochen. Ihr schlieriges Einschlußgefüge, stark wechselnder

Anteil im Wüstitgehalt und entsprechend unterschiedliche Kohlenstoffgehalte im Eisen könnten

diese Annahme stützen. Selbstverständlich ist in diesem Material kein orientiertes Schmiede-

gefüge zu erwarten. Auch hier sind die Zusammensetzung und Struktur am hinteren, kalten Ende

der Rundstange nicht bekannt.

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I. Keesmann, Osemund Museen Altena 20

_____________________________________________________________________________________________

A b b i l d u n g 1 6 . 1

A b b i l d u n g 1 6 . 1

A b b i l d u n g 1 6 . 1

A b b i l d u n g 1 6 . 1

A b b i l d u n g 1 6 . 1
Präparat 2817, Bild Nr. 3549
Metall mit gebogenen Einschlußbahnen in der Nähe zum Kontakt mit Schlackenschmelze.
Reaktionssaum zwischen wüstitreicher Schmelze (dunkel) und massivem Eisen (hell).
Auflicht, 1 Pol. Bildbreite ca. 0,47 mm.

A b b i l d u n g 1 6 . 2

A b b i l d u n g 1 6 . 2

A b b i l d u n g 1 6 . 2

A b b i l d u n g 1 6 . 2

A b b i l d u n g 1 6 . 2
Präparat 2817, Bild Nr. 3556
Stark gerundete bis kugelige Einschlüsse im Eisen, teilweise mit hohem Wüstitanteil (Wüstit :
hellere Bereich in zweiphasigen Einschlüssen, rechts unten)
Auflicht, 1 Pol. Bildbreite ca. 1,9 mm.

16.1

16.2

______________________________________________________________________________

1

Ob es sich hierbei um eine Erbe aus dem ursprünglichen Flußeisen handelt oder Ergebnis

der späteren Überarbeitung ist, bleibt abzuwarten. Hierzu ist eine intensive mikrochemische Un-
tersuchung und der Vergleich mit dem entsprechenden silikatischen Material sowohl der alten
„Hochöfen“ als auch der Osemundschmieden erforderlich und im Gange.

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I. Keesmann, Osemund Museen Altena 21

_____________________________________________________________________________________________

A b b i l d u n g 1 7 . 1

A b b i l d u n g 1 7 . 1

A b b i l d u n g 1 7 . 1

A b b i l d u n g 1 7 . 1

A b b i l d u n g 1 7 . 1
Präparat 2817, Bild Nr. 3558
Kontaktbereich zwischen massivem Metall und Schlackenschmelze mit Reaktionssaum. Es bildet
sich metallisches Eisen durch Reduktion aus der Schmelze. Einschlüsse im Metall (weiß) sind FeS,
Pyrrhotin (gelb) und Schlacke (dunkel). Die Schlacke ist fayalitisch und enthält zahlreiche
Wüstitdendriten.
Auflicht, 1 Pol., Ölimmersion . Bildbreite ca. 0,09 mm.

A b b i l d u n g 1 7 . 2

A b b i l d u n g 1 7 . 2

A b b i l d u n g 1 7 . 2

A b b i l d u n g 1 7 . 2

A b b i l d u n g 1 7 . 2
Präparat 2817, Bild Nr. 3562
Wüstitreiche Schlacke mit wenig fayalitischer Zwischenkornmasse. Die feinen hellen Einschlüsse
sind metallisches Eisen (weiß) und FeS (Pyrrhotin, gelblich). Eisen und Pyrrhotin in der Schlacke
sind z.T. miteinander verwachsen.
Auflicht, 1 Pol., Ölimmersion. Bildbreite ca. 0,09 mm.

17.1 17.2

Interpretation

Der Begriff Osmund bzw. Osemund bezieht sich in der Literatur auf ganz unterschiedliche Eisen-

qualitäten und damit verbundene unterschiedliche Herstellungsverfahren. Es ist eine Art Abfolge,

an deren Beginn wohl der skandinavische Osemundofen steht

1

. Das im Osemundofen vorwie-

gend aus Sumpf- und Raseneisenerz erzeugte Eisen war direkt schmiedbar und dürfte in seiner

Qualität dem kohlenstoffarmen Renneisen entsprochen haben. Osemund hatte ganz bestimmte

Auffällig ist der starke Korngrößenunterschied von Wüstit in den verschiedenen Schlacken-
bereichen.

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I. Keesmann, Osemund Museen Altena 22

_____________________________________________________________________________________________

Eigenschaften, die diese Qualität auszeichneten. Percy (1864) und später Beck weisen z.B. aus-

drücklich darauf hin, daß Osemundeisen trotz seines relativ hohen Phosphorgehaltes nicht bruch-

anfällig war. Der Osemundofen und die damit verbundene Produktqualität konnte sich in Skandi-

navien auch noch im 19. Jh. neben den zu dieser Zeit bereits sehr weit entwickelten Hochöfen

behaupten. Beck verweist auf ein in Norwegen praktiziertes Verfahren, in dem aus rohem

Osemund erzeugtes Schmiedeeisen zu Stahl aufgekohlt wurde.

2

Darüber hinaus beschreibt

Beck ein Verfahren, in dem ab Beginn des 13. Jh. roher - und hier offensichtlich kohlenstoff-

reicher - Osemund im Schmiedefeuer „ausgeschmolzen“ und „teilweise entkohlt“ wurde. Dies

entspricht der Darstellung von Woeste 1985.

3

Das so gewonnene Produkt konnte einerseits zu

Draht, andererseits zu qualitätvollen Schneidwaren („westfälische Sensen“) verarbeitet werden.

4

Damit sind wir etwa in der Periode, in der wohl die Flußeisen erzeugenden Öfen des Kerspetales

anzusiedeln sind. Von da an bestand das Problem, das nun kohlenstoffreiche Rohprodukt in ge-

eigneter Weise zu entkohlen um es schmiedbar zu machen. Das in der Literatur beschriebene und

wahrscheinlich in den Osemundschmitten praktizierte Verfahren des Osemundfrischens (Percy,

Beck, Woeste, u.a.) dürfte diesem Zweck gedient haben. Danach folgten die Schritte, das Produkt

zu homogenisieren und evtl. mit kohlenstoffärmeren Qualitäten aus dem noch bestehenden

Rennfeuerverfahren zu geeigneten Werkstoffen zu kombinieren , d.h. Osemundeisen bzw.

Osemundstahl in dem hier angenommenen Sinne herzustellen.

In der Tat handelt es sich bei den in dieser Arbeit untersuchten Proben, von dem Schlacken-

zapfen abgesehen, ausschließlich um bereits sehr stark durchgeschmiedetes und gerecktes Mate-

rial. Die Unterschiede bestehen im Grad der Homogenisierung, im Kohlenstoffgehalt und in der

Art und Weise, wie und welche unterschiedlich zusammengesetzten homogenen Qualitäten mit-

einander kombiniert wurden.

Die beiden Eisenstäbe der Abbildung 1 dürften am Anfang dieser Verarbeitungskette liegen. Sie

sind im Kohlenstoffgehalt und der Verteilung der silikatischen und oxidischen Einschlüsse hete-

rogen, ohne erkennbare Tendenz zur stofflichen Homogenisierung oder Ausrichtung des Gefü-

ges. Die untersuchten Kettenglieder sind zwar auch heterogen, aber unter bewußter Ausnützung

dieser Eigenschaft systematisch zusammengesetzt. Die Zusammenschau der Gefüge von Materi-

al aus drei verschiedenen Ketten ergibt eine große Vielfalt der Möglichkeiten, durch mechani-

sche Faltung und übereinandergelegte Einzelschichten eine systematische Verteilung sowohl des

Kohlenstoffgehaltes als auch der Einschlüsse zu erzielen und damit gezielt die Werkstoff- und

Produkteigenschaften zu beeinflussen. Der schmiedenden Verformung überlagert sich der

Kristallisationsprozeß im Metall, sodaß die Spannungen wieder ausgeglichen werden. Lokal

kommt es dabei bereits zu Stoffsegregation. Nur ganz selten wurden Translationszwillinge im

Ferrit beobachtet. Die lokal sehr deutliche Kohlenstoffanreicherung im Kern von zwei Proben ist

offenbar primär und nicht das Ergebnis einer sekundären Entkohlung. Der Aufbau entspricht

vielmehr dem von Schwert- und Säbelklingen !

5

Das Gefüge mehrere Langstäbe mit außeror-

dentlich einheitlichem Gefüge zeigt, daß auch hier die Bearbeitung im heißen und rekristallisa-

tionsfähigen Zustand erfolgte und lateral stärkere Entkohlung praktisch nicht auftritt. Dagegen

sind zwischen einzelnen kohlenstoffreicheren Lagen immer wieder auch „Ätzschatten“ zu beob-

background image

I. Keesmann, Osemund Museen Altena 23

_____________________________________________________________________________________________

achten, die hier als Schweißbahnen gedeutet werden. Sie sind, neben einer einzelnen, in unter-

schiedlichen Bearbeitungsstufen vorliegenden Damaststange, ebenfalls deutliche Hinweise auf

das Fertigungsverfahren : Verschweißung von ähnlich oder unterschiedlich zusammengesetzten

geschmiedeten Bändern zu Damastpaketen, die in immer feinere Lagen ausgeschmiedet und zu

neuen Paketen zusammengelegt werden. Dazu wird unter dem Schutz einer dünnen Schmelz-

schicht gearbeitet.

6

Diese ist im Regelfall fayalitisch zusammengesetzt, kann aber bei stärkeren

Ascheanteilen auch glasreich sein. Inwieweit ein Teil der Einschlüsse noch aus einem Vorpro-

dukt „ererbt“ ist, muß einer detaillierten mikrochemischen Untersuchung vorbehalten bleiben.

Im Einzelfall und insbesondere an exponierten Endflächen erfolgt im Verlauf der Bearbeitung

stärkere Oxidation, die schließlich zu sehr oxidreichen Einschlüssen führt. Die zahlreichen, ex-

trem dünnplattig ausgeschmiedeten und streng orientierten Silikatanteile haben sehr wahrschein-

lich eine höhere Elastizität in der Stabrichtung und zusätzlich eine Härteanisotropie des Stahls

zur Folge.

7

Der mechanische Effekt der silikatischen Einlagerungen dürfte sich in kohlenstoff-

armen Qualitäten besonders stark bemerkbar machen.

Zusammenfassung

Es wurden 14 Proben von 11 verschiedenen Metallteilen und einem Schlackenzapfen aus dem

Bestand der Museen der Stadt Altena untersucht. Während zwei Metallproben lediglich die Qua-

lität von inhomogenem Rennfeuereisen aufweisen, zeichnen sich die übrigen Metall-Proben

durch ein auffällig komplexes und vielschichtiges Gefüge aus : Bei den stangenförmigen Produk-

ten handelt es sich um verschiedene Formen von Schweißdamast mit teilweise sehr hoher Lagen-

zahl und überwiegend ähnlicher, meist eutektoider Zusammensetzung. Die Glieder von drei un-

tersuchten Ketten erwiesen sich ebenfalls als damaszierte Produkte, jedoch mit gezielt eingesetz-

ten Unterschieden im Kohlenstoffgehalt. Alle Damastproben enthalten hohe Anteile extrem fein

orientiert ausgeschmiedeter, meist silikatischer Einschlüsse.

______________________________________________________________________________

1

Percy 1864, Band 2, Seite 320 ff

2

Beck (1894), Abteilung 1, Seite 833

3

Frischen im Osemund-Anlaufschmieden. Woeste 1985, Seite 31

4

Beck (1894), Abtlg. 1, Seite 829

5

Verschweißung von Eisen und Stahl, mit anschließender Schichtenverdoppelung,

Vgl. Beck (1884), Seite 849. Vgl. Aufbau einer edozeitlichen japanischen Schwertklinge

(in : I. Keesmann und A. Kronz 2001)

6

Vgl. Denig 1999, Seite 38

7

Vgl. Woeste 1985, Seite 34

background image

I. Keesmann, Osemund Museen Altena 24

_____________________________________________________________________________________________

Anerkennungen

Diese Untersuchung wurde durch eine Beihilfe der Museen der Stadt Altena ermöglicht. Aus der-
selben Quelle stammen die untersuchten Probenstücke, wofür allen Beteiligten herzlich gedankt
sei. Besonders zu Dank verpflichtet bin ich den Herrn Dr. M. Sönnecken und H.L. Knau, die sich
die größte Mühe gaben, den Autor zunächst einmal umfassend mit der Problematik und den
Geländebefunden vertraut zu machen. Die Untersuchungen erfolgten mit Material und Geräten,
die für verschiedene archäometallurgische Projekte von der Volkswagen-Stiftung zur Verfügung
gestellt wurden, zuletzt im Rahmen eines Gemeinschaftsprojektes (Kerspetalsperre) zusammen
mit A. Jockenhövel, Münster.

Literatur

Beck, L. (1894 ?): Die Geschichte des Eisens in technischer und kulturgeschichtlicher Bezie-

hung. 1. Abteilung, 2. Auflage, Vieweg, Braunschweig.

Denig, H. (1999): Alte Schmiedekunst. Damaszenerstahl. Band 2. Arbogast, Otterbach (Pfalz).

Freestone, I.C. und Powell, R. (1983): The Low Temperature Field of Liquid Immiscibility in the

System K

2

O-Al

2

O

3

-FeO-SiO

2

with Spezial Reference to the Join Fayalite-Leucite-Silica.

Contrib.Mineral.Petrol. 82, 291-299.

Jockenhövel, A. (1999) : (Erläuterungen zum Projekt „Frühes Eisen im märkischen Sauerland" im

Internet)

http://www.uni-muenster.de/GeschichtePhilosophie/UrFruehGeschichte/kier2.htm

Jockenhövel, A. und Willms, Chr. (1998): Neue mittelalterliche Hochöfen im märkischen Sauer-

land. Der Anschnitt 50, 131-133.

Keesmann, I. und Kronz, A. (2001) : Schlacken verschiedener Stufen der Eisentechnologie. Mit-

telalterliche Eisengewinnung und Verarbeitung im märkischen Sauerland. Internat.

Symposium Sandbjerg 1999 (Manuskript eingereicht).

Percy, J. (1864): Metallurgy. Iron; Steel. John Murray, London. Faksimile-Nachdruck,

Archaeologische Pers Nederland, Eindhoven. Band 2.

Sönnecken, M. (1971): Die mittelalterliche Rennfeuerverhüttung im märkischen Sauerland. Er-

gebnisse von Geländeuntersuchungen und Grabungen. Landeskundliche Karten und

Hefte, Geografische Kommission Westfalen. Reihe Siedlung und Landschaft in Westfa-

len, Nr. 7, 197 Seiten.

Sönnecken, M. und H.L. Knau (1994a): Grabungsberichte der Massenhütten im Raum Kierspe.

In: Knau, H.L. und Potyka, R. (Bearbeiter): Kierspe. Wirtschaft - Kultur - Geschichte.

Stuttgart. 407-446.

Sönnecken, M. und H.L. Knau (1994b): Rennfeuerhütten und wassergetriebene Werke im Raum

Kierspe. Karte 1:25 000. In: Knau, H.L. und Potyka, R. (Bearbeiter): Kierspe. Wirt-

schaft - Kultur - Geschichte. Stuttgart. Kartenbeilage.

Woeste, D. (1985): Der Osemund. Ein Beitrag zur Wirtschaftsgeschichte des Märkischen Sauer-

landes und zur Geschichte des Eisens. Altenaer Beiträge. Arbeiten zur Geschichte und

Landeskunde der ehemaligen Grafschaft Mark und des Märkischen Kreises. 277 Seiten.

Feunde der Burg Altena e.V., Altena..

Siehe dort auch weitere Literatur zum Thema.


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