Elektor
4/98
Die Messung der Gleichstromverstär-
kung eines Transistors ist im Prinzip
eine einfache Sache. Man muß ledig-
lich einen genau definierten Basis-
strom I
B
durch den Basis/Emitter-Über-
gang leiten und dabei den Kollektor-
strom I
C
messen. Der Quotient dieser
beiden Ströme ist der Gleichstromver-
stärkungsfaktor H
FE
. Wichtig ist aber
zu wissen, daß der Verstärkungsfaktor
(leider) keine Konstante ist, sondern
von der Größenordung beider Ströme
und von der angelegten
Kollektor/Emitter-Spannung U
CE
.
abhängt. Zu einem kleinen Basisstrom
gehört ein anderer Verstärkungsfaktor
als zu einem großen. Zu jedem Tran-
sistor gehört deswegen eine Kennlini-
enschar. Um genau zu wissen, wie sich
ein Transistor verhält, muß man mit
verschiedenen Basisströmen messen.
Die hier gezeigte Schaltung gebraucht
acht verschiedene Basisströme in 25-
µA-Schritten von Null bis 175 µA. Und
Mit dieser kleinen
Schaltung können
Kennlinien von
NPN- und PNP-
Transistoren auf
dem PC-Monitor
sichtbar gemacht
werden. Grund-
lage ist der
NPN/PNP-Kennlini-
enschreiber, den
Elektor 1993 vor-
stellte. Die Schaltung wurde vom Autor mit
einem neuen Wandler-IC und einer 32-bit-Soft-
ware ausgestattet, die unter Windows 95 läuft.
56
Von Sakari Aaltonen
NPN/PNP-
Kennlinienschreiber
Modifikation
mit Windows-Software
Technische Daten
- geeignet für NPN- und PNP-Transistoren
- wird an der parallelen Druckerschnittstelle angeschlossen
- grafische Wiedergabe der Kennlinien
- Netzteil “on board”
- komplett mit Windows-Software
- Meßbereich Kollektor/Emitter-Spannung 0...9 V
- I
C
wird mit 8 Basisströmen gemessen (0...175
µA)
- Maximal zu messender H
FE
von 570
- geeignet für Windows 95 oder Windows 3.1 mit Win32s-Erweiterung
bei jedem Wert variiert die Kollek-
tor/Emitter-Spannung in 256 Schritten
von 0 bis 9 V.
B
L O C K S C H A L T B I L D
Bild 1 zeigt das Blockschaltbild des
Kennlinienschreibers. Zentrale des
ganzen ist ein 11-bit-Binärzähler, der
während des Meßvorgangs von 0 bis
2047 zählt. Die unteren acht Bit (LSBs)
steuern einen D/A-Wandler, der die
Kollektor/Emitter-Spannung in 256
Stufen für den TUT (transistor under
test) produziert. Die drei meistsignifi-
kanten Bits steuern einen weiteren
D/A-Wandler, der den Basisstrom
(0...175
µA) in Schritten
von 25 µA erzeugt.
Der Wandler wurde
doppelt eingezeichnet,
da er sowohl positive
Basisströme zum Test
von NPN-Transistoren
als auch negative für
PNP-Typen liefern
kann.
Der Kollektorstrom
fließt über einen Refe-
renzwiderstand nach
Masse und erzeugt
über dem Widerstand
einen Spannungsab-
fall, der von einem
Analog/Digital-Wand-
ler erfaßt und in com-
putergerechte Form
gebracht wird. Wer die
Blockschaltung genau
inspiziert, wird fest-
stellen, daß beim PNP-
Transistor wie
gewünscht der Kollek-
torstrom, beim NPN-
Typen aber der Emit-
terstrom gemessen
wird, der sich aus Kol-
lektorstrom und Basisstrom zusam-
mensetzt (I
C
= I
E
- I
B
). Obwohl der
Einfluß des Basisstroms nur gering ist,
rechnet die Software ihn einfach her-
aus.
Clou der Schaltung ist aber, daß all
dies mit nur sechs Daten- und einer
Handshake-Leitung (zum Lesen der
Daten des A/D-Wandlers) vom PC
gesteuert werden kann. Dadurch ent-
spricht der Datenverkehr zwischen
Kennlinienschreiber und PC dem zwi-
schen PC und Drucker, so daß die
Schaltung an jedem Druckerschnitt-
stellen-Typ funktioniert, sei es Stan-
dard-Centronics, EPP oder ECP.
D
I G I T A L N A C H A N A L O G
N A C H D I G I T A L
Vom Blockschaltbild zur “echten”
Hardware (Bild 3) ist es nur ein kurzer
Weg. Der größte Teil ist identisch mit
der Schaltung von 1993, neu präsen-
tiert sich lediglich der D/A-Wandler
AD557JN, der besser erhältlich ist als
der ursprünglich eingesetzte ZN425.
Dieser D/A-Wandler, eine Verstärker-
stufe (IC3a) und der Treiber T1 sorgen
für die Kollektor/Emitter-Spannung
U
CE
. Der D/A-Wandler, der die Basis-
ströme produziert, ist diskret aufge-
baut. Die drei obersten Bits von IC1
liefern den Basisstrom für den NPN-
Transistor. Die Widerstände R8...R10
gewichten die Teilströme, die hinter
den Dioden zusammengeführt wer-
den, entsprechend ihrer Wertigkeit.
Beim PNP-TUT liegt der Fall ein wenig
komplizierter, da der Kollektor nicht
fest auf Massepotential liegt, sondern
der Kollektor/Emitter-Spannung folgt.
Um sicher zu gehen, daß der Transi-
stor auch bei einer niedrigen U
CE
(nahe 0 V) noch leitet, muß die Span-
nung an der Basis negativ sein. Daher
ist eine negative Hilfsspannungsquelle
in Form eines LM337 (IC6) nötig, die
–1,82 V zur Verfügung stellt. Die Tran-
57
Elektor
4/98
DAC
DAC
DAC
ADC
Centronics-
Interface
11-bit-
Zähler
E
C
C
E
NPN
PNP
3
8
2
4
U
CE
U
CE
I
B
I
B
I
B
I
C
0
9V
980022 - 12
B
B
1
Bild 1. Das Block-
schaltbild des Transi-
stor-Kennlinienschrei-
bers. Die Schaltung
umfaßt drei D/A- und
einen A/D-Wandler.
Bild 2. Das Bild-
schirmfoto zeigt das
Signal, das am Ein-
gang A0 des A/D-
Wandlers angeboten
wird. Jeder Impuls
verursacht einen
anderen Basisstrom.
Der Anstieg zeigt den
Effekt der sich verän-
dernden U
CE
.
2
sistoren T2...T4 bilden zusammen mit
den (ähnlich wie bei R8...R11 gewich-
teten) Widerständen R16, R18 und
R20 Stromsenken. Die Transistoren
der Stromsenken werden ebenfalls
mit den obersten Bits der Zählers
geschaltet.
Der Widerstand, über den der Kollek-
torstrom (PNP) beziehungsweise Emit-
terstrom (NPN) ermittelt wird, ist R23.
Um seinen Einfluß auf ein Minimum
zu beschränken, muß er mit dem nied-
rigen Wert von 1
Ω
auskommen. Da
der Spannungsabfall, die Meßspan-
nung, wegen des niedrigen Werts
auch sehr klein ist, läßt sich der recht
hohe Verstärkungsfaktor (nämlich 48)
des Opamps IC3b nicht umgehen.
Das Ausgangssignal des Opamps, wie
es in Bild 2 zu sehen ist, erreicht den
A/D-Wandler am Anschluß A0. Das
Bild zeigt den verstärkten Spannungs-
abfall an R23 bei in 256 Stufen von 0
bis 9 V steigendem U
CE
für insgesamt
sieben Basisströme. Hier ist der Einfluß
der U
CE
auf den Stromverstärkungs-
faktor gut zu sehen.
Eine Begrenzung des Meßwerts ist
durch den Eingangsspannungsbereich
des A/D-Wandlers von 5 V gegeben.
Da der Verstärker IC3b das Meßergeb-
nis um den Faktor 48 anhebt, darf bei
einem Wert von 1
Ω
der Kollektor-
beziehungsweise Emitterstrom 5 V/
(1
Ω
·48) = 0,1042 A nicht überschrei-
ten. Da der höchste erzeugte Basis-
strom 175 µA beträgt, ist der maximale
meßbare Stromverstärkungsfaktor
104,2 mA/175 µA = 595.
Die Kollektor/Emitter-Spannung wird
vom Spannungsteiler R21 und R22
halbiert und dem Eingang A3 des A/D-
58
Elektor
4/98
K1
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
31
32
33
34
35
36
1
2
3
4
5
6
7
8
9
R1
1k
R2
1k
CTR12
IC1
CT=0
4040
HCT
10
11
13
15
14
12
11
10
CT
74
16
4
2
3
5
6
7
9
1
+
9
8
7
6
5
4
3
2
1
0
8
AD557
IC2
Vout
D0
D1
D2
D3
D4
D5
D6
D7
12
11
13
16
15
14
CE
10
CS
1
2
3
4
5
6
7
8
A
B
9
2
3
1
IC3a
6
5
7
IC3b
R6
27k
R5
33k
R3
27k
R4
27k
R7
10
Ω
R19
27k
R20
8k66
R17
27k
R18
17k4
R15
27k
R16
34k8
R27
150
Ω
R28
1k8
R29
150
Ω
R30
332
Ω
R21
270k
R22
270k
R23
1
Ω
R24
47k
R25
1k
T1
BD139
T5
NPN
T4
BC547
T3
T2
T6
PNP
R8
150k
R9
150k
R10
150k
R11
37k4
R12
100k
R13
100k
R14
100k
D2
1N4148
D1
1N4148
D3
1N4148
TR1
2x 9V
3VA3
D4
D7
D5
D6
C2
100
µ
63V
C4
100
µ
35V
C5
100
µ
35V
C6
100
µ
25V
LM317
IC5
LM337
IC6
C3
100
µ
35V
D9
2x 1N4001
D8
K2
IC7
7805
C7
100n
C8
100n
C9
100
µ
25V
R26
2k2
D10
IC3
8
4
C12
100n
C11
100n
C10
100n
C13
100n
3x
980022 - 11
1N4001
4x
C
B
E
C
B
E
SELECT
ERROR
BUSY
D6
D4
D3
D2
D1
D0
5V
5V
5V
16V3
IC3 = LM358
1V82
5V
16V3
1V82
Centronics
5V
16V3
C1
220
µ
25V
JN
SYS CLK
IO CLK
REF –
REF +
IC4
DATA
ADDR
1541
A10
TLC
11
17
19
12
18
A0
A1
A2
A3
A4
A5
A6
A7
A8
A9
13
14
15
CS
16
20
10
8
9
7
6
5
4
3
2
1
3
Bild 3. Kein langer Weg von
der Theorie zur Praxis. Das
Schaltbild ist schön kom-
pakt und zeigt nur gut
erhältliche Bauteile.
59
Elektor
4/98
(C) Segment
980022-1
C1
C2
C3
C4
C5
C6
C7
C8
C9
C10
C11
C12
C13
D1
D2
D3
D4
D5
D6
D7
D8
D9
D10
H2
IC1
IC2
IC3
IC4
IC5
IC6
IC7
K1
K2
R1
R2
R3
R4
R5
R6
R7
R8
R9
R10
R11
R12
R13
R14
R15
R16
R17
R18
R19
R20
R21
R22
R23
R24
R25
R26
R27
R28
R29
R30
T1
T2
T3
T4
~
~
980022-1
1
1
1
1
19
18
36
B
E
C
C
B
E
PNP
NPN
Tr1
(C) Segment
980022-1
Stückliste
Widerstände:
R1,R2,R25 = 1 k
R3,R4,R6,R15,R17,R19 = 27 k
R5 = 33 k
R7 = 10
Ω/5 W
R8...R10 = 150 k
R11 = 37k4 1%
R12...R14 = 100 k
R16 = 34k8 1%
R18 = 17k4 1%
R20 = 8k66 1%
R21,R22 = 270 k
R23 = 1
Ω00 1%
R24 = 47 k
R26 = 2k2
R27,R29 = 150
Ω
R28 = 1k8
R30 = 332
Ω 1%
Kondensatoren:
C1 = 220
µ/25 V stehend
C2 = 100
µ/63 V stehend
C3...C5 = 100
µ/35 V stehend
C6,C9 = 100
µ/25 V stehend
C7,C8,C10...C13 = 100 n
Halbleiter:
D1...D3 = 1N4148
D4...D9 = 1N4001
D10 = LED, high eff.
T1 = BD139
T2...T4 = BC547B
T5 = TUT
T6 = TUT
IC1 = 74HCT4040
IC2 = AD557JN
IC3 = LM358
IC4 = TLC1541IN
IC5 = LM317 (SOT220)
IC6 = LM337 (SOT220)
IC7 = 7805
Außerdem:
K1 = Centronics-Verbinder für Plati-
nenmontage, gewinkelt
K2 = 2polige Platinenan-
schlußklemme, RM7,5
Tr1 = Netztrafo 2·9 V/3,3 VA
(Monacor VTR3209)
Netzeingangsbuchse mit eingebau-
tem Sicherungshalter, F = 200 mA
träge
Kombinationspaket EPS 980022-C,
bestehend aus Platine und Win-
dows-Software (Diskette)
Die alte DOS-Version der Software
ist unter der Bestellnummer EPS
1782 lieferbar.
4
Bild 4. Die Platine
wurde so entworfen,
daß bis auf die Netz-
eingangsbuchse alle
Bauteile Platz finden.
Anzeige
Wandlers IC4 zugeführt. Damit kann
die Software den Stromverstärkungs-
faktor nicht nur in Abhängigkeit vom
Basisstrom, sondern auch von der U
CE
ermitteln.
Der Aufbau des Netzteils ist recht
interessant, denn neben dem üblichen
dreibeinigen Spannungsregler LM317,
der durch R27 und R28 auf eine Aus-
gangsspannung von +16,3 V einge-
stellt ist, und dem Festspannungsreg-
ler IC7, der für die +5-V-Betriebsspan-
nung der beiden Wandler und des
Logik-ICs sorgt, muß für die negative
Hilfsspannung zu einem Trick gegrif-
fen werden. Durch C3 fließt ein
Wqechselstrom, die eine Perioden-
hälfte durch D8, die andere über D9
und lädt C4 auf. Diese gegenüber
Masse negative Spannung wird vom
LM337 auf -1,82 V stabilisiert.
E
I N K O M P A K T E S
G
A N Z E S
Die Platine, deren Layout und
Bestückungsplan in Bild 4 zu sehen
ist, trägt alle Bauteile inklusive Netz-
trafo und ist kinderleicht zu bestücken.
Zunächst bringt man die Draht-
brücken an, danach den Verbinder K1
und anschließend die anderen Bau-
teile. Achten Sie auf die korrekte Pola-
rität der Elkos, Transistoren und ICs.
Der An/Aus-Schalter muß direkt am
Gehäuse montiert werden. Die drei
Spannungsregler werden nicht
gekühlt.
Die Testfassungen sind keine Spezial-
bauteile, sondern ganz normale und
preiswerte IC-Kontaktstreifen, entwe-
der zweimal dreipolig getrennt für
PNP und NPN oder einmal vierpolig
mit verbundenen Emitter/Kollektor-
Anschlüssen.
S
O F T W A R E
F Ü R
W
I N D O W S
Zu einem solchen Projekt gehört
natürlich auch eine moderne Software,
die unter Windows läuft. Das zur
Schaltung gehörende Programm arbei-
tet mit 32 bit, ist also ausschließlich mit
Windows 95 oder Windows 3.1 mit
Win32S-Erweiterung zu gebrauchen.
Die alte DOS-Version ist übrigens auch
noch lieferbar (EPS 1782).
Die Software besteht aus einem ein-
fachen, aber den Zweck - das Messen
von Transistoren - erfüllenden Pro-
gramm mit der Bezeichnung
npnpnp.exe. Nach Selektion der
Druckerschnittstelle (378
HEX
278
HEX
oder 3F8
HEX
) wählt man den Transi-
stortyp (NPN oder PNP) und den
maximalen Kollektor- oder Emitter-
strom (80 mA, 100 mA oder 120 mA).
Diese Einstellung hat allerdings nur
Einfluß auf die Skalierung der Grafik,
nicht auf den tatsächlichen Strom.
Danach geht es zur Kalibrierung:
Zunächst gibt man an, wieviel Ein-
stellungen man für den Basisstrom
gebraucht. Maximal lassen sich acht
Kurven aufzeichnen, nämlich eine
ohne Basisstrom und sieben mit
abgestuften Basisströmen von 25 µA
bis 175 µA. Auch die Anzahl der
Schritte, mit denen die Kollektor/
Emitter-Spannung von 0 bis 9 V
ansteigt, ist bis maximal 256 einstell-
bar. Die Meßergebnisse können im
CSV-Format (comma separated
value) gespeichert und beispielsweise
in einer Tabellenkalkulation weiter
verarbeitet werden. So einfach läßt
sich eine Datenbank mit Transistor-
kennlinien anlegen.
(980022)rg
5
Bild 5. Ein Foto des
aufgebauten Labor-
musters. Es wird über
ein normal verdrahte-
tes Druckerkabel an
die Centronics-
Schnittstelle des PCs
angeschlossen.
60
Elektor
4/98