Fall 13 Loesung


Fall 13: Das Seegrundstück  Lösung
A. Übereignung M-D
Zunächst könnte D von M das Eigentum an dem Grundstück nach żż 873 I, 925 I erworben haben.
I. Einigung
Voraussetzung ist, dass eine Einigung nach żż 145, 147 über den Eigentumswechsel vorliegt.
Erforderlich ist nach ż 925 I, dass Veräußerer und Erwerber bei gleichzeitiger Anwesenheit oder
ihrer Stellvertreter beim Notar eine Auflassung erklärt haben. D und M waren sich über den
Eigentumsübergang einig und haben in notariell beurkundeter Form eine Auflassung erklärt. Somit
liegt eine Einigung vor.
II. Eintragung
Eine Eintragung der D als neue Eigentümerin fand gemäß Å¼ 873 I statt.
III. Einigsein bei Eintragung
Darüber hinaus müsste eine fortbestehende Einigung bei Eintragung gegeben sein. Das ist dann
anzunehmen, wenn kein Widerruf vor der Eintragung erfolgte. Eine Bindung der Parteien vor der
Eintragung ist nur gegeben, falls diese die Erklärungen in notariell beurkundeter Form gemäß Å¼ 128
abgegeben haben, diese vor dem Grundbuchamt abgegeben haben oder der Berechtigte dem
anderen Teil eine der Grundbuchordnung entsprechende Eintragungsbewilligung übergeben hat. D
und M haben ihre Auflassungserklärungen vor dem Notar beurkunden lassen. Demzufolge sind
beide Parteien an ihre Erklärungen gebunden. Zudem besteht keine Widerrufserklärung.
IV. Berechtigung
Überdies müsste M die Verfügungsbefugnis zur Eigentumsübertragung an D gehabt haben. Zur
Eigentumsverschaffung ist der Eigentümer als Berechtigter befugt. Die Verfügungsbefugnis zur
Übertragung des Eigentums muss zur Zeit der Vollendung des Rechtserwerbs vorliegen.
1. Berechtigung des M
Fraglich ist, ob M zum Zeitpunkt der Eintragung der D als Eigentümer zur Verfügung über das
Grundstück berechtigt war. Das ist dann der Fall, wenn M das Grundstück von S erworben hat. In
Betracht kommt ein Eigentumserwerb nach żż 873 I, 925 I.
a) Einigung
Eine dingliche Einigung in Form einer Auflassung haben S und M vor dem Notar getroffen, żż 873
I, 925 I BGB.
b) Eintragung
Problematisch ist die Eintragung des M. M wurde niemals als Eigentümer eingetragen. Somit hat M
kein Eigentum von S gem. żż 873 I, 925 I erlangt. Daher ist S Eigentümerin geblieben.
2. Ermächtigung zur Eigentumsübertragung durch S als Eigentümerin
Eine Berechtigung zur Veräußerung des Grundstücks an D könnte sich aus einer potentiellen
Einwilligung der S nach ż 185 I ergeben. Danach ist eine Verfügung eines Nichtberechtigten
wirksam, wenn der Verfügungsbefugte einwilligt. Eine ausdrückliche Einwilligung der S zur
weiteren Eigentumsübertragung ist nicht vorhanden. Des Weiteren könnte man an eine konkludente
Einwilligungserklärung denken. Dies wiederum ergibt sich im Wege der Auslegung nach żż 133,
157, 242. Die Auflassungserklärung ist nach der Sichtweise eines objektiven Empfängerhorizontes
mit Rücksicht auf die Verkehrssitte dahingehen auszulegen, dass eine Befugnis zur
Weiterveräußerung trotz fehlender Eintragung des Erwerbers im Grundbuch gegeben ist. Eine
dingliche Einigung vor dem Notar beinhaltet aber keine Verfügungsbefugnis zur weiteren
Veräußerung, wenn diese der Zweckbestimmung des Vertrags diametral entgegenläuft.
Entscheidend ist ein besonderes Interesse des Erwerbs des Auflassungsempfängers persönlich. M
wollte aus der Sicht der S das Grundstück persönlich nutzen, was M der S auch erklärte. Daraufhin
erhielt M von S einen  Freundschaftspreis . Für M war daher ein besonderes Interesse der S am
persönlichen Erwerb des Grundstücks des M und seiner Familie offensichtlich. Dieses Interesse ist
deutlich als Geschäftsgrundlage nach außen hin erkennnbar. Alles in allem kann die
Auflassungserklärung nicht so ausgelegt werden, dass sie eine Berechtigung zur Weiterveräußerung
ohne vorherige Eintragung des M im Grundbuch und ohne Einwilligung der S erfasste. Folglich hat
M das Grundstück nicht als Berechtigter an D übertragen.
V. Überwindung der Nichtberechtigung
D kann das Grundstück gutgläubig von M nach ż 892 I 1 erworben haben.
1. Rechtsgeschäft i. S. e. Verkehrsgeschäfts
Ein Rechtsgeschäft im Sinne eines Verkehrsgeschäfts liegt vor.
2. Rechtsschein
Dann müsste ein Rechtsschein gegeben sein. Ein Rechtsschein ergibt sich aus der
Grundbucheintragung. M ist nicht als Eigentümer im Grundbuch eingetragen. Somit fehlt der
Rechtsschein.
3. Ergebnis
Infolgedessen hat D von M nicht gutgläubig das Eigentum an dem Grundstück nach ż 892 I 1
erworben.
VI. Endergebnis
Somit hat D von M kein Eigentum nach żż 873 I, 925 I, 892 I 1 erworben.
B. Eigentumserwerb der D aufgrund eines Anwartschaftsrechts (AWR) des M
Weiterhin könnte D das Eigentum an dem Grundstück von M in anderer Weise verschafft
bekommen haben. Möglicherweise hat M ein AWR an dem Grundstück erlangt. Dieses könnte M an
D übertragen haben. Das AWR könnte dann in der Person der D zum Vollrecht erstarkt sein.
Demzufolge hätte D die Eigentümerposition erlangt. Ein AWR als wesensgleiches Minus zum
Vollrecht ist eine so gesicherte Rechtsposition, die auf den Erwerb eines dinglichen Rechts gerichtet
ist, dass von einem mehraktigen dinglichen Erwerbstatbestand schon so viele Voraussetzungen
erfüllt sind, dass der Veräußerer den Rechtserwerb des Erwerbers nicht mehr einseitig verhindern
kann. Das AWR wird wie das Vollrecht (Eigentum) entsprechend żż 873 ff. übertragen.
I. Auflassung
Zunächst müsste eine dingliche Einigung vorliegen. Dafür müssten sich D und M über die
Übertragung des AWR geeinigt haben. Ausdrücklich ist das nicht erfolgt. Eine dahingehende
Einigung könnte aber in der Einigung zwischen M und D, das Eigentum zu übertragen, enthalten
sein. Fraglich ist, wie das dogmatisch einzuordnen ist.
- Rtspr./ Teile der Lit.: Man könnte im Wege der Umdeutung nach ż 140 annehmen, dass eine
Übertragung des AWR in der Einigung zur Übereignung mit enthalten sein soll, falls ein AWR
existiert und der Eigentumserwerb fehlgeht. Eine gefestigte Rechtsposition i. S. e. AWR kann
bestehen, wenn eine Auflassung erfolgt ist. Zugunsten des M ist eine Auflassung erklärt worden.
Somit ist die Einigung des M und der D nach ż 140 als Übertragung des AWR anzusehen.
- a. A.: Andererseits kann die Übereignungserklärung so ausgelegt werden, dass eine Übertragung
des AWR enthalten ist. Somit kann die Einigung über den Eigentumsübergang zwischen M und D
so ausgelegt werden, dass ein AWR übertragen werden soll.
- Streitentscheid: Der Streit muss an dieser Stelle nicht entschieden werden. Aufgrund des gleichen
Ergebnisses liegt eine Einigung hinsichtlich eines AWR zwischen M und D vor.
II. Eintragung
Problematisch ist, ob entsprechend ż 873 I eine Eintragung im Grundbuch über den
Eigentumsübergang hätte erfolgen müssen bzw. ob die Übertragung des AWR im Grundbuch
einzutragen ist.
- ganz h. M.: Nach überwiegender Auffassung ist das AWR nicht eintragungsfähig, mithin auch die
Eintragung seiner Übertragung nicht zulässig.
- a. A.: Das AWR ist nicht eintragungsfähig. Aufgrund der dogmatischen Einordnung des AWR als
Minus zum Vollrecht ist ein Antrag auf Eigentumsumschreibung beim Grundbuchamt zugunsten des
Erwerbers des AWR zu stellen. Aus dem Sachverhalt lässt sich keine Antragstellung erkennen.
Infolge des Antragsgrundsatz nach ż 13 I GBO ist trotzdem davon auszugehen. Andernfalls wäre D
später nicht ins Grundbuch eingetragen worden.
- Streitentscheid: nicht erforderlich
Die fehlende Eintragung des AWR schadet daher nicht.
II. Einigsein
Aus ż 873 II folgt die Unwiderruflichkeit der dinglichen Einigung im Falle der Beurkundung der
Erklärungen vor dem Notar.
III. Berechtigung
Ferner müsste M Berechtigter gewesen sein. Voraussetzung ist, dass M Anwartschaftsrechtsinhaber
war. Streitig ist, ob und wann der Auflassungsempfänger ein AWR am Grundstück erwirbt.
- e. A.: Ein AWR entsteht bei bindender Auflassung. Eine Bindung infolge notariell beurkundeter
dinglicher Einigung zwischen S und M liegt vor. Ein späterer Widerruf schadet nicht. Damit ist ein
AWR des M gegeben.
- h. M.: Der Auflassungsempfänger erwirbt ein AWR, falls eine bindende Auflassung vorliegt und
der Antrag auf Eigentumsumschreibung beim Grundbuchamt gestellt ist. Ein AWR entsteht
ebenfalls, wenn der Anspruch auf Eigentumsverschaffung durch eine Vormerkung nach ż 883 I
gesichert ist. Die Eintragung der Vormerkung bewirkt einen Schutz des Erwerbers nach żż 883 II,
888. Nach der Antragstellung ist der Auflassungsempfänger vor nachfolgenden Verfügungen des
Eigentümers geschützt. Aus ż 17 GBO folgt der Vorrang der Ersteintragung des früheren Antrags.
Aufgrund der Rücknahmemöglichkeit des Antrags durch den Veräußerer nach ż 31 GBO ist ein
Antrag des Auflassungsempfänger notwendig.
Im Fall hat M keinen Antrag auf Eigentumsumschreibung gestellt. Eine Vormerkung zugunsten des
M wurde ebenfalls nicht eingetragen. Folglich ist nach dieser Ansicht ein AWR abzulehnen.
- a. A.: Ein AWR entsteht nur dann, wenn der Anspruch auf Eigentumsübertragung durch eine
Vormerkung nach ż 883 I gesichert ist. Die Stellung eines Antrags auf Eintragung im Grundbuch
genügt zum Schutz nicht. ż 17 GBO ist eine bloße Verfahrensvorschrift. Es entsteht danach keine
materiell-rechtlich geschützte Rechtsposition. Daher ist im Fall ein AWR zu verneinen.
- Streitentscheid: Die erstgenannte Auffassung stützt sich auf die Unpraktikabilität der
Antragstellung des Ersterwerbers. Es genügt eine Stellung des Antrags auf Eintragung des
Zweiterwerbers. Dagegen spricht die Bedeutung des AWR. Das AWR setzt eine vom Veräußerer
nicht mehr einseitig entziehbare Rechtsposition voraus. Diese erfolgt bei Antragstellung. Die erste
Meinung ist damit abzulehnen. Die beiden letztgenannten Ansichten kommen zu demselben
Ergebnis. Daher ist kein AWR auf Seiten des M entstanden. Infolgedessen konnte M der D kein
AWR als Berechtigter übertragen, das bei D zum Vollrecht erstarkt ist und diese zur Eigentümerin
machte.
V. Erwerb vom Nichtberechtigten
Die Nichtberechtigung bei der Übertragung des AWR von M auf D könnte überwunden worden
sein. Das AWR ist jedoch nicht eintragungsfähig. Somit kann kein Rechtsschein des Grundbuchs
nach ż 892 I 1 entstehen. Folglich scheidet ein Erwerb des AWR der D von M als Nichtberechtigten
aus.
VI. Ergebnis
Infolgedessen hat D auch kein AWR, welches zum Vollrecht erstarkt ist, erworben. Somit ist D
keine Eigentümerin des Grundstücks geworden. S ist Eigentümerin geblieben.
C. Gesamtergebnis
Im Resultat hat D kein Eigentum an dem Grundstück erlangt.
Literaturhinweise: BGHZ 45, 186
Englisch, Fälle und Lösungen zum Sachenrecht
Baur/ Stürner, Lehrbuch des Sachenrechts, 18. Aufl., 2009, żż 19, 22


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