Fall 17 Loesung


AG GK ZR III Sachenrecht - 1 - Wintersemester 2011/12
Fall 17 - Lösung: Die Grundschuld und die  Heuschrecken
Frage 1: Anspruch des J gegen A auf Zahlung von 600.000 Ź aus ż 488 I S. 2 BGB
Der von J geltend gemachte Anspruch auf Zahlung von 600.000 Ź kann sich aus ż 488 I S.2 BGB
ergeben.
A) Anspruch entstanden?
Der Anspruch müsste entstanden sein. Mit dem J hat A keinen Darlehensvertrag geschlossen, J
könnte einen Anspruch aus ż 488 I S. 2 BGB aber durch Abtretung von der B-Bank nach ż 398
BGB erworben haben. Die wirksame Abtretung setzt voraus:
I. Einigung
Die B-Bank und J müssten sich über die Abtretung des Anspruchs geeinigt haben. Das ist laut
Sachverhalt Ende 2010 in Erfüllung des Verkaufs des Forderungspaketes geschehen.
II. Berechtigung = Bestehen der Forderung
Die B-Bank muss zur Abtretung berechtigt, das heißt Inhaberin der Darlehensforderung gewesen
sein. Die B-Bank hat mit A einen Darlehensvertrag i.S.d. ż 488 BGB geschlossen und war somit als
Gläubigerin der Rückzahlungsforderung grundsätzlich verfügungsbefugt.
III. Kein Ausschluss der Abtretung
Weiterhin dürfte die Abtretung nicht ausgeschlossen sein, żż 399, 400 BGB. Hier kommt wegen der
Vertragsklausel 2 ein rechtsgeschäftlicher Ausschluss nach ż 399 Var. 2 BGB in Betracht.
ð Grundsätzlich haben rechtsgeschäftliche Verfügungsverbote zwar gegenüber Dritten
keine Wirkung, ż 137 BGB.
ð ż 399 Var. 2 BGB macht aber von diesem Grundsatz eine Ausnahme. Danach kann die
Abtretung durch Rechtsgeschäft auch Dritten gegenüber wirksam ausgeschlossen sein.
ð Zu beachten ist aber die Gegenausnahme in ż 354a I S. 1 HGB: Ein Ausschluss der
Abtretung von Geldforderungen unter Kaufleuten ist nicht wirksam. Fraglich ist, ob die B-Bank
und der A Kaufleute sind. Die B-Bank ist nach żż 3 I AktG, 6 I HGB Formkaufmann. Der A ist
als Gewerbetreibender nach ż 1 HGB Kaufmann, angesichts der 40 Angestellten und dem
Umsatz von 300.000 Ź jährlich wird er die Vermutung des ż 1 II HGB nicht widerlegen können.
Nach ż 354a I S.1 HGB wäre das Abtretungsverbot damit eigentlich unwirksam.
ð Berücksichtigt werden muss aber nunmehr als Rückausnahme von der Gegenausnahme
der durch das sogenannte Risikobegrenzungsgesetz v. 12.08.2008 eingeführte ż 354 a II HGB:
Danach gilt ż 354 a I HGB nicht für Darlehensverträge mit Kreditinstituten, also Banken, wie
der B-Bank. Es bleibt bei der Zulässigkeit des Abtretungsausschlusses nach ż 399 Var. 2 BGB.
Die Abtretung war somit wirksam rechtsgeschäftlich ausgeschlossen.
B) Ergebnis zu Frage Eins:
J steht der geltend gemachte Anspruch mangels wirksamer Abtretung nicht zu.
AG GK ZR III Sachenrecht - 2 - Wintersemester 2011/12
Frage 2: Anspruch des I gegen A aus żż 1192 I i.V.m. 1147 BGB
Der Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung kann sich aus ż 1147 BGB ergeben, welcher
gemäß Å¼ 1192 I BGB auch für die Grundschuld gilt.
(Auf die Grundschuld finden solche Vorschriften der żż 1147 ff. BGB Anwendung, welche nicht mit
dem Grundsatz der Akzessorität der Hypothek zur Forderung, welcher für die Grundschuld gerade
nicht gilt, zusammenhängen. Testfrage: Ist die Vorschrift Ausfluss der Akzessorität? Wenn ja: Norm
auf Grundschuld nicht anwendbar. Wenn nein: Norm auf Grundschuld anwendbar. Falsch ist
dagegen die Testfrage: Enthält die Vorschrift das Wort Forderung?! Bsp., nicht abschließend: żż
1113, 1137, 1138, 1153 BGB > unanwendbar; żż 1147, 1154, 1157, 1160 BGB > anwendbar)
A. Anspruch entstanden?
Der Anspruch setzt für seine Entstehung voraus, dass I eine Grundschuld an dem Grundstück des A
erworben hat. In Betracht kommt nur ein Erwerb von der B-Bank, also ein Zweiterwerb der
Grundschuld nach żż 1192 I, 1154 I BGB:
I. Einigung
Die B-Bank und I haben sich über die Abtretung der Grundschuld geeinigt.
II. Schriftliche Abtretungserklärung und Briefübergabe oder Eintragung
Während für die Übertragung einer Buchgrundschuld nach żż 1192 I, 1154 III, 873 BGB die
Eintragung ins Grundbuch erforderlich ist, genügt für die hier relevante Übertragung einer
Briefgrundschuld nach żż 1192 I, 1154 I BGB die schriftliche Abtretungserklärung und die
Briefübergabe. Beides ist erfolgt.
III. Berechtigung
Zu klären ist, ob die B-Bank zur Abtretung der Grundschuld berechtigt war. Zunächst müsste die B-
Bank Inhaberin der Grundschuld gewesen sein. Die B-Bank hat die Grundschuld direkt vom
Grundstückeigentümer A erworben (sogenannter Ersterwerb nach żż 1192 I, 873 I BGB):
1. Bestellung
Der A hat der B-Bank eine Grundschuld bestellt.
2. Eintragung
Diese wurde ins Grundbuch eingetragen.
3. Briefübergabe (oder Ausschluss der Brieferteilung) nach żż 1192 I, 1117 BGB
Der Grundschuldbrief wurde übergeben.
4. Berechtigung
Auch war A als Grundstückseigentümer zur Grundschuldbestellung berechtigt.
Die B-Bank war damit Inhaberin der Grundschuld. Eine bestehende Forderung ist, im Unterschied
AG GK ZR III Sachenrecht - 3 - Wintersemester 2011/12
zur Hypothek, weder für die Bestellung einer Grundschuld (Ersterwerb) noch für deren
Übertragung (Zweiterwerb) nötig. Nach alledem war die B-Bank grundsätzlich zur Übertragung der
Grundschuld berechtigt.
Allenfalls wäre noch wegen der Vertragsklausel 2 an eine rechtsgeschäftliche
Verfügungsbeschränkung nach ż 399 Var. 2 BGB zu denken. Vertragklausel 2 schließt aber
ersichtlich nur die Abtretung der Forderung, nicht die Abtretung der davon unabhängigen
Grundschuld aus. Selbst wenn man aber die Klausel so auslegen möchte, dass sie sich auch auf die
Abtretung der Grundschuld bezieht, würde sie mangels Eintragung (eintragungsfähig nach ż 877
BGB) im Grundbuch und mangels Kenntnis des I von dem Verbot die Abtretung nicht hindern, ż
892 I BGB.
Nach alledem hat I eine Grundschuld erworben, der Anspruch ist entstanden.
B. Einwände gegen den Anspruch?
Möglicherweise kann der A dem Anspruch aber die Durchsetzbarkeit hindernde Einwände
entgegenhalten.
I. Fehlende dingliche Fälligkeit
Nach ż 1193 I S.1 BGB kann man dem Grundschuldgläubiger bis zur Kündigung die fehlende
dingliche Fälligkeit entgegenhalten. Allerdings hat I die Grundschuld ordnungsgemäß gekündigt.
II. Schuldrechtliche Einreden, ż 1157 S. 1 BGB
Nach żż 1192 I, 1157 S. 1 BGB kann A dem neuen Grundschuldgläubiger I Einreden aus dem
Schuldverhältnis mit dem alten Gläubiger, der B-Bank, entgegenhalten. Bei diesem
Schuldverhältnis handelt es sich um den zwischen A und der B-Bank geschlossenen
Sicherungsvertrag.
1. Anspruch auf Grundschuldrückgewähr (mangelnder Sicherungsfall)
Möglicherweise kann A einwenden, aus dem Sicherungsvertrag einen Anspruch auf
Rückübertragung der Grundschuld zu haben. Aus dem Wesen des Sicherungsvertrages ergibt sich,
dass dem A bei Zahlung auf die Forderung ein schuldrechtlicher Anspruch auf Rückübertragung der
Grundschuld zusteht. Würde trotzdem aus der Grundschuld vorgegangen, wäre das eigentlich
unzulässige Rechtsausübung, ż 242 BGB. Dieser Einwand müsste aber bei Abtretung an I bereits
entstanden sein. ż 1157 BGB erfordert das Schon- Bestehen der Einrede, nicht nur die bloße
Begründung wie ż 404 BGB. Aus dem Sachverhalt ergibt sich aber nicht, dass A bis Ende 2010
schon etwas zurückgezahlt hatte. Die Einrede war somit bei Abtretung an I noch nicht entstanden.
2. Stundung bis 2014
A könnte I aber entgegnen, der Anspruch aus der Grundschuld sei bis 2014 gestundet. Gemäß Å¼Å¼
1192 I, 1157 I S. 1 BGB gilt eine solche Einrede aus dem Sicherungsvertrag auch gegenüber dem
neuen Gläubiger. Möglicherweise hat I aber diese Einrede, welche nicht im Grundbuch eingetragen
war, nach ż 1157 I S.2, 892 I S.1 BGB gutgläubig  wegerworben , d.h. er müsste sie mangels
Kenntnis nicht gegen sich gelten lassen. Nach dem im Zuge des Risikobegrenzungsgesetz v.
12.08.2008 eingeführten ż 1192 I a BGB gilt ż 1157 I S. 2 BGB allerdings nicht für die
AG GK ZR III Sachenrecht - 4 - Wintersemester 2011/12
Sicherungsgrundschuld. I muss die Einrede gegen sich gelten lassen.
C) Ergebnis zu Frage Zwei:
I hat gegen A noch keinen durchsetzbaren Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung aus żż
1192 I, 1147 BGB. Er darf erst 2014 gegen A vorgehen.
Zusatzfrage: Schutz des Eigentümerschuldners bei Trennung von Grundschuld und
Forderung
Vor der Inanspruchnahme auf Duldung der Zwangsvollstreckung - welche A jederzeit durch
Zahlung auf die Grundschuld abwenden kann - durch den neuen Grundschuldgläubiger I ist A nicht
geschützt (insbesondere kann er nicht den mangelnden Sicherungsfall geltend machen: dieser
Einwand bestand bei Abtretung noch nicht i.S.d. ż 1157 I S.1 BGB, siehe B)II)1).
Trotzdem muss A nicht zweimal zahlen: Dem Forderungsgläubiger, hier noch die B-Bank (wegen
der fehlgeschlagenen Abtretung an J), kann A nämlich entgegenhalten, er brauche nur Zug um Zug
gegen Rückgewähr der Grundschuld zahlen. Dieser Einwand ergibt sich aus dem Wesen des
Sicherungsvertrages. Der Forderungsgläubiger, die B-Bank, ist nach Trennung von Grundschuld
und Forderung dazu nicht imstande, die Forderung ist dauerhaft nicht durchsetzbar. (Dieser Einwand
bestünde bei wirksamer Abtretung auch gegenüber einem neuen Forderungsgläubiger, ż 404 BGB).
Dem A ist also zu raten, die Zahlung an die B-Bank zu verweigern und nur an I zur Abwehr der
Zwangsvollstreckung gegen Rückgewähr der Grundschuld zu zahlen.


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