Fall 9 Loesung 111203


Lösung Fall 9: Die zerstörten Uhren
A. Ansprüche des E gegen K1
I. Herausgabeansprüche
1. ż 985 BGB
Der Herausgabeanspruch aus ż 985 BGB setzt voraus, dass E Eigentümer und K1 Besitzer der Uhr ist,
ohne dass ihm eine Recht zum Besitz an der Uhr zusteht.
a) Eigentum des E
E ist Eigentümer der Uhr. Er hat sein Eigentum auch nicht wegen der Einigung und der Übergabe der
Uhr von D an K1 verloren, da D zur Eigentumsverschaffung nicht berechtigt war und ein gutgläubiger
Erwerb gem. ż 932 I 1 BGB am Abhandenkommen nach ż 935 I BGB scheitert.
b) Besitz des K1
K1 hat infolge des Wegwerfens der Uhr die tatsächliche Sachherrschaft nicht mehr inne und ist somit
nicht (mehr) Besitzer (ż 856 Abs. 1 Alt. 1 BGB).
c) Ergebnis
Der Anspruch aus ż 985 BGB scheidet aus.
2. ż 812 I 1 Alt. 2 BGB
Der Herausgabeanspruch aus ż 812 I 1 2. Alt BGB setzt voraus, dass K1 auf sonstige Weise etwas auf
Kosten des E ohne Rechtsgrund erlangt hat. Der Herausgabeanspruch aus ż 985 BGB verdrängt
Herausgabeansprüche aus ż 812 I BGB nicht.
a) etwas erlangt
K1 hat den unmittelbaren Besitz an der Uhr erlangt, ż 854 I BGB.
b) auf sonstige Weise
E hat ihm den Besitz nicht geleistet. Jedoch könnte die Nichtleistungskondiktion infolge des
Grundsatzes des Vorrangs der Leistungskondiktion ausgeschlossen sein: Den unmittelbaren Besitz
hat der D an den K1 geleistet. Demzufolge wäre die Nichtleistungskondiktion ausgeschlossen. Eine
Ausnahme ergibt sich jedoch dann, wenn die Wertungen der übrigen Rechtsordnung (insbesondere
des Sachenrechts) dies gebieten. Hiernach ist eine Nichtleistungskondiktion trotz vorrangiger
Leistungsbeziehung zulässig, wenn die Sache dem Eigentümer abhanden gekommen ist. Dies folgt
aus dem Rechtsgedanken des ż 935 BGB. Danach kann der Eigentümer von jedem Besitzer die
Herausgabe der Sache verlangen, wenn sie ihm abhanden gekommen ist, so dass es gerechtfertigt
ist, auch eine Direktkondiktion zuzulassen. (Weitere Ausnahmen: Bösgläubigkeit des
Anspruchgegners (Rechtgedanke des ż 932 II BGB) und bei unentgeltlichem Erwerb (Rechtsgedanke
der żż 816 I 2, 822 BGB)). Hier ist die Sache dem Eigentümer E abhanden gekommen. Somit steht
ihm die Nichtleistungskondiktion offen.
c) auf Kosten des E
Der vom Bereicherten erlangte Vorteil (Besitz) ist von der Rechtsordnung dem
Bereicherungsgläubiger (E) zugewiesen, da es ihm als Eigentümer kraft ż 903 BGB zusteht,
denjenigen zu bestimmen, der den Besitz innehaben soll.
d) ohne Rechtsgrund
Eine Bereicherung in sonstiger Weise durch Eingriff in den Zuweisungsgehalt einer fremden
Rechtsposition ist grundsätzlich rechtsgrundlos.
e) Zwischenergebnis
K1 ist zur Rückübertragung des Besitzes verpflichtet.
f) Anspruch erloschen
Da eine Herausgabe jedoch aufgrund der Zerstörung der Uhr, unmöglich geworden ist, ist der
Anspruch gemäß Å¼ 275 I BGB erloschen.
g) Ergebnis
E hat keinen Anspruch gegen K 1 gemäß Å¼ 812 I 1 Alt. 2 BGB auf Rückübertragung des Besitzes an der
Uhr.
3. żż 823 I, 249 S.1 BGB
Ein deliktischer SEA kann iRd Naturalrestitution auf Herausgabe einer Sache gerichtet sein. Ein
deliktischer Herausgabeanspruch ist neben ż 985 BGB anwendbar. Da eine Herausgabe jedoch
aufgrund der Zerstörung der Uhr unmöglich geworden ist, scheidet ein Herausgabeanspruch aus.
II. Schadensersatzansprüche
1. ż 989 BGB
a) Vindikationslage z. Z. des schädigenden Ereignisses
aa) Eigentum des E
Zum Zeitpunkt des Wurfes der Uhr in die Schlucht war E deren Eigentümer.
bb) Besitz des K1 ohne Recht zum Besitz
K1 war z.Z. des schädigenden Ereignisses unmittelbarer Besitzer, dem auch kein Recht zum Besitz
zustand (ż 986 BGB).
b) Rechtshängigkeit
Eine Klage war z.Z. des Wurfes nicht rechtshängig (żż 253 I, 261 I, II ZPO).
Exkurs: Eine Klage wird rechtshängig, wenn sie die dem Beklagten zugestellt wurde. Allein die
Einreichung der Klage bei Gericht genügt nicht. Die Klage ist dann erst und nur anhängig.
c) Ergebnis
Eine Haftung nach ż 989 BGB scheidet aus.
2. żż 990 I, 989 BGB
a) eine Vindikationslage lag z.Z. des schädigenden Ereignisses vor (s.o.).
b) Unredlichkeit des Besitzers
Gemessen am Maßstab des ż 932 II BGB war K1 gutgläubig, da ihm mangels Fachkenntnis der wahre
Wert der Uhr verborgen blieb. Er durfte den D als Inhaber eines Uhrengeschäfts als berechtigt
ansehen, den Eigenbesitzes an ihn zu übertragen, ż 872 BGB.
c) Ergebnis
Eine Haftung nach żż 990 I, 989 BGB scheidet aus.
3. żż 992, 823 I BGB
a) Eine Vindikationslage lag z.Z. des schädigenden Ereignisses vor (s.o.).
b) Schuldhaft verbotene Eigenmacht, ż 858 I BGB (ż 992 Alt. 1 BGB)
Eine solche liegt nicht vor, da K1 die Uhr mit Willen des unmittelbaren Besitzers D erlangt hat.
Das D die Uhr ggf. durch schuldhaft verbotene Eigenmacht erlangt hat, ist hier unerheblich. Nach ż
992 BGB muss der besitzende Anspruchsgegner die verbotene Eigemacht begangen haben. Ein
Zurechnung nach ż 858 II BGB erfolgt nicht.
c) Straftat (ż 992 Alt. 2 BGB)
ż 259 I 1. Alt. StGB scheidet mangels Vorsatz des K1 aus.
d) Ergebnis
Eine Haftung nach żż 992, 823 I BGB scheidet aus.
4. ż 823 I BGB
Anwendbarkeit der żż 823 BGB bei Vorliegen einer Vindikationslage
Gem. ż 993 I 2. HS BGB ist ein Besitzer weder zur Herausgabe von Nutzungen noch zum
Schadensersatz verpflichtet, wenn eine Vindikationslage vorliegt. Die in żż 987 bis 992 BGB regeln in
diesem Fall, die Herausgabe von Nutzungen bzw. deren Ersatz sowie den Schadensersatz
abschließend. (Ausnahmen bei Fremdbesitzer, ausdrückliche Anordnung in ż 992 BGB, Fall des ż 826
BGB).
B. Ansprüche des E gegen K2
I. Herausgabeansprüche scheitern aus den gleichen Gründen wie oben.
II. SEAe
1. ż 989 BGB
a) Vindikationslage z. Z. des schädigenden Ereignisses
Zum Zeitpunkt der Zerstörung der Uhr im Fleischwolf war E deren Eigentümer und K2 deren
unmittelbarer Besitzer, dem auch kein Recht zum Besitz zustand.
b) Rechtshängigkeit
Eine Klage war z.Z. der Zerstörung nicht rechtshängig (żż 253I, 261 I, II ZPO).
c) Ergebnis
Eine Haftung nach ż 989 BGB scheidet aus.
2. żż 990 I, 989 BGB
a) Eine Vindikationslage lag z.Z. des schädigenden Ereignisses vor (s.o.).
b) Unredlichkeit des Besitzers
K2 hatte zu keinem Zeitpunkt positive Kenntnis von seiner mangelnden Besitzberechtigung, könnte
aber bei Besitzerlangung hinsichtlich seiner Besitzberechtigung grob fahrlässig gewesen sein, żż 990 I
1, 932 II BGB. Dann müssten ihm Umstände bekannt gewesen sein, die mit auffallender Deutlichkeit
dafür sprechen, dass der bisherige Besitzer zur Verschaffung eines Rechts zum Besitz nicht in der
Lage ist. Als Verdachtsmoment ist hier der unverhältnismäßig niedrige Preis zu bewerten. Diesem
Verdachtsmoment ist K2 nicht nachgegangen und handelte daher grob fahrlässig (a.A. mit Verweis
auf Fachgeschäft vertretbar, dann hilfsgutachterliche Fortsetzung der Prüfung).
c) Der Schaden liegt in der Zerstörung der Uhr.
d) Den K2 trifft auch ein Verschulden iSd ż 276 I 1, 2 BGB am Untergang der Uhr, da sein
leichtfertiges Verhalten zur Zerstörung führte.
e) Ergebnis
K2 haftet gemäß Å¼Å¼ 990 I, 989 BGB.
3. żż 992, 823 I BGB
a) Eine Vindikationslage lag z.Z. des schädigenden Ereignisses vor (s.o.).
b) Schuldhaft verbotene Eigenmacht, ż 858 I BGB (ż 992 Alt. 1 BGB)
Eine solche liegt nicht vor, da K2 die Uhr mit Willen des unmittelbaren Besitzers D erlangt hat.
c) Straftat (ż 992 Alt. 2 BGB)
ż 259 I 1. Alt. StGB scheidet mangels Vorsatz des K2 aus.
d) Ergebnis
Eine Haftung nach żż 992, 823 I BGB scheidet aus.
4. ż 823 I BGB
SEAe aus ż 823 I BGB werden durch die żż 987 bis 992 BGB verdrängt, soweit nicht ż 992 BGB
anwendbar ist. Zwar wird vertreten, dass die Anwendung des ż 823 I BGB beim bösgläubigen
Eigenbesitzer in Betracht kommt, da es Sinn und Zweck der żż 987 ff. BGB ist, den gutgläubigen
Besitzer zu schützen und nicht den bösgläubigen. Gegen diese Auffassung spricht der Wortlaut des
ż 992 BGB sowie ein dann auftretender Wertungswiderspruch zu ż 990 II BGB: Nach dieser Vorschrift
haftet der bösgläubige Besitzer für einen Vorenthaltungsschaden nur, wenn er mit der Herausgabe
der Sache an den Eigentümer in Verzug ist. Würde der bösgläubige Besitzer gem. ż 823 I BGB
unmittelbar haften, so hätte er den durch die Eigentumsvorenthaltung entstandenen Schaden zu
ersetzen, unabhängig vom Vorliegen der Verzugsvoraussetzungen.
C. Ansprüche des E gegen K 3
I. Herausgabeansprüche scheitern aus den gleichen Gründen wie oben.
II. SEAe
1. żż 687 II, 678 BGB
a) Anwendbarkeit
ż 687 II BGB wird durch żż 989 ff. BGB nicht verdrängt.
b) Voraussetzungen gemäß Å¼ 687 II BGB
aa) fremdes Geschäft
Das Tragen der abhanden gekommenen Uhr müsste ein fremdes Geschäft für K3 sein.
Das Tragen einer Uhr als tatsächliche Handlung, kann grds. ein Geschäft im Sinne der ż 677 ff. BGB
sein, da nicht nur Rechtsgeschäfts oder rechtsgeschäftsähnliche Handlungen erfasst werden.
Fraglich ist ob es auch ein fremdes Geschäft ist. Dies ist nur dann der Fall, wenn die Rechtsordnung
nach Inhalt, Natur u./o. äußeren Erscheinungsbild, das Geschäft einem anderen Rechts-u.
Interessenkreis als dem Handelnden zuordnet, insbesondere die Vornahme des Geschäfts einem
anderen vorbehält. Das Tragen einer Uhr, auch wenn sie fremd ist, stellt nach seinem Inhalt, der
Natur und dem äußeren Erscheinungsbild ein eigenes Geschäft dar. Es ist nicht erkennbar, dass das
Tragen einem Anderen zugeordnet werden könnte, als dem tatsächlichen Träger. Dass das Tragen
grds. dem ET vorbehalten ist, vermag hieran nichts zu ändern, auch wenn es ein entgegenstehendes
Indiz ist. (Vgl. auch den Fall der unberechtigten Untervermietung: Auch hier darf der Mieter nicht
weitervermieten. Gleichwohl ist nach einhelliger Meinung kein fremdes Geschäft gegeben.)
c) Ergebnis
Kein Anspruch gemäß Å¼Å¼ 687 II, 678 BGB.
(A.A. vertretbar. Dann Anspruch gemäß Å¼Å¼ 687 II, 678 BGB und auch żż280 I, 677, 687 II BGB +)
2. . ż 989 BGB
a) Vindikationslage z. Z. des schädigenden Ereignisses
Zum Zeitpunkt der Zerstörung der Uhr während des Unfalls war E deren Eigentümer und K3 deren
unmittelbarer Besitzer, dem auch kein Recht zum Besitz zustand.
b) Rechtshängigkeit
Eine Klage war z.Z. der Zerstörung nicht rechtshängig (żż 253I, 261 I, II ZPO).
c) Ergebnis
Eine Haftung nach ż 989 BGB scheidet aus.
3. żż 990 I, 989 BGB
a) Eine Vindikationslage lag z.Z. des schädigenden Ereignisses vor (s.o.).
b) Unredlichkeit des Besitzers
K3 hatte z.Z. der Besitzerlangung positive Kenntnis davon, dass die Uhr zumindest abhanden
gekommen war.
c) Verschulden
Den K3 trifft kein Verschulden am Untergang der Uhr.
d) Ergebnis
Eine Haftung nach żż 990 I, 989 BGB scheidet aus.
4. żż 992, 823 I BGB
a) eine Vindikationslage lag z.Z. des schädigenden Ereignisses vor (s.o.).
b) schuldhaft verbotene Eigenmacht, ż 858 I BGB ( ż 992 Alt. 2 BGB)
Eine solche liegt nicht vor, da K2 die Uhr mit Willen des unmittelbaren Besitzers D erlangt hat.
c) Straftat (ż 992 Alt. 2 BGB)
In Hinblick auf ż 259 I 1. Alt. StGB liegen sowohl die objektiven als auch die subjektiven
Tatbestandsmerkmale vor. D hat laut SV die Uhr von E gestohlen. ż 242 StGB ist eine rechtswidrige
Vortat iSd ż 259 StGB. K3 hat über die Uhr mit D einen Kaufvertrag abgeschlossen und die
tatsächliche Verfügungsgewalt an ihr zu eigenen Zwecken mit D`s Einverständnis übernommen. K3
handelte auch vorsätzlich und mit Bereicherungsabsicht, ebenso wir rechtswidrig und schuldhaft.
d) Rechtsfolge: Rechtsgrundverweisung auf die żż 823 ff. BGB
aa) ż 823 I BGB
Eine Eigentumsverletzung liegt vor, da K3 den rechtswidrigen Zustand der Besitzentziehung für E
verlängert hat und diesem die Wiedererlangung seines Eigentums erschwert hat. Die
Verletzungshandlung liegt im Ankaufen der Uhr. Diese Handlung war kausal für die
Eigentumsverletzung. K3 handelte auch rechtswidrig und schuldhaft. Ihn trifft eine
Schadensersatzpflicht aus żż 992, 823 I BGB.
bb) żż 823 II, 259 StGB
K3 hat ein anerkanntes Schutzgesetz rechtswidrig und schuldhaft verletzt. Ihn trifft eine
Schadensersatzpflicht aus żż 992, 823 II BGB, 259 StGB.
cc) ż 826 BGB
Die Hehlerei erfüllt die Voraussetzungen einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung. K3 trifft eine
Schadensersatzpflicht aus żż 992, 826 BGB.
D. Gesamtergebnis
K2 haftet aus żż 990 I, 989 BGB und K3 aus żż 992, 823 I, II iVm 259 StGB, 826 BGB. Fraglich ist, ob
sie dem E die Einrede der Verjährung entgegenhalten können. Zwar beträgt die regelmäßige
Verjährungsfrist 3 Jahre, ż 195 BGB. Gemäß Å¼ 199 III BGB verjähren sonstige SEA (also solche, die
nicht unter Abs. 2 fallen) jedoch frühestens 10 Jahre nach ihrer Entstehung. K2 und K3 können die
Einrede der Verjährung nicht erheben.


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