Fall 15 Loesung


Fall 15 - Lösung: Die Vormerkung prophezeit, der Widerspruch protestiert.
Frage Eins:
K könnte gegen G einen Anspruch auf Übereignung des Grundstücks żż 433 I, 398 BGB haben.
A) Anspruch entstanden (+)
Der Anspruch müsste entstanden sein. Selbst hat K mit G keinen Kaufvertrag über das Grundstück
geschlossen. K kann den Übereignungsanspruch aber durch Abtretung von H erworben haben nach
ż 398 BGB. Die wirksame Abtretung setzt voraus:
I) Einigung (+)
Die Parteien müssten sich über den Anspruchsübergang geeinigt haben. H und K erklärten
übereinstimmend, dass der Übereignungsanspruch auf K übergehen sollte. Eine Einigung liegt vor.
Fraglich ist, ob die Einigung in der Form des ż 311 b I BGB vorgenommen werden musste. Dafür
spräche, dass Grundstückskaufverträge dieser Form unterfallen und K durch die Abtretung wie
durch einen Grundstückskaufvertrag das Recht erwirbt, ein Grundstück übereignet zu bekommen
Dagegen spricht aber, dass die Abtretung, anders als der Grundstückskaufvertrag, ein
Verfügungsgeschäft ist. Die Parteien verpflichten sich dadurch nicht. Die Verpflichtung fand
vielmehr bereits vorgelagert mit dem Forderungskauf statt. Ob dieser wegen eines eventuellen
Formmangels unwirksam ist, bedarf hier aber wegen des Abstraktionsprinzips keiner Klärung. Die
Einigung ist damit wirksam.
II) Berechtigung (+)
Nur der Anspruchsinhaber kann einen Anspruch als Berechtigter abtreten. H hat mit G
formwirksam, ż 311b I BGB, einen Grundstückskaufvertrag geschlossen und so einen Anspruch auf
Übereignung erworben Zwar hätte H selbst aufgrund des fehlenden Eigentums des G und der
Kenntnis des H davon, wohl nicht einmal nach ż 892 BGB das Grundstück erwerben können, die
anfängliche Unmöglichkeit der Erfüllung hindert aber nicht das Bestehen des Anspruches, ż 311a
BGB. H war als Anspruchsinhaber berechtigt.
III) Kein Ausschluss (+)
Die Abtretung ist weder rechtsgeschäftlich noch gesetzlich ausgeschlossen, żż 399, 400 BGB.
K hat den Übereignungsanspruch durch Abtretung von H erworben.
B) Anspruch erfüllbar (+)
Fraglich ist aber, ob der Anspruch auch erfüllbar ist. Möglicherweise ist dem G als Nichteigentümer
die Erfüllung unmöglich, ż 275 I BGB. Zu klären ist, ob K das Grundstück noch wirksam von G
erwerben kann. Der Grundstückserwerb richtet sich grundsätzlich nach żż 873 I, 925 I BGB.
I) Einigung in Form der Auflassung (+)
K und G müssten sich bei gleichzeitiger Anwesenheit vor dem Notar, ż 925 I BGB, über den
Eigentumsübergang einigen. Das ist ohne weiteres noch möglich.
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II) Eintragung (+)
Des Weiteren ist die Eintragung des K ins Grundbuch erforderlich. Das könnte problematisch sein,
nimmt doch das Grundbuchamt Eintragungen grundsätzlich nur vor, wenn derjenige, dessen Recht
betroffen ist, sie bewilligt und dieser auch voreingetragen ist, żż 19 I, 39 I GBO. Der G ist zwar als
Bucheigentümer voreingetragen, aber erstens ist er nicht der wahre Eigentümer, auf dessen
Bewilligung es nach ż 19 I GBO ankommt, zweitens kann auch das Grundbuchamt wegen des
Widerspruches nicht von der Richtigkeit des Grundbuches ausgehen.
Laut Bearbeiterhinweis soll aber unterstellt werden, dass das Grundbuchamt - aus welchen Gründen
auch immer - die Eintragung vornimmt. In diesem Fall ist die Eintragung trotz möglichen Verstoßes
gegen das formelle Grundstücksrecht der GBO materiell wirksam. Es bedarf somit keiner weiteren
Untersuchung, ob die Grundbuchbeamten die Eintragung auch vornehmen dürfen.
III) Berechtigung (-)
G müsste zur Übereignung des Grundstücks berechtigt sein. G ist nicht Eigentümer des
Grundstücks und somit Nichtberechtigter. Durch Erwerb vom Berechtigten ist die Erfüllung des
Übereignungsanspruches des K nicht möglich.
IV) Gutgläubiger Erwerb (+)
Möglicherweise kann die Nichtberechtigung des G aber nach ż 892 BGB überwunden werden. Das
setzt voraus:
1) Es müsste ein Rechtsgeschäft i. S. eines Verkehrsgeschäftes vorliegen. K und G stehen sich bei
einem rechtsgeschäftlichen Erwerb als wirtschaftlich verschiedene Personen gegenüber. Ein
Verkehrsrechtsgeschäft liegt vor.
2) Das Grundbuch müsste zugunsten des Veräußerers unrichtig sein. G ist unrichtig als
Eigentümer im Grundbuch eingetragen.
3) Es dürfte kein Widerspruch gegen die Unrichtigkeit vorliegen. Hier hat aber der E einen
Widerspruch eintragen lassen. Der Widerspruch protestiert gegen den öffentlichen Glauben des
Grundbuchs. Somit wäre ein gutgläubiger Erwerb an sich nicht mehr möglich.
Möglicherweise wirkt aber der Widerspruch nicht gegenüber K, weil und sofern dieser eine
Vormerkung erworben hat, ż 883 II BGB. Das setzt erstens voraus, dass die zunächst für H
eingetragene Vormerkung die Wirkung des Widerspruchs verhindert, zweitens dass K diese
Vormerkung erworben hat.
(a) Wirkung der Vormerkung gegen Widerspruch (+)
Möglicherweise wäre der Widerspruch durch die Vormerkung gegenüber dem Vormerkungsinhaber
nach ż 883 II BGB relativ unwirksam (sogenannte Sicherungwirkung). Ähnlich einem
Anwartschaftsrecht schützt die Vormerkung danach vor Zwischenverfügungen, die Vormerkung
prophezeit den Erwerb eines zukünftigen Rechtes als sicher. Dann müsste aber die Eintragung eines
Widerspruches eine Verfügung i.S.d. ż 883 II S.1 BGB sein. Verfügungen sind das Übertragen,
Erlöschen oder sonstige Inhaltsänderungen eines Rechts. Durch den Widerspruch ändert sich aber
nichts an den Eigentumsverhältnissen, nur gegen die formelle Grundbuchlage wird protestiert.
Damit ist ein Widerspruch eigentlich keine Verfügung. Die ganz h.M. stellt den Widerspruch
dennoch in analoger Anwendung des ż 883 II S.1 BGB einer Verfügung gleich. Die Vormerkung
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kann ihre Sicherungswirkung nur voll erfüllen, wenn sie nicht nur vor Zwischenverfügungen des
Veräußerers schützt, sondern auch gegen sonstige Beeinträchtigungen des Erwerbes. Die zuvor
eingetragene Vormerkung würde also die Wirksamkeit des später eingetragenen Widerspruchs
gegenüber dem Vormerkungsinhaber verhindern (der Rang eines Rechts bestimmt sich nach dem
Zeitpunkt der Eintragung (żż 879 I, 883 III BGB)).
(b) Erwerb der Vormerkung durch K (+)
Es bleibt zu klären, ob K Inhaber der Vormerkung geworden ist. In Betracht kommt nur ein
Zweiterwerb der Vormerkung nach żż 398, 401 I BGB.
Die Vormerkung könnte als akzessorisches Recht durch die Abtretung des Auflassungsanspruches
übergegangen sein. Obwohl die Vormerkung in ż 401 I BGB nicht erwähnt ist, ist anerkannt, dass
die Vormerkung entsprechend dieser Vorschrift übergeht.
(i) Das setzt zunächst die wirksame Abtretung des Auflassungsanspruches voraus. Diese ist
erfolgt (vgl. Frage Eins: A)).
(ii) Die Vormerkung ist akzessorisch Das heißt der Anspruch auf Auflassung muss bestehen.
Auch das ist der Fall (vgl. Frage Eins: A)II)).
(Merksatz zur Akzessorität: Vormerkung, Hypothek und Pfand gehen mit der Forderung Hand in
Hand.)
(iii) Weiterhin müsste H bzgl. der Vormerkung berechtigt gewesen sein, d.h. dem H müsste eine
Vormerkung zugestanden haben. H kann die Vormerkung nach żż 883 I, 885 I BGB (Ersterwerb
der Vormerkung) von G erworben haben:
1. Bewilligung (+)
Das setzt eine Bewilligung des Grundstücksveräußerers voraus. Diese wurde seitens des G
abgegeben.
2. Eintragung (+)
Auch ist die Vormerkung, wie nach ż 883 I BGB erforderlich, eingetragen worden.
3. Berechtigung (-)
Allerdings war G als Nichteigentümer des Grundstückes nicht zur Bewilligung der Vormerkung
berechtigt.
4. Gutgläubiger Ersterwerb des H (-)
In Betracht zuziehen ist ein gutgläubiger Ersterwerb der Vormerkung durch H. Ein solcher wird
weitgehend unstreitig nach ż 892 analog i.V.m. 893 BGB (nur analog, nicht direkt anwendbar, denn
die Vormerkung ist kein dingliches Recht an einem Grundstück) zugelassen. Allerdings war der H
ausweislich des Sachverhalt aufgrund seiner Kenntnis der wahren Rechtslage bösgläubig.
H hat nach alledem keine Vormerkung erworben und war diesbezüglich Nichtberechtigter.
(iv) Die Nichtberechtigung des H könnte allenfalls durch einen gutgläubigen Zweiterwerb der
Vormerkung durch K überwunden worden sein. Ob ein solcher gutgläubiger Zweiterwerb möglich
ist, ist sehr strittig.
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1. Nach einer Ansicht ist der gutgläubige Zweiterwerb aus zwei Gründen nicht möglich: Erstens
fehle es an einem Verkehrsrechtsgeschäft wie von ż 892 BGB vorausgesetzt. Die Vormerkung gehe
gesetzlich über nach ż 401 BGB. Zweitens fehle es an einem ausreichenden Rechtsschein, wird
doch die Abtretung der Vormerkung nicht im Grundbuch eingetragen.
2. Nach anderer Ansicht (wohl herrschend) ist ein gutgläubiger Zweiterwerb analog żż 892, 893
BGB zuzulassen. Gegen die Argumente der erstgenannten Ansicht kann man überzeugend
vorbringen, dass der Zweiterwerb in ż 401 BGB zwar gesetzlich geregelt ist, aber dennoch durch
das Verkehrsrechtsgeschäft der Abtretung erfolgt. Zudem liegt der Rechtsschein darin, dass der
Abtretende als Vormerkungsinhaber im Grundbuch eingetragen ist. Darauf darf der Erwerber
vertrauen.
Somit ist ein gutgläubiger Zweiterwerb grundsätzlich möglich (a.A. gut vertretbar).
Dieser könnte hier dennoch an den Voraussetzungen des ż 892 BGB scheitern. Zu beachten ist
nämlich, dass im Zeitpunkt der Abtretung bereits ein Widerspruch gegen das Eigentum des G
eingetragen war. K könnte somit als bösgläubig anzusehen sein. Der Widerspruch richtet sich aber
nicht gegen alle eingetragenen Rechte sondern nur gegen das Eigentum (a.A. noch RGZ 129, 124
ff). Zudem war der Widerspruch erst nach der Vormerkung des H eingetragen worden. Dann aber
durfte K, welcher von der Bösgläubigkeit des H nicht wusste, auf den gutgläubigen Ersterwerb der
Vormerkung durch H vertrauen. Trotz des eingetragenen Widerspruchs musste K nicht davon
ausgehen, dass das Grundbuch hinsichtlich der Vormerkung des H unrichtig ist. K ist als redlich
anzusehen, zumal nur positive Kenntnis die Redlichkeit nach ż 892 I BGB beseitigt. K konnte die
Vormerkung nach żż 398, 401, 892 I, 893 BGB analog von H erwerben (a.A. gut vertretbar).
K ist nach alledem Inhaber einer Vormerkung. Der Widerspruch hindert den Eigentumserwerb des
K analog ż 883 II BGB nicht.
4) K müsste aber um das Eigentum an dem Grundstück zu erwerben auch jetzt noch nach ż 892 I
BGB gutgläubig sein. Mittlerweile weiß K aber, dass G nicht der Eigentümer des Grundstückes ist.
Er ist mithin bösgläubig. Die Vormerkung kann ihre Sicherungswirkung aber nur entfalten, wenn sie
vor jedweder Beeinträchtigung des Erwerbs schützt, auch vor späterer Bösgläubigkeit. Analog ż
883 II BGB schadet nach h.M. die jetzige Bösgläubigkeit des K nicht mehr (vgl. schon zum
Widerspruch Frage Eins: B)IV)3)(a)), es kommt nur auf die Gutgläubigkeit bei Erwerb der
Vormerkung an (sogenannte Gutglaubenswirkung der Vormerkung, str.). K gilt als redlich.
Als Vormerkungsinhaber kann K das Grundstück noch nach żż 873 I, 925, 892 I BGB erwerben.
Der Anspruch ist erfüllbar. Im Ergebnis zu Frage Eins kann K von G die Übereignung des
Grundstückes verlangen.
Frage 2:
Ein Anspruch des K gegen E auf Zustimmung zur Grundbuchänderung kann sich aus ż 888 BGB
ergeben.
(Grundbuchberichtigungssansprüche können sich ergeben aus:
-ż 894 BGB
-żż 823 ff. i.V.m. 249 I BGB
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- ż 812 I BGB (Grundbuchposition ist  erlangtes Etwas ).
Diese sind hier nicht einschlägig, solange K mangels Eintragung nicht Eigentümer ist und das
Grundbuch somit nicht zu seinen Ungunsten unrichtig ist.
Der Anspruch aus ż 888 BGB ist dagegen kein Grundbuchberichtigungsanspruch - das Grundbuch
muss nicht falsch sein - sondern ein speziell den Vormerkungsinhaber schützender
Grundbuchänderungsanspruch.)
A) K = Inhaber einer Vormerkung (+)
ż 888 BGB setzt zunächst voraus, dass K Inhaber einer Vormerkung ist. Der Vormerkungserwerb
des K wurde unter Frage Eins: B)IV)3)(b) geprüft und bejaht.
B) Relative Unwirksamkeit eines Rechtserwerbs des E nach ż 883 II BGB (-)
Weiterhin setzt ż 888 BGB voraus, dass  der Erwerb eines eingetragenen Rechts [& ] gegenüber
demjenigen, zu dessen Gunsten die Vormerkung besteht, unwirksam ist . Diese Voraussetzung
scheint hier nicht erfüllt. In diesem Fall gab es keinen relativ unwirksamen Rechtserwerb des E,
vielmehr geht es um die Frage, ob der E sein ursprüngliches Eigentum an den K verlieren wird. In
direkter Anwendung besteht somit kein Anspruch nach ż 888 BGB.
C) Analoge Anwendung des ż 888 BGB (+)
Möglicherweise könnte ż 888 BGB aber analog zur Anwendung kommen.
Die Regelungslücke ergibt sich hier daraus, dass die Vormerkungswirkungen von der
Rechtsprechung ausgeweitet wurden. Die Vormerkung soll nicht nur vor Zwischenverfügungen,
sondern auch vor einem späteren Widerspruch (vgl. Frage Eins: B)IV)3)(a)), späteren
Grundbuchberichtigungen und nach Vormerkungserwerb eintretender Bösgläubigkeit (vgl. Frage
Eins: B)IV)4)) schützen (sogenannte  große Lösung des BGH, nachzulesen bei BGH NJW 1981,
446).
Folgt man dem, muss man konsequenterweise dem Vormerkungsinhaber auch in den Fällen der
analogen Anwendung des ż 883 II BGB einen Anspruch auf Zustimmung zur Grundbuchänderung
analog ż 888 BGB zugestehen. K kann nach ż 888 BGB analog von E die Zustimmung zur
Grundbuchänderung verlangen.
(Auch vertretbar wäre, den Anspruch des K nach ż 888 BGB zwar abzulehnen, das Grundbuchamt
aber wegen der Gutglaubenswirkung der Vormerkung ohnehin für verpflichtet zu halten, entgegen ż
19 GBO, auch ohne Zustimmung des E, den K einzutragen. Aus der Lösung zu Frage Zwei ergibt
sich nun, dass auch ohne den Bearbeiterhinweis zu Frage Eins (vgl. Frage Eins: B)II)) diese
Voraussetzung (Möglichkeit der Eintragung in das Grundbuch) zu bejahen war.


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