Hauptmann, Gerhart (1862-1946), Schriftsteller. Mit seinen Dramen avancierte er zum Hauptvertreter des Naturalismus innerhalb der deutschen Literatur.
Hauptmann wurde am 15.November 1862 als Sohn eines Gastwirts in Obersalzbrunn (heute Szczawno Zdroj, Polen) geboren. Nach einer Tätigkeit als Gastwirtseleve und einem kurzen Bildhauerstudium in Breslau (heute Wroclaw) und Jena wandte er sich dem Schreiben zu. Beeinflusst wurde diese Entscheidung durch die naturwissenschaftlichen und philosophischen Vorlesungen von Ernst Haeckel und R.Euken, die Hauptmann während dieser Zeit in Jena besuchte. Es folgten zahlreiche Reisen, u.a. in die Schweiz, nach Spanien und Italien (1883/84). Eine Bildhauerkarriere in Rom scheiterte. 1885 heiratete Hauptmann Marie Thienemann, die Tochter eines Großgrundbesitzers, die seine Existenz als freier Schriftsteller sicherte (Scheidung 1893). Das Paar zog nach Berlin, wo Hauptmann mit zahlreichen Künstlern der Berliner Moderne (u.a. im Verein Durch) Kontakt bekam. Nach 1891 lebte er abwechselnd in Schreiberhau und Berlin. 1904 heiratete Hauptmann in zweiter Ehe Margarete Marschalk und wohnte in Haus Wiesenstein in Agnetendorf, in Kloster (Gemeinde Hiddensee) und in Italien. 1912 erhielt er den Nobelpreis für Literatur. Hauptmann starb am 6.Juni 1946 in Agnetendorf.
Werk
Bereits in seinem Frühwerk wurde Hauptmann entscheidend von den Werken des norwegischen Dramatikers Henrik Ibsen beeinflusst. Nach Erfolgen in unterschiedlichen literarischen Genres, so mit der naturalistisch-psychologischen Novelle Bahnwärter Thiel (1888), erlangte er vor allem als Dramatiker Berühmtheit. Sein erstes Stück Vor Sonnenaufgang (1889) gilt als grundlegendes Werk des Naturalismus: Gezeigt wird der moralische Verfall mehrerer Bauernfamilien, die plötzlich zu Wohlstand gelangt sind, als auf ihrem Land Kohlevorkommen entdeckt werden. In Die Weber (1892), seinem bedeutendsten Drama, thematisierte Hauptmann das Schicksal einer Gruppe schlesischer Weber zu Zeiten der Weberaufstände, wobei er - auch unter Einsatz des Dialekts - eine ganze soziale Schicht zu Protagonisten des Stückes macht, um so die gesellschaftlichen und politischen Dimensionen des Konflikts zu verdeutlichen.
Mit der Traumdichtung Hanneles Himmelfahrt (1893) wandte sich Hauptmann vom rein naturalistischen Drama ab, indem er naturalistische Elemente mit romantisch-symbolischen Versen kombinierte. Die Hinwendung zur Neuromantik des Fin de SiÅcle zeigt sich im Versdrama Die versunkene Glocke (1897). Im gleichen Jahr fand der Autor wieder zu einer eher realistischen Dramatik: Statt das soziale Anliegen hervorzuheben, nahm er sich nun der Auswirkungen moralischer Korruption auf den Einzelnen an. Im Fuhrmann Henschel (1898) und in Rose Bernd (1903) etwa stellte er das Schicksal von Menschen dar, deren Scheitern bereits in ihren Unzulänglichkeiten angelegt ist. Hauptmann schrieb außerdem die Dramen Der rote Hahn (1901) und Der arme Heinrich (1902), die Komödie Der Biberpelz (1893), in der die preußischen Repräsentanten des Kaiserreiches bloßgestellt werden, die Erzählung Der Ketzer von Soana (1918), eine exotistische Idylle, und Erzählgedichte. In der so genannten Atriden-Tetralogie (1941-1945), der die antike griechische Sage des zum Untergang verdammten Geschlechts der Atriden zugrunde liegt, zeigt sich wie in vielen seiner späten Werke eine fatalistische Haltung gegenüber dem Nationalsozialismus, mit dem er sich, zurückgezogen lebend, arrangiert hatte.
Weitere Werke Hauptmanns sind die Dramen Das Friedensfest (1890), Michael Kramer (1900), Griselda (1909), Gabriel Schillings Flucht (1912), Winterballade (1917) und Vor Sonnenuntergang (1932), die Romane Atlantis (1912), Die Insel der großen Mutter oder Das Wunder von Île des Dames (1925), Wanda (1928) und Winckelmann (1954; vollendet von Frank Thieß), die Versepen Promethidenloos (1885) und Anna (1921) sowie die Lyrikbände Ährenlese (1939) und Neue Gedichte (1946). Den Eulenspiegel-Stoff bearbeitete er unter Bezugnahme auf die Weltkriegsrealität in dem Hexameterepos Des großen Kampffliegers, Landfahrers, Gauklers und Magiers Till Eulenspiegel Abenteuer (1928).
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