54. Die deutsche Moderne (Naturalismus; Expressionismus; Impressionismus - Definitionen und Vertreter).
1. Wissenschaft und Philosophie:
- Zoologie: Ernst Haeckel: Die WeltrhÀtsel (1899) - die christliche Unterscheidung von Natur und
Geist, Materie und Seele abgelehnt, der Mensch in die Natur eingebettet
- Mathematik und Physik: Max Planck - Quantentheorie (1900), Albert Einstein -
RelativitÀtstheorie (1905, 1915), Niels Bohr - Atommodell (1913)
2das alte Weltbild ĂŒberwunden; Materie ist nicht mehr das einfachste Element des Seienden,
NaturvorgÀnge P Kausalzusammenhang
- die Genetik
2. Kunst:
- Abwendung von Wissenschaft und universitÀrer Philosophie
- Fragen: ErkenntnisfÀhigkeit des Menschen, Sinn des Lebens, das Weltganze
- FRIEDRICH NIETZSCHE - „Gott ist tot“, „Ăbermensch“, „Jenseits von Gut und Böse“
3. „Lebensphilosophie“
- gegen AufklÀrung und Rationalismus; Romantik bejaht - Schopenhauer und Nietzsche als
Vorbilder
- Henri Bergson (1859-1941): Verstand vs. Intuition
4. Sprache:
- Ich-Krise („Der moderne Mensch kann seiner selbst nicht mehr sicher sein.“) T Freud: das
Unbewusste
- Erkenntniskrise („Der moderne Mensch kann der Welt nicht mehr sicher sein.“) T
Wissenschaften, insb. Physik
- Sprachkrise („Man kann sich der Wirklichkeitsbeziehung sprachlicher Mittel nicht sicher sein.“
- die Entleerung der Begriffe, die Ablösung der Sprache von den Dingen, die Unmöglichkeit, die gegenwĂ€rtige RealitĂ€t mit den konventionellen Sprachmitteln auszudrĂŒcken
- kein notwendiger Zusammenhang zwischen Sprache und Wirklichkeit
= Hugo von Hofmannsthal: Brief des Lord Chandos (1902): Ablehnung der Sprachmagie, die
Wahrheit kann durch das Wort nicht bewiesen werden; „Geist“, „Seele“, das „Gute“, das „Hohe“, „Körper“, das „Böse“, das „Niedrige“ = Schablonen; Atomisierung der Wirklichkeit; die Sprache vermag die Wirklichkeit nicht mehr zu erfassen;
5. Das Unbewusste
Sigmund Freud (1856-1939): Die Traumdeutung (1900) - Psychoanalyse
- die Psyche ist der Schauplatz eines Mit- und Gegeneinanders dreier Instanzen: Unbewusstes,
Ich, Ăber-Ich
Naturalismus (s. 51);
Expressionismus:
das „expressionistische Jahrzehnt“ (1910-1920) - ein Kampfbegriff der literarĂ€sthetischen
Avantgarde
frĂŒhe aktivistische Phase (1910-1914)
in Deutschland erst seit 1911 als Gegenbegriff zu Impressionismus;
Expressionismus = eine neue visionÀre Kunstströmung, auf dem Gegenpol zum fotografischen
Naturalismus (Kasimir Edschmid, 1917)
EinflĂŒsse:
Einfluss von Nietzsche und seiner Nihilismus-Analyse; der fr. Symbolismus, die Lyrik Walt Whitmans (Vitalismus, Langzeilentechnik), das Barock, die dt. Romantik
Sigmund Freud: Die Traumdeutung;
Wilhelm Worringer: Abstraktion und EinfĂŒhlung (1908) - Neuentdeckung der archaischen, außereuropĂ€ischen KĂŒnste als Ausdruck eines elementaren Existenz- und AngstgefĂŒhls;
Zentren: Berlin, MĂŒnchen, Ruhrgebiet, Elsaß;
Zeitschriften: „Sturm“ (Herwarth Walden, seit 1910); „Aktion“ (Franz Pfemfert, seit 1911); „Weiße BlĂ€tter“ (RenĂ© Schickele, seit 1915) - Pazifismus
Themen:
Kriegsdrohung - Jakob van Hoddis (Gedicht Weltende, 1911), Georg Heym (Gedicht Der Krieg,1911)
Zivilisationskritik - Jakob van Hoddis, Georg Heym, Georg Trakl, Ernst Stadler, Gottfried Benn - die Verknappung der Sprache, die verdichtete Symbolik, die direkte Benennung des HĂ€ßlichen uns Trivialen (Benn: Morgue, 1912)
Autoren und Werke:
Drama:
Georg Kaiser: Gas I, Gas II (1917-1919) - die moderne Energie- und Kriegspolitik kritisiert, apokalyptische Visionen der Selbstzerstörung der Menschheit; die Gefahrenpotential einer modernen „Risikogesellschaft“ (Ulrich Beck)
Prosa:
Heym, Döblin, Benn, Carl Einstein - die Grenzen und die Einheit der Erkenntnis, sogar die Einheit der Persönlichkeit im Mittelpunkt
Lyrik:
der Metaphysikverlust der Moderne; die moderne Industrie und Technik; die Großstadt; die in ethischen und Ă€sthetischen Werten erstarrte wilhelminische Gesellschaft; innerer Widerspruch von Industrialisierung und erstarrter TraditionalitĂ€t; der Krieg;
Impressionismus:
Malerei - „Kunst des Eindrucks“: Paul CĂ©zanne, Edgar Degas, Claude Monet, Auguste Renoir;
Wiedergabe der SinneseindrĂŒcke und Stimmungen durch Farbe, Form und Bewegung; reale Strukturen in Farb- und Lichtreflexe aufgelöst;
Bezeichnung fĂŒr eine zwischen 1890 und 1920 verbreitete Literatur, die sich auf die sprachliche Gestaltung augenblickshafter Empfindungen konzentrierte;
Ăbergang vom Naturalismus, der die Wirklichkeit der Dinge beschreibt, zum Symbolismus, der sich um den Traum bemĂŒht;
Impressionistische Sehweise und Literatur: epische, dramatische Skizze, das lyrische Gedicht, das Episodische;
Themen und Motive, die „impressionistisch“ gestaltet werden: u.a. Großstadt (Karl Bleibtreu), Verkehrsmittel (Gustav Falke), Alltagsszenen (Johannes Schlaf), Naturbilder (Max Dauthendey);