jenes flammenartig=zungelnde Zierornament. An allen nur denkbaren Stellen der Kleidung brachte man Zaddeln (kleine eingeschnittene Stofflappen) an, oder zog die Saume zu einer Reihe flatternder Eichenblatter und anderer Zierformen
aus (252 bis 25Ą,256,24.1,24.2).
Die letzte Form gotischer Tracht entwarf die franzosisch=burgundische Modę. Die flandrischen Stadte Briigge und Gent waren das vierzehnte und fiinfzehnte Jahrhundert hindurch in Mitteleuropa Knotenpunkte fiir Handel und Industrie. Oberall gab es das beriihmte flandrische Tuch, und neben Paris bestimmte der burgundische Hof die Kleidung. Wahrend sich in Italien die Renaissance vor= bereitete, entfaltete hier die gotische Tracht ihre letzte bizarr=prachtvolIe Bliite. In der burgundischen Modę entwickelten sich alle Elemente des gotischen Ge= wandes bis zur letztenKonseąuenz. Alles,was zurZeit derGotik nach und nach aufgekommen war, hatte sich hier zu einer strahlenden Schaustellung zusam= mengefunden. Da waren die spitzen, iiberlangen Schnabelschuhe (250,251, 255) und der enganliegende Anzug mit den weiten Armeln. Die Mahoitres kamen auf, jene Schulterpolster, dereń Breite die schmale Taille betonen sollten (250). Die Schleppe der Frauenkleidung erhielt ihre grofite und reichste Form (252,255), ja man konnte jetzt an der Lange der Schleppe die gesellschaftliche Rangstufe der Tragerin erkennen. Das Decollete feierte vor allem in der Hof= tracht Triumphe. Der Ausschnitt lief vorn und hinten spitz zu, meist von an= dersfarbigen Stoffen oder Pelzwerk eingesaumt. Unter der Brust hielt ein breiter Giirtel das Kleid zusammen (252,255,257).
Reicher Pelzschmuck war allgemein gebrauchlich: Grauwerk ais Schulterum* hang fiir Manner (256) oder Hermelin ais Saum fiir Frauenkleider. Pelzwerk begleitete den Halsausschnitt, fiel ais breite Manschette der engen Armel iiber die Hande oder verbramte prachtig den untersten Saum des Oberkleides (252). Zu dem langen Mannermantel gehorte der grofie flachę Hut mit den breiten,
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