Jakob
Schlandt
Eine neue Untersuchung schatzt, dass zehn Prozent der deutschen Haushalte von Energiearmut betroffen sind. Wahrend im Ausland gezielt AusmaR und Folgen untersucht sowie Gegenmafinahmen getroffen werden, ist das Thema hierzulande kaum auf der politischen Agenda.
Energiearmut - auch in Unterscheidung zu allgemeiner Armut - ist in Deutschland ein groRes, kaum in Angriff genommenes Problem. Die gesundheitlichen Auswirkungen sind erheblich. Und: Es gibt Lósungsmóglichkeiten fur die Politik, zum Beispiel die Einfuhrung von energetischen Mindeststandards fur Mietgebaude auch im Bestand. Das sind die wichtigsten Thesen eines Diskussionspapiers, das das Buildings Performance Institute Europę (BPIE) sowie das Regulatory Assistance Project (RAP) ani heutigen Donnerstag yeróffentlichen. Background konnte bereits vorab Einsicht erhalten.
Nach einer Definition, die sich zum Beispiel in GroRbritannien durchgesetzt hat, waren geschatzt zehn Prozent aller Haushalte in Deutschland von Energiearmut betroffen: so die Autoren. Demnach mussen sowohl die Energiekosten uber dem Median aller Haushalte liegen, also eher hoch sein, sowie das Einkommen abzuglich dieser Kosten unter der offiziellen Armutsgrenze liegen. Die Schatzung entspreche einer „konservativen Herangehensweise'1, schreiben die Autoren.
Gleichzeitig beeintrachtige Energiearmut nachweislich die Gesundheit. argumentieren die Verfasser weiter. Hier liegt der Fokus vor allem auf dem Warmebedarf. Zu niedrige Temperaturen in Wohnraumen erhóhten die Wintersterblichkeit. Schimmelbildung fuhre zu Atemwegserkrankungen, Thrombosen und Sturze kamen haufiger vor. Auch psychisch wirke sich Energiearmut negativ aus. Die Politik in Deutschland befasse sich allerdings kaum mit dem Thema und erhebe auch nicht systematisch Daten, heilit es in der Studie.
In dem Papier schlagen BPIE und RAP „dynamische Mindeststandards vor, urn Energiearmut in Mietshausern in den Griff zu bekommen. Gerade dort besteht namlich das Dilemma, dass sowohl Mietern ais auch Vermietern ein finanzieller Anreiz fehlt: zu investieren. So konne zum Beispiel festgelegt werden, dass ab einem bestimmten Zeitpunkt bei Neuvermietungen Minimalanforderungen erfullt werden mussten, zum Beispiel ab 2021, die dann im Abstand von funf Jahren anstiegen. In dem Papier werden Beispiele derartiger Mindeststandards aus dem europaischen Ausland diskutiert, etwa in GroRbritannien, in Frankreich und den Niederlanden.
Urn die Zielgruppe nicht zu belasten, miisse allerdings dafiir gesorgt werden, dass die Warmmieten durch die Mindeststandards nicht steigen. ^Klar ist, dass die von Energiearmut betroffenen Haushalte von den SanierungsmaRnamen profitieren mussen. Kommt es zu einer Verdrangung wurde das Ziel verfehlt“, heiRt es in der Untersuchung. Móglich sei zum Beispiel, Vermietern die Finanzierung der Sanierung zu erleichtern, mit Krediten und steuerlichen Abschreibungen oder dem verpflichtenden Abruf von Fórdermitteln.