Jacek Radziewicz-Winnicki - Architektura Gliwic... 261
ais mittelalterliche Baustile bevorzugt. Dies galt nicht nur ftir Gotteshauser, sondern aućh fiir offentliche Gebaude, wie z.B. die Maschinenbau- und Huttenschule, die heulige Fakultat fiir Chemie der Schlesischen Technischen Hochschule. Ebenso wurde 1905 das Hauptpostamt in der Niederwallstrafie im neogotischen Stil erbaut.
Am Ende des 19. Jahrhunderts wurde in der Stadt eine neue Kompositionsachse festgelegt, die den alten Stadtkem mit dem neugebauten Bahnhof verbinden sollte: die heutige ul. Zwycięstwa. Entlang dieser attraktiven Strafie entstanden nach und nach prachtvolle Mietshauser und offentliche Gebaude, so dass sie schlieRlich zur reprasentativsten Einkaufsmeile in Gleiwitz wurde. Die meisten Hauser wurden am Ende des 19. bzw. in den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts erbaut und vertreten die unterschiedlichsten Stilrichtungen, vom Historizismus iiber den Eklektizismus bis hin zum Modemismus. Zu den wertvollsten Objekten gehort zweifellos das 1921-23 nach Erich Mendelssohns Entwurf erbaute Kaufhaus „Seidenhaus-Weichmann". In den Zeiten der raschen industriellen Entwicklung entstanden zahlreiche Arbeitersiedlungen mit Zwillings- und Reihenhausern von einer schlichten und funktionalen Architektur. Gegen Ende der 1920er und zu Beginn der 1930er Jahre entstanden zahlreiche Offentliche Gebaude mit interessanten modernen Formen; sie reprasentierten die aktuellen architektonischen Trends. Der Expressionismus demonstrierte ais eine Stromung des avantgardistischen Modernismus der Zwischenkriegszeit von besonders emotionalem Charakter gewissermafSen die Haltung ihrer Architektem Diese Richtung reprasentieren in Gleiwitz das grofe Gebaude des Marienseminars in der heuligen ul. Bony, die Christ-Konig-Kirche nach dem Entwurf des Wiener Architekten Carl Mayr (1934-1935) in der heutigen ul. Poniatowskiego und die friihere Landesfrauenklinik (1933), die nun das Institut fiir Onkologie beherbergt. Alle bestechen durch ihre dynamischen und expressiven Formen. Neben offentlichen Gebauden und Kirchensilhouetten dominieren auch andere Objekte verschiedenster Funklionen das Stadtbild. In Gleiwitz fallen zwei prachtvolle Wassertttrme sowie der Mast des Gleiwitzer Senders auf. Letzterer ist seit dem 1. September 1939 weltbekannt, ais er zum Schauplatz eines von den Nationalsoziahsten inszenierten deutsch-polnischen Grenzzwischenfalls wurde, der den Vorwand fur den Angriff auf Polen liefem sollte.
Zur Vervollstandigung des architektonischen Bildes der Stadt sind noch die 1930-1933 durchgefiihrten Renovierungsarbeiten an der Allerheiligen-Kirche zu erwahnen, bei denen der Turm mit einem modemislischen, achteckigen Aufbau mit Schiefischarten gekront wurde.