3 Die rumaniscbe Gegenwarts literatur 161
Die Besonderheit von Banulescus Prosa ist das Geheimnis. Seine Personen sind standig auf der Suche nach etwas, das nicht sofort sichtbar und erkennbar ist. Banulescus Gestalten sind immer unterwegs, ewige Wanderer, unzufrieden und unruhig und fast unmóglich zu beruhigen, da sie in ungiinstigen Zeiten und in einer feindlichen Welt leben.
Er verfaBt seine poematisch-erzahlerische Prosa nach einer ganz originellen Methode und ist ein Einzelganger in der rumanischen Gegenwartsprosa, der seinen eigenen selbstgewahlten Weg sorgfaltig und aufmerksam geht.
Schade jedoch, daB die phantastisch-realistisch-mythische Eizahlung “Die Trappe”, eigentlich eine der bedeutendsten Geschichten Banulescus, uniibersetzt und den deutschen Lesem unbekannt geblieben ist...
Obwohl Ana Blandiana1(Pseudonym von Otilia-Valeria Coman) (geb.1942) • in Rumanien beriihmt ais Dichterin ist, wurden ihre Verse erst jetzt auf Deutsch veroffentlicht.
Neben einer guten Obertragung aus dem Rumanischen ist es Franz Hodjak gelungen, die schdnsten Gedichte auszuwahlen.
Das mit Aufinerksamkeit, Geduld und viel Gefiihl gebaute lyrische Portrat Ana Blandianas von Peter Motzan ist eine lyrische Effigies, auf die jeder Dichter der Gegenwart sto lz ware
Ana Blandiana debiitierte 1964 mit dem Band “Erste Person Plural”. Auch wenn ihre Debiitlyrik Ahnlichkeiten mit den Grofimeistem der rumanischen Lyrik Tudor Arghezi und Lucian Blaga aufwies, wurde ihre lyrische Stimme spater immer origineller. Wahrend ihre Anfangslyrik eine Naivitat und Unschuld spiiren laBt, wird das Gesicht ihrer Poesie spater immer trauriger und dunkler. Ana Blandiana spricht direkt, in wenigen Worten, die Wahrheit. Ihre personliche Verzweiflung und die Verzweiflung ihres Volkes ist fast in jedem Verse spiirbar. Sie operiert mit wenigen Worten, es gibt Symbole die immer wiederauftauchen, wie: Engel, Flugel, Kirche, Himmel, Schlaf, Vógel, Schnee, mit denen sie ein eigenes lyrisches Universum baute. Die Engel sind “niBbeschmierte” oder “gesteinigte” oder “Die Engel sind iiberreif und beginnen/ herabzufallen”. “Die Kirchen haben keine Dacher”, “Und siehe da, die Kirchen / beginnen iiber den Asphalt zu gleiten / wie mit Angst beladene / Schiffe”. Auch der Schlaf bnngt nicht mehr die wohlverdiente Ruhe, da “Am einen Ende des Schlafs und an anderen / fiihle ich mich in Gefahr”. Selbst der makellose Schnee ist feindlich:
“Es schneit aus Feindschafit/ voller HaB fallt der Schnee / auf die Gewasser, zugefroren vor HaB, / auf die Obstgarten, die aus Schlechtigkeit bliihn, / auf die bos kollemden Vogel, die es ertragen. / Es schneit, ais ob im Schnee / das Leben dieses aąuatischen Volkes / enden miiBte,/ es schneit mit einer menschlichen / Hartnackigkeit, / es schneit Gift “.
Auch das Dorf, friiher Zufluchtort der rumanischen Dichter, ist jetzt ffemd, unsicher, und gar feindlich geworden: “Im Dorf, in das ich zuriickkehre,/ zertrummem Kuckucksuhren die Zeit, / und groBe Blocke von Schweigen / liegen
Ana Blandiana: EngelEmte. Gedichte. Rumanisch und deutsch. Auswahl und Obersetzung von Franz Hodjak. Nachwort von Peter Motzan. Ziirich: Ammann Yerlag, 1994, 144 S.