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Der Konventionsentwurf enthalt — und dafur mochte ich danken — zweifellos wertvolles und diskutables Gedankengut in bezug auf die mehr oder weniger einheitliche Lósung von Einzel-fragen des Wahlrechts, wie Zahl der Abgeord-neten, Wahlbarkeit, Wahlalter, Unvereinbarkei-ten, Dauer der Legislaturperiode, Wahltermin, Wahlkostenregelung usw.

Der wesentliche Inhalt des einheitlichen Ver-fahrens aber, das Wahlsystem, bleibt ausgeklam-mert, ein weisser Fleck auf der Landkarte der Konvention.

Der Artikel 9 des Konventionsentwurfs be-sagt, dass das kiinftige europaische Parlament erst nach Ablauf der Ubergangszeit, das heisst nicht vor dem Ende der dritten Stufe der Ver-wirklichung des Gemeinsamen Marktes, die Bestimmungen fur die Wahl der Abgeordneten beschliesst. Bis dorthin fallt die Regelung des Wahlsystems allein in die Zustandigkeit eines jeden Mitgliedstaates.

Der vorliegende Konventionsentwurf be-schrankt sich also darauf zu sagen : Die Wahl-modalitaten werden von dem kiinftigen Parlament selbst bestimmt werden zu einem heute noch unbekannten Zeitpunkt. Von einem einheitlichen Verfahren ist dabei iiberhaupt nicht mehr die Rede.

Ich bin iiberzeugt, dass der Konventionsent-wurf, wenn wir ihn in dieser Form annehmen wiirden, den Auftrag des Vertrages wegweisen wiirde von uns, seine Erfiillung zeitlich weit hinausschieben, ja nicht einmal vollinhaltlich weitergeben wiirde.

Die Bestimmungen des § 9 beinhalten eine so lose Auflage fur das kommende Parlament, dass damit das dynamische Wollen des Artikels 138 des Vertrages in der jetzigen Fassung wesent-lich abgeschwacht werden wiirde. Damit ware dem Geist und dem Wollen des Vertrages nicht entsprochen.

Herr Prasident, ich darf zusammenfassen. Dieses Parlament wiirde, wenn es diesem Kon-ventionsentwurf zustimmte, sich jeden Ein-flusses auf die Zusammensetzung des ersten direkt gewahlten europaischen Parlaments be-geben, obwohl der Vertrag dies klugerweise und, historisch gesehen, normalerweise aus-driicklich wiinscht.

Das ist in hochstem Grade unbefriedigend, ja, ich muss mit Herm Smets sagen : es ware

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gefahrlich. Das wiirde heissen, dass dieses Parlament nicht gewillt ist, sich vielleicht aber auch nicht fur fahig halt, die Aufgabe anzunehmen, die der Vertrag ihm feierlich iibertragt.

Dieses Parlament wiirde, wenn es dem Kon-ventionsentwurf ohne Modifikation und dem Bekenntnis zur Weiterarbeit zustimmte, den einzigen wirklich politischen Auftrag, den der Vertrag zu vergeben hat und der teils konstitu-tiver, teils legislativer Natur ist — eine Aufgabe ersten Ranges, die dem Parlament zum ersten-mal echtes Initiativrecht gibt —, von sich wei-sen und ihn in abgeschwachter Form einem kiinftigen Parlament unbekannter Zusammensetzung, zu einem unbekannten, vielleicht weit entfemten Zeitpunkt iiberlassen.

Die Ad-hoc-Versammlung im Jahre 1953 hat sich darauf beschrankt zu sagen, dass die Wahl-modalitaten von dem kiinftigen Parlament selbst bestimmt werden. Daraus kann aber doch nicht, Herr Profesor Dehousse, ein Alibi fur unsere heutige Entscheidung abgeleitet werden. Wir sind doch selbst dieses kiinftige Parlament, von dem die Ad-hoc-Versammlung im Jahre 1953 gesprochen hat, ein Parlament, das nicht nur eine Empfehlung mit auf den Weg bekom-men hat, sondern einen ganz klaren Auftrag, namlich Entwiirfe nach einheitlichem Verfahren auszuarbeiten.

Niemals konnte man sich auf die Ad-hoc-Versammlung berufen, wenn man darauf ver-zichtet, zumindest einheitliche Grundprinzipien fur die erste Wahl aufzustellen. Es war doch gerade die Ad-hoc-Versammlung, die gefordert hat, dass nach einheitlichen Grundprinzipien ein Gesetz fur gemeinsame Wahlen zu erstellen ist.

Herr Prasident! Ich glaube, dass uns vor der Geschichte niemand die Verantwortung ab-nimmt, und ich glaube nicht, dass wir diese Verantwortung dadurch erfullen, dass wir sie von uns wegschieben und auf andere Gremien delegieren.

Meine Damen und Herren ! Es gibt keine ernsthaften Grunde fur eine solche A-priori-Kapitulation. In dem urspriinglichen Entwurf des Berichts des Herrn Kollegen Schuijt waren lediglich zwei Grunde angefiihrt. Ich freue mich, sie in der endgiiltigen Fassung nicht mehr vor-zufinden.

Das erste Argument, das man immer wieder hórt, besagt: Wir wollen móglichst bald zur

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