Auf diese Frage kann nicht mit dem Begriff der »Kontraklasse«, der ein reines Abstraktum ist, geantwortet werden, welches in dieser Nebelhaftigkeit und Unbestimmtheit (da es dem Wesentlichen zuwi-derlauft, es unmóglich macht: die Identifizierung des Ausbeuters) den Interessen der Mittelklasse und Technoburoktraie in ihrer ungestórten ideologischen Manipulierung (wie auch die Bestimmung des Begriffs »arbeitendes Volk«) nur sehr dienstlich ist.
Dabei gehen die Ideologen der Mittelklasse sogar so weit, sich der durchsichtigen Floskel zu bedienen, dafi es gerade der Stalinismus ist, der das Nationale dem Klassenliaften unterwirft. Zuletzt ist also der Stalinismus der echte Verfechter der Interessen der Arbeiterklasse (und des Weltproletariats)! Man miifite auch die Frage stellen: wer wischt wem hier die Augen aus, womit und in wessen Interesse? Sind sich diese Ideologen und Staatdenker dessen bewufit, was sie sagen? Kann man heute (besonders bei uns!) so unverantwortlich mit solchen Ausfliichten umgehen, ohne ihre Reichweite zu erkennen, die zu uns wie ein Bumerang zuriickkehren kann!? Am Werk ist eine typische, nach der Meinung der Autoren dieser »These« selbst eine wahrschein-lich gut erdachte und durchdachte(?) berechnete ideologische Mani-pulation, die allem nach zu urteilen, ihrem Inhalt nach in dieser »de-schiffrierten« Form so lauten sollte: Seid vorsichtig, wer sich auf das Klassenhafte beruft, auf die klassenmafiigen Interessen (der Arbeiterklasse) sie auch nur erwahnt, der ist - Stalnist (oder »klassenmafiiger Unitarist«, oder »anationaler Linker und Marxist«)! Gerade dafi die Hunde nicht auf ihn gehetzt werden! Das streuen aber gerade jene aus, die schon ein Viertel Jahrhundert lang dieses Land mit typisch stalinistischen Methoden regieren, oder dabei wenigstens geholfen ha-ben, oder jene, die sich in diesem ganzen Prozefi alle Chancen niit-zcnd skrupellos auf Kosten eben dieser Arbeiterklasse Jugoslawiens bereicherten (ohne zu fragen, und das hat sie eigentlich auch gar nicht interessiert, welcher Nationalitat sie ist)!
Diese Ideologen, die das verfechten, nur ihren eigenen engen klas-senmafiig biirgerlichen Interessen folgend (vor allem der Macht, der Herrschaft, den Privilegien, der Bereicherung, der Karriere und den guten Aussichten fur eine mógliche gute Position usw.) merken in ihrem Feuereifer gar nicht, dafi sie mit dieser ihrer »These« eigentlich eben dem Stalinismus recht geben, der 1948 dieses Land unter seine direkte Herrschaft bringen wollte. In ihrer Enęstirnigkeit und Ver-blendung sehen sie nicht, dafi sie quasi den Fortschritt yerteidigend, die Interessen und die Integritat der eigenen Nation, eigentlich den Stalinismus loben, indem sie ihm die Legitimierung des echten Kamp-fers fiir die Klasseninteressen, sowohl des eigenen ais auch des Weltproletariats erteilen. Man mufi nicht an die nahere oder auch weiter-liegende Geschichte erinnern, um das Absurde und Unhaltbare einer solchen These zu zeigen. Der Stalinismus ist namlich nicht die Unter-werfung des Nationalen vor dem Klassenmafiigen, sondern die Unter-ordnung der klassenmafiigen Proletarierbewegung bei politischen und okonomischen, hegemonistischen und staatskapitalistischen ideologischen Notwendigkeiten und Interessen einer biirokratischen (ihrem Wesen nach biirgerlichen) Machtstruktur, also eine Unterordnung
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