fiihrungen. Theoretische Wurzeln dieser »Abweichungen« sind aber auch in den Unzulanglichkeiten der theoretischen Analysen der »Klassiker des Marxismus« (speziell derjenigen Lenins) zu machen.
Wie bekannt, hat Marx in seinem »Biirgerkrieg in Frankreich« das Problem der Staats- und Munizipalbiirokratie und ihrer Aufhebung grilndlich analysicrt. In seinem Werk »Staat und Revolution« hat Lenin diese Analysen wiederbelebt und ergiinzt. Das ist sein unvergang-liches Verdienst. Wenn wir aber seine Arbeiten aus den Jahren nach der Oktoberrevolution lesen, so sehen wir, daft er sich manchmal unter dem schon erreichten theoretischen Niveau bewegt. So finden wir zwar in seinen Arbeiten aus dieser Zeit einen fast stiindigen Aufruf zum Kampf gegen den Burokratismus, wenn wir aber den Inhalt dieser Forderung naher betrachten, dann sehen wir, dafi er den Burokratismus oft auf eine unbefriedigende Weise auffaftt. Nicht in der Herr-schaft des Staatsapparats sieht er den zu bekampfenden Burokratismus, sondern vielmehr in seinem schlechten (langsamen, nichtelasti-schen, nichteffizienten, primitiven) Funktionieren.
Im Einklang mit Lenins Auffassung vom Wesen des Burokratismus steht auch sein Programm des Kampfes gegen diesen. So fordert er vor allem den Kampf gegen den biirokratischen »Schlendrian«. und zwar einerseits, durch die Einbeziehung immer neuer lernensfahigen und dem Sozialismus treuer Leute proletarischen Abstammung in den Staatsapparat, und andererseits durch eine bessere Organisation der Arbeit und eine strengere Kontrolle ihrer Ausfiihrung.
Lenins* Programm des Kampfes gegen den Burokratismus kommt so manchmal einem Programm der Vervollkommung der biirokrati-schen Herrschaft naher. Andererseits finden wir bei Lenin keine griindliche Analyse der Móglichkeiten fur eine wirklich sozialistische Organisation der Produktion.
In der Verstaatlichung der Produktionsmittel hat er keineswegs das Endziel des Kommunismus gesehen. Und doch hat er darin einen qua-litativen Sprung vom Kapitalismus zum Sozialismus gesehen (»denn aller Besitz gehórt dem Staate, der Staat aber ist die Sowjetmacht, die Macht der Mehrheit der Werktatigen«) und eine Basis fur eine lan-gere Periode der sozialistischen Entwicklung.
13.
In der Tat ist durch die Verstaatlichung der Produktionsmittel noch keine sozialistische Veranderung der Produktionsverhaltnisse erreicht, weil durch die Abschaffung der Kapitalisten und die Verstaatlichung der Betriebe noch keine wesentliche Veranderung in der Position des Produzenten, des Arbeiters eingetreten ist. Die Unterscheidung zwi-schen jenen die arbeiten und jenen, die iiber die Arbeit entscheiden, zwischen den Beherrschten und den Herrschern, zwischen den Ausge-beuteten und den Ausbeutern ist dadurch nicht verschwunden. Dafi es
491