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E
ine akute infektiöse Enteritis (auch Gastroenteri-
tis) ist in Entwicklungsländern immer noch eine
der häufigsten Ursachen für Todesfälle im Säuglings-
und Kindesalter (1). Virale Infektionen überwiegen als
Ursache (e1).
In Europa verlaufen die meisten Erkrankungen leicht
bis mittelschwer, Todesfälle sind extrem selten. Die
akute Enteritis ist jedoch auch in Deutschland eine häu-
fige Ursache für eine stationäre Aufnahme und verur-
sacht – nicht zuletzt durch nosokomiale Infektionen –
sehr hohe Kosten (2).
Je jünger das Kind ist, umso größer ist das Risiko,
dass sich durch Wasser- und Elektrolytverluste eine
Dehydration entwickelt. Der Typ der Dehydration,
isoton, hypoton oder hyperton, ist unabhängig vom
Erreger. Der Flüssigkeitsverlust durch Durchfall und
Erbrechen kann das Dreifache des zirkulierenden
Blutvolumens betragen (80–150–250 mL pro kg/Kör-
pergewicht und Tag). Um das Blutvolumen konstant
zu halten, entzieht der Körper dem Intrazellulärraum
Flüssigkeit. Dies führt zur Exsikkose. Durch die früh-
zeitige und ausreichende orale Gabe von Rehydra-
tionslösung (Glucose-Elektrolyt-Lösung) und dem
Alter entsprechende Normalkost können in den meis-
ten Fällen Komplikationen und damit eine stationäre
Aufnahme vermieden werden.
Grundlage des Artikels waren die evidenzbasierte
Leitlinie der ESPGHAN (3), die Leitlinie der GPGE (4),
Cochrane-Analysen (5–7) und eine selektive Literatur-
recherche.
Lernziele für den Leser sind:
Kenntnisse über Ursachen, Leitsymptome, Kom-
plikationen und Basisdiagnostik bei akuter in-
fektiöser Durchfallerkrankung im Kindesalter zu
erwerben
Therapiemaßnahmen in der ambulanten Ver-
sorgung (Praxis, Notfallambulanz) benennen zu
können
Präventionsmöglichkeiten zu verinnerlichen.
Akute infektiöse
Durchfallerkrankung im Kindesalter
Sibylle Koletzko, Stephanie Osterrieder
3
Punkte
cme
Teilnahme nur im
Internet möglich:
aerzteblatt.de/cme
ZUSAMMENFASSUNG
Hintergrund: Die akute infektiöse Enteritis ist weltweit eine
der häufigsten Erkrankungen im Kindesalter, besonders in
den ersten drei Lebensjahren. In Deutschland wird jedes
sechste Kind unter fünf Jahren mindestens einmal jährlich
wegen infektiöser Durchfallerkrankung beim Arzt vorge-
stellt. Bei Rotavirusinfektionen führt dies in 10 Prozent der
Fälle zur stationären Aufnahme. Trotz hohen Evidenzgrades
ist die Umsetzung nationaler und internationaler Empfeh-
lungen zur Behandlung der akuten infektiösen Durchfall-
erkrankung noch ungenügend.
Methodik: Selektive Literaturrecherche auf der Basis natio-
naler und internationaler Leitlinien
Ergebnisse und Schlussfolgerung: Therapieziel ist der Ersatz
von Flüssigkeits- und Elektrolytverlusten infolge Durchfall
und Erbrechen. Die Gabe einer hypotonen oralen Rehydrati-
onslösung ist indiziert bei drohender Dehydrierung (Säuglin-
ge unter sechs Monaten mit Durchfall, und/oder mehr als
acht wässrigen Durchfällen in den letzten 24 Stunden
und/oder mehr als viermal Erbrechen in den letzten 24 Stun-
den) oder wenn bereits eine leichte oder mäßig ausgeprägte
Dehydration vorliegt. Die orale Rehydrierung mit kleinen,
aber häufigen Gaben von oraler Rehydrationslösung inner-
halb von drei bis vier Stunden ist in mehr als 90 Prozent der
Fälle erfolgreich. Anschließend erhält das Kind altersgemäße
Nahrung. Laboruntersuchungen von Blut oder Stuhl sind in
der Regel nicht erforderlich. Kinder, die oral oder über eine
nasogastrale Sonde rehydriert werden können, sollten keine
intravenöse Therapie erhalten.
Dtsch Arztebl Int 2009; 106(33): 539–48
DOI: 10.3238/arztebl.2009.0539
Schlüsselwörter: Diarrhö, Erbrechen, Rotaviren,
Gastroenteritis, pädiatrische Erkrankung
Abteilung für Pädiatrische Gastroenterologie und Hepatologie, Dr. von Hauner-
sches Kinderspital, Ludwig-Maximilians-Universität München: Prof. Dr. med.
Koletzko, Stephanie Osterrieder
Inzidenz
Säuglinge und Kleinkinder erkranken ein-
bis zweimal pro Jahr an einer akuten infektiösen
Gastroenteritis.
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Definition
Die akute Enteritis ist definiert als eine Abnahme der
Stuhlkonsistenz mit breiigen bis flüssigen Stühlen
und/oder eine Zunahme der Stuhlfrequenz mit mehr als
drei Stuhlentleerungen pro 24 Stunden, mit oder ohne Fie-
ber oder Erbrechen. Die Durchfälle dauern meistens weni-
ger als sieben Tage. Bei einer Dauer von mehr als 14 Tagen
spricht man von protrahierter Diarrhö (1). In den ersten
Lebensmonaten sind die Veränderungen der Stuhlkonsis-
tenz gegenüber dem für das Kind gewöhnlichen Stuhlver-
halten als Hinweis auf eine akute Durchfallerkrankung
eher zu berücksichtigen als die Stuhlfrequenz.
Epidemiologie
Die infektiöse Enteritis ist besonders im Säuglings- und
Kleinkindesalter eine extrem häufige Erkrankung. In den
ersten drei Jahren macht ein Kind im Schnitt jährlich ein
bis zwei Episoden durch, wobei der Häufigkeitsgipfel zwi-
schen 6 und 18 Monaten liegt. Jedes sechste Kind unter
fünf Jahren wird in Deutschland wegen akuter Gastroen-
teritis mindestens einmal pro Jahr beim Arzt vorgestellt (8).
Ursachen
Etwa 40 Prozent der akuten Durchfallerkrankungen in den
ersten fünf Lebensjahren sind durch Rotaviren bedingt,
weitere 30 Prozent durch andere Viren, vor allem Noro-
oder Adenoviren (8). Bei etwa 20 Prozent der Kinder kön-
nen bakterielle Erreger (Campylobacter jejuni, Yersinien,
Salmonellen, Shigellen, pathogene E. coli oder Clostridi-
um difficile) im Stuhl nachgewiesen werden. Bei weniger
als 5 Prozent sind Parasiten die Ursache (Lamblien, Cryp-
tosporidien, Entamoeba histolytica und andere).
Klinische Symptome
Abhängig vom Erreger kommt es nach einer Inkubati-
onszeit von ein bis sieben Tagen zu meistens wässrigen
Durchfällen, gelegentlich mit Blutbeimengungen. Erbre-
chen und Fieber können den Durchfällen vorhergehen,
folgen oder fehlen. Die weitere Symptomatik hängt von
dem Ausmaß des Wasser- und Elektrolytverlustes, das
heißt der Dehydration, ab. Seltene Komplikationen sind
Invagination oder toxischer oder Volumenmangelschock
mit prärenalem Nierenversagen als Ausdruck einer
schweren Dehydration. Zerebrale Krämpfe können Fol-
ge der Wasser- und/oder Elektrolytverschiebungen oder
einer Hypoglykämie sein. Selten wird eine Enzephalitis
beobachtet. Das Erbrechen sistiert bei adäquater Rehy-
drierung meist nach wenigen Stunden, maximal aber 48
Stunden, der Durchfall nach zwei bis sieben Tagen.
Ursachen
Etwa 70 Prozent der akuten Gastroenteritiden bei
Kindern sind durch Viren bedingt, vor allem durch Rotaviren,
Noroviren und Adenoviren.
Komplikationen
Komplikationen einer akuten Durchfallerkrankung
sind Dehydration, metabolische Azidose,
Bewusstseinstrübung, Krämpfe, Kreislaufschock
und prärenales Nierenversagen.
Diagnostischer Fragebogen „Durchfallerkrankung“, der von der Autorin für das
Dr. von Haunersche Kinderspital, München, entwickelt wurde.
KASTEN
Strukturierter Fragebogen
bei Kindern mit Durchfall
A
Alltteerr::
D
Duurrcchhffaallll sseeiitt::
_____ Tagen
H
Hääuuffiiggkkeeiitt ddeerr S
Sttuuhhlleennttlleeeerruunngg iinn ddeenn lleettzztteenn 2
24
4 S
Sttuunnddeenn::
_____ ×
S
Sttuuhhllbbeesscchhaaffffeennhheeiitt::
breiig/wässrig
B
Blluutt iim
m S
Sttuuhhll::
ja/nein
EErrbbrreecchheenn
ja/nein
Falls ja: Wie oft in den letzten 24 Stunden?
_____ ×
FFiieebbeerr::
ja/nein
Falls ja: Wie hoch?
_____ °C
U
Urriinn::
normal / vermindert / unbekannt
TTrriinnkkm
meennggee iinn ddeenn lleettzztteenn 2
24
4 S
Sttdd..::
ca. _____ mL
N
Naahhrruunnggssaauuffnnaahhm
mee iinn ddeenn lleettzztteenn 2
24
4 S
Sttdd..
(Säuglingsmilch, Stillen, Brei, feste Kost):
W
Wiirrdd ddaass K
Kiinndd ggeessttiilllltt??
ja/nein
M
Meeddiikkaam
meennttee iinn ddeenn lleettzztteenn 2
24
4 S
Sttuunnddeenn::
Glucose-Elektrolytlösung
ja/nein
Fieberzäpfchen
ja/nein
andere
ja/nein
A
Auussllaannddssaauuffeenntthhaallttee iinn ddeenn lleettzztteenn 2
2 W
Woocchheenn::
ja/nein
H
Haabbeenn P
Peerrssoonneenn iinn ddeerr U
Um
mggeebbuunngg ddeess K
Kiinnddeess D
Duurrcchhffaallll//EErrbbrreecchheenn??
Im Haushalt lebende Personen:
ja/nein
Krippe/Kindergarten/Schule ja/nein/nicht
bekannt
B
Beesstteehheennddee G
Grruunnddeerrkkrraannkkuunngg::
ja/nein
FFaallllss jjaa,, w
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A
Annddeerree w
wiicchhttiiggee M
Miitttteeiilluunngg::
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Diagnostik
Am wichtigsten bei akuten Enteritiden ist die klinische
Einschätzung des Ausmaßes der Dehydration. Die weitere
Diagnostik erfasst mögliche Komplikationen oder Diffe-
renzialdiagnosen, die sich hinter dem Erscheinungsbild
einer infektiösen Enteritis verbergen können. Eine gute
Anamnese und körperliche Untersuchung ist die Basis der
Diagnostik. In schweren Fällen, bei Auftreten von Kom-
plikationen oder Zweifeln an der Richtigkeit der Diagnose
müssen weiterführende Untersuchungen durchgeführt
werden.
Anamnese
Anamnestische Angaben sollten möglichst strukturiert
erfragt werden, da sie für das weitere diagnostische und
therapeutische Vorgehen entscheidend sind. Hilfestel-
lung gibt beispielsweise ein Fragebogen, der sich am Dr.
von Haunerschen Kinderspital bewährt hat (Kasten).
Der Bogen wird von den Eltern in der Notfallambulanz
ausgefüllt oder durch den Arzt erhoben. Die wichtigsten
Daten beziehen sich auf Beginn und Häufigkeit von
Durchfall und Erbrechen, Flüssigkeits- und Nahrungs-
aufnahme sowie die Urinproduktion und Fieber. Erfragt
werden Medikamenteneinnahme, bestehende Grund-
krankheiten (beispielsweise Stoffwechsel- und Darm-
erkrankungen, Immundefekte) und Expositionsmög-
lichkeiten wie kürzliche Auslands- oder Klinikauf-
enthalte sowie Umgebungserkrankungen. Bei blutigen
Stühlen und Verdacht auf bakterielle Infektionen, insbe-
sondere durch enterohämorrhagischen E. coli (EHEC),
ist nach Verzehr von Rohmilch, ungegartem Fleisch und
Kontakt zu Kühen zu fragen.
Körperliche Untersuchung
Jedes Kind sollte unbekleidet untersucht und gewogen
werden. Das Ausmaß der Dehydration und des Flüssig-
keitsverlustes kann geschätzt werden (Tabelle).
Weiterführende Diagnostik
Ein Erregernachweis im Stuhl sollte nur vorgenommen
werden, wenn das Ergebnis eine Konsequenz hat. Das ist
bei den meisten infektiösen Enteritiden bei Kindern in
Deutschland nicht der Fall. Einer geringen Quote eines
positiven Erregernachweises stehen sehr hohe Kosten für
Anamnese
Anamnestische Angaben sollten möglichst
strukturiert erfragt werden. Sie sind für das
weitere diagnostische und therapeutische
Vorgehen entscheidend.
Blutuntersuchung
Eine Blutuntersuchung und ein Erregernachweis
im Stuhl sind bei leichter bis mäßiggradiger
akuter Durchfallerkrankung in der Regel nicht
notwendig.
*
1
modifiziert nach (4)
TABELLE
Abschätzen des Flüssigkeitsverlustes anhand klinischer Zeichen*
1
Minimale oder keine Dehydration
Leichte bis mittelschwere Dehydration
Schwere Dehydration
< 3 % Gewichtsverlust
3–8 % Gewichtsverlust
>
_ 9 % Gewichtsverlust
Allgemeinzustand,
gut, wach
unruhig, irritabel oder müde
apathisch, lethargisch,
Bewusstsein
bewusstlos
Durst
normal
durstig, gierig zu trinken
trinkt schlecht oder kann
nicht mehr trinken
Herzschlag
normal
normal bis erhöht
Tachykardie, bei weiterer
Verschlechterung Bradykardie
Pulsqualität
normal
normal bis vermindert
schwach bis fehlend
Atmung
normal
normal bis vertieft
tiefe Azidoseatmung
Augen
normal
eingesunken
tief eingesunken
Tränen
vorhanden
vermindert
fehlend
Schleimhäute
feucht
trocken
ausgetrocknet
Hautfalten
verstreichen sofort
verstreichen verlangsamt,
bleiben > 2 Sekunden
(Turgor)
aber < 2 Sekunden
stehen
Kapillarfüllung
normal
verlängert
stark verlängert
Extremitäten
warm
kühl
kalt, zyanotisch
Urinproduktion
normal bis vermindert
vermindert
minimal
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die Untersuchung entgegen. Der Nachweis von Viren und
der meisten bakteriellen Darminfektionen hat für den ein-
zelnen Patienten keine therapeutischen Folgen. Das Er-
gebnis der Stuhluntersuchung steht oft erst nach zwei bis
drei Tagen zur Verfügung, wenn sich die Durchfälle ge-
bessert haben oder sistieren (3).
In folgenden Situationen empfiehlt sich ein Erreger-
nachweis durch kulturelle Anzüchtung, direkten Anti-
gen- oder Toxinnachweis oder molekulargenetische
Methoden:
nosokomiale Infektion bei stationären Patienten,
das heißt Beginn des Durchfalls mehr als drei Tage
nach Aufnahme
schwerer Verlauf mit geschätztem Gewichtsverlust
mehr als 9 Prozent
blutige Durchfälle
Auslandsaufenthalt in Risikoländern (Afrika, Asien,
Mittel- und Südamerika)
angeborene oder erworbene Immunschwäche, im-
munsuppressive Therapie
Verdacht auf Clostridium-difficile-Colitis oder hä-
molytisch urämisches Syndrom
Säuglinge, die jünger als vier Monate sind (beson-
ders Frühgeborene)
Umgebungserkrankungen mit Verdacht auf Lebens-
mittelinfektion
persistierender Durchfall (länger als zwei Wochen),
wenn bei positiven Ergebnis eine antibiotische
Therapie erwogen wird.
Blutuntersuchungen sind bei leichter bis mittel-
schwerer Dehydrierung in der Regel nicht notwendig,
da die Ergebnisse das therapeutische Vorgehen bezüg-
lich der oralen Rehydrierung und Nahrungsgabe nicht
beeinflussen. Zur Unterscheidung zwischen viraler und
bakterieller Genese des Durchfalls eignen sich Entzün-
dungsparameter wie das C-reaktive Protein und die
Blutsenkungsgeschwindigkeit nur mäßig (3, 9). Blutun-
tersuchungen sind bei schwerer Dehydration und/oder
bei i.v.-Rehydrierung indiziert. Sie sollten Blutbild,
Säurebasenhaushalt, Glucose, Elektrolyte, Kreatinin
und Harnstoff beinhalten. Die Urinausscheidung sollte
bei schwerer Dehydrierung, Einschränkung der Nieren-
funktion oder Verdacht auf Infektion mit enterohämor-
rhagischem E. coli (EHEC) überwacht werden.
Differenzialdiagnostische Untersuchungen
Bei Verdacht auf Harnwegsinfektion sollte der Urin un-
tersucht werden. Eine Sonografie oder andere bildge-
bende Verfahren sind bei Verdacht auf Invagination in-
diziert. Endoskopische Verfahren mit Gewinnung von
Biopsien sind Sondersituationen vorbehalten, zum Bei-
spiel bei bestehender Grundkrankheit zur Abgrenzung
anderer Differenzialdiagnosen wie chronisch entzündli-
cher Darmerkrankung.
Therapie
Symptomatische Behandlung
Grundpfeiler der Behandlung ist der Ersatz von Flüssig-
keit und Elektrolyten und die enterale Zufuhr von Nähr-
stoffen, um eine katabole Stoffwechsellage zu verhindern
oder zu korrigieren und die Regeneration der Enterozyten
zu fördern. Eine infektiöse Durchfallerkrankung ist in der
Regel selbstlimitierend. In leichten Fällen reicht oft eine
vermehrte Flüssigkeitszufuhr zur normalen oder vermin-
derten Nahrungszufuhr aus, um einer Dehydration vorzu-
beugen. Bei vermehrten Verlusten durch zahlreiche wäss-
rige Stühle und/oder gehäuftem Erbrechen und Zeichen
der Dehydration sollte mit oraler Rehydrationslösung
(ORL) rehydriert und im Anschluss altersgerechte Nah-
rung angeboten werden. Laufende Verluste durch anhal-
tenden Durchfall oder Erbrechen sind am sichersten
durch die Gabe von ORL zwischen den Mahlzeiten zu
ersetzen (zum Beispiel 10 mL/kg pro wässriger Stuhlent-
leerung). Längere Nahrungspausen oder eine stark kalori-
enreduzierte „Schon- oder Aufbaukost“ über mehrere
Tage verzögern die Rekonvaleszenz und erhöhen das Ri-
siko für ein postenteritisches Syndrom mit protrahierten
Durchfällen.
Orale Rehydrierung bei Zeichen der Dehydration
(> 3 % Gewichtsverlust)
Hintergrund für die Entwicklung der ORL war die Ent-
deckung eines in Enterozyten vorliegenden, gekoppelten
Ko-Transportes von Natrium und Glucose. Natrium wird
über den sGLT1-Transporter effektiver aus dem Darm-
lumen aufgenommen, wenn es mit Glucose oder Galacto-
se angeboten wird. Wasser folgt dem Natriumstrom passiv
nach. In der hypoosmolaren ORL ist das Verhältnis von
Natrium zu Glucose so optimiert, dass eine maximale Na-
trium- und damit Wasseraufnahme erreicht wird. Daher
sollte die ORL in der vorgeschriebenen Verdünnung in
Wasser und nicht zusammen mit anderen Getränken
(Milch, Säfte, Limonade) verabreicht werden.
Bei leichter bis mittelschwerer Dehydrierung sollten
die Kinder den berechneten Flüssigkeitsverlust in Form
von ORL innerhalb von drei bis vier Stunden in jeweils
kleinen Portionen erhalten. Bei leichter Dehydration
(3–5 %) sind das 30 bis 50 mL/kg/Körpergewicht, bei
Therapie
„Teepausen“, Nahrungskarenz über mehr als
4 bis 6 Stunden und eine fettarme Aufbaukost
über mehrere Tage sind bei der Therapie akuter
Durchfallerkrankungen im Säuglings- und Klein-
kindalter obsolet.
Orale Rehydrierung
Die orale Rehydrierung mit hypotoner
Rehydrationslösung ist die Therapie der Wahl
(Evidenz 1A) und bei 90 % der Kinder mit leichter
bis mittelschwerer Dehydierung durchführbar
und erfolgreich.
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mäßiger Dehydration (> 5–8 %) 60 bis 80 mL/kg in drei
bis vier Stunden. Für Schulkinder und Erwachsene liegen
die Werte pro kg/Körpergewicht niedriger. Der Erfolg der
Rehydrierung sollte durch erneute Untersuchung und
Wiegen des Kindes am Ende der Rehydrierungsphase
kontrolliert werden. Beispiel: Ein 10 kg schweres Kind
dehydriert um 5 Prozent, der Flüssigkeitsverlust entspricht
500 mL, das heißt es sollten 125 mL/h über vier Stunden
oder 170 mL/h über drei Stunden verabreicht werden.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt
seit Mai 2002 eine hypotone ORL mit einem maximalen
Natriumgehalt von 75 mmoL/L. Da bei viral bedingten
Enteritiden die Salzverluste im Vergleich zu Cholera-In-
fektionen geringer sind, werden in Industrieländern Glu-
cose-Elektrolyt-Lösungen mit einem Natriumgehalt von
45–60 mmoL/L eingesetzt (Tabelle e1). Bikarbonat bezie-
hungsweise Citrat-Zusätze beschleunigen den Ausgleich
der metabolischen Azidose. ORL mit komplexen Kohlen-
hydraten (auf Reis- oder Karottenbasis) sollten einem
Säugling nur dann gegeben werden, wenn dieser bereits
Beikost erhält, also nicht vor dem fünften Lebensmonat.
Das Vorgehen bei leichter bis mäßiger Dehydrierung ist
bei oraler Zufuhr unabhängig davon, ob eine iso-, hypo-
oder hypertone Dehydration vorliegt. Daher hat die Be-
stimmung von Elektrolyten und des Säurebasenhaushalts
keine Konsequenzen und ist nicht notwendig. Der Nach-
weis einer metabolischen Azidose oder einer Hypo- oder
Hypernatriämie rechtfertigt keine intravenöse Rehydrie-
rung. Eine Cochrane-Analyse von 17 randomisierten kon-
trollierten Studien bei Kindern mit infektiöser Enteritis
(n = 1 811) zeigte keinen signifikanten Unterschied zwi-
schen oraler und intravenöser Therapie bezüglich des Ri-
sikos einer Hypo- oder Hypernatriämie, der Flüssigkeits-
aufnahme in den ersten sechs Stunden und der Gewichts-
zunahme (5). Bei oraler Rehydrierung war die Durch-
falldauer im Vergleich zur intravenösen Rehydrierung im
Schnitt fast sechs Stunden kürzer, und der Krankenhaus-
aufenthalt verkürzte sich signifikant um 1,2 Tage. Todes-
fälle waren selten, aber dreimal häufiger bei intravenöser
Rehydrierung (6 versus 2). Ein Therapieversagen, das
heißt die Umwandlung der oralen in eine intravenöse The-
rapie, war nur bei 1 von 25 Kindern notwendig. Diese ho-
he Erfolgsrate von 94 Prozent unter Studienbedingungen
mit strengen Einschlusskriterien für eine intravenöse The-
rapie widerlegt die von ärztlichem und Pflegepersonal
häufig geäußerte Meinung, eine orale Rehydrierung sei in
vielen Fällen nicht möglich.
Die Rehydrierungslösungen werden oft besser von den
Kindern akzeptiert, wenn sie gekühlt oder mit Zimmer-
temperatur verabreicht werden. Geschmacksstoffe er-
höhen die Akzeptanz. Um Erbrechen zu reduzieren, soll-
ten kleine Mengen mit einem Teelöffel oder einer
5-mL-Spritze verabreicht werden, zum Beispiel ein Tee-
löffel alle ein bis zwei Minuten. Werden diese kleinen Por-
tionen ohne Erbrechen toleriert, können die Menge gestei-
gert und der Abstand der Gaben vergrößert werden. Ent-
scheidend für den Erfolg ist es, Eltern und Pflegepersonal
von der Überlegenheit der oralen Rehydrierung im Ver-
gleich zur Infusion zu überzeugen. Wird die ORL verwei-
gert oder erbrochen, ist die kontinuierliche Applikation
über eine nasogastrale Sonde gegenüber der intravenösen
Therapie signifikant bezüglich Durchfalldauer, Dauer des
Krankenhausaufenthaltes und Kosten überlegen (10).
Einen Algorithmus für das Vorgehen in der Notfall-
ambulanz einer Klinik ist in der Grafik dargestellt. Ziel
sollte es sein, möglichst wenige Patienten stationär auf-
zunehmen, um nosokomiale Infektionen zu vermeiden,
und dennoch eine für das Kind sichere Therapie zu ge-
währleisten. Bei Risikopatienten, das heißt, wenn Dehy-
drationszeichen sichtbar sind und/oder mehr als acht
Stühle und/oder mehr als viermal Erbrechen in den letz-
ten 24 Stunden aufgetreten sind oder das Kind jünger als
sechs Monate ist, werden die Therapie unter Aufsicht
eingeleitet und die Kinder erst in die weitere häusliche
Behandlung entlassen, wenn Flüssigkeits- und Nah-
rungsaufnahme erfolgreich waren. In allen Fällen soll-
ten die Eltern gut über die Therapie aufgeklärt werden.
Leider wird bei stationären Patienten die leitlinienge-
rechte Therapie mit ORL ohne vorherige Labordiagno-
stik zugunsten einer intravenösen Therapie zu selten
durchgeführt. Diese Praxis wird gefördert durch Nach-
fragen des Medizinischen Dienstes der Krankenversi-
cherung, wenn „nur“ eine orale Rehydrierung erfolgt
und das Kind nach wenigen Stunden wieder entlassen
wird. In den meisten Praxen, Notfallambulanzen und
Kliniken besteht keine Möglichkeit einer mehrstündi-
gen Therapieüberwachung beziehungsweise der tages-
oder teilstationären Behandlung von betroffenen Säug-
lingen und Kleinkindern. Bei Zeichen der Dehydrierung
sollten diese potenziell gefährdeten Kinder aber erst aus
der ärztlichen Überwachung nach Hause entlassen wer-
den, wenn sie ausreichend rehydriert sind und Nahrung
tolerieren. Die mangelnde Umsetzung der evidenzba-
sierten Therapie der infektiösen Enteritis bei Säuglingen
und Kindern mit drohender oder erfolgter Dehydrierung
ist in Deutschland daher zum Teil durch nicht vorhande-
ne Ressourcen im ambulanten und teilstationären Be-
reich und „Belohnung“ der intravenösen Therapie durch
Rehydratationsphase
Während der ersten 3 bis 4 Stunden (Rehydra-
tionsphase) erhalten Säuglinge und Kleinkinder
portionsweise die Menge des geschätzten Flüs-
sigkeitsverlustes als orale Reydrationslösung
(ORL).
Vorgehen bei mäßiger Dehydrierung
Wird oral rehydriert und liegt eine leichte bis
mäßige Dehydrierung vor, ist das Vorgehen unab-
hängig davon, ob eine iso-, hypo- oder hypertone
Dehydration vorliegt.
Oral besser als intravenös
Säuglinge und Kinder, die oral oder enteral
rehydriert werden können, sollten keine
intravenöse Therapie bekommen.
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das DRG-System bedingt. Hypertone Lösungen und die
frühere WHO-Rezeptur mit 90 mmoL Na/L sind für Kin-
der nicht empfohlen (3, 9). Nicht geeignet zur Rehydra-
tion sind Cola-Getränke, sie enthalten zu hohe Konzen-
tration an Zucker, (
110 g/L), kaum Natrium, zum Teil
kein Kalium und haben eine zu hohe Osmolarität (bis
780 mosmol/L). Von selbst hergestellten Saft-Zucker-
Salz-Wasser-Mischungen zur Rehydrierung ist bei Kin-
dern unter fünf Jahren abzuraten, da Mischungsfehler
häufig sind und derartige Lösungen sehr variable Zu-
sammensetzungen aufweisen und daher unnötige Risi-
ken für junge Kinder mit ihrem labilen Wasserhaushalt
darstellen.
Ernährungsempfehlungen bei akuter
Durchfallerkrankung
Spätestens vier bis sechs Stunden nach Beginn der Rehy-
drierung sollten Kinder mit leichter bis mittelschwerer
Dehydration ihre gewohnte Nahrung erhalten (Evidenz
1A) (3, 11). Da die Enterozyten des Darmes ihre Nähr-
stoffe vorwiegend aus dem Darmlumen und nicht über
den Blutweg beziehen, ist die Nahrungszufuhr für den
Regenerationsprozess der durch die Infektion geschädig-
ten Enterozyten wichtig (12). Gestillte Säuglinge können
zwischen dem Füttern der ORL angelegt werden. Ein
Umsetzen auf eine Säuglingsmilch oder Spezialnahrung
sollte während oder kurz nach dem Durchfall vermieden
werden, um keine Nahrungsmittelunverträglichkeiten zu
provozieren. Nicht gestillte Säuglinge erhalten ihre ge-
wohnte Säuglingsmilchnahrung in unverdünnter Form in
häufigen kleinen Mahlzeiten. Ein Umsetzen auf eine spe-
zielle Nahrung (sogenannte Heilnahrungen mit reduzier-
tem Lactose- und/oder Fettgehalt, Milchnahrungen auf
Sojaeiweißbasis oder mit hydrolysiertem Protein) ist
nicht indiziert (e2). Säuglinge, die eine hypoallergene
Säuglingsmilch (H.-A.-Nahrung) erhalten, sollen keine
andere Säuglingsmilch auf Kuhmilch- oder Sojabasis er-
halten. Erhielt der Säugling schon vor der Gastroenteritis
Beikost, kann diese wieder verabreicht werden. Kleinkin-
der erhalten eine für ihr Alter angemessene Kost, zu Be-
ginn Nahrungsmittel mit komplexen Kohlenhydraten wie
Brot mit Aufstrich, Nudel-, Kartoffel- oder Reisgerichte,
Hafer- oder Grießbrei, Salzstangen, Suppen (Kartoffel-
suppe, Möhrensuppe). Falls kein Erbrechen auftritt, kann
zunehmend auf eine Kleinkinderkost mit normalem Fett-
gehalt übergegangen werden. Säfte mit hohem Fructose-,
Saccharose- oder Sorbitanteil (beispielsweise Apfelsaft,
Birnensaft) und sehr süße Speisen (hohe Osmolarität)
sollten gemieden werden.
Medikamentöse Behandlung
Eine medikamentöse Therapie ist bei der Mehrzahl der
infektiösen Durchfallerkrankungen im Kindesalter
nicht indiziert. Einige Medikamente beziehungsweise
Lebensmittelzusätze zeigten in randomisierten kontrol-
lierten Studien (RCT) in Ergänzung zur Gabe von ORL
einen positiven Therapieeffekt. Sie stellen damit in be-
sonderen Situationen eine medizinisch sinnvolle Maß-
nahme dar und können unter Abwägung der Kosten-
Nutzen-Relation eingesetzt werden.
Racecadotril
Der Sekretionshemmer hat in drei großen, davon zwei
qualitativ hochwertigen, randomisierten kontrollierten
Studien bei Kindern mit akuter Enteritis zu einer signifi-
kanten Verkürzung der Durchfalldauer um durchschnitt-
lich 28 h und Verminderung des Stuhlvolumens um fast
50 Prozent geführt (13, 14). Racecadotril hemmt als
Enkephalinaseinhibitor die pathologisch erhöhte Sekre-
tion bei viral und bakteriell bedingten Durchfällen in-
nerhalb weniger Stunden (15). Racecadotril hat keinen
direkten Einfluss auf die Darmmotilität und erhöht so-
mit nicht das Risiko für Verstopfung oder bakterielle
Fehlbesiedlung wie beispielsweise Loperamid (e3).
Ernste Nebenwirkungen sind nicht bekannt. Das Medi-
kament ist für Säuglinge ab drei Monate zugelassen.
Probiotika
Die genauen Wirkmechanismen von Probiotika bei akuter
infektiöser Durchfallerkrankung sind nicht bekannt. Stu-
dien zum Einsatz von probiotisch wirksamen Bakterien
(16, e4) und Saccharomyces bourlardii (17) sind von
unterschiedlicher, meist minderer Qualität und zum Teil
widersprüchlich. Daher ist die Interpretation schwierig
und Empfehlungen zu einzelnen probiotischen Stämmen
sind nur begrenzt möglich (6, e4). Eine verkürzte Durch-
falldauer konnte für einige Lebendbakterien (Lacto-
bacillus rhamnosus GG, Lactobacillus reuteri, Lacto-
bacillus acidophilus, Lactobacillus bifidus und E. coli
Nissle) bei Rotavirusinfektionen, aber nicht bei bakteriel-
ler Genese gezeigt werden (18). Abgetötete Bakterien
können nicht zur Durchfalltherapie empfohlen werden.
Antiemetika
Obwohl Ondansetron in mehreren randomisierten kon-
trollierten Studien Erbrechen und das Risiko für eine
notwendige intravenöse Rehydrierung verminderte,
kann das Medikament bei fehlender Zulassung für
Säuglinge und Kleinkinder und einer Zunahme der
Cola-Getränke
Cola-Getränke und selbst hergestellte
Saft-Zucker-Salz-Wasser-Mischungen sind für
Säuglinge und junge Kinder zur Rehydrierung
nicht geeignet.
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Durchfälle unter der Therapie nicht empfohlen werden
(7, 19). Dimenhydrinat ist in Deutschland, trotz geringer
Evidenz, das am meisten verordnete Antiemetikum bei
akuter infektiöser Enteritis im Kindesalter (20). In einer
randomisierten kontrollierten Studie verminderte die
ein- bis zweimalige Gabe von Dimenhydrinat die Häu-
figkeit des Erbrechens, hatte aber keinen Effekt auf Ge-
wichtszunahme oder Durchfalldauer. Nebenwirkungen
traten nicht häufiger als in der Placebogruppe auf (21).
Antibiotika
Eine spezifische antiinfektiöse Behandlung ist bei den
meisten Kindern mit akuter Durchfallerkrankung nicht zu
empfehlen. Obligat sind Antibiotika bei Salmonella typhi,
Vibrio cholera, Entamoeba histolytica, Gardia lamblia und
bei Kindern über ein Jahr mit nachgewiesener toxinposi-
tiver Clostridien-difficile-Colitis. Empfohlen sind Anti-
biotika bei bakteriell bedingter Durchfallerkrankung in
folgenden Situationen oder bei folgenden Patienten: Säug-
Probiotika
Studien zum Einsatz von probiotisch wirksamen
Bakterien und Saccharomyces bourlardii sind von
unterschiedlicher, meist minderer Qualität und
zum Teil widersprüchlich.
Nosokominale Infektionen
Zur Vermeidung von nosokominalen Infektionen
sollten Kinder mit Gastroenteritis, wenn es medi-
zinisch vertretbar ist, nicht stationär aufgenom-
men werden.
GRAFIK
Algorithmus für das
Vorgehen bei Säug-
lingen und Klein-
kindern mit akuter
infektiöser Durch-
fallerkrankung. Von
der Autorin für die
Notfallambulanz im
von Haunerschen
Kinderspital ent-
wickelt nach (3).
Antibiotika
Eine spezifische antiinfektiöse Behandlung ist
bei den meisten Kindern mit akuter Durchfall-
erkrankung nicht zu empfehlen.
Primäre und sekundäre Prävention
Muttermilch
allgemeine Hygienemaßnahmen
Hygiene im Umgang mit Lebensmitteln
Impfung gegen Rotaviren
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lingen im ersten Trimenon, Frühgeborenen bis zu einem
Alter von 52 Wochen post Gestation, Kindern mit primä-
rer oder sekundärer Immundefizienz und bei septischem
Krankheitsverlauf. Folgende Medikamente sind bei Säug-
lingen und Kleinkindern mit akuter Durchfallerkrankung
nicht empfehlenswert und/oder für die Altersklasse und
Indikation nicht zugelassen, da sie keinen oder einen
nachteiligen Effekt auf den Verlauf haben: Motilitätshem-
mer wie Loperamid, unspezifische Adsorbenzien, bei-
spielsweise Kohle, Kaolin-Pektin, Cholestyramin oder
Wismuthpräparationen. Die in Frankreich häufig prakti-
zierte Gabe von Smektit (Silicat) (20) zeigte in Studien
widersprüchliche Ergebnisse, wurde in einer Metaanalyse
aber als positiv zur Verkürzung der Durchfalldauer beur-
teilt. (22). Ob tatsächlich die Wasser- und Salzverluste re-
duziert werden, ist unklar. Da Smektit ein unspezifisches
Absorbanz ist, muss der Einnahmeabstand zu anderen
Medikamenten mindestens 1,5 h betragen.
Primäre und sekundäre Prävention
Muttermilch schützt vor Infektionen, einschließlich der
akuten infektiösen Enteritis (23)
allgemeine Hygienemaßnahmen: Händehygiene, be-
sonders nach Toilettengang und Windelwechsel redu-
ziert die Weiterverbreitung innerhalb von Haushalten
und Einrichtungen. Für hospitalisierte Patienten gilt die
strikte Beachtung krankenhaushygienischer Maßnah-
men (Einmalhandschuhe, patientenbezogene Kittelpfle-
ge, Händedesinfektion, Routine-Scheuer-Wischdesin-
fektion der unbelebten Umgebung, wenn möglich Zu-
sammenlegung von betroffenen Patienten, eigene Toi-
letten). Zu beachten ist hierbei auch die Meldepflicht
nach § 3 des Bundesseuchengesetzes.
Hygiene im Umgang mit Lebensmitteln: Durch Lebens-
mittel erworbene bakterielle Infektionen treten bevor-
zugt durch Verzehr von unvollständig gegartem Fleisch
(Yersinien, Campylobacter, Salmonellen), rohem Ei
(Salmonellen) und Verzehr von Rohmilch (EHEC-In-
fektionen) auf.
Impfung gegen Rotavirusinfektion: Zur primären
Prävention von Rotavirusinfektionen stehen in Deutsch-
land zwei orale Impfstoffe zur Verfügung. Die Schutzra-
te gegen schwere Rotaviruserkrankungen liegt bei mehr
als 95 Prozent (insgesamt 11 randomisierte kontrollierte
Studien mit mehr als 146 000 Säuglingen). Die Impfung
wird von europäischen (ESPID, ESPGHAN) (24) und
deutschen Fachgesellschaften (DAKJ, GPGE, DGPI)
für alle Säuglinge, auch Frühgeborene empfohlen. Die
breite Anwendung der Impfung in den USA seit Februar
2006 führte zu einer drastischen Abnahme an sta-
tionären Aufnahmen und Notfallbehandlungen wegen
Rotavirusinfektionen (25). Die Ständige Impfkommis-
sion (STIKO) hat bisher keine allgemeine Impfempfeh-
lung ausgesprochen. Die Sächsische Impfkommission
(Ärzteblatt Sachsen, 12/2008) und das Land Branden-
burg (Amtsblatt für Brandenburg – Nr. 6/2009) empfeh-
len die Impfung für alle Säuglinge ab der 7. bis zur Voll-
endung der 26. Lebenswoche. Einige Krankenkassen
erstatten die Kosten, sodass sich vor Impfung die Ab-
klärung der Kostenfrage empfiehlt (siehe Infokasten).
Interessenkonflikt
Prof. Koletzko unterhielt Studienunterstützung von Fresenius und Honorare für
Vorträge oder Beratertätigkeit von Abbott, Danone, Fresenius, Hipp und Sanofi-
Pasteur. Frau Osterrieder erhielt Unterstützung für eine Kongressteilnahme von
Danone.
Manuskriptdaten
eingereicht: 11. 5. 2009, revidierte Fassung angenommen: 8. 7. 2009
LITERATUR
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treating infectious diarrhoea. Cochrane Database Syst Rev 2004; (2):
CD003048.
WEITERE INFORMATIONEN
Die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) hat zusam-
men mit der Gesellschaft für Pädiatrische Gastroenterologie und Ernährung
(GPGE) ein Informationsblatt zur akuten Durchfallerkrankung für Eltern her-
ausgegeben. Das Faltblatt kann auf der Internetseite (www.dgkj.de) eingese-
hen und kostenlos bei der Geschäftsstelle der DGKJ abgerufen werden.
Weiterführendes zur Rotavirusimpfung unter: www.kinderaerzte-im-netz.de/
bvkj/show.php3?id=138&nodeid=
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547
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rus vaccination in Europe: executive summary. J Pediatr Gastroenterol
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25. American Academy of Pediatrics, Committee on Infectious Diseases.
Prevention of Rotavirus Disease: Updated Guidelines for Use of Rotavi-
rus Vaccine. Pediatrics 2009; 30; 123.
Anschrift für die Verfasser
Prof. Dr. med. Sibylle Koletzko
Abteilung für Pädiatrische Gastroenterologie und Hepatologie
Dr. von Haunersches Kinderspital
Ludwig-Maximilians-Universität München
Lindwurmstraße 4
80337 München
E-Mail: Sibylle.Koletzko@med.uni-muenchen.de
SUMMARY
A
Accuuttee IInnffeeccttiioouuss D
Diiaarrrrhheeaa iinn C
Chhiillddrreenn
Background: Acute infectious enteritis is one of the more common child-
hood diseases worldwide, especially in the first three years of life. Every
year, in Germany, one in six children under age 5 is taken to a physician
at least once because of infectious diarrheal disease. 10% of the chil-
dren presenting with rotavirus infection are admitted to hospital. The
existing national and international recommendations for the treatment of
acute infectious diarrheal disease are inadequately followed, despite the
high level of evidence on which they are based.
Methods: Selective literature search based on national and international
guidelines
Results and Conclusions: The therapeutic goal is to replace the fluid and
electrolyte losses resulting from diarrhea and vomiting. The administration
of a hypotonic oral rehydration solution (ORS) is indicated to treat impend-
ing dehydration (infants aged up to 6 months with diarrhea and/or more
than 8 watery stools in the last 24 hours and/or more than 4 episodes
of vomiting in the last 24 hours), or when mild or moderate dehydration
is already present. Oral rehydration with ORS given in frequent, small
amounts over 3–4 hours is successful in more than 90% of cases.
Regular feeding can be begun immediately afterward. Laboratory testing
of blood or stool is usually unnecessary. Children who can be rehydrated
orally or through a nasogastric tube should not be given intravenous fluids.
Dtsch Arztebl Int 2009; 106(33): 539–48
DOI: 10.3238/arztebl.2009.0539
Key words: diarrhea, vomiting, rotavirus, gastroenteritis, pediatric
disease
Weitere Informationen zu cme
Dieser Beitrag wurde von der Nordrheinischen Akademie für ärztliche Fort- und
Weiterbildung zertifiziert. Die erworbenen Fortbildungspunkte können mithilfe der
Einheitlichen Fortbildungsnummer (EFN) verwaltet werden.
Unter cme.aerzteblatt.de muss hierfür in der Rubrik „Meine Daten“ oder bei der
Registrierung die EFN in das entsprechende Feld eingegeben werden und durch
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Die 15-stellige EFN steht auf dem Fortbildungsausweis.
W
Wiicchhttiiggeerr H
Hiinnw
weeiiss
Die Teilnahme an der zertifizierten Fortbildung ist ausschließlich über das Internet
möglich: cme.aerzteblatt.de
Einsendeschluss ist der 25. September 2009.
Einsendungen, die per Brief oder Fax erfolgen, können nicht berücksichtigt werden.
Die Lösungen zu dieser cme-Einheit werden in Heft 41/2009 an dieser Stelle
veröffentlicht.
Die cme-Einheit „Endokarditis – Prophylaxe, Diagnostik und Therapie“
(Heft 28–29/2009) kann noch bis zum 24. August 2009 bearbeitet werden.
Für Heft 37/2009 ist das Thema „Prävention und gelenkerhaltende Therapie der
Gonarthrose“ vorgesehen.
Lösungen zur cme-Einheit in Heft 25/2009:
Müller-Lissner S: Obstipation – Pathophysiologie, Diagnose und Therapie:
Lösungen: 1d, 2b, 3c, 4c, 5d, 6a, 7e, 8e, 9b, 10c
Mit „e“ gekennzeichnete Literatur:
www.aerzteblatt.de/lit3309
The English version of this article is available online:
www.aerzteblatt-international.de
eTabelle unter:
www.aerzteblatt.de/artikel09m539
@
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Frage Nr. 1
In welcher Altersspanne liegt der Häufigkeitsgipfel für
eine akute Gastroenteritis?
a) 0–6 Monate
b) 6–18 Monate
c) 18–36 Monate
d) 36–44 Monate
e) 44–72 Monate
Frage Nr. 2
Welche sind die häufigsten Erreger einer akuten
Gastroenteritis im Kindesalter?
a) Adenoviren
b) Campylobacter jejuni
c) Noroviren
d) Rotaviren
e) Salmonellen
Frage Nr. 3
Welches Symptom ist ein sicheres Zeichen für eine
Dehydrierung bei akuter Gastroenteritis?
a) feuchte Schleimhäute
b) tief eingesunkene Augen
c) Nackensteifigkeit
d) erhöhter Tränenfluss
e) sofort verstreichende Hautfalten
Frage Nr. 4
In welcher Situation sollte immer eine Bestimmung der
Elektrolyte bei einem 1,5-jährigen Kleinkind vor Therapie-
beginn bei Vorliegen einer infektiösen Gastroenteritis
durchgeführt werden?
a) bei einem Gewichtsverlust von 500 g
b) bei leicht blutig tingierten Stühlen
c) bei 39 °C Fieber
d) nach längerer Nahrungspause
e) vor i.v.-Rehydration bei unstillbarem Erbrechen
Frage Nr. 5
Welche Untersuchung sollte vor Beginn der
Rehydrierung erfolgen?
a) Körperlänge und Gewicht zur Berechnung des BMI
b) Kind unbekleidet wiegen
c) Blutglucose bestimmen
d) Blutdruck messen
e) Puls und Atemfrequenz auszählen
Frage Nr. 6
Worauf beruht das Therapieprinzip der oralen
Rehydrationslösung?
a) gekoppelter Na
+
/K
+
-Kotransport am Enterozyten
b) gekoppelter Na
+
/Bikarbonat-Kotransport am Enterozyten
c) gekoppelter Na
+
/Glucose-Kotransport am Enterozyten
d) gekoppelter K
+
/Galactose-Austausch am Enterozyten
e) Hemmung der pathologischen Sekretion im Dünndarm
Frage Nr. 7
Bei der oralen Rehydrierung wird der geschätzte Gewichtsverlust durch
orale Rehydrationslösung (ORL) ersetzt. Wie schnell sollte das berechnete
Volumen bei einem 2-jährigen Kind verabreicht werden?
a) in 1–2 h
b) in 3–4 h
c) in 6–8 h
d) vor den Mahlzeiten auf 24 h verteilen
e) Zeitspanne ist unerheblich
Frage Nr. 8
Was ist bei der Ernährung von voll gestillten Kindern mit akuter Gastroenteritis
besonders zu beachten ?
a) Bei voll gestillten Kindern sollte eine intravenöse Rehydierung erfolgen.
b) Es sollte eine Nahrungskarenz erfolgen und ausschließlich orale Rehydrations-
lösung verabreicht werden.
c) Es sollte eine Umstellung auf Nahrung mit hydrolisiertem Protein erfolgen.
d) Es sollte eine Umstellung auf Säuglingsmilch mit reduziertem Fettgehalt erfolgen.
e) Zwischen den Gaben von oraler Rehydrationslösung sollte weiter gestillt werden.
Frage Nr. 9
In welcher Situation sollte ein Erregernachweis im Stuhl bei akuter
Durchfallerkrankung angestrebt werden?
a) bei allen Säuglingen, die jünger als ein Jahr sind und voll gestillt werden
b) bei begleitendem Fieber von mehr als 39 °C über 24 Stunden
c) bei einem 4-jährigen Kind mit leicht blutigen Durchfällen nach Besuch auf
Bauernhof und Trinken von Rohmilch
d) bei Erkrankung von mehr als zwei Mitgliedern einer Familie/ Wohngemeinschaft
e) bei einem 5-jährigen Kind 5 Tage nach Beginn einer Penicillinbehandlung wegen
eitriger Tonsillitis
Frage Nr. 10
Was sind Kontraindikationen für eine Rehydrierung mit ORL per os oder
via nasogastraler Sonde?
a) schwere Dehydrierung mit prärenalem Nierenversagen
b) hypertone Dehydratation
c) hypotone Dehydratation
d) metabolische Azidose
e) alle Antworten sind richtig
Bitte beantworten Sie folgende Fragen für die Teilnahme an der zertifizierten Fortbildung. Pro Frage
ist nur eine Antwort möglich. Bitte entscheiden Sie sich für die am ehesten zutreffende Antwort.
Berichtigung
In dem cme-Beitrag „Endokarditis – Prophylaxe, Diagnostik und Therapie“ von
Nadja Westphal et al. in Heft 28–29 des Deutschen Ärzteblattes vom 13. Juli
2009 ist ein Fehler aufgetreten:
Im Kasten 3 b „Kategorien der Duke-Kriterien und der modifizierten Duke-
Kriterien“ wurden zwei der ursprünglichen Kriterien falsch wiedergegeben. Rich-
tig ist: Definitiv müssen pathologische Kriterien oder 2 Hauptkriterien erfüllt sein,
oder 1 Hauptkriterium und 3 Nebenkriterien und nicht wie angegeben 1 Haupt-
kriterium oder 1 Hauptkriterium und 2 Nebenkriterien.
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1
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Akute infektiöse
Durchfallerkrankung im Kindesalter
Sibylle Koletzko, Stephanie Osterrieder
3
Punkte
cme
Teilnahme nur im
Internet möglich:
aerzteblatt.de/cme
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Akute infektiöse
Durchfallerkrankung im Kindesalter
Sibylle Koletzko, Stephanie Osterrieder
TABELLE e1
In Deutschland kommerziell verfügbare ORL-Präparate und ihre Zusammensetzung, die zur Rehydrierung bei
Säuglingen und Kindern geeignet sind*
1
Präparate auf Glucosebasis:
ESPGHAN-
GES 60
®
(Milupa,
Humana Elektrolyt
®
Humana Elektrolyt
®
Empfehlung
Deutschland)
Banane
Fenchel
(ab 12. Monat)
(Säuglinge, Kinder, Erwachsene)
(Humana, Deutschland)
(Humana, Deutschland)
Natrium (mmoL/L)
60
60
60
60
Kalium (mmoL/L)
20
20
20
18
Chlorid (mmoL/L)
25
50
50
49
Bicarbonat (mmoL/L)
0
0
0
0
Citrat (mmoL/L)
10
10
10
10
Glucose (mmoL/L)
74–111
110
86
87
Glucose (g/L)
13,3–20,0
20
16
16
Osmolarität (mOsm/L)
200–250
240
230
188
Maltodextrin
ESPGHAN-
Oralpädon 240
®
Santalyt
®
(Medice,
InfectoDiarrstop LGG
®
Empfehlung
(Stada, Deutschland)
Deutschland)
(Infectopharm, Deutschland)
Natrium (mmoL/L)
60
60
60
60
Kalium (mmoL/L)
20
20
20
20
Chlorid (mmoL/L)
25
60
60
50
Bicarbonat (mmoL/L)
0
0
0
0
Citrat (mmoL/L)
10
10
10
10
Glucose (mmoL/L)
74–111
90
90
111
Glucose (g/L)
13,3–20,0
16,2
16,2
20
Osmolarität (mOsm/L)
200–250
240
240
251
Präparate mit polymeren Kohlenhydraten:
ESPGHAN-
ORS 200 Karotten-Reisschleim
®
Reisschleim-Elektrolyt-Diät
®
Empfehlung
(Hipp, Deutschland)
(Töpfer, Deutschland)
Natrium (mmoL/L)
60
55
55
Kalium (mmoL/L)
20
25
30
Chlorid (mmoL/Ll)
25
40
60
Bicarbonat (mmoL/L)
0
0
25
Citrat (mmoL/Ll)
10
7
0
Kohlenhydrate (g/L)
42
46
davon Glucose (mmoL/L)
74–111
67
28
davon Glucose (g/L)
13,3–20,0
12
5
Osmolarität (mOsm/L)
200–250
240
220
*
1
abweichend von der sonst üblichen Praxis im Deutschen Ärzteblatt werden die Handelsnamen und Hersteller genannt, da keine Wirkstoffnamen genannt werden.
Genannt werden alle in Deutschland gebräuchlichen Präparate.
Cave: Oralpädon
®
240 Erdbeere und Apfel-Bananen-Geschmack sowie Santalyt
®
und InfectoDiarrstop LGG
®
enthalten Aspartam, diese Produkte sind bei PKU kontraindiziert.
(Quellen: Rote Liste 2009, Webseiten der Fa. Hipp und Fa. Humana).
Zulasten der GKV können Oralpädon 240
®
und Santalyt
®
bis zum vollendeten 12. Lebensjahr rezeptiert werden.
3
Punkte
cme
Teilnahme nur im
Internet möglich:
aerzteblatt.de/cme