SUZUKI BANDIT 1250
Vergleichstest Big Bikes
G
KELLER
G
KELLER
YAMAHA XJR 1300
HONDA CB 1300 ABS
EISTER
Bei fünf Zentner Gewicht, 1300 cm
3
Hubraum und rund 100 PS Leistung geht es nicht um Rundenzeiten
und Topspeed. Da geht es um Kraft aus dem Keller. Welches Big Bike hat die meisten Muskeln?
EISTER
HONDA CB 1300
SUZUKI BANDIT 1250
YAMAHA XJR 1300
HONDA CB 1300
SUZUKI BANDIT 1250
YAMAHA XJR 1300
52
t e s t + t e c h n i k
10/2007
MOTORRAD
HONDA
CB 1300
HONDA
CB 1300
Der Zylinderturm des Motors wirkt
so ästhetisch wie ein Kernkraftwerk.
Die CB ist hervorragend verarbeitet
und hat viel leckere Details. Die Hin-
terachsaufnahme aus gebürstetem
Alu (Foto ganz rechts) geht als
Skulptur durch, der innenliegende
Ölschauglaswischer ist einzigartig
M
üssen die so schwer sein? In einer
Zeit, in der Karbontassen serien-
mäßig zur modernen Küchenausstattung
gehören und spindeldürre Manager sich
Titanuhren in CD-Größe ums Handgelenk
schnallen, wäre es wahrscheinlich einfach,
das Gewicht hubraumstarker Naked Bikes
unter die 230-Kilogramm-Marke zu drü-
cken. Aber nein. Hondas unverkleidete CB
1300 schleppt 262 Kilo auf die Waage,
die neue Suzuki Bandit 1250 mit 253 Kilo
gerade mal neun weniger. Im Vergleich
dazu geht der überarbeitete XJR-Klotz von
Yamaha mit 251 Kilogramm beinahe schon
als Leichtgewicht durch. Dabei offerieren
die dicken Nackten nichts, was ihr hohes
Gewicht erklären würde. Ausladende Ver-
kleidungen etwa. Oder opulente Gepäck-
systeme und üppige Luxusausstattung.
Doch ehe wir in den „Schneller-leichter-
kräftiger-Modus“ abdriften, sollte an dieser
Stelle gestoppt werden.
Denn die Antwort ist einfach: Diese
Maschinen müssen so fett sein. Wer will
schon einen Bernhardiner Gassi führen,
der sich benimmt wie ein hysterisches
Paris-Hilton-Hündchen? Das Zauberwort
heißt „satt“. Satter Hubraum. Satte Power.
Sattes Fahrfeeling. Das bedeutet: impo-
santes 1300-Kubik-Erlebnis. Und zwar in
allen Belangen. Da ist es nur recht, wenn
man die Kraft auch durch das Gewicht
spürt. Weshalb die Motorräder noch lange
nicht unhandlich sein müssen.
Bereits ohne den Motor gestartet zu
haben, unterstreicht die Art, wie die je-
weilige Maschine ihre Fahrer positioniert,
die unterschiedlichen Charaktere der Bikes.
Auf der Bandit sitzt man eher sportlich,
versammelt und leicht vorgebeugt. Der
Lenker ist am dichtesten am Körper, das
Gefühl zum Vorderrad sehr direkt. Yamaha
geht den gegenteiligen Weg. Bei der
2007er-XJR haben die Techniker den Len-
ker zwölf Millimeter weiter vorn und fünf
Millimeter tiefer platziert. Der Fahrer wird
weit über den Tank gezogen – die Sieb-
ziger lassen grüßen. Zudem sind die Fuß-
rasten weiter vorn als bei der Konkurrenz
montiert – die Sitzposition ist für Groß-
gewachsene nicht ganz so entspannt. Die
Honda liegt in der goldenen Mitte und
würzt Entspannung mit einer sportlichen
Note, man sitzt aktiv, aber gelassen.
Übrigens: Auf allen drei Bikes lassen sich
Tankrucksäcke im Elefantenboy-Format
problemlos befestigen. Darüber hinaus
schreien 1,90-Meter-Hünen auf der Honda
und Suzuki nach einem Fahrtag nicht nach
einem Orthopäden oder Kurzbeinige nach
Plateauschuhen. Bei der Yamaha beklagen
Großgeratene einen zu engen Kniewinkel.
M o t o r e n :
d i e h e l l e S e i t e d e r M a c h t
Die Erwartungshaltung ist riesig. Bereits
ab Standgas sollte die Drehmomentwoge
überschäumen. Nach dem Druck aufs
Knöpfchen stellt sich tatsächlich dieses
Gefühl ein. Denn der perfekte Rundlauf der
Vierzylinder gaukelt einem sofort mächtig
Schwungmasse und Hubraum satt vor. Die
für diese Saison ebenfalls mit Einspritzung
und Wasserkühlung versehene Suzuki läuft
im Leerlauf bei knapp über 1000 Touren
etwas härter. Und beantwortet jeden
kurzen Gasstoß ultradirekt mit schnellem
Hochdrehen und heiserem Gebell aus
dem Schalldämpfer. Der Motor wirkt schon
in der Ruhephase aggressiv. Liegt’s am
Motormanagement oder daran, dass die
Konstrukteure der dicken Bandit vielleicht
weniger Schwungmasse mit auf den Weg
gegeben haben? Wir werden sehen.
Also runter vom Hof und quer durch
die Stadt. Alle drei bieten mächtig Druck
aus dem Keller, doch an der ersten Ampel
fällt etwas auf, das man so nicht erwartet
hat: Die Yamaha leidet gegenüber den
anderen an einer „Anfahrschwäche“. Eine
1300er mit Anfahrschwäche? Nun, nicht
wirklich. Aber im direkten Vergleich zur
Honda und Suzuki, die quasi ab Standgas
unbändig losstürmen, trödelt die Yamaha
leicht hinterher. Man sollte erst bei 3000/
min einkuppeln, um den Spurt von der
Ampel standesgemäß zu absolvieren. Die
Konkurrenz hängt etwas direkter am Gas.
Doch wenn man’s weiß, kein Problem.
Von Rolf Henniges; Fotos: Rossen Gargolov
t e s t + t e c h n i k 53
MOTORRAD
Yamaha jedenfalls hat alles Notwen-
dige getan und den charmanten, luftge-
kühlten Vierzylinder über die Euro-3-Hürde
gerettet. Mittlerweile ist er der letzte Über-
lebende der Kühlrippen-Ära. Gegenüber
seinem Vorgänger haben die Techniker ihm
mehr Muskeln antrainiert. Geänderte No-
ckenwellen plus Einspritzanlage in Verbin-
dung mit einer neuen, sehr filigran wirken-
den Vier-in-eins-Auspuffanlage inklusive
Exup-System verbessern die Leistungs-
charakteristik beträchtlich. Vor allem im
unteren und mittleren Drehzahlbereich
hat das 2007er-Modell kräftig zugelegt.
Nebenbei wurde die Sekundärübersetzung
durch Verwendung eines 17er- statt 18er-
Ritzels verkürzt. Diese Maßnahmen be-
scheren der XJR die besten Durchzugs-
werte des Trios. Den Spurt von 140 auf
180 km/h absolviert die Yamaha beispiels-
weise in nur 4,8 Sekunden – anderthalb
Sekunden schneller als das 2006er-Mo-
dell. Und rund eine dreiviertel Sekunde
schneller als die Suzuki. Ihr Topspeed fällt
mit 213 km/h im Vergleich zur Honda (230
km/h) und Suzuki (225 km/h) dagegen ge-
ringfügig bescheidener aus.
Zurück in die Stadt. Stop and go and
slow. Da fällt die Suzuki durch schlechtes
Ansprechverhalten auf. Die Gasannahme
erfolgt verzögert, das Geruckel nervt.
Auch die hydraulisch betätigte Kupplung
ist viel schwerer zu bedienen. Und muss
gegenüber der Konkurrenz einmal mehr
benutzt werden – die Bandit hat als
Einzige des Vergleichs ein Sechsgang-
getriebe. Aber das lässt sich am Ortsende
flugs und präzise durchsteppen: knackig
mit Rückmeldung, allerdings etwas härter
zu schalten als das der Honda. Die Gänge
der XJR rasten ebenfalls exakt, der Schalt-
vorgang verlangt allerdings nach kräfti-
gem Fuß.
So weit, so gut. Und wie steht’s nun
mit der Magie der Motoren? Vier Zylinder.
Jeder so groß wie ein wohlwollend ein-
geschenktes, norddeutsches Standardpils.
Die CB 1300 holt das meiste aus ihnen
heraus: 121 gemessene PS bei 7700/min.
Und sie läuft auch am seidigsten und
hängt weicher am Gas als die Konkurrenz.
Das Abenteuer „fetter Vierzylinder“ zele-
briert sie am imposantesten. Wer durch
die Vorstadt oder gemütlich übers Land
cruist, der bewegt sich lediglich zwischen
2000 und 3500/min. Bei 5000/min packt
die CB noch mal ordentlich einen drauf
HONDA
SUZUKI
YAMAHA
HONDA
SUZUKI
YAMAHA
w w w. m o t o r r a d o n l i n e . d e
t e s t + t e c h n i k 55
MOTORRAD
und drängt wie von Geisterhand ange-
schubst vorwärts. Für den Landstraßen-
betrieb oder Bergtouren ist sie knackig
kurz übersetzt. Einziger Wermutstropfen:
Auf schnelleren Autobahnetappen nerven
feine Vibrationen.
Die Kraftentfaltung des XJR-Antriebs
ist gleichförmiger, die Laufruhe jedoch
nicht so sahnig wie bei der Honda. Zu-
dem werden Gasbefehle leicht verzögert
befolgt. Man hat immer das Gefühl, der
Motor hinkt den Anweisungen der Gasrolle
Sekundenbruchteile hinterher. Das hat die
Konkurrenz etwas besser im Griff. Output
der XJR: 107 PS bei 7700/min. Im unteren
Drehzahldrittel, jenem für diese Big Bikes
immens wichtigen Bereich, liegt das
Drehmoment der Yamaha fünf respektive
zehn Prozent unter der Konkurrenz – Weh-
klagen auf hohem Niveau, denn die XJR
schüttelt bei 3000/min fast 100 Newton-
meter aus dem Ärmel und versprüht, übri-
gens genau wie auch der Honda-Motor,
trotz massiger Muskeln den Charme der
Ruhe, ja, vielleicht sogar ein wenig Ver-
gaser-Nostalgie.
Ganz anders die Suzuki. Der 1250er
aus Hamamatsu drückt 108 PS bei
8800/min auf die Prüfstandsrolle und wirkt
in jedem Drehzahlbereich gleichbleibend
agil. Fast wie ein Elektromotor arbeitet sich
das quirlige Aggregat über die Drehzahl-
leiter bis 9600 Touren, ohne müde zu wer-
den. Das verleiht ihm eine sportliche Note.
Außerdem stellt er im unteren und mitt-
leren Drehzahlbereich das höchste Dreh-
moment zur Verfügung. Was gar nicht
so recht passt, ist die sehr lange Über-
setzung. Die Bandit läuft Topspeed 225, ist
rechnerisch jedoch auf 274 km/h über-
setzt. Besonders drehzahlschonend wirkt
sich die lange Übersetzung allerdings
nicht aus. Bei konstant 130 km/h dreht
die Suzuki mit 4200/min nur marginal
niedriger als die Konkurrenz (Honda:
4400/min, Yamaha: 4500/min).
F a h r w e r k –
s c h w e b e n o d e r s t o l p e r n
MOTORRAD-Teststrecke, Abschnitt fünf.
Auf 18 Kilometern jede Menge Kurven berg-
auf und bergab mit ständig wechselnden
Belägen und fiesen Bodenwellen. Eine
Strecke, die man als Genießer lieber mei-
det und als Tester liebt. Sie ist quasi der
Beichtstuhl. Hier offenbaren die Fahrwerke
ihre Sünden. Lassen wir die Dicken also
von der Leine. Langer Anlauf, freies Feld,
SUZUKI
BANDIT 1250
SUZUKI
BANDIT 1250
Aufgrund der Euro-3-Norm und um mechanische
Geräusche zu minimieren, wurde dem ehemals
fein verrippten, luftgekühlten Aggregat ein
Wassermantel verordnet. Serienmäßig und mit
ordentlicher Funktion: das ABS. Die Verarbei-
tung erreicht nicht ganz die Qualität der Honda,
trotzdem zeugen sorgfältig gemachte Teile wie
die Fußrastenanlage von Liebe zum Detail
Motor: wassergekühlter Vierzylinder-Vier-
takt-Reihenmotor, je zwei oben liegende,
kettengetriebene Nockenwellen, vier Ventile
pro Zylinder, Tassenstößel, Nasssumpf-
schmierung, Einspritzung, Ø 36 mm, unge-
regelter Katalysator mit Sekundärluftsystem,
Lichtmaschine 420 W, Batterie 12 V/11
Ah, hydraulisch betätigte Mehrscheiben-
Ölbadkupplung, Fünfganggetriebe, O-Ring-
Kette.
Bohrung x Hub
78,0 x 67,2 mm
Hubraum
1284 cm
3
Verdichtungsverhältnis
9,6:1
Nennleistung
85,0 kW (116 PS) bei 7000/min
Max. Drehmoment
117 Nm bei 6000/min
Fahrwerk: Doppelschleifenrahmen aus
Stahl, Telegabel, Ø 43 mm, verstellbare Fe-
derbasis und Zugstufendämpfung, Zwei-
armschwinge aus Aluminium, zwei Feder-
beine, verstellbare Federbasis und Zugstu-
fendämpfung, Doppelscheibenbremse vorn,
Ø 310 mm, Vierkolben-Festsättel, Scheiben-
bremse hinten, Ø 256 mm, Einkolben-
Schwimmsattel, ABS.
Alu-Gussräder
3.50 x 17; 5.50 x 17
Reifen
120/70 ZR 17; 180/55 ZR 17
Bereifung im Test
Dunlop D 220 ST „K“
Maße und Gewichte: Radstand 1515
mm, Lenkkopfwinkel 65,0 Grad, Nachlauf 99
mm, Federweg v/h 120/116 mm, Sitzhöhe*
815 mm, Gewicht vollgetankt* 262 kg, Zu-
ladung* 190 kg, Tankinhalt/Reserve 21,0/
4,5 Liter.
Garantie
zwei Jahre
Service-Intervalle
alle 6000 km
Farben
Rot/Weiß, Schwarz
Preis
10 990 Euro
Nebenkosten
180 Euro
Motor: wassergekühlter Vierzylinder-Vier-
takt-Reihenmotor,
zwei oben liegende,
kettengetriebene Nockenwellen, vier Ven-
tile pro Zylinder, Nasssumpfschmierung,
Einspritzung, Ø 36 mm, geregelter Ka-
talysator mit Sekundärluftsystem, Licht-
maschine 400 W, Batterie 12 V/10 Ah,
hydraulisch betätigte Mehrscheiben-Öl-
badkupplung, Sechsganggetriebe, O-Ring-
Kette.
Bohrung x Hub
79,0 x 64,0 mm
Hubraum
1255 cm
3
Verdichtungsverhältnis
10,5:1
Nennleistung
72,0 kW (98 PS) bei 7500/min
Max. Drehmoment
108 Nm bei 3700/min
Fahrwerk: Doppelschleifenrahmen aus
Stahl, Telegabel, Ø 43 mm, verstellbare Fe-
derbasis, Zweiarmschwinge aus Aluminium,
Zentralfederbein mit Hebelsystem, verstell-
bare Federbasis und Zugstufendämpfung,
Doppelscheibenbremse vorn, Ø 310 mm,
Vierkolben-Festsättel, Scheibenbremse hin-
ten, Ø 240 mm, Einkolben-Schwimmsattel,
ABS.
Alu-Gussräder
3.50 x 17; 5.50 x 17
Reifen
120/70 ZR 17; 180/55 ZR 17
Bereifung im Test
Dunlop D 218, vorne „T“, hinten „N“
Maße und Gewichte: Radstand 1485 mm,
Lenkkopfwinkel 64,7 Grad, Nachlauf 104
mm, Federweg v/h 130/136 mm, Sitzhöhe*
800–820 mm, Gewicht vollgetankt* 253 kg,
Zuladung* 222 kg, Tankinhalt 19,0 Liter.
Garantie
zwei Jahre
Service-Intervalle
alle 6000 km
Farben
Blau, Rot, Schwarz
Preis
8290 Euro
Nebenkosten
145 Euro
Motor: luftgekühlter Vierzylinder-Vier-
takt-Reihenmotor, zwei oben liegende,
kettengetriebene Nockenwellen, vier Ventile
pro Zylinder, Tassenstößel, Nasssumpf-
schmierung, Einspritzung, geregelter Ka-
talysator, Lichtmaschine 340 W, Batterie
12 V/12 Ah, hydraulisch betätigte Mehr-
scheiben-Ölbadkupplung, Fünfganggetriebe,
O-Ring-Kette.
Bohrung x Hub
79,0 x 63,8 mm
Hubraum
1251 cm
3
Verdichtungsverhältnis
9,7:1
Nennleistung
72,0 kW (98 PS) bei 8000/min
Max. Drehmoment
108 Nm bei 6000/min
Fahrwerk: Doppelschleifenrahmen aus
Stahl, Telegabel, Ø 43 mm, verstellbare Fe-
derbasis, Zweiarmschwinge, zwei Federbei-
ne, verstellbare Federbasis, Doppelschei-
benbremse vorn, Ø 298 mm, Vierkolben-
Festsättel, Scheibenbremse hinten, Ø 298
mm, Zweikolben-Festsattel.
Alu-Gussräder
3.50 x 17; 5.50 x 17
Reifen
120/70 17; 180/55 17
Bereifung im Test
Dunlop D 252 „L“
Maße und Gewichte: Radstand 1500
mm, Lenkkopfwinkel 64,5 Grad, Nachlauf
100 mm, Federweg v/h 130/110 mm, Sitz-
höhe* 800 mm, Gewicht vollgetankt* 251
kg, Zuladung* 199 kg, Tankinhalt 21,0 Liter.
Garantie
zwei Jahre
Service-Intervalle
alle 10 000 km
Farben
Blau, Schwarz
Preis
9782 Euro
Nebenkosten
215 Euro
*MOTORRAD-Messungen
DATEN
HONDA
CB 1300
SUZUKI
BANDIT 1250
YAMAHA
XJR 1300
erster Knick bergab links. Die Suzuki
stürmt darauf zu. Anbremsen – zwei Vier-
kolben-Festsättel drücken ihre Beläge
ABS-kontrolliert an die 310er-Scheiben.
Der Druckpunkt ist zwar so ähnlich, als
würde man einen Flummi zusammen-
pressen, aber durchaus noch tauglich für
sportlich-späte Bremsungen, denn die
Verzögerung liegt auf hohem Niveau. Gas
auf, die schnelle S-Kombination rast her-
an. Jetzt zweimal schnell hintereinander
umlegen. Auf dem guten Belag verhält
sich die Bandit vorbildlich. Die straff ab-
gestimmten Federelemente lassen wenig
Bewegung ins Fahrwerk und ermöglichen
ein sehr präzises Ein- und Umlegen. Trotz
Fettansatz wirkt die Suzuki handlich, fährt
sehr direkt und neutral. Auch in den weit
geschwungenen Kurven liegt sie sehr
stabil. Keine fünf Kilometer weiter jedoch
rächt sich die harte Abstimmung. Sowohl
10/2007
58
t e s t + t e c h n i k
XX/2007
MOTORRAD
allem an der komfortabel abgestimmten
Gabel, die beim Bremsen tief eintaucht und
somit den eingeschätzten Radius verän-
dert. In der schnellen Passage mit weiten
Radien setzt die Yamaha als Einzige mit
den Fußrasten auf. Auf der Holperstrecke
wendet sich dann das Blatt: Die Stereo-
federbeine von Öhlins sowie die Gabel ab-
sorbieren die Bodenunebenheiten sehr gut
und vermitteln dem Fahrer Komfort, wenn-
gleich das Feedback darunter leidet.
Mit Letzterem hat die Honda gar kein
Problem: einbiegen, hart bremsen. Das
Vorderrad wird von der Gabel satt am Bo-
den geführt. Zwar wirkt die ABS-Bremse
auch hier ein klein wenig flummihaft, doch
sie ist etwas besser dosierbar als die der
Bandit. Darüber hinaus regelt das ABS
sehr feinfühlig, selbst Verzögerungen auf
Rollsplitt mutieren nicht zum netzlosen
Drahtseilakt. Bereits nach den ersten
Kurven ist klar: Die Honda schafft den
Spagat zwischen der komfortablen Yama-
ha und der sportlichen Suzuki. Die CB
1300 ist sehr gut ausbalanciert, lässt sich
neutral und sehr direkt lenken und ver-
mittelt in jeder Situation das Gefühl, alles
unter Kontrolle zu haben. Man wird über-
mütig und schnell. In schnellen Wechsel-
kurven mahnt der eingangs beschriebene
Fettansatz jedoch wieder zu gemäßig-
ter Gangart. Die Federelemente arbeiten
nahezu perfekt. Insbesondere die Gabel
filtert sensibel kleinste Unebenheiten und
arbeitet durchschlagsicher. Da verliert je-
der Meter Schlechtweg seinen Schrecken.
A l l t a g –
v e r l i e b t i n f ü n f Z e n t n e r M e t a l l
Nicht jeder hat einen Jockey als Sozius.
Eigner der CB sei dieser bei nur 190 Kilo-
gramm Zuladung jedoch empfohlen. Der
Yamaha-Pilot darf neun Kilogramm mehr
drauf packen, und Bandit-Fahrer brauchen
ihren Beifahrer gar nicht erst zur Diät er-
mahnen: Zulademöglichkeit 222 Kilogramm.
Gabel als auch Federbein holpern über
einen Straßenbelag, in den die Winter
der letzten zehn Jahre ihre Pranken ge-
schlagen haben, und fordern den Fahrer zu
gemäßigter Gangart auf.
Zurück zum Ausgangspunkt. Die XJR
stürmt auf den ersten Linksknick zu. Brem-
se anlegen. Hoppla, nur lässig mit zwei
Fingern gezogen, und die Gabel taucht tief
ein, der Vorderreifen wimmert. Die Stopper
stammen aus Yamahas Supersportler-
Regal: 298er-Scheiben, Vierkolben-Fest-
sättel, extrem geringe Bedienkräfte und
eine Wirkung, als würde man einen Brems-
fallschirm mit dem Durchmesser eines
Heißluftballons öffnen. Für Profis ein Le-
ckerbissen, für Anfänger wäre es besser,
diese Anlage mit einem ABS zu versehen.
Zweimaliges Umlegen durch die Wechsel-
kurven: Die XJR lenkt sich behäbiger und
nicht so präzise wie die Bandit, schiebt
leicht übers Vorderrad und verfehlt die
angepeilte Ideallinie etwas. Das liegt vor
HONDA
SUZUKI
YAMAHA
HONDA
SUZUKI
YAMAHA
Die freundlichste Sitzgelegenheit findet
sich indes auf dem Sofa der XJR – breit,
komfortabel, gute Haltemöglichkeit. Ist der
Platz vergeben, streiten sich die Verblie-
benen um den der Honda, da die Suzuki
das bescheidenste Plätzchen anbietet. In
puncto Benzinverbrauch nimmt sich das
Trio nichts, wenn man den gemäßigten
Überland-Walzer anstimmt. Je rund 5,5
Liter werden auf 100 Kilometer zerstäubt.
Bleibt letztlich die Frage, welche Maschine
zu wem passt.
Fans luftgekühlter Motoren und klas-
sischen Designs werden in der XJR die
Neu: Vier-in-eins-Anlage mit einer Drosselklappe,
die über einen Stellmotor angesteuert wird. Sie soll
das Drehmoment stärken und den Geräuschhaushalt
ordnen. Klemmung der oberen Gabelbrücke mit nur
einer Schraube, an der Gabel lassen sich sowohl
Federbasis als auch Zugstufendämpfung einstellen
YAMAHA
XJR 1300
YAMAHA
XJR 1300
große Liebe finden. Und Yamaha drei
Tatsachen hoch anrechnen: Der Charme
der Dicken blieb bewahrt, die Power hat
sich verbessert, der Verbrauch gleichzeitig
verringert. Darüber hinaus wurde dem
Evergreen eine zierliche Auspuffanlage
spendiert. Wer sich allerdings nicht in fünf
Zentner Metall verlieben kann, sondern
den Kopf entscheiden lässt, der wählt
die 1200 Euro teurere Honda. Sie kann
vieles besser. Oder die 1500 Euro güns-
tigere Suzuki. Die ist sportlicher und kann
nichts schlechter. Das sagenhafte 1300-
cm
3
-Erlebnis bieten alle drei.
Alle drei Motoren stehen sehr gut im Futter und liefern bis zu zehn Prozent mehr
Leistung, als der Hersteller angibt. Gut zu erkennen: Die Suzuki produziert im
unteren Drehzahldrittel das stärkste Drehmoment. Das enorme Powerplus der
Honda ab 5000/min kommt lediglich sportlich ambitionierten Fahrern entgegen –
denn im Alltagsbetrieb werden die Big Bikes zumeist mit niedrigen oder mittleren
Drehzahlen bewegt. Dies ist auch der Grund, warum die Yamaha einen etwas
schwächeren Fahreindruck hinterlässt.
-MESSUNGEN
LEISTUNGSDIAGRAMM
1
Fahrleistungen
Höchstgeschwindigkeit*
km/h
Beschleunigung
0 –100 km/h sek
0 –140 km/h sek
0 –200 km/h sek
Durchzug
60 –100 km/h sek
100–140 km/h sek
140 –180 km/h sek
Tachometerabweichung
Effektiv (Anzeige 50/100) km/h
Kraftstoffverbrauch
Kraftstoffart
bei 130 km/h Liter/100 km
Landstraße Liter/100 km
Theoretische Reichweite
Landstraße km
*Herstellerangabe
Honda
230
3,4
5,8
13,2
3,8
4,2
4,9
47/96
Normal
6,8
5,4
389
Suzuki
225
3,2
5,7
13,6
3,8
4,1
5,5
47/95
Super
5,9
5,4
370
Yamaha
213
3,3
6,0
14,9
3,7
3,7
4,8
46/94
Super
6,6
5,6
375
1
Leistung an der Kurbelwelle. Messungen auf Dynojet-Rollenprüfstand 150,
korrigiert nach 95/1/EG, maximal mögliche Abweichung ± 5 %
-T E S T E R G E B N I S
HONDA CB 1300
Bester Motor, super Fahrwerk,
narrensichere Bedienung, gute Verarbeitung – der Sieg ist verdient.
Ein sehr ausgewogenes Naked Bike.
1
SUZUKI BANDIT 1250
Ganze 2700 Euro günstiger als der
Testsieger. Und nicht viel schlechter. Für sportlich ambitionierte Big-Bike-Fahrer ist
die alltagstaugliche Bandit sogar erste Wahl.
2
YAMAHA XJR 1300
Die komfortabelste Maschine des Ver-
gleichs wird leider nicht mit ABS angeboten. Schade. Wer auf klassisches Design
Wert legt und meist zu zweit unterwegs ist, der kommt an der XJR nicht vorbei.
3
ALLE DREI HERSTELLER
haben sich für hydraulisch
zu betätigende Kupplungen entschieden. Mit unterschiedlichen
Ergebnissen: Maßstab ist die Kupplung der Honda – sie trennt
weich und exakt, die Bedienkraft ist sehr gering. Die CB hat zudem
die beste Motorabstimmung: Ihr Vierzylinder hängt direkt am Gas,
läuft sanft, kommt wuchtig von unten heraus und drückt oben so
stark wie keine andere. In puncto Gasannahme im Teillastbereich
sind sowohl die Yamaha als auch die Suzuki verbesserungswürdig.
Trotz langer Sekundärübersetzung legt die Bandit bis 140 km/h die
schnellsten Spurts hin. Denn ihr Motor ist unten herum bärenstark
und darüber hinaus äußerst drehfreudig.
COMING HOME
. Fahrer der Honda oder Suzuki brauchen sich
an nichts zu gewöhnen. Die Sitzposition der Yamaha hingegen ist
Geschmackssache: Der Lenker ist weiter weg, die Fußrasten sind
weiter vorn positioniert. Außerdem sind die Spiegel zu klein gera-
ten und könnten weiter nach außen ragen. Bei der Suzuki vibrieren
sie arg und mindern so die Sicht. Zum Thema Gepäckunterbrin-
gung sollten sich alle noch mal Gedanken machen: warum keinen
Gepäckträger? Die Honda bietet mit drei Verzurrknubbel pro Seite
und einem Staufach unter der Sitzbank noch am meisten. Top
für Beifahrer: die XJR. Hier verdient der Haltegriff seinen Namen,
die Sitzbank ist breit und bequem, der Kniewinkel entspannt.
DIE BREMSWIRKUNG DER XJR
ist im Trockenen
brutal: Die Stopper lassen sich mit geringem Kraftaufwand bedienen
und verzögern enorm. Im Nassen wirkt die Bremse dagegen stumpf.
Narrensicher und sehr effektiv arbeitet das ABS der Honda. Auf-
grund des mächtigen Schubs ab 5000/min schlägt die CB aller-
dings ansatzweise mit dem Lenker. Die Bremse der Suzuki arbeitet
zufriedenstellend, jedoch fehlt ein klarer Druckpunkt.
DIE YAMAHA VERBRAUCHT
zwar geringfügig mehr,
muss aber nur alle 10 000 Kilometer zur Inspektion (Honda und
Suzuki je alle 6000 Kilometer). Suzuki hat die höchsten Inspektions-
richtzeiten, dafür ist die Honda in der Versicherung teurer.
BESTES PREIS-LEISTUNGS-VERHÄLTNIS:
Ein Bandit, der die Taschen nicht leert.
Suzukis 1250er punktet mit unschlagbarem
Preis-Leistungs-Verhältnis und sehr guten
Allroundqualitäten.
-
PUNKTEWERTUNG
N E U
Überarbeiteter Punkteschlüssel
ab Ausgabe
1/ 2007
Maximale
Punktzahl
HondaCB 1
300
SuzukiBandit 1
250
YamahaXJR 1
300
40
40
30
30
20
20
20
10
20
10
10
250
40
40
40
10
20
20
20
20
10
10
20
250
40
20
20
20
20
30
30
10
10
30
20
250
40
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20
10
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10
150
30
30
20
20
100
1000
Bestnote
1,0
30
27
19
25
14
13
15
8
13
9
8
181
22
26
23
6
13
17
13
14
4
6
14
158
32
10
0
12
12
12
15
5
5
24
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25
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16
7
14
11
7
99
15
17
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9
53
633
1.
2,1
29
29
18
24
13
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6
12
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9
174
23
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10
0
12
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7
13
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98
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52
626
2.
1,5
32
27
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9
9
167
20
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7
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144
30
12
0
10
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3
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0
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7
94
15
15
16
11
57
603
3.
2,2
TROTZ DES GERINGSTEN GEWICHTS
im
Vergleich gibt sich die Yamaha am unhandlichsten. Das liegt zum
einen an der etwas touristischen Sitzhaltung, zum anderen an der
weichen Fahrwerksabstimmung. Ihre komfortabel abgestimmte
Gabel verwässert die Lenkpräzision und stabilisiert die Maschine
bei Topspeed nicht vollends. Zudem schiebt die XJR leicht übers
Vorderrad. Die sportlich-knackig abgestimmte Bandit ist alles
andere als komfortabel, glänzt dafür jedoch mit hervorragender
Stabilität in Kurven und beim Geradeauslauf. Das gilt auch für die
Honda, deren Fahrwerksabstimmung Komfort und Sportlichkeit
vereint und zudem das beste Feedback liefert.
MOTOR
Durchzug
Beschleunigung
Topspeed
Motorcharakteristik
Ansprechverhalten
Lastwechselverhalten
Laufruhe
Kupplung
Schaltung
Getriebeabstufung
Starten
Summe
FAHRWERK
Handlichkeit
Stabilität in Kurven
Lenkverhalten
Rückmeldung
Schräglagenfreiheit
Geradeauslaufstabilität
Fahrwerksabstimmung vorn
Fahrwerksabstimmung hinten
Einstellmöglichkeiten Fahrwerk
Federungskomfort
Fahrverhalten mit Sozius
Summe
ALLTAG
Ergonomie Fahrer
Ergonomie Sozius
Windschutz
Sicht
Licht
Ausstattung
Handhabung/Wartung
Gepäckunterbringung
Zuladung
Reichweite
Verarbeitung
Summe
SICHERHEIT
Bremswirkung
Bremsdosierung
Bremsen mit Sozius/Fading
Aufstellmoment beim Bremsen
ABS-Funktion
Lenkerschlagen
Bodenfreiheit
Summe
KOSTEN
Garantie
Verbrauch (Landstraße)
Inspektionskosten
Unterhaltskosten
Summe
GESAMTWERTUNG
PLATZIERUNG
PREIS-LEISTUNGS-NOTE
SIEGER MOTOR: HONDA CB 1300
SIEGER FAHRWERK: HONDA CB 1300
SIEGER ALLTAG: SUZUKI BANDIT 1250
SIEGER SICHERHEIT: HONDA CB 1300
SIEGER KOSTEN: YAMAHA XJR 1300
w w w. m o t o r r a d o n l i n e . d e
t e s t + t e c h n i k 61
MOTORRAD