Bertolt Brecht
Bargans Jugend
Niemand weiß, wo der Bargan eigentlich hergekommen ist. Viele aber meinen, er sei in den Wäldern geboren worden. Solche Wälder gibt es ungeheure in Chile. Sie sind dort dicklaubig und von fettem Grün und so verwirrt wie sonst nirgends, mit goldbraunen Tümpeln, in denen der Mord haust, und vielen Niederschlägen, bissigen Tieren und gierig wachsenden Drosselpflanzen, alles von einer großen Heiterkeit und heller als im Norden. In die jungen Blattdächer brechen Affenhorden in ihren mörderischen Kämpfen mit den faulenden Schlangen, die in ihrer Jugend Mustangs verschlungen haben. Die Sonne treibt grünes Gewindezeug gegen dorre vierschrötige Stämme, und das Ungeziefer der brodelnden Teiche frißt sich grinsend auf.
Es gibt etliche, die sagen, der Bargan sei in den Küstenstädten aufgewachsen, die einen lasterhaften Handel mit Gold, Sklaven, Tabak und was weiß ich alles treiben und allesamt wie kleine, vergiftete Zähne sind, im Maul einer faulen, schillerhäutigen Schlange, die jung, faul und am Ausfallen sind. Aber wer sein Gesicht noch selber gesehen hat, der glaubt lieber an die Wälder.
Aber woher immer Bargan kam (in einer Ballade über ihn, die in den Bars im Küstengebiet zu den kleinen spanischen Gitarren häufig gesungen wird, heißt es, er sei auf einem Baum gewachsen): er muß schön, rund und goldhäutig gewesen sein, wie die Inkabronzen, die indianischen Götzen, die genau wie goldene Früchte sind (an denen man sich übrigens die Zähne ausbeißt!). Denn auch in späteren Jahren noch, zu allen Zeiten, sah man ihm an, daß er irgendeinmal auch schön gewesen sein mußte, und die Weiber schnupperten das auch