„Deutschland. Ein Wintermärchen” - Interpretation
Deutschland. Ein Wintermärchen (im Original: Deutschland. Ein Wintermährchen) ist ein satirisches Versepos des deutschen Dichters Heinrich Heine (1797-1856).
Unzufrieden mit den politischen Verhältnissen im Deutschland der Restaurationszeit, die ihm als getauftem Juden keine Möglichkeit für eine juristische Tätigkeit bot, und um der Zensur zu entgehen, emigrierte Heine 1831 nach Frankreich. 1835 verbot ein Beschluss des deutschen Bundestags seine Schriften zusammen mit den Veröffentlichungen der Dichter des Jungen Deutschland. Ende 1843 kehrt er noch einmal für wenige Wochen nach Deutschland zurück, um seine Mutter und seinen Verleger Julius Campe in Hamburg zu besuchen. Auf der Rückreise entstand der erste Entwurf zu „Deutschland. Ein Wintermärchen“.
Erstveröffentlichung
Das Versepos erschien 1844 beim Verlag Hoffmann und Campe in Hamburg. Nach der Zwanzig-Bogen-Klausel, einer Zensurrichtlinie der Karlsbader Konferenz von 1819, unterlagen Manuskripte von mehr als zwanzig Bogen nicht der Zensur vor dem Druck. Daher brachte der Verlag „Deutschland. Ein Wintermärchen“ zusammen mit Gedichten im Band „Neue Gedichte“ heraus. Schon am 4. Oktober 1844 wurde das Buch in Preußen verboten und beschlagnahmt. Am 12. Dezember 1844 erließ König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen einen Haftbefehl gegen Heine. In der Folgezeit wurde das Werk wiederholt von den Zensurbehörden verboten. In anderen Teilen Deutschlands war es zwar in Form einer - ebenfalls bei Hoffmann und Campe erschienenen - Separatausgabe erhältlich, doch musste Heine es kürzen und umschreiben.
Form
Das Werk besteht aus 27 Gesängen (Caput I - XXVII), die in Strophen zu je vier Versen aufgeteilt sind. Jeder Vers enthält in der Regel vier Hebungen, die Zahl der unbetonten Senkungen variiert dagegen, wie es typisch für Volkslieder ist. Allerdings überwiegen Jamben. Auch das Reimschema ist einfach - Vers 2 und 4 sind durch einen Kreuzreim verbunden, Vers 1 und 3 sind reimlos.
Inhalt
Heine verknüpft in dem Werk die Reisebeschreibung mit politischen und philosophischen Betrachtungen. In seinem unverwechselbarem Stil stellte er dabei seine „illegalen“ Gedanken in den Vordergrund, die er sozusagen versteckt als „Konterbande“, als Schmuggelgut, mit sich führe. So betritt er in Caput II voller Euphorie deutschen Boden, im Gepäck nur „Hemden, Hosen und Schnupftücher“, doch im Kopf „ein zwitscherndes Vogelnest / Von konfiszierlichen Büchern“. In Aachen begegnet Heine erstmals wieder preußischem Militär:
Noch immer das hölzern pedantische Volk,
Noch immer ein rechter Winkel
In jeder Bewegung, und im Gesicht
Der eingefrorene Dünkel.
In Caput IV spottet Heine auf der Weiterreise nach Köln über die anachronistische deutsche Gesellschaft, die lieber rückwärtsgewandt den seit dem Mittelalter unvollendeten Kölner Dom fertig baut, als sich der neuen Zeit zu stellen. Dass die Arbeiten an dem anachronistischen Bauwerk im Zuge der Reformation eingestellt worden waren, bedeutet für den Dichter den eigentlichen Fortschritt: Die Überwindung des traditionellen Denkens und das Ende der geistigen Unmündigkeit.
In Caput V trifft Heine auf den Rhein, als „deutscher Rhein“ und „Vater Rhein“ deutsche Ikone und deutscher Erinnerungsort. Der Flussgott zeigt sich aber als alter, grämlicher Mann, des deutschtümelnden Geschwätzes überdrüssig. Er sehnt sich nicht nach den Franzosen zurück. Denn diese, so Heine, trinken jetzt Bier und lesen „Fichte“ und Kant.
Caput VI gibt Heine seiner Überzeugung Ausdruck, dass einmal gedachte Gedanken nicht wieder verloren gehen können, und dass revolutionäre Ideen sich auf Dauer auch in der Realität durchsetzen. Als Personifikation seiner eigenen Gedanken lässt er den „Liktor“ auftreten, seinen Dämon und schattenhaften Begleiter, immer präsent, auf ein Zeichen wartend, um das Urteil des Dichters sofort zu vollstrecken: „Ich bin die Tat von deinem Gedanken.“
In Caput VII beginnt im Traum die Exekution: Gefolgt von seinem „stummen Begleiter“ wandert Heine durch Köln. Mit seinem Herzblut kennzeichnet er Türpfosten und gibt so dem Liktor das Signal für ein Todesurteil. Zuletzt erreicht er den Dom mit seinem Dreikönigenschrein und „zerschmettert die armen Skelette des Aberglaubens“.
In Caput VIII reist Heine weiter nach Hagen und Mülheim, Orte, die ihm seine frühere Begeisterung für Napoléon Bonaparte wieder in Erinnerung rufen. Dessen Umgestaltung Europas hatte in Heine die Hoffnung auf Vollendung der Freiheit wachgerufen. Jedoch: Der Kaiser ist tot. Heine war in Paris Augenzeuge seiner Überführung in den Invalidendom gewesen.
Caput IX bringt kulinarische Erinnerungen an „heimisches Sauerkraut“, gewürzt mit satirischen Spitzen,
Caput X Grüße an Westfalen.
In Caput XI reist Heine durch den Teutoburger Wald und phantasiert darüber, was wohl geschehen wäre, wenn der Cherusker Hermann die Römer nicht besiegt hätte: Römische Kultur hätte das deutsche Geistesleben durchdrungen, und statt „drei Dutzend Landesväter[n]“ gäbe es jetzt wenigstens einen richtigen Nero. Das Caput ist - verdeckt - auch eine Attacke auf die Kulturpolitik des ‚Romantikers auf dem Thron`, Friedrich Wilhelm IV.; denn fast alle in diesem Zusammenhang genannten Persönlichkeiten (z. B. Raumer, Hengstenberg; Birch-Pfeiffer, Schelling, Maßmann, Cornelius) residieren in Berlin.
Caput XII enthält Heines Rede über das Thema „Mit den Wölfen heulen“. Dies hätte Heine - freilich wird durch die ironische Wahl einer solchen Formulierung auch eine kritische Distanz zur Tendenzpoesie eingenommen - immer getan, auch wenn manche Umstände dem Dichter zuweilen ein Schafspelz-Kostüm abforderten.
Caput XIII sieht den Reisenden bei Paderborn. Im Morgennebel erscheint ein Kruzifix. Der „arme jüdische Vetter“ hatte weniger Glück als Heine, den eine liebevolle Zensur wenigstens vor dem Gekreuzigtwerden bewahrt hat - bisher jedenfalls.
In Caput XIV und Caput XV hält sich Heine im Traum an einem weiteren Erinnerungsort auf: Er besucht Friedrich Barbarossa im Kyffhäuser. Kaum überraschend präsentiert sich auch der mythische deutsche Kaiser als senil-vertrottelter Herr, der vor allem stolz darauf ist, dass seine Fahne noch nicht von den Motten gefressen worden ist. Deutschland in innerer Not? Dringender Handlungsbedarf für den bereitstehenden Kaiser? Wach auf, Alter, und zieh den Bart aus dem Tisch! Aber was meint der uralte Held dazu?
Wer heute nicht kommt, kommt morgen gewiß,
Nur langsam wächst die Eiche,
Und chi va piano, va sano, so heißt
Das Sprüchwort im römischen Reiche.
Caput XVI bringt den Kaiser auf den neuesten Stand: Zwischen Mittelalter und Neuzeit, zwischen Barbarossa und Heute stand und wirkte die Guillotine. Kaiser haben ausgedient, und bei Lichte betrachtet sind Monarchen überflüssig. Bleib im Berg, Alter! Am besten bleibt auch gleich der Adel und das »Kamaschenrittertum von gotischem Wahn und modernem Lug« mit bei dir im Kyffhäuser (Caput XVII). Ersatzweise tun auch Schwert oder Strick gute Dienste an überflüssigen Schmarotzern.
Unerfreulich bleibt auch die Begegnung mit Gendarmen in Minden, gefolgt vom obligatorischen Alp- und Rachetraum (Caput XVIII).
In Caput XIX besucht er das Geburtshaus seines Großvaters in Bückeburg:
Zu Bückeburg stieg ich ab in der Stadt,
Um dort zu betrachten die Stammburg,
Wo mein Großvater geboren ward;
Die Großmutter war aus Hamburg.
Von dort geht es weiter zu einer Begegnung mit Ernst August von Hannover dortselbst, der sich, »an großbritannisches Leben gewöhnt« schier totlangweilt. Das Caput zielt vor allem ab auf den Verfassungsbruch Ernst Augusts im Jahr 1837, gegen den die sieben Göttinger Professoren opponierten.
Endlich, im Caput XX, ist Heine am Ziel seiner Reise: In Hamburg trifft er bei seiner Mutter ein. Diese waltet auch gleich ihres Amtes:
»Hast Du Hunger?«
»Hast Du eine Frau?«
»Wo lebst Du lieber, hier bei mir oder in Frankreich?«
»Treibst Du immer noch Politik?«
Seit Heines Zeiten hat sich diesbezüglich wenig geändert: Man antworte ausweichend.
Caput XXI und XXII zeigt den Dichter in Hamburg auf der Suche nach Bekannten und Erinnerungen, in Caput XXIII folgt das Loblied auf den Verleger Campe. Caput XXIV beschreibt ein Zusammentreffen mit der Schutzgöttin Hamburgs, Hammonia. Ein Gelöbnis allergrößter Verschwiegenheit wird nach alttestamentlicher Sitte abgelegt, indem Heine die Hand unter die Hüfte der Göttin legt (diese errötet leicht - der Rum ist schuld!). Dann verspricht die Göttin, ihrem Besucher das zukünftige Deutschland zu zeigen. Allgemeine Erwartung. Doch der Zensor macht einen Schnitt an entscheidender Stelle. Enttäuschung. (Caput XXV und XXVI)
Mit Caput XXVII endet das Wintermärchen:
Schon knospet die Jugend, welche versteht
Des Dichters Stolz und Güte,
Und sich an seinem Herzen wärmt,
An seinem Sonnengemüte.
In den letzten Strophen stellt sich Heine in die Tradition von Aristophanes und Dante und spricht den König von Preußen direkt an:
Beleid'ge lebendige Dichter nicht,
Sie haben Flammen und Waffen,
Die furchtbarer sind als Jovis Blitz
Den ja der Poet erschaffen.
Mit der Androhung der ewigen Verdammnis des Königs schließt das Epos.
Kritik aus Vaterlandsliebe
„Deutschland. Ein Wintermärchen“ zeigt Heines bildreiche und volksliedartig-poetische Sprache in enger Verbindung mit schneidender, ironischer Kritik an den Zuständen in seiner Heimat. Heine stellt seine gesellschaftliche Vision dem trüben „Novemberbild“ des reaktionären Heimatlandes gegenüber, das sich seinen Augen bietet:
Ein neues Lied, ein besseres Lied,
O Freunde, will ich euch dichten!
Wir wollen hier auf Erden schon
Das Himmelreich errichten.
Wir wollen auf Erden glücklich sein,
Und wollen nicht mehr darben;
Verschlemmen soll nicht der faule Bauch
Was fleißige Hände erwarben.
Heine kritisiert vor allem den deutschen Militarismus und reaktionären Chauvinismus, besonders den Franzosen gegenüber, deren Revolution er als Aufbruch in die Freiheit versteht. Er bewundert Napoleon als Vollender der Revolution und Verwirklicher der Freiheit. Sich selbst sieht er nicht als Feind Deutschlands, sondern als Kritiker aus Vaterlandsliebe:
Pflanzt die schwarzrotgoldne Fahne auf die Höhe des deutschen Gedankens, macht sie zur Standarte des freien Menschtums, und ich will mein bestes Herzblut für sie hingeben. Beruhigt euch, ich liebe das Vaterland ebensosehr wie ihr. (aus dem Vorwort).
Das „Wintermärchen“ heute
Heines Versepos war bis in unsere Zeit hinein in Deutschland sehr umstritten. Vor allem im Jahrhundert seiner Entstehung betrachtete man das Werk als „Schandschrift“ eines Heimatlosen, eines „Vaterlandsverräters“, Miesmachers und Schandmauls. Diese Sichtweise von „Deutschland. ein Wintermärchen“ fand sich besonders in der Zeit des Nationalsozialismus bis ins dümmlich Groteske übersteigert.
Die moderne Zeit sieht in Heines Werk - möglicherweise aufgrund eines entspannteren Verhältnisses zu Nationalismus und Deutschtümelei vor dem Hintergrund der europäischen Integration - ein bedeutendes politisches Gedicht in deutscher Sprache: souverän in seinem Witz, stark in seinen Bildern, meisterlich in seiner Sprachbeherrschung. Heines Gestalten (wie zum Beispiel der „Liktor“) sind kraftvoll und einprägsam geschildert.
Ein Großteil des Reizes, den das Versepos heute ausübt, liegt darin begründet, dass seine Botschaft nicht eindimensional, sondern vieldeutig die Gegensätze in Heines Denken engagiert zum Ausdruck bringt. Der Dichter zeigt sich als Mensch, der seine Heimat liebt und außerhalb ihrer nur Gast und Besucher ist. So wie Antäus den Kontakt zur Erde braucht, so schöpft auch Heine seine Kraft und seine Gedankenfülle einzig aus dem intellektuellen Kontakt zum Heimatland.
Exemplarisch wird hier der Bruch sichtbar, den die Julirevolution für das intellektuelle Deutschland bedeutete: Der frische Wind der Freiheit erstickt in den reaktionären Bestrebungen der Restauration, der schon eingetretene „Frühling“ der Freiheit weicht einer neuen Frostperiode der Zensur, Unterdrückung, Verfolgung und Exilierung; der Traum von einem freien und demokratischen Deutschland ist auf ein ganzes Jahrhundert hinaus ausgeträumt.
„Deutschland. Ein Wintermärchen“ ist ein Höhepunkt der politischen Dichtung des Vormärz und gehört in Deutschland zum allgemeinen Bildungsgut. Galt das Werk Jahre und Jahrzehnte als antideutsches Pamphlet des „Wahlfranzosen“ Heine, so ist es heute für viele das bewegendste Gedicht, das ein Emigrant je geschrieben hat.
Weiterhin diente der Titel Sönke Wortmann als Vorbild für den Dokumentarfilm Deutschland. Ein Sommermärchen.
Epoche:
Heinrich Heine wird in die Epoche des Vormärz, 1815-1848, eingeordnet. Sie beginnt mit dem Wiener Kongress (Wiederherstellung der absoluten Fürstenmacht: Restauration; Zensur, Unterdrückung liberaler Bestrebungen) und dauert bis zur Märzrevolution 1848 in Deutschland.
Das Bürgertum hatte in dieser Zeit keine Möglichkeit sich politisch zu betätigen und war von jeder Beteiligung an der Macht ausgeschlossen. 1817 trafen sich auf der wartburg Studentenschaften der meisten deutschen Universitäten und forderten ein einiges freies Deutschland. Von da an wurden freiheitliche Bewegungen wie Burschenschaften verfolgt, ihre Mitglieder inhaftiert. Literarische Werke, Zeitungen und Zeitschriften wurden von der Zensur kontrolliert. Danach kehrten Österreich und Preussen zum Absolutismus zurück.
Eine zentrale Rolle spielen hier unter dem Schlagwort "Junges Deutschland" (1830-1835) eingeordnete Schriftsteller, deren Kontakt zueinander zwar lose war, die aber durch das Verbot ihrer Schriften (1834 in Österreich, 1835 in Preussen) eine faktische Zusammengehörigkeit erfuhren. Man unterstellte den Schriftstellern die christliche Religion anzugreifen, die bestehenden sozialen Verhältnisse herabzuwürdigen, die gesetzliche Ordnung zu untergraben und Zucht und Sittlichkeit zu zerstören. Sie stellten, laut Beschluss des Bundestages, eine Gefährdung des Staates dar.
Tendenzen und Merkmale dieser Zeit waren die Ablehnung des Absolutismus, der orthodoxen Kirche, des Idealismus von Klassik und Romantik, des Philistertums (,,das Leben ist des Lebens grösster Zweck"). Sie waren aber für Presse- und Meinungsfreiheit, Sozialismus, Frauenemanzipation und freie Liebe.
Charakteristiken ihrer Literatur sind:
-sie schreiben meistens erzählende Literatur, d.h. Geschichten, Romane usw.
-sie waren gegen die traditionelle Form der Literatur, besonders gegen Erlebnislyrik
-die Literatur soll immer gesellschaftlich und politisch engagiert sein. Sie schrieben sozusagen die Geschichte ihrer Epoche
-ihre Sprache ist salopp, provozierend und satirisch
Zusammenfassung:
Nach über 12jähriger Abwesenheit aus Deutschland unternahm Heine am 21. Oktober 1843 per Postkutsche, Eisenbahn und Schiff eine Reise aus Paris nach Hamburg, wo er am 29. Oktober eintraf. Er besuchte dort seine Mutter und andere Verwandte und führte geschäftliche Verhandlungen mit seinem Verleger Julius Campe.
Seine Rückfahrt begann am 7. Dezember und führte ihn über Hannover, Bückeburg, Minden, den Teutoburger Wald, Unna, Hagen, Köln und Aachen. Am 16. Dezember war er wieder in Paris. Die Rückreise markieren in umgekehrter Reihenfolge die Route, die in ,,Deutschland -ein Wintermärchen" beschrieben wird. Noch unterwegs scheint er mit der Arbeit begonnen zu haben.
Der Zusatz im Titel ,,ein Wintermärchen" ist eine Anlehnung an Shakespeares ,,A Winter′s Tale". Was eigentlich harmlos zu klingen scheint, ist in Wirklichkeit eine Kritik an das sich im Winterschlaf befindende Deutschland.
Die Grundstruktur dieses Werkes ist eine Verbindung von Reiseschema und Zeitsatire. Der Text besteht aus 27 Caputen, welche rund 500 Strophen zusammenfassen, und ist aus Erlebnisbericht, Reflexionen, Dialogen, Visionen und Träumen zusammengesetzt.
Obwohl Heine in Ich-Form erzählt, darf man die Erzählperson nicht mit dem Dichter selber gleichsetzen, auch wenn er die Reise mit denselben Stationen selber unternommen hat.
Der Exilant kommt aus Paris und im ersten Kapitel beschreibt er sein Glück wieder in Deutschland zu sein. Aber schon im zweiten Caput deckt er die Feindseligkeit der preussischen Zollbeamten auf, wie sie sein Gepäck nach verbotenen Schriften durchsuchen und er lacht sie innerlich nur aus, weil er seine verbotenen Schriften im Kopf hat.
Der Dichter zieht weiter nach Aachen und kommt auch schliesslich in der alten versteinerten Stadt Karls des Grossen an, die hoffnungslos im romantischen Mittelalter verharrt. Die Stadt wird vom preussischem Militär beherrscht, über dessen Uniform er sich lustig macht.
Er schreibt:
Ja, ja, der Helm gefällt mir, er zeugt
Vom allerhöchsten Witze!
Ein königlicher Einfall war′s!
Es fehlt nicht die Pointe, die Spitze!
Nur fürcht ich, wenn ein Gewitter entsteht,
Zieht leicht so eine Spitze
Herab auf Euer romantisches Haupt
Des Himmels modernste Blitze! ---
Heine beleidigt nicht nur die Uniformen, sondern auch noch ganz bewusst den Adler (diesen hässlichen Vogel), als preussisches Symbol.
Er verlässt schnell diesen steifen und verstaubten Ort und begibt sich weiter nach Köln, wo ihn allerdings -angesicht des Domes- eine weitere üble Seite der Vergangenheit erwartet, Kölns ,,Dunkelmänner", die Ketzerprozesse und der Katholizismus. Diese Stadt wird als Hochburg des konservativen Katholizismus dargestellt. Kölns Rhein gibt sich im Zwiegespräch mit dem Reisenden auch nicht freudiger: Nationalgedanke, Franzosenhass und deutschtümelnd-kleinbürgerliches Liedgut haben ihn ,,politisch kompromittieret". Das lyrische Ich sieht, wie Köln an engstirnigem Chauvinismus leidet und muss erfahren, dass seine Neuerungsideen nur seine radikale Bluttat zeitigen würden. In Köln trifft Heine sein altes Ego in Gestalt eines vermummten Gesellen wieder dieser erklärt, dass er dazu da sei, die Gedanken des Dichters auszuführen.
Nachdem er sich hinlegt um zu schlafen und dann noch die deutschen Federbetten lobt, widmet er sich seiner Vorstellung von der unbestrittenen Vorherrschaft der deutschen Seele im ,,Luftreich des Traums" und während den Franzosen und Russen das Land und den Briten das Meer gehöre, liesse die deutsche Seele ,,die Götter erbleichen".
Die Reise führt weiter durch den Teutoburger Wald, über Hagen und Paderborn und während der Fahrt hängt er seinen Gedanken nach, indem er beispielsweise über das Christentum und seine Kindheit nachdenkt. Bald nickt er ein und findet sich in seinen Träumen Barbarossa im Kyffhäuser gegenüber wieder, der seit der romantischen Wiederentdeckung der deutschen Vergangenheit als Symbol der Reichsidee und dabei zugleich für soziale Gerechtigkeit und weise politische Führung steht. Das lyrische Ich erzählt dem toten Kaiser von seiner Hoffnung auf Freiheit und ein tolerantes Deutschland ohne Kaiser. Im Traum hat der Dichter mit Rotbart gezankt, er hat ihn wiederum einen Hochverräter gescholten. Als das lyrische Ich aufwacht, hat es ein schlechtes Gewissen und bittet seinen Kaiser um Verzeihung.
In Minden übernachtet der Reisende und kann schlecht einschlafen. Die Stadt ist ihm zu preussisch und die Reise geht weiter über Bückeburg, der Geburtstadt seines Grossvaters, Hannover und Harburg bis er dann in Hamburg, seinem Ziel, ankommt.
Er besucht seine Mutter, welche vor Freude fast erschrak. Die Mutter fragt ihn aus, ob es ihm auch gut geht in der Fremde, welches Land er bevorzuge, als die Fragen aber all zu politisch werden, weicht er ihr aus und entzieht sich ihr pessimistisch.
Er schlendert durch die Stadt und muss bemerken, dass sich in seiner Abwesenheit viel verändert hat, nicht nur die Stadt, sondern auch die Menschen.
Am Abend trifft er sich mit seinem Verleger Campe zum Abendessen, für den er voll des Lobes ist.
Als er nach dem Essen in den Strassen Hamburgs schlendert, trifft er zum krönenden Abschluss noch die Schutzgöttin Hamburgs, Hammonia, welche ihm zum Bleiben und zur Ehe überreden will. Sie will ihm die Zukunft Deutschlands zeigen, was sie noch nie einem menschlichem Wesen gestattet hat, und als der Dichter schwört keiner Seele vom gesehenen zu verraten. Lässt Hammonia ihn am Nachttopf Karls des Grossen schnuppern:
Doch dieser deutsche Zukunftsduft
Mocht alles überragen,
Was meine Nase je geahnt -
Ich konnt` es nicht länger ertragen
Dies sollte Heines Situation widerspiegeln, welcher in der Situation des Wissenden, aber der zum Schweigen verurteilte Dichter ist.
es Wissenden, aber der zum Schweigen verurteilte Dichter ist.
Deutschland. Ein Wintermärchen
Im Oktober 1843 reiste Heine nach seiner Übersiedelung nach Paris (1831) zum ersten Mal wieder nach Deutschland. Von Hamburg, wo er seine Mutter besuchen wollte, ging es über Hannover, Bückeburg, Minden, Paderborn, den Teutoburger Wald, Hagen, Köln und Aachen zurück nach Paris - im Wintermärchen werden die Stationen in umgekehrter Reihenfolge durchlaufen.
Heinrich Heine vollendet die Wintermärchen im Jahr 1844. Bei seinem Freund und Verleger Campe in Hamburg soll das Werk erscheinen und zur Veröffentlichung schreib er ihm dazu: Meine neuen Gedichte sind von ganz neuer Art mit viel politischem Inhalt, deswegen soll er versuchen, diese ohne Zensur zu veröffentlichen. Ende September erschienen die Neuen Gedichte bei Hoffmann und Campe, bereits am 4. Oktober wurden sie in Preußen beschlagnahmt, und die übrigen Bundesländer wurden angewiesen, das Werk zu verbieten. Am 12. Dezember 1844 erging dann von König Friedrich Wilhelm IV. sogar die Weisung, Heine beim Grenzübertritt zu verhaften.
Das Ziel des Wintermärchens ist eine Dichtung mit starken politischen Inhalten. Ganz im Gegensatz zu der offiziellen verherrlichenden Dichtung, die in den deutschen Staaten üblich ist.
Beschreibt das Epos zunächst die vorgefundenen sozialen und ideologischen Verhältnisse(die bedrückende politische und geistige Enge), so wird, je länger die Reise andauert, die Einstellung immer hoffnungsloser. Das »neue, bessere Lied« (Kapitel I), das Heine dichten möchte, ist so leicht nicht zu bewerkstelligen.
Welchen Schwierigkeiten sich Heine in seiner kritischen Beschäftigung mit Deutschland ausgesetzt sah, wird durch die Hoffnungslosigkeit ,mit der er die Zukunft Deutschland beurteilt, so groß, daß es ihm nicht gelingt einen Lösungsweg aus diesem Konflikt in seiner Dichtung zu finden.
Zum Inhalt der Wintermärchen:
Heine kommt aus Paris, und schon das erste Kapitel seines Reiseberichtes schildert die Borniertheit und Feindseligkeit der preußischen Beamten bei seinem Grenzübertritt. Sie durchsuchen sein Gepäck nach verbotenem Schriftgut, bevor sie ihn, bestätigt in seiner Auffassung über das deutsche Zensurwesen, weiter nach Aachen ziehen lassen.
Aachen ist für ihn eine Stadt, die für die alten, versteinerten Erinnerungen an Karl d. G. lebt und im romantischen' Mittelalter verharrt. Schnell verlässt der Dichter diesen steifen und verstaubten Ort, begibt sich nach Köln.
Hier erwartet ihn allerdings - angesichts des Domes, wie in Aachen - eine weitere üble Seite der Vergangenheit. Kölns Einwohner geben sich im Gespräch mit dem Reisenden auch nicht freudiger: Nationalgedanke, Franzosenhass und deutschtümelnd - kleinbürgerliches Liedgut stoßen ihn ab. Für seine Ideen und seine Dichtung findet er kein Verständnis und Unterstützung.
Entsetzt flieht der Dichter. Die Reise geht durch den Teutoburger Wald, über Hagen und Paderborn, und in der schaukelnden Postkutsche nickt der Ich-Erzähler ein und findet sich im Traume Barbarossa im Kyffhäuser gegenüber. Der Dichter erzählt dem toten Kaiser von seiner Hoffnung auf Freiheit und ein tolerantes Deutschland. Rotbart beschimpft ihn als Hochverräter, und er erwacht mit sehr gemischten Gefühlen.
Nach Minden und Harburg erreicht er schließlich Hamburg, wo er seine Mutter besuchen möchte. Die aufblühende Stadt bietet keine Alternative zum kleinbürgerlich Rest des Landes. Vorsichtig und pessimistisch entzieht sich der Dichter seiner Mutter, wann immer sie über seine Einstellung zu Gegenwart und Politik zu sprechen beginnt.
Als krönender Abschluss begegnet ihm noch die Schutzgöttin Hamburgs, Hammonia, die ihm die Zukunft Deutschlands offenbart. Er darf am Nachttopf Karls des Großen schnuppern:
Doch dieser deutsche Zukunftsduft
Mocht alles überragen,
Was meine Nase je geahnt -
Ich konnt' es nicht länger ertragen - - -
Absichten und Überzeugungen
Heinrich Heine gehörte in seinen ersten Gedichten der Romantik an, später wechselte er in den Realismus über, so z.B. in den Reisebildern, in denen oft genaue Natur- und Lebensbeschreibungen zu finden sind.
Die Ideen der französischen Revolution, die Freiheit und Gleichheit für alle Menschen wollte, waren sein Leitbild und fanden auch bald Einzug in seine Werke. Er erkannte, dass auch in Deutschland eine Revolution notwendig war, wenn sich diese Ideen dort verwirklichen sollten.
Des weiteren arbeitete er daran, das Deutsch-Französische Verhältnis zu verbessern, was er in seinem Testament von 1851 (als Anlage) als eine seiner Lebensaufgaben bezeichnete.
Die größte Gefahr für die Entwicklung von Deutschland und Frankreich sah er in einem der beiden Staaten. Deswegen kritisierte er immer wieder den Nationalismus und die fortschrittsfeindliche Politik in Deutschland. Dies führte zu Konflikten mit der Zensur. Nach seinem Werk "Zur Geschichte der Religion und Philosophie in Deutschland" wurden seine Werke endgültig vom Deutschen Bundestag verboten.
Gerade dieses Werk legt jedoch da, dass die Ideen einer Revolution in Deutschland schon seit Hegel vorhanden waren. Doch nun wurden von der Obrigkeit alle seine Werke als „getarnte“ politische Stellungsnahmen bezeichnet und verboten. Ein Beispiel dafür ist "Deutschland. Ein Wintermärchen".
Die gesellschaftlichen und politischen Anfeindungen führten dazu, dass Heinrich Heine 1831 nach Paris ins französische Asyl auswanderte.
Heinrich Heine: Caput 1 aus dem Versepos "Deutschland. Ein Wintermärchen."
Das Gedicht hat 19 Strophen zu je vier Zeilen. Die zweite und vierte Strophe reimen sich jeweils (sozusagen ein "Halber Kreuzreim") Ich persönlich halte den Reim für etwas holprig und gewagt. Diese Reimform würde auch zu einen Sprechgesang passen (Text steht im Vordergrund, nicht die Melodie)
Weiters ist kein bestimmtes Versmaß zu erkennen (z.B: Dactylus), Heine bedient sich einer etwas saloppen Sprache. Die verschiedenen Verszeilen sind unterschiedlich lang.
Das Gedicht ist sehr politisch, wird aber durch die vielen übertreibungen und witzigen Verse aufgelockert und macht nicht nur einen ernsten sondern durchaus amüsanten Eindruck. Heine richtet sich im Caput I gegen die eingefrorenen Zustände in Deutschland, dass sich jedoch von politischen Umsturz in Frankreich wenig beeindrucken lässt. Weiters richtet er sich gegen den Adel und die kirchliche Vormachtstellung
Bemerkenswert ist noch, wie es Heinrich Heine versteht, seine Liebe und zugleich seinen Hass zu Deutschland in den Versen verschmelzen zu lassen.
Inhalt:
Der Inhalt wird in 4 Abschnitte gegliedert:
Abschnitt I (Strophen 1-3):
Der Erzähler beschreibt seine eigenen Gefühle. Er scheint stark mit Deutschland verbunden zu sein. Die Stimmung ist trist ("Im traurigen Monat November war's...")
3. Strophe:
Ihm liegt die deutsche Sprache sehr am Herzen: Man merkt, dass er ein Dichter sein muss. Seine eigene Sprache liegt ihm persönlich sehr am herzen und sie rührt ihn zutiefst (Obwohl das Hafenmädchen mit falscher Stimme singt). Er scheint tief mit seiner vermeintlichen Muttersprache verbunden zu sein.
Abschnitt II (Strophen 4-7):
Lied des Harfenmädchens:
Sie singt von einer besseren Welt, die es jedoch nicht hier auf erden gibt sondern im Himmel aus Erlösung wartet. (Die Kirche hat schon immer den Ständestaat verteidigt: Jeder wird in seinen Stand hineingeboren und muss sich seinem gottgewollten Schicksal beugen. Es gibt keine Möglichkeit, in einen höheren Stand aufzusteigen).
Das Harfenmädchen singt nicht seine eigene Meinung sondern die Meinung der Kirche. z.B:
"Sie singt vom irdischen Jammertal"
"Vom Jenseits, wo die Seele schwelgt" (6.Strophe)
Anhand dieser Zitate lässt sich erkennen, dass der Elan, etwas ändern zu wollen, schwindet. Hier wird auch an der Kirche Kritik geübt: Anstatt etwas zu ändern und den Ständestaat abzuschaffen und somit Christi Lehre umzusetzen wird der Ständestaat mit allen Mitteln versucht zu halten.
->heutiger Vorwurf: Die Kirche hält sich aus allen politischen Diskussionen heraus und versucht sich lediglich mit der Regierung zu engagieren anstatt Stellung zu beziehen und der Christlichen Volkspartei eindeutig zu sagen, dass die christliche Lehre nicht mit der Politik der Freiheitlichen Partei zusammenpasst.
"Sie sang das alte Entsagungslied...
Womit man einlullt, wenn es greint,
Das Volk, den großen Lümmel." (7.Strophe)
Im Himmel werdet ihr alle belohnt, bis dahin heißt es aber leider geduldig warten.
8. Strophe: übergangsstrophe: Vorwurf an den Verfasser des Liedes, "sie tranken heimlich Wein und predigten öffentlich Wasser" (8.Strophe)
Abschnitt III (Strophen 9-17):
Das ist die Version H. Heines von einer besseren und gerechteren Welt, er spricht sogar vom Himmelreich auf Erden:
In der 10. Strophe stellt er sein Programm vor:
"Wir wollen auf Erden glücklich sein
und wollen nicht mehr darben;"
Außerdem wirft er den Mächtigen vor, sich auf der ehrlichen Arbeit anderer auszuruhen:
"Verschlemmen soll nicht der faule Bauch,
Was fleißige Hände erwarben."
In den Strophen 11&12 fordert H. Heine nicht nur Brot für alle (Franz. Revolution!!) sondern auch Luxusgüter (Rosen, Mysten, Schönheit, Lust, Zuckererbsen;) wie sie bis jetzt nur die Adeligen haben. Er macht darauf aufmerksam, dass das Volk nicht auf das Himmelreich warten will sondern sich schon hier auf Erden ein erfülltes Leben wünscht. H. Heine ist nicht ganz so rational wie z.B: Karl Marx ("Es gibt keinen Himmel), sondern lässt sich die Möglichkeit, dass der Himmel doch existiert, offen (Strophe 13)
Strophe 15:
" Die Jungfer Europa ist verlobt
Mit dem schönsten Geniusse
Der Freiheit, sie liegen einander im Arm,
Sie schwelgen im ersten Kusse."
Anspielung auf die Französische Revolution 1789 (Gleichheit- Freiheit- Brüderlichkeit)
"Jungfer Europa": Anspielung auf gr. Mythologie (Jungfrau Europa wird von einem Stier entführt).
Strophe 16:
Die Freiheit ist nicht mit der Kirche vereinbar. Doch auch ohne kirchlichen Segen kann die Heirat Europas mit der Freiheit stattfinden.
Die zukünftigen Kinder sind z.B: Gleichberechtigung zw. Mann&Frau
Gleichberechtigung zw. Arm&Reich
Angeglichener Lebensstandard für alle,...
In den Versen 15&16 tritt eindeutig der revolutionäre Geist Heines in den Vordergrund.
Abschnitt IV (Strophen 17-19):
Strophe 17:
Die Hochzeit steht für einen neuen Beginn, also für den Beginn eines Europas der Freiheit.
Sterne: stehen für etwas Gewaltiges/ Erhebendes
die höchste Weihe: normalerweise kirchlich, hier aber ein gewaltiges, erhebendes Gefühl
Strophe 18:
Keine Veränderung kann ohne Aufruhr stattfinden -> Revolution
Eiche: -> Die deutsche Eiche, steht für Standhafigkeit, Beständigkeit, Festigkeit;
Strophe 19:
Mythologisch, legendär: Riese, Zauberkräfte,...
Das sind alles heidnische Urkräfte ≠ Christentum
Mutter: Eigenes Land, Muttersprache; } Er berührt sein eigenes Vaterland, es wachsen ihm neue Kräfte -> nicht aus christlicher Lehre; (vgl. Anfang)
Allgemein:
Besonders auffällig an diesem Gedicht ist die für die damalige Zeit recht ungewohnt offene und kritische Beschreibung der sozialen Zustände Deutschlands sowie der bedrückenden politischen und geistlichen Enge. Gerade zu jener Zeit zogen sich nämlich die meisten Menschen ins Privatleben zurück und wollten von all en Zuständen in der weiten Welt nichts wissen. Heinrich Heine jedoch war einer der wenigen, die nicht mit Kritik sparten und offen über die Missstände in Deutschland sprachen.
Auffallend ist auch, dass Heine zwar nicht wenig Kritik anbringt, jedoch immer seine Liebe zu seinem Vaterland, das ihm das Leben nicht gerade leicht machte, durchschimmert.
Inhaltsangabe:
Nach dreizehn Jahren Exil in Paris besucht der Dichter erstmals wieder Deutschland und reist über Aachen, Köln, Hagen, Unna, den Teutoburger Wald, Minden, Bückeburg und Hannover nach Hamburg, zu seiner Mutter.
Die Jungfer Europa ist verlobt
Mit dem schönen Geniusse
Der Freiheit, sie liegen einander im Arm,
Und schwelgen im ersten Kusse.
Über die Zollkontrolle an der preußischen Staatsgrenze schreibt er:
Beschnüffelten alles, kramten herum
In Hemden, Hosen, Schnupftüchern;
Sie suchten nach Spitzen, nach Bijouterien,
Auch nach verbotenen Büchern.
Ihr Toren, die Ihr im Koffer sucht!
Hier werdet Ihr nichts entdecken!
Die Contrebande, die mit mir reist,
Die habe ich im Kopfe stecken.
Hier hab ich Spitzen, die feiner sind
Als die von Brüssel und Mecheln,
Und pack ich einst meine Spitzen aus,
Sie werden Euch sticheln und hecheln.
[...]
Ein Passagier, der neben mir stand,
Bemerkte mir, ich hätte
jetzt vor mir den preußischen Zollverein,
Die große Douanenkette.
"Der Zollverein" - bemerkte er -
"Wird unser Volkstum begründen,
Er wird das zersplitterte Vaterland
Zu einem Ganzen verbinden.
Er gibt die äußere Einheit uns,
Die sogenannt materielle;
Die geistige Einheit gibt uns die Zensur,
Die wahrhaft ideelle -
Sie gibt die innere Einheit uns,
Die Einheit im Denken und Sinnen;
Ein einiges Deutschland tut uns not,
Einig nach außen und innen."
Auch über die 1842 von König Friedrich Wilhelm IV. eingeführte preußische Uniform macht er sich lustig, denn die Pickelhaube könnte bei Gewitter Blitze anziehen: "Ja, ja, der Helm gefällt mir, er zeugt / Vom allerhöchsten Witze!"
Der Reisende findet, dass die Deutschen sich bedauerlicherweise kaum verändert haben:
Noch immer das hölzern pedantische Volk,
Noch immer ein rechter Winkel
In jeder Bewegung, und im Gesicht
Der eingefrorene Dünkel.
Sie stelzen noch immer so steif herum,
So kerzengrade geschniegelt,
Als hätten sie verschluckt den Stock,
Womit man sie einst geprügelt.
Dass der Kölner Dom unvollendet blieb, freut ihn, denn ein Weiterbau wäre seiner Meinung nach rückwärtsgewandt, eine Huldigung des Mittelalters, wie der Kult um Karl den Großen in Aachen. Der Dichter hofft, dass es so bleibt, verspottet den 1842 gegründeten Zentral-Dombau-Verein und macht sich über die Heiligen Drei Könige lustig, deren Reliquien im Kölner Dom aufbewahrt werden.
Er kritisiert den durch die Restauration erzwungenen Stillstand in Deutschland. Nur in ihren Träumen wagten es die Deutschen, sich Veränderungen auszumalen.
Franzosen und Russen gehört das Land,
Das Meer gehört den Briten,
Wir aber besitzen im Luftreich des Traums
Die Herrschaft unbestritten.
Er selbst träumt während einer Kutschfahrt, dass er Friedrich Barbarossa begegnet, der im Kyffhäuser auf den geeigneten Zeitpunkt wartet, um das alte Kaiserreich wiederzuherstellen. Als der Dichter ihm von der Guillotine und von der Hinrichtung des französischen Königspaares erzählt, reagiert der Kaiser ungehalten.
Herr Rotbart - rief ich laut - du bist
Ein altes Fabelwesen,
Geh, leg dich schlafen, wir werden uns
Auch ohne dich erlösen.
In Hamburg fordert ihn die Stadtgöttin Hammonia auf, das Kissen auf dem Sessel Karls des Großen zu anzuheben ("Du schaust eine runde Öffnung dann"). Neugierig beugt er sich darüber - und riecht den "deutschen Zukunftsduft" ...
Analyse des Caput VII aus Heinrich Heines „Deutschland. Ein Wintermärchen“
Einleitung
„Denk ich an Deutschland in der Nacht, bin ich um den Schlaf gebracht.“ Dieses wohl bekannteste
Zitat Heines bringt die Seelenlage des berühmtesten deutschen Dichters des Vormärz
auf den Punkt. Heine, einer der schärfsten Kritiker der nachnapoleonischen Restauration
des absolutistischen Obrigkeitsstaats in Deutschland, hat sich 1831 ins Pariser Exil geflüchtet,
erhält von der französischen Regierung eine Pension, hat geheiratet, sich mit den Theorien der
Frühsozialisten auseinandergesetzt und zahlreiche Essays über die deutsche und französische
Kultur geschrieben. Aber er hat seit über 12 Jahren seine Familie, vor allem seine Mutter
nicht gesehen und die politische und soziale Lage in den 36 deutschen Einzelstaaten bereitet
ihm Sorge.
So unternimmt er im Herbst 1843 eine Reise nach Hamburg und macht daraus ein Reisebuch,
das sich in Form eines Versepos mit den politischen Zuständen in Deutschland kritisch auseinandersetzt.
Dabei dienen ihm die Etappen seiner Rückreise in umgekehrter Reihenfolge als
Aufhänger für seine Kritik. Das Buch erscheint 1844 und wird sofort verboten.
Köln ist für das lyrische Ich, das hier mit dem Autor gleichzusetzen ist, die erste Übernachtungsetappe
auf deutschem Boden. Hier wird gerade nach 300-jähriger Baupause der gotische
Dom als nationalkonservatives Projekt weitergebaut, für den Freigeist Heine, als Jude geboren,
aus gesellschaftlichen Gründen zum Protestantismus konvertiert, ein Anlass zu einer ausführlichen
und radikalen Kritik an der katholischen Kirche und ihrem prägenden Einfluss auf
die politischen Verhältnisse.
Aufbau und Inhalt
In Caput VII, d.h. im siebenten Kapitel der Reiseerzählung bettet der Erzähler sein Haupt erstmals
wieder auf ein - im Unterschied zur französischen Nackenrolle - weiches Kissen. Die 29
Strophen erzählen die Gedanken des Erzählers vor und nach dem Einschlafen: sein Lob des
„vaterländischen Pfühles“ (1 bis 3), wie er sich die spezifisch „deutsche Seele“ vorstellt (4 bis
7), im Traum als Racheengel durch das nächtliche Köln geht (8 bis 14), in einer Domkapelle
mit einem der Heiligen Drei Könige streitet, ihn und seine beiden Mitkönige als Vertreter des
Aberglaubens zerschmettern lässt und, vom Lärm geweckt, aus seinem Alptraum aufschreckt.
In der Einleitung macht der Erzähler die deutschen Betten - ironisch natürlich! - dafür verantwortlich,
dass die „deutsche Seele“ wenig Bodenhaftung besitze und sich eher im Reich
der Träume zu Hause fühle.
Mit der überzogen emotionalen Apostrophe „O deutsche Seele“ geht Heine auf den nationalen
Topos der Deutschen als Volk der Dichter und Denker sowie der Romantiker ein. Die Deutschen
herrschen ihm zufolge „im Luftreich des Traums“ (Strophe 6), derweil die anderen großen
europäischen Nationen die Erde unter sich aufgeteilt haben.
Nach diesem Exkurs zum Nationalcharakter beginnt der eigentliche Traum, der zum großen
Teil ein Alptraum ist. Bei Mondschein geht er, völlig übermüdet und im Grunde gegen seinen
Willen, durch die Stadt, begleitet von einem düsteren, vermummten Gesellen, seinem aus dem
vorigen Kapitel bekannten alter ego, einer Allegorie der Tat, die all das wirklich tut, was er
bloß denkt.
Wie in einem Herz-Jesu-Bild ist plötzlich das Herz des Dichters eine klaffende Wunde, mit
deren Blut er Türpfosten bestreicht und damit die Bewohner dem Tode überantwortet, was in
dieser surrealen Traumwelt durch das sofortige Erklingen der Totenglocke bestätigt wird. Es
ist nicht ganz klar, warum diese Todesurteile ausgesprochen und wie sie vollzogen werden. Es
ist aber anzunehmen, dass sich der Dichter an seinen Feinden rächt, die er für sein Exil verantwortlich
macht. Und es sieht so aus, als ob die düstere wilde Jagd am Himmel (Strophe 13)
und die Erwähnung der „dunkle[n] Gestalt“ mit ihrem „verborgenen Beile“ in Strophe 14 für
den Vollzug in Frage kommen.
In der 15. Strophe betreten der Erzähler und sein Schatten den Kölner Dom, gehen durch die
Düsternis bis zum einzigen hellen Ort, zu der von zahllosen Kerzen erleuchteten Drei-Königs-
Kapelle. Die Kerzen zeigen die große Bedeutung der Reliquien für die Volksfrömmigkeit.
Wieder wechselt die Szene ins Surreale. Denn die Heiligen Drei Könige sitzen auf ihren
Schreinen wie Könige auf ihrem Thron, ausgestattet mit den Insignien ihrer Macht. Der Dichter
beschreibt sie verächtlich als „Totengerippe“ und nach Moder riechende „Hampelmänner“.
Einer der Könige verlangt als Toter, König und Heiliger Respektsbezeugungen, erntet aber
nur den Spott des Dichters, der die Kirchenschätze, namentlich den sehr wertvollen Schmuck
des Reliquiars weltlichen, d.h. wohl sozialen Zwecken zuführen und den Dom zu einem
Pferdestall für „der Zukunft fröhliche Kavallerie“ umwidmen möchte. Wie gesagt, so getan.
Sein Begleiter und Exekutor zerschmettert die „Skelette des Aberglaubens“ (Strophe 26).
Nicht ganz einfach zu deuten ist die letzte Strophe. Fest steht, dass der Schläfer durch den
Lärm der Schläge aus seinem Alptraum gerissen wird. Dass zugleich „Blutströme aus [s]einer
Brust (schossen)“ kann vielleicht so gedeutet werden, dass das lyrische Ich wirklich selbst
zerrissen ist. Es will zwar einerseits, als Utilitarist, die Kirchenschätze „sinnvoll“ nutzen,
empfindet aber andererseits, dass die Zerstörung von Kunstschätzen und nationalem Erbe
auch die eigene Identität tangiert.
Metrum
Ich ging nach Haus und schlief, als ob
Die Engel gewiegt mich hätten.
Man ruht in deutschen Betten so weich,
Denn das sind Federbetten.
Gleich die erste Strophe ist ein typisches Beispiel für den leichten, meist locker-beschwingten
Heine-Ton. Die Quartette besitzen das Reimschema abcd, wobei der erste und dritte Vers vier
Hebungen und reimlose männliche Kadenz haben, die dreihebigen Verse 2 und 4 jedoch
durch klingenden Reim verbunden sind (weibliche Kadenz). In der 1. Strophe liegt ein reiner
phonetischer Reim vor, häufig gibt es auch unreine Reime (z.B. Pfühles / Exiles in Str. 2) Der
Satzbau ist einfach und parataktisch (hier drei Hauptsätze und ein Nebensatz), die Versgrenzen
werden häufig durch Enjambement überspielt, das Metrum ist steigend, wechselt aber frei
zwischen Jambus und Anapäst. So bildet der Vergleichssatz „als ob / die Engel gewiegt mich
hätten“ durch den Anapäst den Vorgang des In-den-Schlaf-Wiegens metrisch nach.
Die Wahl dieser Strophenform gewährt nicht nur große Variabilität, sondern ist vor allem
auch dem Adressaten von Heines politischer Lyrik, dem einfachen Volk angemessen. Einzelne
Verse kann man sich leicht merken.
Stilmittel
Ironie im Wechsel mit expressiv düsteren Passagen nach dem Modell der gothic novel
Provokation: pejorative und lächerliche Darstellung der Hl. Drei Könige als Blasphemie
Alle weiteren Stilmittel sind den o. g. zuordenbar und haben im Wesentliche nur unterstützenden
Charakter
Oxymoron
Antithese
Metapher
Anspielungen (Auszug aus Ägypten, Erlkönig)
Euphemismus („mit Kolben lausen“ für erschlagen)
Klimax
Polysyndeton (Str. 16: „Nur Tod und Nacht und Schweigen“)
Apostrophe („O deutsche Seele!“) und Exclamatio („O Wunder“)
Mindestens zwei bedeutsame (nicht irgendwelche!) Passagen sollten stilistisch zusammenhängend
analysiert werden, z.B.:
Im zweiten Quartett greift Heine das Sehnsuchtsmotiv der Romantik auf, ironisiert es aber
sofort durch das recht banale Objekt der Sehnsucht, ein Kopfkissen. Dieser Gegensatz wischen
Pathos und Banalität prägt auch das Oxymoron „des vaterländischen Pfühles“. Schon
der Genitiv wirkt hier komisch, noch seltsamer ist jedoch die Verbindung zwischen Vaterland
und Kissen, durch das weiche Schlafutensil wird der Begriff Vaterland entheroisiert. Das vaterländische
Pathos bekommt etwas Schlafmütziges, im Gegensatz dazu wird der Entbehrungen
gewohnte, schlaflose Exilant aufgewertet.
In Strophe 23 fordert in einer wieder sehr surrealen Szene einer der Heiligen Drei Könige, als
prunkvoll ausstaffiertes Totengerippe auf seinem Reliquienschrein thronend, dass ihm der
Dichter ehrerbietig begegne. Die in distanzierender indirekter Rede wiedergegebene Begründung
„Zuerst, weil er ein Toter sei, / Und zweitens, weil er ein König, / Und drittens, weil er
ein Heil'ger sei“ ist eine Klimax, verstärkt durch Aufzählung, den Parallelismus von drei
Kausalsätzen sowie die Tatsache, dass jeder Grund genau eine Verszeile einnimmt, damit
durch eine kleine Pause und die Konjunktion „und“ (Polysyndeton!) eine gewisse feierliche
Geschlossenheit aufweist. Es folgt eine längere, durch einen Gedankenstrich bezeichnete
Spannungspause, bevor wie ein Paukenschlag die Reaktion des Erzählers kommt: „Das alles
rührte mich wenig.“ Der pathetisch vorgebrachte Anspruch auf Respekt trifft auf gleichgültige
Respektlosigkeit und wird anschließend verlacht. Damit liegt eine doppelte Antithetik vor:
Erstens der Gegensatz zwischen äußerem Prunk und innerem Verfall, zweitens der Gegensatz
von Geltungsanspruch und Hohn. Damit ist der Absolutismus rhetorisch erledigt, noch bevor
er mit dem Beil „zerschmettert“ wird, ein wiederum sehr symbolischer Akt!
Thematischer Zusammenhang und politische Position (siehe Schema)
- Pazifismus: Europagedanke und deutsch-französische Verständigung
- Kapitalismuskritik: Soziale Gerechtigkeit und materielle Grundsicherung
- Toleranz und religiöse Indifferenz
- Gespaltenes Verhältnis zu Deutschland (Hass und kritische Distanz vs. Heimatverbundenheit
und Verfassungspatriotismus)
- Lebenskunst (Epikureismus)
- Abgrenzung zu Burschenschaften und zum Jungen Deutschland
- er wurde wegen kritischer Literatur des Landes verwiesen
- bezeugt seine Liebe zu Deutschland und dass er nur das Beste für
Deutschland möchte
- versichert, dass er nicht auf Seiten der Franzosen ist, dass er zwar nichts gegen
sie hat solange sie vernünftig und gut sind, aber ihnen trotzdem z.B "niemals
den Rhein abtreten werde"
- er hasst die "gesinnungslosen Wichte" die seinen guten Leumund in der öfftl.
Meinung herabwürdigen wollen und dabei die Maske des Patriotismus, der
Religion und Moral benutzen
- klagt über die Presse, vergleicht sie mit "Schufterle", der an der Spitze von
Strauchdieben, die er in den böhmischen Wäldern der Tagespresse ihr (Un)Wesen
treiben sieht
Gedicht:
- Erzählperson kommt nach Deutschland und stellt fest wie sehr er alles vermisst hat
- Harfenmädchen: singt vom Leid auf Erden -> Jammertal und von den Wonnen des Jenseits
- Entsagungslied ist dazu da das Volk wenn es greint einzulullen -> Verhinderung von
Aufständen/Revolutionen
- Verfasser beschuldigt Regierung dem Volk Versprechungen zu machen, aber eigentlich nur
ihre eigene Macht stärken wollen ( trinken heimlich Wein und predigen Wasser )
- Erzähler möchte dem Volk ein besseres Lied bringen, er will auf Erden ein Himmelreich,
die Grundherrschaft abschaffen und jedem ein besseres leben geben zu können
Der Kampf um die Demokratie mit den Waffen des Literaten
Wintermärchen - wer denkt bei diesem Wort nicht an Landschaften wie mit Puderzucker bestreut, Spuren im glitzernden Schnee und eine Tasse heißen Tee am prasselnden Kaminfeuer? Heinrich Heines Versepos Deutschland. Ein Wintermärchen hat allerdings mit solcher Romantik nichts zu tun. Das Land, das der Erzähler bereist, ist vielmehr während einer politischen Eiszeit in geistiger Unbeweglichkeit erstarrt, geprägt von Unfreiheit und Unterdrückung. Statt die Zukunft zu gestalten, wird die Vergangenheit verklärt. Mit diesen deutschen Zuständen setzt sich der Erzähler in Beobachtungen, Assoziationen und Träumen auseinander. Der überzeugte, ja radikale Demokrat Heine, zu dessen Freundeskreis im Pariser Exil auch Karl Marx gehörte, übt beißende Kritik und entwirft die Utopie einer besseren Zukunft für kommende Generationen. Heines Werk ist stark zeitgebunden; wer die Satire verstehen will, muss zumindest eine ungefähre Vorstellung von den politischen Gegebenheiten der damaligen Zeit haben, sonst bleiben viele Bilder und Anspielungen unverständlich. Aber anders als andere politische Satiren hat Heines bissige Versdichtung auch überzeitliche literarische Qualität und bereitet darum auch heute noch großes Lesevergnügen.