Ergobbiasc und P<rtapoktivcu
Nachdcm nlso dic Priigung von Gold- und Silbcrmiinzon in Manching ais nuchgewioscn angeschcn wcrden kann. ergibt sich dic Fragc, wor dic Auspriigung dort bosorgt liut. Wir habcn uns daran gewohnt, Manching ais den Hauptort der Vindelikcr anzuschen. Dic Vin-delikcr sind der groBtc fur Suddeutschland uberlieferte kcltische Stuiniiiesvcrbund, und Manching war hier das groBtc und volkreichste bisher bekunnte Oppiduin. So schicn es voll bercchtigt, Manching ais yindclikisches Oppiduin zu bczeichnen. Durcb die neuc Ansicht vom Endc der Stufe Latene DI und dainit auch Manchings bercits urn 50 v. Chr. oder sogar noch ctwas friiher ist jedoch dic zunachst einfache Gleichung komplizierter gcwordcn. Die nicht wenigen antiken Hinwcise auf die Yindcliker stammen namlich ulle friihcstcns aus der Zeit des Augustus, d.h. aus der Zeit nach dcm angenominenen, mchr oder minder gro-Ben Besiedlungswandel. Mit die altestc Nennung der Vindelikcr finden wir auf dcm 7/6 v. Chr. errichtcten Tropaeum Alpium beim heutigen La Turbie11, dessen Text uns vollstan-dig Plinius d. A. iiberliefert hat14. Auch Horaz15 erwahnt sie in seinen Carmina, in denen cr die Erfolge der kaiserlichen Prinzen Drusus und Tiberius im Alpenfeldzug 15 v. Chr. feiert. Schon aus den Jahrcn nach der Zeitenwende stammt die Beschrcibung des Alpengebietes und des Voralpcnlandes durch den Geographen Strabon (ca. 63 v. Chr.“19 n. Chr.)16, nach der die Vindeliker ais Nachbarn der Raeter17, Helveticr und Boier im Yoralpenland siedel-ten. Es wird vermutet, daB hierbei auch altere Verhaltnisse, wohl vor der Mitte des 1. Jahr-hunderts v. Chr., angesprochen sind. Nach allem miissen die Yindeliker ein volkreicher Stamm gewesen sein, der sich in mehrere Untergruppen (gentes) gegliedert hatte. Der spate-re Name der raetischen Provinzhauptstadt Augusta Yindelicum18 (Augsburg) fuhrt wohl in den westlichen Tcil des Siedlungsgebietes, die Angabe des Geographen Ptolemaeus (gest. 160 n. Chr.)19, daB Boiodurum (Passau) im Gebiet der Yindeliker liege, mogbcherwei-
u J. Formigć, Le Tropbćc do Al po (La Turbie). Galii n Suppl. 2 (1949). — N. Lamboglia, Lc Trophec d’Auguste i la Turbie* (1964).
M Pliniui, Nat. but. 3.133 ff.
u Horatiu*. Carmina 4.4,17ff. und 4,14 nach L. Voit. Raetia Latina (1959) II d/e.
** Strabon. Ceographira IV, 3,3 und IV, 6,8; łiche auch L. Voit, Raetia Latina (1959) I o. ~ Vgl. hierzu die Bcmcrkun-gen von W. Kramer, Cambodunumfonchungen 1953-1. Matrrialh. Baycr. Yorgcaoh. 9 (1957) 117-119.
IT O. Mcughin, Die Riiter in Tirol, Jabrb. Schwcii. Ce*. Urgełch. 55,1970,141 -147.
11 Kii. Dieta, Die roinitchen und friihmittelalterlichen Nomen Augsburg*. Foracliungcn zur provinzialrbmischcn Ar-cliaolugir in Bayeriub-Schwalien (1985) 79-115; Dietz wcl*t auf S. 112 darauf hin, daB boi den Grabatcincn der oquitcs •ingulare* in Ruin zwar da* Ethnikum Kaetu*, nic aber ein *olclic* Vindelicua yorkommt. Darau* cine SchluBfolgerung zu zirhrn, encheint ihm derzcil npeli nicht iniiglirh. AU Eigennainc begegnet Vindelicu* in gcogrnphi*chcr Nnmongobung ver-nrhicdrntlick: F. Yollinrr, ln*enptioin-» Baivariac Rnniauae (1915) 90 (Epfacli), 114 (Regensburg); 509 (Dipluin Goisolprcch-ting);M. M. Roxan, Roman Military Diploma* 1954 ' 77. Ind. Arch. Occa*ionnl 1'ublication 2 (London 1978) 44 Nr. 14.
" Claudiu* Ptolemaru*. Geogr. 2, 12. 5 und 8. 7. 4. - O. Cuntz, Dic Geographic dr* Ptolemaeus. Gulliac, Germanio, Raetia, Noricuin, Pannoniar, IUyriruui. Italia. Handtcbriftru, Tezl und l'ntcr*ueliuiig (1923). — Dietz u.u.O. (Anin. 18) 100 (T 51).
bc uii dessen Ostrand. Duch sind die Hinweise in ihrcn Aussagen diirftig und bewciscn sicher nur, daB dic Vindciikcr z. Z. des Augustus im Voralpenland sicdcltcn. Ein untcrgegangcnes VoIk łiiittc mail niciil oline Nachtcil fur die kaiserliche Propaganda auf das Siegesdenkmal sctzeii kdnnen; es hattc auch kaum namengebend fur die Provinzhauptstadt gewirkt. Fiir dic Zeit, in der dic kellischen Miinzen bci uns gepragt wurden, und fur die Frage cines Be-vdlkerungswandcls im 1. Juhrhundcrt v. Chr. sagt aber dics alles nicht vicl. So bleiben die Vindclikcr der einzige Stamm, der vieilcicht fur die Population von Manching und damit fur dic Pragung von Regenbogenschiissclchen in Frage kommen konnte.
Damit blcibt offen, wer die Pragung der Miinzen besorgt hat. Manching, wo Miinzpra-gung stalIland. war ein Oppidum mit wahrscheiniich zeitweise bis zu 5000 Bewohnern. So ein Gcmeinwesen kann ohne Organisation nicht funktionieren. Und in der Tat haben die bisherigen Ausgrabungen Anzeichen einer gewissen Organisation und regionalen Arbeits-teilung erkennen lassen20. Der schlagendste Beweis fiir eine organisierende Autoritat ist aber der Bau des Murus gallicus, sein Umbau zu einer Pfostenschlitzmauer und der Unter-halt und Betrieb der Bcfestigung21. W. Kramer hat festgestellt, daB fiir den Bau der iiber 7 km langen Mauer dic Jurakalksteine aus ca. 30 km Entfernung herangeschafft und fiir das Rahmcnwerk „das Holz ganzer Walder verbaut“ worden waren22. Die langen gro Ben Nagel fiir die Festigung der Holzkonstruktion bedingtcn Eisenmengen, wie „sic bis dahin wohl nie auf cinmal verhiittel worden waren“. Von wem aber diese leitende Funktion in Manching ausgeiibt wurde, dafiir erbrachten die bisherigen Ausgrabungen keine Anzeichen. Al-lenfalls Spuren der fiihrcnden Schicht kann man in den Weinamphoren aus Italien und den importierten TrinkgcfaBen aus Bronze und Millefiori-Glas sehen . Hinweise auf furstlichcn Luxus liegen bisher nicht vor. Die zentrale Gewalt konnte analog Caesars Berichten fiir den gallischen Krieg von Stammesfiirsten aus den fiihrenden Familien, viellcicht auch von einer Priesterkastc oder sogar von einer Familiengruppc oder Sippe ausgeiibt worden sein24. Auch die Miinzpragung in und um Manching muB in diese Organisation einbezogen gewe-sen sein. Abgesehen von der EdelmctallbeschafTung verrat das erstaunlich gleichmaBige Gewicht der Rcgenbogenschiisselchen eine lenkende Hand. Auch wird sich der „Herr“ von Manching die Stiitzung seiner Macht durch die Yerfiigung iiber die Miinze nicht entgehen
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