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74 GKlirPE Vi.

Das Probierń liisst sieli also in folgender Weise formulieren. Wollen wir nicht die sehwer z u leugnende Yerwandtsehaft zwisehen den La Tene-Fibeln und den Fibeln mit umgeschlagenem Fuss auf-geben und sie ais cinen reinen Zufall erklliren, so kann die Entwick-lung der lelzteren aus den ersteren wohl nur in Siidrussland vor sieli gegangen sein; denn aus Nordeuropa, bez w. aus den Donaulandern v:issen wir, dass dort zwisehen beiden Gruppen eine Zeit von etwa zwei Jahrtmnderten liegt, aber wir wissen gar nicht, welebe Art von Kultur in Siidrussland die naehste Yorlauferin der germanischen war; der die Fibeln m. u, F. angehóren, und es ist also wohl moglich, dass jene eine La Tfcne-Kultur war.

Aber mich wenn es sieh zeigen wiirde, dass eine solehe daselbst niemals geiierrseht hat., so ist es immerhin nicht unwahrscheinlieii, dass die fraglichen Fibeln bei den sudrussischen Germanen entstan-den sind, weil hier, wie wir gleich sehen werden, die ganze Entwick-lungsreihe von den eingliederigen Formen Fig. 156, 156 a dureh die Mittelstufe Fig. 157 zu der Form Fig. 161 vorliegt, wahrend in Nordeuropa die Formen Fig. 158 und 161 ganz unvermittelt und scharf einander entgegenstelien; und eine umgekehrte Entwicklungs-ordnung ist kaum denkbar. Fig. 161 wird dann der Ausgang fur alle nordeuropaischen Weiterentwicklungen.

Eine endgtiltige Losung der hier gestellten Fragen kdnuen nur die russisehen Alterthumsforscher bringen dureh systematische Unter-suchung der germanisclien Fundplatze Siidrusslands sowie dureh Naeh-spurung einer etwaigen der germanischen unmittelbar vorausgehenden La Tene-Kultur.

Die verschiedenen Formen und ihre lokale yerbreitung1.

a) Eingliederige Formen mit oberer Schnę (cgl. Beilage I, 28).

Ais die alteste Form der ganzen vorliegenden Gruppe haben wir schon die sudrussische Fibel Fig. 156 a bezeicknet. Dieselbe ist aus rundem Draht hergestellt; das Fussende ist etwas abgerundet. Bei anderen stidrussischen Exemplaren ist der Fuss breit und flach wie bei Fig. 156—157 und bildet dann oft am Ende eine sehr sebarfe Falte. Die Drahtumwickiung setzt sieh bisweilen iiber den ganzen oberen Theil des Biigels fort, Fig. 156; dabei kdnnen abweeliselnd mit den gewohnlichen auch kunstvoliere Windungen yorkommen1).

worben hat, die in den Beilagen mehrfaeh citiert ist, hat erzahlt, mit welchcr roitleidigen Verachtung der Kertseher Antikenhandier ihn ansah, dass er solehe wertlosen Dinge semen griechiselien Schatzen vorzog; mit welehen Augen wiirde ein solcher Handler erst eine eiserne La Tćne-Fibel betrachten!

’) Diese bei den sudrussischen ziemlich oft yorkommende timwicklung des ganzen Bogens ist auch vereinzelt bei nordeuropaischen Esemplaren zu finden;

GRUPPE VI.    75

Die hierherhorigen Exemplare sind fast immer aus Bronze; indessen liegen aus Kertseh einige goldene vor.

Den jetzt besprochenen Fibeln, besonders der Fig. 156 a sleht sehr nahe die Form Fig*. 158. Auch diese ist fast drahtfdrrnig, aber Fuss und Nadelfalz sind parallel und bilden nur eine ziemlieh schmale Óffnung. Diese Form ist mir nicht aus Siidrussiand. ebensowenig wie Fig. 156, 156 a aus westlieheren Gegenden bekannt; der typologische Zusammenhang ist jedoch so klar, dass man von kunftigen Funden die Feststellung auch eines lokalen Zusammenhanges der Formen er-warten muss, wie dieser fur die folgende Serie schon vorliegt. — Es kommen auch Exempiare vor, die sonst der Fig. 158 sehr ahneln, aber einen Aachen, gegen das Ende sieh verbreiternden und dort quer abschliessenden Fuss haben, s. Langerhan, Taf. II, 10 und 0 a; diese Fussform hangt offenbar mit der bei den sudrussischen Fibeln wie Fig. 156—157 sehr oft vorkommenden zusammen, obwohl bei der jetzt behandelten die Óffnung zwisehen Fuss und Nadelfalz nur noch ein ganz unseheinbarer Schlitz ist. Eine andere Nebenform stcllt Fig. 159 dar; hier ist der ganze Biigel flach und breit, und der Fuss hat seine grbsste Breite nicht am Ende, sondern etwas hoher.

Diese Formen, Fig. 158—159 u, dhnL, sind erstens ziemlieh haufig in Ungarn2), sie sind auch in Garnuntum nicht gerade seiten, aber westlieher finden sie sieh auf provinzialroinischem Gebiete nur ganz vereinzelt {bei Salzburg und Regensburg, in Hessen und sogar in West-trankreich, bei Dijon).

Ihr eigentliehes Fundgebiet liegt dagegen nordlich. In Galizien, Polen und Bobmen kommen sie vor, recht hSufig doch erst in Ost-deutschland, in Schlesien3), im Reg.-Bezirk Frankfurt a/0. und mOst-preussen; sonderbareweise scheinen sie in Westpreussen noeh zu fehlen, wo die Armbrustfibeln m. u. F. so gewohnlich sind. In den genannten Gegenden sind sie viel ofter aus Eisen ais aus Bronze ge-macht; in den Sackrauer Funden sind dagegen silberne und goldene Esemplare vorhanden. Westlieher sind sie eigentlich nur im Konig-reich Sachsen gefunden (2 Ex.); jedoch gehoren auch vielleicht eine aus der Provinz Sachsen und wahrscheinlich eine aus West faleń hier-

s. Beflage X. 28 unter Bohmen und Provinz Sachsen. Eine ornamentale Nach-abnMing der I7m.vicklung zeigt offenbar Fuj. 171; Fibeln mit derartiger Vcrzie-rang des Bogens sind nicht gerade seiten.

?) Hier hat sieh auch eine anderswo nicht vertretene Lokalform, Fuj. 166. eniwickelt, die sieh dureh Belag von glatteu und geperlten Drahten auszeic.hnet ond ofters aus Silber ist,

s) In Schlesien sind diese Formen viel baufiger ais andere Fibeln m. u. F. Die oben erwfihnte Variante mit breit abschliessendem Fuss ist mir nur aus Schlesien bekannt (2 Ex.).


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