Gleich dem Mannę sollte auch die Frau schlank wirken, und so reichten die langen Kleider wie zur Zeit der Gotik bis zum Boden. An die Taille, das ,Leib= stuck', wurde ein vorn offenstehender Schlepprock genaht, der Manteau. Hin= ten und an den vorderen Saumen raffte man den Oberrock, so dafi der zweite Rock, Jupe, zum Vorschein kam. Die Aufheftungen stiitzten hinten ein Gestell, die erste ,Tormire' der Geschichte.
Der reichgeschmiickte, gefiitterte Manteau war eines der prachtvollsten Klei= dungsstiicke aus schwerem Atlas oder Samt. Daheim legte ihn die Frau ab und schliipfte in ein beąuemes, lose sitzendes Oberkleid, die spatere Contouche (428). Das Materiał des Rockes war ein reichgemusterter oder einfarbiger Stoff, den waagrechte Falbalas (426) schmiickten. Die Taille, das schon erwahnte ,Leibstiick', wurde iiber einem gestickten Brustlatz zusammengeschniirt (425, 426). Die Armel reichten nur bis zum Ellbogen, wo sie den Spitzenbesatz des Hemdes wie kleine flatternde Spitzenstreifen, die Engageantes, sehen liefien. Der Ausschnitt entblofite zum ersten Mai seit dem Altertum einen Teil der Arme, aber dafiir steckte die Frau in einem engen Korsett. Ein etwa halbmeter= langes Blankscheid aus Stahl bildete vorn eine senkrechte Linie von der Brust bis iiber den Unterleib. So eingeschniirt erhielt die Figur das Unbewegliche und Steife, das so gut zu dem abgezirkelten Zeremoniell der ganzen Zeit pafite und zu dem Hof, an dem verlangt wurde, Stunden und Stunden lang zu stehen. Die Fontange soli nach Mademoiselle Fontange benannt worden sein, die bei einer Jagdpartie ihr aufgehendes Haar mit ihrem schleifen= und spitzenbesetz= ten Strumpfband festgebunden hat. Ihr koniglicher Liebhaber war begeistert, und die anderen Hofdamen ahmten den neuen Schmuck sofort nach. Etwa 1685 mufi das gewesen sein, denn von diesem Jahr an wurde die Fontange getragen, bis sie um 1715 in Yergessenheit geriet.
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