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/ .DIE LITERATUR DER JUSTINIAJ^ISaHEN ZEIT 91

ein jeder hieruber, sei er Priester oder Laie, so, wie er es zu wissen glaubt.” 30. Die Aussage laBt meines Erachtens keinen Raum fur Yersuche, Prokop fur die Orthodoxie in Anspruch zu nehmen 31; sein Christentum miuidet yielmehr in einem farblosen Monotheismus ein, der vom philo-sophischen Skeptizismus nicht weit entfernt liegt. Doch genauso wie Tribonian yermochte aueh Prokop seine personlichen Auffassungen im Dienste der imperialen Politik zuruckzustellen, und fur diese waren beide Manner kraft ihrer aus der klassischen Tradition erwachsenen Sach-kenntnis unentbehrliche Mitgestalter.

Fiigt man hinzu, daB der Fortsetzer des Prokopianischen Geschichts-werkes, Agathias von Myrina — wir erwalmten ihn bereits ais Kompilator einer Anthologie von Epigrammen—, sieli in seiner weltanschaulichen EinstcUung von Prokop grundsatzlich nicht unterschied32, so erhebt sich im Grunde dieFrage, ob denn Justinian die Stiitzen seines Restaurationswerkes ausschlieBlich in Kraften fand, die der christlichen Religion, wenn nicht mit Reserve, so doch gleichgultig gegenuberstanden. Das ist naturlich nicht der Fali, dcnn kein Staatsmann jener Epoche hatte die Massenor-ganisation, welche die Kirche darstellte, mit ihren ungeheuren Móglich-keiten ideologischer Beeinflussung bei irgendwelchen Aktionen beiseite-rucken und sich stattdessen lediglich auf die relativ kleine Zahl derer stutzen konnen, die der antiken Bildungstradition verbunden waren; im Gegenteil wuBte sich der Realpolitiker Justinian auch der dafur geeig-neten geistlichen Kader ais Lobredner und Helfer seiner restaurativen Politik mit Erfolg zu bedienen.

Agapetos, Diakon an der Hagia Sophia und angeblicher Lehrer des Kaisers, verółTenthchte am 13eginn von dessen Regierung 33 einen Furstenspiegel unter dem Titel ’'ExS£atę x£cpa?i1odcov 7*:apat.vETtxćóv 34 der aus Isokrates, der Yulgarphilosophie und der Bibel gleichermaBen gespeist ist. Die schliclite Schrift hat dank auch dem Umstande, daB sie Gegenstand des Jugendunterrichts wurde, weit gewirkt. Wie nun yerhielt sie sich zu der politischen Linie des Kaisers? Gleich im Anfang wird dessen Gottesgnadentum kerausgekehrt : „Du hast, Kaiser, einen Rang, der alle Ehre libersteigt; elire darum Gott, der dich dieses Ranges wurdigte, indem er dir zum Abbild des himmlischen Kónigtums das Zepter der irdischen Macht verlieh !” 35. Die eigene Zeit aber kennzeiehnet der Autor ais Erfiillung sowohl Platonisclier ais auch biblischer Erwartun-gen : “In un«erer Gegenwart wurde die Zeit gliickseligen Lebens siehtbar, die einer der Alten”, eben Platon, “yoraussagte, daB sie kommen werde, wenn entweder die Philosphen zur Herrschaft óder die Herrscher zur Philosophie gelangen wiirden. Wenn aber die Licbe zur Weisheit die

30    Der grieclnsclie Text Dc beli 5. 3, 5 ff. (Procopius Caesariensis, Opera omnia, recogn, Jacobus Hanry. 2, Ed. ster. corr. [Gerhard WirthJ. Leipzig 1903, 15 f.). Die Stelle mter-pretiert im gleielien Sinne Will Durant, Das Zcilallcr des (ilaubcns, deutsch von Ernst Schneider Bern, 1952, 147.

31    So etwa Yeli, a a O., 2G8 f , oder M. Folkerts in ; Der Kleine Pauly, 4, 1972, 1108.

32    Innsclicr in * Tagung fur allgcmcinc Rchgionsgcschichle 11)63. Sonderlieft der Wissen-schaftliclien Zeitschrift der Friedricli-Scliiller-Universitat Jena, 1964, 47 ff.

33    So A. Lippold in : Der Kleine Pauly, 1, 1981, 114.

34    J. P. Mignę, Paliologiac cursus complclus, Series Graeca, 56, Paris 1860, 1163 ff.

30 Griechisch bei Mignę, a.a.O. 1161.



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