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17 Religiose Kunst in Bulgarien 43

Holzschneidekunst bestens vertraut und hat ihr inhaltlich wie formal neue Impulse gegeben. Entsprechend der allgemeinen Zeitauffassung beziehen sich seine Arbeiten mehr auf historische Reminiszenzen und topographische Wiedergaben mit religiósem Hintergrund, ais das von religiósem Schaffen im eigentlichen Sinne gesprochen werden konnte. Beispiele sind der 1924 entstandene Linolschnitt “Erinnerung an das Rila-Kloster” oder die 1927 in Holz geschnittene “Nikolaus-Kirche in Samokov.” Diesem Geist entsprechen auch die 1946 entstandenen Holzschnitte “Aus dem Leben des HI. Ivan von Rila” oder das “Jubilaumsblatt zur Tausendjahrfeier des Rila-Klosters.”⁵² Mit diesen Blattern aus der Nachkriegszeit hat er wesentlich dazu beigetragen, um nach dem Umsturz vom 9. September 1944 das Verstandnis fur den kirchlichen und religiósen Bereich ais Bestandteil der historisch gewachsenen bulgarischen Nationalkultur nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Mehr noch, die Arbeiten wirken wie ein personliches Bekenntnis des in der Tradition seiner Heimat verwurzelten Kiinstlers und ais beschworende Mahnung gegeniiber antireligiosen Aktionen, die damals mit der sozialistischen Umgestaltung des Landes einhergingen. Man wird an die Worte Paisijs vom Uberdauem des Rila-Klosters erinnert - verbunden mit der Aufforderung, dem Nationalheiligtum die Unterstutzung nicht zu versagen⁵³. Ahnlich wie bei den Stampi der Wiedergeburtszeit ist auch hier neben dem allgemeinen und durchaus legitimen historischen Interesse eine zweite Bedeutungsschicht nicht zu iibersehen.

Eine traditionsbewuBte historische Orientierung nahm auch die offizielle Kulturpohtik von Partei und Staat in Bulgarien fur sich in Anspruch - wenn auch in einer einseitigen Ausrichtung, die einer eigentlichen religiosen Gunst in der Ara des Stalin-Shdanowschen sozialistischen Realismus keine Moglichkeiten einraumen wollte und diese auch spater nur bedingt und mit Einschrankungen gelten lieJ3. Dennoch waren eng mit der Geschichte verbundene Themen aus dem Bereich von Glauben und Kirche samt dereń Geschichte, wie das der Bogomilen, wiederholt Gegenstand kiinstlerischer Gestaltung. So hat z.B. Vasil Evtimov eine ausdrucksstarke Bogomilenpredigt in Mischtechnik geschaffen⁵⁴. Wahrend dort mit beredter Ges tik die Auseinandersetzung zwischen dem Laienprediger und dem Vertreter der Kirche stattfindet, hat Violeta Griviska-Taneva in dem 1985/86 entstandenen Farblinolschnitt “Die mósische Bogomilengemeinde” das Ideał urchristlichen Zusammenlebens auszudriicken yersucht⁵⁵ und Penco Kulekov fuhrt in einem Ton-Linolschnitt das harte ungewisse Schicksal an Ketten geschmiedeter Bogomilen vor Augen, die in die Gefangenschaft getrieben werden⁵⁶. Dieser sozial- und gesellschaftskritische Vorwurf entsprach durchaus offiziellen Vorstellungen, ebenso wie das Bild von dem fiir die Bewegung der nationalen Wiedergeburt wichtigen Mónch Paisij vom Chilandar-Kloster, den Toma Varbanov 1972 in einem dekorativ aufgefaBten, auf monumentale Wirkung berechneten Gemalde festgehalten hat⁵⁷.

⁵⁵ Vassil Sachariew, a.a.O., Abbn. 4, 10, 26, 27, 29.

⁵³    Paissi von Chilandar, a.a.O., S. 89.

⁵⁴    Slg. F. Ficker.

⁵⁵    Ibidem.

⁵⁴ Ibidem.

⁵⁷ Bulgarische Bildende Kunst der Gegenwart. Sofia 1982, Abb. 711.