3 Religióse Kunst in Bulgarien 29
bulgarische Ikonenmalerei nicht ohne diese Formenwanderung ais Teil einer Neuorientierung zu denken. Eines der schónsten Beispiele ist eine Darstellung Christi ais Hoher Priester vom Jahre 1797 aus der Erzbischofskirche in Samokov auf einem reich verzierten barocken Thron8. Aus der Samokover Schule stammt auch der 1813 von Christo Dimitrov gemalte Erzengel Michael mit einem barocken Prunkpanzer9. Selbst auf den vielfach eher bescheiden handwerklich anmutenden Ikonen aus dem Strandśa-Gebiet finden sich diese spatbarocken Formen, wie an den Thronwiedergaben der Gottesmutter von 1818 aus Malko Tamovo oder von 1812 aus Braźljan10. In der engen Wechselwirkung konnte sich damit zugleich iiber die Verwendung weltlicher Motive und die von Westeuropa her bestimmte neue allgemeinmenschliche Betrachtung und Darstellung der Heiligen eine eigene profane Kunst entfalten und nach den anfanglichen bescheidenen Versuchen den AnschluB an das europaische Kunstschaffen herstellen".
Fig. 2. Penćo Kulekov, Ex libris Irina Vasilieva (Erzengel
Michael), Linolschmitt (Slg. Fr. Ficker)
K Kat. “1000 Jahre Bulgarische Ikonen”. Munchen 1978, Nr. 115, mit Abb.
9 V. Svintila, Ikoni ot Samokovskata śkola. Sofija 1979, Abb. 17.
I K. Paskaleva, Ikoni ot Strandzanskija krai. Sofija 1977, Abb. 75 u. 57.
II F. Ficker, Das Geschichtsbild Ludwigs I., die Munchner Historienmalerei und ihre Bedeutung fur die Kunst Bulgariens. In: Revue des Etudes Sud-Est Europeennes 31, 1993, S. 115-127.