7 Religióse Kunst in Bulgarien 33
christliche Legende hinaus in einer zweiten Schicht nicht minder in den zeitgeschichtlichen Zusammenhangen der nationalen Selbstbesinnungs- und Beffeiungsbewegung zu sehen und zu deuten23.
Ais Ziel der Auseinandersetzung darf hier offensichtlich die hohere Geistlichkeit angenommen werden, die sich in der Zeit der osmanischen Besetzung vorwiegend aus Griechen zusammensetzte, mit der ausdriicklichen Billigung der Eroberer berufen wurde und vielfach mit diesen mehr oder weniger unter Zwang zusammenarbeitete. Sie wurde deshalb von den am nationalen Befreiungskampf beteiligten niederen Geistlichen und von den Mónchen in den Klostem in gleicher Weise abgelehnt wie die in der Liturgie aufgezwungene griechische Sprache. Die Einfuhrung des Bulgarischen im Gottesdienst war deshalb eine wichtige Aufgabe der Bewegung der nationalen Wiedergeburt. Die nationale Bedeutung dieses Anliegens wird von Paissi von Chilandar in seiner slavobulgarischen Geschichte wiederholt angesprochen und es heiBt dort u.a.: “SpMter, ais die Tiirken Bulgarien eroberten und unterdriickten, da brachten die Zarigrader Patriarchen mit tiirkischer Hilfe und Gewalt das Patriarchat von Tymowo wieder unter ihre Macht, und aus Widersacherei und Bosheit, die sie gegen die Bulgaren hegten, setzen sie schon seit der ersten Zeit den Bulgaren keine Bischofe aus bulgerischer Zunge ein, sondem immer aus griechiseher Zunge. Und sie kummern sich iiberhaupt nicht um bulgarische Schulen oder Unterricht, sondem wenden alles in die griechische Sprache24.”
Der ais Retter des afrikanischen Bischofs bekannte “GroBmdrtyrer” Demetrius schien somit besonders geeignet, die vom nationalen, antiosmanischen Standpunkt aus abtriinnigen Vertreter der Kirche zur Besinnung zu bringen und sie zur Unterstiitzung des nationalen Anliegens der Einfiihrung der Sprache des Volkes in die Liturgie zu bewegen und sie dariiberhinaus ftir die Sache des Kampfes um die politische Beffeiung des Landes zu gewinnen. Der zeitgemaBen Devise begegnet man deshalb auch bei Paissi, wenn erschreibt: “Zujener Zeit im Jahre 1170 war in Tymowo der heilige Joan Patriarch. Er sah die Peinigungen der Bulgaren durch die Griechen und weinte und bat Gott unter Tranen, daB er sie aus der griechischen Sklaverei erlóse. Und es erschien ihm der heilige GroBmartyrer Demetrios... Dieser heilige Martyrer gedachte des Hauses und des Geschlechtes der bulgarischen Żaren, und er wurde von Gott zur Hilfe und Erneuerung des bulgarischen Reiches in Tymowo ausgesandt25.”
23 W. Sachariew, a.a.O., Abb. 47; E. Tomov, Bulgarische Ikonen, Holzschnitte und Metallstiche, a.a.O., Taf. X, Abbn. 53, 54; ders., 24 bulgarische Holzschnitte und Metallstiche, a.a.O., Abb. 20; ders., Estampes de la renaissance Bulgare, a.a.O., Abb. 86; ders., Balgarski vazroźdenski stampi, a.a.O., Abbn. 59, 165, 244, 245, 247, 249. S. a. L. Kretzenbacher, Griechische Reiterheilige ais Gefangenenretter, a.a.O., S. 36-56.
24 Paissi von Chilandar, Slawobulgarische Geschichte, deutsche Ubersetzung von Norbert Randów. Leipzig 1984, S. 84.
25 Ibidem, S. 42.