222
lieferungsgeschichtliche Yoraussetzungen bedeutend beeintrachtigt ist. Es lasst sich jedoch ein klares Bild der Verzweigung der Hss gewinnen, wie unten gezeigfc wird.
Es werden im folgenden fiir einzelne Hss Mommsens Siglen verwendet (den Athous Iber. 161 habe ich ais 0 bezeichnet, der Vatic. gr. 915 ist 0 — dies letztere nach Schroeder).
Die pindarische Textkritik in der Neuzeit bogińnt mit August Boeckh, der es vortrefflich zu zeigen verstand, wie man die echte calte’ TJeberlieferung von der interpolierten byzantinischen schei-den soli, die in den Ausgaben von Thomas Magister, Manuel Moschopulos, Demetrios Triklinios vorliegt. Boeckhs epochemachende metrische Entdeckungen schufen ein sicheres Kriterium fiir die metrische Ordnung des Textes. Yon den ech ten alten Hss, die Boeckh kannte, ist eigentlich nur der Gottingensis G zu beachten. Sonst war Boeckh noch unter dem Einfluss der Parisinischen Re-zension (V von Pyth. II an), sowie der editio Romana des Kal-lierges, dereń Einfluss bis heute noch fortbesteht.
Diplomatisch erreichte die pindarische Textkritik erst durch Tycho Mommsen ihren Hóhepunkt. Mommen sichtete fast alle heute bekannten Hss Pindars und teilte den Bestand an Hss in die grossen Klassen: codd. vetusti, Thomani, Moschopulei, Tricli-niani. Seine Kollationen sind sehr genau und sein Spiirsinn be-treffend die allgemeine Gruppierung der Hss bewundernswert. Auch hat er den beriihmten Yaticanus B, ehemals Grundlage der Romana, und den Ambrosianus A, bis dahin nur teilweise aus der Breslauer Abschrift bekannt, entdeckt und herangezogen. Seine Scheiduug der vetusti beweist, dass er fast immer auf rich-tiger Spur war, versagt aber in der genaueren Gruppierung inner-halb der Vetusti-Klasse und hinsichtlich der Peststellung der nahe-ren Abhangigkeits- und Verwandtschaftsverhaltnisse.
Die Arbeit musste natiirlich weitergefiihrt werden. Abgesehen von einem Aufsatz von Eug. Abel (Wiener Studien 4 [1882] S. 224—262), der mehr die peripherischen Nebensachen ins Auge fasste, griff erst Otto Schroeder das Problem an (Philologus 56 [1897] S. 78—96), und zwar in einer yollig misslungenen Weise. Schroeders Ansichten sind in seiner editio maior von 1900 und in der editio minor (! 1908) durchgefiihrt. Richtig war nur die Scheidung der alten Ueberlieferung in die ambrosianische und yatikanische. Dagegen die Erforschung der gegenseitigen Yer-