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EMMA BRUNNER-TRAUT
Meine These ist, daB in klarer Absetzung gegen die zeitlich vorangehenden GefaBe mit diesen Topfen eine einheitlich-zusammenhangende, groBangelegte Aussage gemacht ist. Dazu sei vorausbemerkt, daB der Begriff «Szene» nicht gleichbedeutend ist mit per-spektivisch (-logischem)—ortlichem Bcieinander der Figuren. Die assoziative Gesellung ist alles, was in diescr Zeit ubcrhaupt erwartet werden darf. Was in spateren Grabem durch Inventarverzeichnisse, mit Wandbildern, durch Sargbemalung oder ais Modelle beige-geben wurde im Sinne einer vita des Toten oder fur sein Bedurfnis im Jen sei ts, das wird, methodisch gesehen, in Negade II auf Tontópfe gemalt, die mit ihrem Inhalt von Bicr und Brotbrei u.a. Nahrungsmitteln zur Ausriistung des Vcrstorbenen gehorten. Thematisch — und dies meine weitere These — umkreisen die Motivc die Bestattung selbst. Aus diesem Grunde seien die Tópfe « BestattungsgefaBe» genannt. Inwieweit laBt sich nun diese Hypothese wahrscheinlich machen ?
Ein Hauptmotiv der Szenen ist ein Schiff, ein viclrudrigcs Nilschiff mit Kajiiten, Bananen(?)wedel20 und Standarte. Dicses SchifT kann, nachdem das Boot von Swansea die Sitte einer Totenfahrt fiir die friihc Zeit dokumenticrt hal, ais ein SchifT der Totenreisen gelten. Wie wir aus spatcrer Zeit wissen, gehorten zur Wasserfahrt des Toten mehrcre Schiffe: Ruder- und vielfach auch Segelboot (ais Grundausstattung fiir den Toten), Begleitschiffe (fiir die Leichenprozession und Beigaben) und das eigentliche Mumien- oder Sargschiff, das in der Rcgel von einem der groBen Schiffe ins Schlepptau genommen wurde.
Das SchifT auf den Negade-GefaBcn ist ein Schiff von Merkmalcharakter; es ist das groBe RuderschifT des Leichenkonduktes und steht stellvertretend fiir dic gcsamte Totenfahrt (1). Von ihm geschleppt fuhr das Leichenboot, (an der Óse) mit ihm vertaut, bis zum Nekropolcnaufgang2 *.
Von hier galt es, den Toten bis zum Grab zu bcfórdern. Das geschieht spater, indem (der Sarg oder gar) das Sargschiff auf eincn Schlitten gesetzt und bis zur Grabstatte gezogen wird analog dem gottlich-uberhóhtcn Boot des uralten Totengottes, der Henu-Barke des Sokar, die in einem eigenen feierlichen Akt auf das mjh gesetzt und auf dem Barkenschlitten transportiert wird22. Einen Schlitten aber hatten die Leute der Vor-geschichte nicht, doch, wie ich meine, einen Vorlaufer davon. Ich sehe ihn in dem «Segel», dem nic befriedigend erklarten23 schmallangen Gebilde mit den lcicht eingezogenen Flanken, mit dem axial symmetrischen Muster und dem dreieckigen Einschnitt an den
20 V. Tackholm und Drar mil G. Tackholm. Hora of Egypt, III. p. $29 f.; da/u Engelmayer. a.a. O.. I. 64.
21 Schlepptau z.B. Ncwberry. Ben i Hasan. I. pl. 29.— Das Schiff ais Totenschiff orklart hat Arkcll. Antiquity, 33. 52 f.
22 Boot auf Schlitten z.B. Tylor, The Tomh o/ Sebeknekht. Taf. 2 = Sclidfer. Ton tigypl. Kunst4. Taf. 24.1: L)avies, The Tomh oj Antęfoker. pl. 19; Wicdcmann. Das alie Agypten, p. 116. Abb. 15 und p. 208. Abb 36 (Wagon!). Zum Sargschliltcn s. Sottgast. Unters. zu altagypt. BesiattungsdarsteUungen , 21-38; Kces, Totenglauhen *, 232 f.: Klebs, Die Reliefs des MR, p. 64 f.
2J l.it. boi Yandicr. a.a.O.. 346. Anm. 6-8.