gen.13 Hatte Marx je gedacht, dafi das Proletariat notwendig aus-schliefilich an die eigene Nation gebunden wird, dann hatte er nie das Losungswort gebracht - ich hofte, daft das wenigstens bekannt und anerkannt ist - »Proletarier aller Lander vereinigt euch!«, sondern im besten Fali: Proletariate aller Lander vereinigt euch. Dennoch wuftte Marx, was er schreibt und spricht, und so erscheinen uns seine zeitgenóssischen nationalistischen Interpreten ais drittklassige Schar-latane, und man kónnte sie ais schlechte Hofnarren, die mit dem schreienden Mantelchen des Nationalismus bedeckt sind, vóllig iiber-gehen, wenn hinter dem Narrenspiel nicht gefahrlich die mógliche 1 ragódie hervorlugte. Marx ist gerade in diesen Grundthesen aufier-ordentlich klar und eindeutig, und so kann mit keinen herausgerisse-nen Zitatfetzen und Halbzitaten (die gerade deshalb oft zu Falsifi-katen werden) seine Position undeutlich gemacht werden. Zwar kón-nen die Ansichten von Marx in dieser Beziehung, wie die Ansichten jedes Theoretikers angefochten werden, aber es ist mystifikatorisch und sophistisch im Vorgehen zu behaupten, dafi diese Anfechtung marxistisch sei. Sich hinter der Autoritat von Marx verbergen, keinen Mut haben, in der Offentlichkeit fur eine andere einzutreten, die im Konzept diametral entgegenliegt, ist charakteristisch fur unsere ehe-maligen und jetzigen aufgeblasenen Pfauen, die iibrigens nur dann oder fast nur dann tapfer sind, wenn hinter ihnen ein Polizeikordon steht. So ist der »Mut« vor einem Auditorium, das unisono klatscht und einstimmig »neue« Fuhrungen wahlt typisch fiir eine Mentalitat, die selbst nichts zu sagen hat, und die in nicht so tapferen Vorgehen (durch viele solcher Intrigen, die man auf der Biihne nicht sieht und sich den Riicken absichernd) ais innere Stimme der Nation auftreten konnte. So ermóglicht die nationale Euphorie, die immer von den eintraglichen »geschlossenen Reihen« getragen wird, da sie so starker und durchdringender ist, Leuten, dereń einzige Pflicht es ist, sich zu Yorkampfern der nationalen Wiedergeburt zu erklaren, eine Kamerę nationaler Fiihrer mittels ihrer - selbst nach eigenem Eingestandnis -sehr durchschnittlichen demagogischen Auftritte. (»Sie werden sagen, dafi wir Primitivlinge sind«). Denn, wer kónnte dagegen sein, wenn er die »Verrater« der Nation so offen angegriffen hat, und wenn er eil-fertig und leidenschaftlich unsere »gemeinsame Sache« aus vollem Hals verteidigt.
Der Stalinismus ist seinem Wesen nach nicht, in diesem Moment gerade, so verschieden von den totalitaren Regimes der Vergangen-heit und den zeitgenóssischen rechts extremistischen Erscheinungen, wie das manchmal angenommen wird. Und dies nicht nur deshalb, wcil der Stalinismus ais Erscheinung untrennbar an den typischen grolirussischen Nationalismus gebunden ist (sogar auchChauyinismus), nicht nur deshalb, weil dies immer ein falscher Internationalismus war und ist, eine falsche Position der Arbeiterklasse, sondern auch des-
18 Aus unserer cigcncn nicht so weit cntfcrntcn Vcrgangcnhcit ist uns ebenfahs bekannt, wessen Intercsscn - entgegen dcm intcrnationalcn URS der kroaliscl HRS vcrtrat. Es ware also nicht von der Hand zu wciscn, wenn eimgc aulgcwccku neue Syndikalisten und feurige nationalistische Banncrtragcr ein wenig ic schichte unserer Gcwcrkschaftsbcwcgung ansahen.
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