7 Deutsch-mmanische Kulturbeziehungen 107
erfolgten GegenmaBnahmen der Regierung; und das setze sich in einem stan-digen Gegeneinander bis in die dreiBiger Jahre fort.
Die Konfrontation Staatsvolk-Minderheiten fuhrte auch dazu, daB der ProzeB der BewuBtseinsbilgund der einzelnen deutschen Minderheiten-gruppen beschleunigt wurde, gleichzetig aber auch aggressive Zuge annahm. Druck erzeugt Gegendruck, und die Spannungen intensivierten sich: zwi-schen den einzelnen Kleingruppen und innerhalb der einzelnen Gruppen. In Siebenburgen wurde die „Selbsthilfe” — Bewegung von Fritz Fabritius, die es seit 1922 gab, zum Sammelpunkt fur rechslradikale Krafte. Aus der „Selbsthilfe” entstand Anfang 1932 eine nationalsozialistische „Nationale Selbsthilfebewegung der Deutschen in Rumanien” (NSDR), die im Jahre 1933 auf dem Sachsentag dominierte und sich umbenannte: Nationalsozia-listischen Selbsthilfebewegung der Deutschen in Rumanien (NEDR). Ais extremistische Organisation wurde die NSDR 1934 von Bukarest verboten. Inzwischen hatte die Infiltration des radikalen politischen Gedankenguts auch in anderen Gebieten Rumaniens Erfolge erzielt. Im Banat war Karl von Molier seit 1921 in politischen Amtem und bei der Presse Anwalt eines ,,schwabischen Faszismus”. Auch der ,, Jungschwabische Klub”, der sich 1929 ais Gegenspieler der Deutsch-schwabischen Volksgemeinschaft und des gemaBigten Realpolitikers Dr. Kaspar Muth zu profilieren versuchte, ebenso die Gruppierung um Hans Beller, die Opposition von individualis-tischen Andersmeinenden wie Nikolaus Bitto, Chefredakteur der „Arader Zeitung”, fórderten im Banat einen zunehmenden Nationalismus und eine nach dem Fuhrerprinzip ausgerichtete Gruppenstruktur. Der ,,Wandervo-gel”, aus konservativen Wertvorstellungen und romantischem Gefuhlsuber-schwang erwachsen, wurde zum Gegner einer vemuftigen und auf Ausgleich bedachten Politik. Die Aufsplitterung der in den fruhen zwanziger Jahren scheinbar recht homogenen Banater Gruppe erfolgte im Schatten der Welt-wirtschaftkrise und wurde vertieft durch den allgemein europaischen Rechts-ruck und die Kompensationsstrategien des Nationalismus. Auf der Ebene von ethnischen Kleingruppen trieb dieser Nationalismus sonderbare Blu-ten und war — furs erste — dem deutsch-rumanischen Verhaltnis abtraglich.
Die Auseinandersetzung innerhalb der einzelnen Gruppen spitzten sich allenthalben zu: in der Bukowina entbrannte ein Kampf gegen die katholi-sche Kirche, die Jugendliche fur sich zu gewinnen trachtete; einen ahnli-chen „Kulturkampf” nach binnendeutschen Muster gab es im Banat, wo ne-ben den rechtsradikalen Jugendorganisationen die Gruppierungen der ka-tholischen Jugendvereine auftraten. In Bessarabien dauerten die Fraktions-kampfe nicht sehr lange und waren der óffentlichkeit kaum bekannt (zum Beispiel wurde die Tagung der Kulturvereine im Jahre 1932 von einer Viel-falt von Meinungen und Darbietungsmóglichkeiten bestimmt; ein Jahr spa-ter kam es 1933 dazu, daB ein Repertoirezwang angeordnet, die Gleischschal-tung mit Vorbildern in Deutschland scheinbar widerspruchslos hingenommen wurde 1X).
Im Jahre 1935 trat die Deutsche Volkspartei gegen die ,,Volksgemein-schaft” auf. 1938 konnte zwar noch—gegen die Anhanger der rechtsradikalen Volkspartei die Deutsche Volksgemeinschaft gegrundet werden. Zwei Jahre
11 Dazu: Fassel, Horst; Laienthcater in Bessarabien, in: Deutsches Theaier in Stidosteu-ropa 1918—1990, Sigmaringen; Thorbecke, 1994 (im Druck).