Arno Schmidt
Aus: Berechnungen II
in: Aus julianischen Tagen, Frankfurt 1979
Selbst die Grammatik erkennt die Existenz des Gedankenspiels so bedingungslos an, daß sie das ganze Riesengebäude eines besonderen Modus dafür gefunden hat: den Konjunktiv! Jeder Gebrauch eines „hätte, wäre, könnte“ gesteht das Liebäugeln mit einer „veränderten“ Realität und leitet so recht das L G* ein. Man kann den Konjunktiv natürlich auch eine gewisse innere Auflehnung gegen die Wirklichkeit nennen; meinetwegen sogar ein linguistisches Mißtrauensvotum gegen Gott: wenn alles unverbesserlich gut wäre, bedürfte es gar keines Konjunktivs! (Woraus eifrige Theologen älteren Stils gern den Schluß ziehen dürfen, daß Adam ihn erst nach der Vertreibung aus dem Paradies ersann).
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*LG „Längeres Gedankenspiel“ (Prosaform bei A. S.)