XI Syntax

XI. Syntax


SYNTAKTISCHEN MODELLE

Unter Syntax versteht man in der Grammatik die Satzlehre. Der mehrdeutige Ausdruck kann für die Syntax von Zeichensystemen allgemein oder für die Syntax sprachlicher Zeichensysteme, natürlicher oder künstlicher, stehen. Er kann dabei sich in einer Bedeutung auf Struktureigenschaften selbst oder in einer anderen Bedeutung auf die Beschreibung (die Lehre, Theorie, Wissenschaft) von Struktureigenschaften beziehen.

Die Syntax von Zeichensystemen allgemein

Die Semiotik wird seit Charles W. Morris eingeteilt in Syntaktik, Semantik und Pragmatik. Die Syntaktik wird allerdings oft Syntax genannt. Die Unterschiede zwischen Syntaktik und Syntax beruhen großenteils darauf, dass Morris - etwa im Gegensatz zu Ferdinand de Saussure - unter Zeichen nur den Signifikanten und nicht die „Verbindung von Signifikant und Signifikat“ meint.[2] Folglich hat die Syntaktik nichts mit der Bedeutung bzw. Funktion der Zeichen zu tun. Die Syntax hingegen hat durchaus semantische/funktionale Aspekte.

Die Syntax sprachlicher Zeichensysteme

Der Ausdruck Syntax wird für natürliche und formale Sprachen verwendet. Das Verhältnis zwischen natürlicher und formaler Syntax wird unterschiedlich gesehen. Für den Logiker Richard Montague („Universal Grammar“, 1970) bestand kein prinzipieller Unterschied.

Die Syntax natürlicher Sprachen (natürliche Syntax)

Stellung der Syntax in der Grammatik

Bezogen auf natürliche Sprachen, ist die Syntax eine der beiden Abteilungen der Grammatik; die andere ist Morphologie. Die Abgrenzung zwischen ihnen nimmt im allgemeinen auf Komplexitätsebenen der grammatischen Struktur sprachlicher Ausdrücke Bezug: Vom minimalen Sprachzeichen (Morphem) wie frag über den Stamm wie befrag bis zur Wortform wie befragst ist die Morphologie zuständig. Von da an die Komplexitätsebenen aufwärts, also vom Syntagma wie den Kandidaten befragst über den einfachen Satz wie (wenn) du den Kandidaten befragst bis zum zusammengesetzten Satz wie halt dich zurück, wenn du den Kandidaten befragst, ist die Syntax zuständig. Für die Syntax ist die Wortform eine Ganzheit, mit deren innerer Struktur syntaktische Regeln nichts zu schaffen haben; diese müssen nur "wissen", welchen syntaktisch relevanten morphologischen Kategorien die Wortform überhaupt angehört. So bestimmt z.B. eine syntaktische Regel, dass das Prädikatsverb in wenn du den Kandidaten befragst in Kongruenz mit seinem Subjekt in der zweiten Person Singular steht. Wie aber diese Form (bei diesem Verb) lautet, darum kümmert sich die Morphologie (wenn das Verb z.B. hereinlässt wäre, so wiese es -- im Gegensatz zu befragst -- Umlaut auf). Die Abgrenzungsprobleme zwischen Syntax und Morphologie kann man u.a. ermessen an phrasalen Komposita wie hinuntergehen (ein oder zwei Wörter?) oder reitende Artilleriekaserne (das Attribut gehört zu Artillerie, das aber Bestandteil eines anderen Wortes ist). Auch die Derivation, die als Teil der Wortbildung zur Morphologie gehört, hat syntaktische Aspekte. So ist Befragung von der Basis befrag abgeleitet. Aber in dem obigen Beispiel hat der Nebensatz wenn du den Kandidaten befragst eine paradigmatische Beziehung zu der Alternative bei deiner Befragung des Kandidaten, die sowohl in traditionellen als auch in zeitgenössischen Theorien der Syntax als syntaktische Beziehung aufgefasst wird.

Satzsyntax, Wortsyntax, Textsyntax

Im herkömmlichen Sinn bedeutet Syntax die Lehre vom Satz (Lehre vom (korrekten) Satzbau) bzw. den Satzbau selbst. Die Syntax als Teil der Grammatik behandelt die Muster und Regeln, nach denen Wörter zu größeren funktionellen Einheiten wie den soeben genannten zusammengestellt und Beziehungen wie Teil-Ganzes, Abhängigkeit etc. zwischen diesen Satzgliedern formuliert werden. Außer dieser satzzentrierten Perspektive (Satzsyntax) spricht man auch in einem weiteren Sinn von einer intraverbalen Syntax oder Wortsyntax (auch: Wort-Syntax), die kombinatorische Regeln in der Morphologie untersucht, und von einer Text-Syntax, die sich mit den Regeln der Kombination von Sätzen zu Texten befasst. Der Gebrauch des Wortes Syntax, in dem Syntax koextensiv mit Grammatik ist (also die Morphologie entweder einschließt oder der Phonologie zuschlägt), findet sich vor allem in der englischsprachigen Linguistik sowie in der Theorie formaler Sprachen (in denen Morphologie keine Rolle spielt).

Theorien der Satzsyntax

In der Linguistik besteht eine Vielfalt und Konkurrenz von Syntaxmodellen, Theorien und Schulen. „Jedes der vorgestellten Modelle hat seine Stärken und Schwächen.“ Neben den Modellen der traditionellen Schulgrammatik wird die Syntax anhand hypothetischer universeller, angeborener Formprinzipien (Noam Chomsky) oder ihres kommunikativen Zwecks (Funktionale Syntax) oder ihrer Rolle beim Aufbau von komplexen Bedeutungen (logische Semantik, Montague- bzw. kategoriale Grammatik) untersucht. Zahlreiche solche Modelle sind im Artikel Syntaxtheorie aufgeführt. Zu den wichtigeren zählen

Die syntaktische Struktur eines natürlichsprachlichen Satzes wird in diesen Modellen verschieden dargestellt. Die Varianten der Phrasenstrukturgrammatik stellen sie in Form eines Strukturbaums dar, welcher die Teil-Ganzes-Beziehungen der Konstituenten des Satzes graphisch wiedergibt. Die Dependenzgrammatik stellt sie in Form eines Stemmas dar, welches die Abhängigkeiten zwischen den Wörtern wiedergibt.

Die Syntax formaler Sprachen (formale Syntax)

Unter der Syntax einer formalen Sprache (formale Syntax) – wie etwa Programmiersprachen in der Informatik oder Kalküle in der Logik – versteht man ein System von Regeln, nach denen erlaubte Konstruktionen bzw. wohlgeformte Ausdrücke aus einem grundlegenden Zeichenvorrat (dem Alphabet) gebildet werden – wobei von der inhaltlichen Bedeutung der Zeichen abgesehen wird bzw. werden kann. Eine formale Syntax kann graphisch mittels Syntaxgraphen beschrieben werden.

TRADITIONELLE GRAMMATIK

Die traditionelle Grammatik wird in der Linguistik als tertium comparationis verwendet.

Traditionelle Grammatik

Aus der Tradition der aristotelischen Logik und der lat. Grammatik seit dem 18. Jh. in Europa entwickelte Form der älteren Schulgrammatik, als deren Vertreter u.a. K. F. Becker, F. Blatz, J. Ch. A. Heyse gelten. Aufgrund ihrer engen Beziehung zur Philosophie, Logik und Literatur hat die T. G. eine Reihe von Eigenschaften, die erst allmählich durch strukturalistisch bzw. funktional orientierte Grammatiken überwunden werden. Die wichtigsten sind:

(a) Ihre Kategorisierung und Terminologie ist an der griech. Logik und lat. Grammatik als Vorbildern orientiert, so dass ihre Systematik nicht ohne weiteres auf moderne europäische Sprachen übertragbar ist;

(b) die stark auf formale Kategorisierungen ausgerichtete Einordnung sprachlicher Daten in bestimmte Klassifikationsmuster: Satzarten, Satzglieder, Wortarten; funktionale Aspekte der Kommunikation bleiben weitgehend unberücksichtigt;

(c) die Kriterien ihrer Klassifizierung ebenso wie die Definitionen ihres Vokabulars entbehren einer einheitlichen systematischen Begründung. So beruht die Einteilung der Wortarten auf so heterogenen Kriterien wie logischen, formalen, semantischen, syntaktischen und außersprachlichen Aspekten;

(d) da die T. G. vor allem als Hilfsmittel der philologischen Interpretation von literarischen Texten bzw. der Erleichterung des Lateinunterrichts dienten, sind sie ausschließlich an der Schriftsprache orientiert, woraus

(e) ihr auf normative Tradierung ausgerichtetes Bestreben resultiert, vgl. entsprechende Sprachurteile wie »richtig«, »falsch«, »geziert«. », »schwerfällig«;

(f) ihre Regeln sind nicht explizit und erschöpfend, sie appellieren an die Intuition des Lesers, und häufig müssen Einzelbeispiele belegen, was beschreibende Formulierungen offen lassen;

(g) gramm. Erklärungen beruhen häufig auf einer Vermischung synchronischer und diachronischer Tatbestände, - ein Faktum, das vor allem aus strukturalistischer Sicht kritisiert wird.

Unbeschadet dieser methodischen Einschränkungen aber steht außer Frage, dass alle neueren sprachwiss. Ansätze auf Daten und Ergebnissen der T. G. fußen, bzw. sich als Systematisierungsversuch des dort Erarbeiteten verstehen, vgl. Begriffe wie Hierarchie, Universalien, Wortarten.“


IC – GRAMMATIK

Die IC-Analyse (immediate constituent analysis) (auch: Konstituentenanalyse) ist die Analyse der unmittelbaren Konstituenten (immediate constituents) einer sprachlichen Einheit. Sie ist ein (strukturalistisches) Verfahren der Zerlegung (Segmentierung (Sprachwissenschaft)). „Ziel und Ergebnis der Konstituentenanalyse ist die Zerlegung eines sprachlichen Ausdrucks in eine hierarchisch definierte Abfolge von Konstituenten.“. Dazu werden sprachliche Einheiten (Sätze, Wörter) so oft wie möglich in zwei Teile geteilt. Die sich im ersten Zerlegungsschritt ergebenen Elemente werden unmittelbare Konstituenten genannt. Das Ergebnis einer IC-Analyse lässt sich durch einen Strukturbaum (Beispiel: siehe unten), durch Phrasenstrukturregeln, durch ein Kastendiagramm (Beispiel: Satzglied) oder durch indizierte Klammerung darstellen.

GTG

Die generative Transformationsgrammatik (TG), auch Erzeugungsgrammatik, ist eine Generative Grammatik mit Transformationsregeln. Das Modell wurde in den 1950er Jahren von Noam Chomsky konzipiert und 1965 um die Interpretative Semantik erweitert. Die Diskussion um die semantische Komponente innerhalb der TG führte zu den Linguistics Wars, einer breit angelegten wissenschaftlichen Debatte, in deren Verlauf Chomsky und seine Mitarbeiter ihre Vorstellungen in verschiedenen Versionen weiterentwickelten.


VALENZGRAMMATIK

Dependenzgrammatik bezeichnet eine von Lucien Tesnière (* 1893; † 6. 1954) begründete, im Ansatz aber auch schon im Mittelalter bei Thomas von Erfurt zu findende Form der Grammatik. Sie untersucht die hierarchische Struktur von Sätzen ausgehend von wechselseitigen Abhängigkeiten (Dependenzstruktur). Dependenz meint demnach die Abhängigkeit eines Wortes (dem regierten Wort bzw. dem Dependens) von einem anderen Wort (dem regierenden Wort bzw. dem Regens). Eine dependenzielle Grammatik unterscheidet sich gegenüber der Phrasenstrukturgrammatik (=Konstituentengrammatik) durch die Abwesenheit phrasaler Knoten in der analysierten Struktur.

Die Dependenzgrammatik wird manchmal als „Dependenz- und Valenzgrammatik“ bezeichnet. Diese Bezeichnung ist aber problematisch, da Valenz als Komponente vieler Grammatiktheorien gilt und nicht als eigenständige Grammatik betrachtet werden kann. Valenz ist die Fähigkeit eines Prädikats, die Anzahl und die Funktion der Konstituenten in der Nähe des Prädikats (d. h. die Argumente des Prädikats) zu bestimmen. Dass es diese Bezeichnung „Dependenz- und Valenzgrammtik“ gibt, ist insofern verständlich, als Dependenz und Valenz Begriffe sind, die auf Tesnières Theorie der Syntax und Grammatik zurückzuführen sind. Die Bezeichnung „Valenztheorie“ ist aber plausibler als „Valenzgrammatik“. Es gibt also die Dependenzgrammatik und die Valenztheorie, wobei die zwei geschichtlich nah verwandt sind. Die Valenztheorie ist aber ein autonomes Gebiet, d.h. sie existiert, auch wenn man Dependenz ablehnt und an deren Stelle Konstituenz setzt. Die meisten Phrasenstrukturgrammatiken räumen der Valenz von Prädikaten längst eine zentrale Position in der Theorie ein. Phrasenstrukturgrammatiken sind aber keine Dependenzgrammatiken.


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