Prof. Dr. Christoph Brömmelmeyer
29.01.2010
Sachenrecht - Klausurvorbereitung anhand von Fällen
Fall 12 [Das fremde Grundstück]
G gewährt S ein Darlehen. Zur Sicherung dieses Darlehens bestellt S eine Grundschuld an
einem Grundstück. S ist für diese Grundstück als Eigentümer im Grundbuch eintragen. Die
Grundschuld wird ins Grundbuch eingetragen. Desweiteren einigen sich G und S über den
Ausschluss der Brieferteilung und lassen diesen ebenfalls eintragen. Im Folgenden stellt sich
heraus, dass nicht S sondern E Eigentümer des Grundstücks gewesen ist. Trotzdessen
verlangt G von E die Duldung der Zwangsvollstreckung. Zu Recht?
Lösungsskizze:
A. Anspruch des G gegen E auf Duldung der Zwangsvollstreckung nach § 1147
G könnte gegen E einen Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung nach § 1147
haben.
I.
Anspruch entstanden
Dazu müsste ein solcher Anspruch entstanden sein. Dies wäre der Fall, wenn G
die Grundschuld erworben hätte.
1. Ersterwerb der Grundschuld §§ 873 I, 1191
Zunächst kommt ein Erwerb der Grundschuld nach §§ 873 I, 1191 in
Betracht.
a. Einigung §§ 873 I, 1191
Voraussetzung dafür ist, dass sich S und G über die Bestellung einer
Grundschuld am Grundstück des E gemäß den §§ 873 I, 1191 geeinigt
haben.
-
SV: Einigung zw. S und G über Bestellung einer Grundschuld am
Grundstück des E
-
Voraussetzung: mit Inhalt, den § 1191 vorgibt
-
SV: Mangels Angaben im SV davon ausgehen
-
keine Einigung bzgl. Forderung, da keine Akzessorietät
b. Eintragung ins Grundbuch §§ 873 I, 1192 i.V.m. § 1115 (+)
c. Briefübergabe § 1117 I oder Ausschluss der Brieferteilung § 1116 I
-
SV: Briefübergabe nicht erfolgt § 1117 I
-
Allerdings: Ausschluss der Briefübergabe durch Einigung und
Eintragung möglich, §§ 1192, 1116 II 3, 873 I
-
SV: (+)
d. Einigsein bis zur Grundbucheintragung (+)
e. Berechtigung (-)
-
Voraussetzung: Berechtigter
-
Definition: verfügungsbefugter Eigentümer
-
SV: S stand Eigentum am Grundstück nicht zu, sondern
ausschließlich dem E, demnach S nicht Verfügungsbefugter
-
Ergebnis: S Nichtberechtigter
G hat die Grundschuld nicht nach §§ 873 I, 1191 erworben.
f. Überwindung der Nichtberechtigung § 892 I
G könnte jedoch gutgläubig die Grundschuld nach § 892 I von S
erworben habe.
aa. Rechtsgeschäft i.S.e. Verkehrsgeschäftes (+)
-
Rechtsgeschäft: (+) hier keine gesetzlicher oder hoheitlicher
Erwerb der Grundschuld, sondern dingliche Einigung, d.h.
rechtsgeschäftlich
-
- Verkehrsgeschäft: (+) S und G sind wirtschaftlich
personenverschieden, mithin Güteraustausch
bb. Unrichtigkeit des Grundbuchs
-
Voraussetzung: Unrichtigkeit
-
Definition: formelle Rechtslage im Widerspruch zur materiellen
Rechtslage
-
SV: im Grundbuch S eingetragen und nicht der wahre Eigentümer E
-
Ergebnis: (+)
cc. Legitimation des Verfügenden
-
Voraussetzung: Legitimation
-
Definition: durch Grundbucheintragung § 892
-
SV: S als Eigentümer des Grundstücks ins Grundbuch eingetragen
-
Ergebnis: (+)
dd. Gutgläubigkeit
-
- Voraussetzung: Keine positive Kenntnis bei Stellung des
Eintragungsantrages, § 892 II
-
- SV: S keine Kenntnis von Unrichtigkeit des Grundbuchs
-
- Ergebnis: Gutgläubigkeit (+)
ee. kein Widerspruch nach § 899 (+)
II.
Anspruch nicht erloschen (+)
III.
Anspruch durchsetzbar (+)
B. Ergebnis
G kann von E die Duldung der Zwangsvollstreckung nach § 1147 verlangen.