Heinrich Böll
Der Bergarbeiter
Es ist Sommer, in den Gärten wird gearbeitet; die Sonne würde scheinen, wenn man sie ließe, aber heute, wie immer an sonnigen Tagen, schwebt sie nur wie mattes Gold hinter der Dunstglocke, seltene Farbtöne werden herausgefiltert: silbriges Schwarz - dunkles Braun - mattes Gold; Ersatz für die weißen Wolken bilden die weißen Rauchfahnen einer Kokerei; der Mann sitzt in der Küchentür, raucht, hört Radio, trinkt Bier, liest lustlos in der Zeitung, beobachtet seine Frau, die hinten im Garten arbeitet, hebt plötzlich den Kopf und blickt aufmerksam seiner kleinen Tochter zu, der Dreijährigen, die schon zweimal mit ihrem kleinen Eimer voll Wasser und einem Lappen in der Hand an ihm vorbei in die Küche gegangen ist, nun zum drittenmal mit ihrem Eimer und ihrem Lappen sich an ihm vorbeidrückt.
„Was machst du denn da?“
„Ich hole Wasser, frisches Wasser.“
„Wozu?“
„Ich wasche die Blätter.“
„Welche Blätter?“
„Von den Kartoffeln.“
„Warum?“
„Weil sie schmutzig sind - sie sollen grün sein, grün.“
„Blätter braucht man nicht zu waschen.“
„Doch - sie müssen grün sein, grün.“
Kopfschüttelnd blickt der Mann seiner kleinen Tochter nach und beobachtet, wie sie mit ihrem Lappen die einzelnen Blätter der Kartoffelpflanzen abwischt: das Wasser in dem kleinen Eimer färbt sich dunkel; es ist warm, fünf Uhr nachmittags, der junge Mann gähnt.